Schon mehrfach hat das OLG Hamm entschieden, dass derjenige Händler, der Lieferungen ins Ausland anbietet auch Versandkosten für diese Länder angeben muss. Auch ein Hinweis, dass diese Kosten erfragt werden können, genügte dem OLG Hamm nie. Für eine Einstufung als Bagatellverstoß sah dieses Gericht keinen Raum. Jetzt hat das KG Berlin das genaue Gegenteil entschied.
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Das OLG Hamm legte bereits im Jahr 2007 dem Händler die Pflicht auf, auch Auslandsversandkosten zu nennen. Diese Auffassung bestätigte das Gericht nochmals im Jahr 2009 (Urteil v. 17.11.2009 – 4 U 148/09) und entschied:
“Wer den Handel dahin erweitert, dass er Lieferungen ins Ausland einbezieht, muss dann auch den erweiterten Umfang der Preisangaben hinnehmen.”
Diese Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senates. Auch im März 2009 entschied das Gericht, dass der Hinweis, Auslandsversandkosten werden auf Anfrage genannt, die Pflicht zur Angabe der Versandkosten nicht erfüllen könne.
Entscheidung des Kammergerichts Berlin
Das genaue Gegenteil entschied das KG Berlin (Beschluss v. 13.04.2010 – 5 W 62/10) und wies damit den Antrag auf eine einstweilige Verfügung zurück.
In dem Fall wurde ein kleingewerblicher Händler abgemahnt, welcher bei eBay handelte. Der Händler gab Versandkosten für die EU und die Schweiz an, bot aber gleichzeitig einen weltweiten Versand seiner Produkte an. Hierzu erteilte der den Hinweis:
“Versand in alle anderen Länder weltweit auf Anfrage.”
Hierin sah ein Mitbewerber einen Verstoß und mahnte den Händler ab.
LG Berlin weist Antrag ab
Das LG Berlin wies den Antrag auf einstweilige Verfügung in diesem Punkt zurück, wogegen die Antragstellerin sofortige Beschwerde beim KG einreichte.
Das KG bezieht sich in seinem Beschluss auf eine ältere Entscheidung. In dieser bejahte der Senat bereits dann einen Bagatellverstoß, wenn der Händler zwar einen Versand nach Europa anbietet, allerdings lediglich Versandkosten für Deutschland angibt. Zwar seien Versandkosten grundsätzlich anzugeben, allerdings sei hier ein Sonderfall anzunehmen.
“Der Antragsgegner wendet sich mit seinem deutschsprachigen Internet-Auftritt unter der T. “de” für den Verkauf von Elektro-Haushaltsgeräten in aller erster Linie an Inländer. Diese werden über die Versandkosten im Internet hinreichend informiert. Denkbar ist zwar, dass ein Inländer beabsichtigt, die Ware – etwa als Geschenk – in das europäische Ausland zu versenden bzw. versenden zu lassen oder dass Deutschsprachige im Ausland den Internet-Auftritt des Antragsgegners zum Warenbezug an ihren Auslandsaufenthaltsort nutzen wollen. Dies werden aber seltene Ausnahmefälle bleiben. Eine besondere Marktbedeutung des Antragsgegners ist nicht zu erkennen.”
Auslandsversand ist besondere Zusatzleistung
Das Gericht geht in diesem älteren Beschluss außerdem davon aus, dass das Angebot des Auslandsversandes eher eine besondere Zusatzleistung sei.
“Sie [die Kunden] rechnen ohnehin damit, dass sie sich regelmäßig – auch wenn kein Versand in das Ausland ausdrücklich genannt ist – gesondert beim Anbieter nach einer Möglichkeit im Einzelfall und den Kosten erkundigen müssen. Der allgemeine Hinweis des Antragsgegners auf seine Bereitschaft zum Auslandsversand hilft ihnen dann schon bei der Informationssammlung und Auswahl.”
Angabe der Versandkosten unverhältnismäßig
Da der Antragsgegner nur mit einer geringen Nachfrage von Auslandssendungen rechnete, sei die Angabe von Auslandsversandkosten mit einem unverhältnismäßigem Aufwand verbunden, entschied das Gericht.
Grundsätze auch hier anwendbar
Diese Grundsätze aus der älteren Entscheidung seien auch in dem aktuellen Fall anwendbar. Zwar bot der Händler hier einen weltweiten Versand an, gab allerdings Versandkosten nur für die EU und die Schweiz an. Darüber hinaus erfolgte der Hinweis “…Versand in alle anderen Länder weltweit auf Anfrage”.
“Die deutschsprachigen e.-Angebote der Antragsgegnerin auf der Internetplattform von e. Deutschland wenden sich in aller erster Linie an Inländer und deutschsprachige Ausländer. Für diese Gebiete werden die Versandkosten konkret angegeben.”
Keine Irreführung über höhere Auslandsversandkosten
Das Gericht entschied außerdem, dass keine Irreführung vorliege, wenn beim Versand in andere Länder höhere Versandkosten anfallen würden.
Bagatellverstoß
Aus diesen Gründen entschied das Gericht, dass die fehlende Angabe der Auslandsversandkosten in dem Fall lediglich einen Bagatellverstoß darstellt:
“Die (zudem eher geringe) Erschwerung eines Preisvergleichs für allenfalls (wenn überhaupt) vereinzelte wenige Verbraucher in den Ländern außerhalb der EU und der Schweiz (oder für die wenigen Verbraucher aus diesen Ländern, die an einem Versand in das übrige Ausland interessiert sind) geht über einen bloßen Bagatellverstoß nicht hinaus.”
Fazit
Diese Entscheidung des Kammergerichts ist äußerst händlerfreundlich. Dennoch ist extreme Vorsicht beim Versand ins Ausland geboten. Aufgrund des fliegenden Gerichtsstandes kann sich ein Abmahner das Gericht in Deutschland aussuchen, welches die für ihn günstigste Rechtsprechung vertritt. Vor ein Berliner Gericht wird wohl niemand mehr wegen fehlender Auslandsversandkosten ziehen. (mr)
Mal wieder: Es wäre schön wenn der Shopbetreiber-Blog bei solchen Beiträgen auch immer das Urteil in gänze verlinken würde. Dann kann man sich nämlich das ganze Bild machen und wird nicht nur einseitig und tendenziell informiert:
http://openjur.de/u/32441-5_w_62-10.html
Ich kann nachvollziehen, dass es problematisch ist, wenn ein Kunde aus dem Ausland über einen Online Shop oder Ebay bestellen kann und dann anschließend erst mit den Versandkosten konfrontiert wird.
Wie sieht es aber aus, wenn im Shop zwar ein Hinweis auf einen möglichen Auslandsversand auf Nachfrage gegeben wird, es gleichzeitg aber technisch nicht möglich ist die Bestellung mit einem abweichenden Lieferland durchzuführen? D.h. der Kunde aus dem Ausland gar nicht Online bestellen kann, sondern zwingend mit dem Händler vorher in Kontakt tretten muss? Leider konnte ich das Urteil des OLG Hamm nicht im Volltext finden um zu prüfen ob das dort der Fall war.
Ich finde es völlig legitim, potentielle Kunden aus dem Ausland auf eine grundsätzliche Möglichkeit des Versandes hinzuweisen, aber z.B. keine direkte Bestellung zuzulassen. Häufig müssen ja nicht nur die aktuellen Versandkosten geprüft werden, sondern auch geklärt werden ob der Versand der gewünschten Produkte ins Zielland aus markenrechtlichen oder anderen rechtlichen Gesichtspunkten überhaupt möglich ist und welche Zahlungssysteme im Zielland überhaupt zur Verfügung stehen. Es ist schlicht einfach nicht wirtschaftlich für alle Länder der Erde und alle angebotenen Produkte eine Versandkostenprüfung und möglicherweise auch eine rechtliche Prüfung durchzuführen bevor überhaupt eine konkrete Anfrage vorliegt.
Wenn man die Urteilsbegründung liest und sachlich fair analysiert kommt man wohl eher zu folgendem Ergebnis:
Das KG Berlin hat eben nicht das genaue Gegenteil wie das OLG Hamm entschieden. Das KG Berlin hat unter Berücksichtigung und Weiterentwicklung der Rechtssprechung des OLG Hamm lediglich festgestellt, dass es bei der konkreten Ausprägung des Falles es sich um einen Bagatellverstoss handelt. Es handelte sich um einen “besonders gelagerten Ausnahmefall”. Und aus “besonders gelagerten Ausnahmefällen” kann man nun wirklich nicht schließen das man in Berlin jetzt auch in der Regel die Nichtangabe von Auslandsversandkosten nicht auch als Wettbewerbswidrig ansehen wird. In diesem Fall gilt halt sprichwörtlich: Ausnahmen bestätigen die Regel. Und das KG Berlin hat in der Urteilsbegründung ausdrücklich die Regel bestätigt, dass auch Auslandsversandkosten anzugeben sind.