Für einen Wertverlust der Ware muss der Verbraucher nach § 357a Abs. 1 BGB Wertersatz leisten, wenn der Wertverlust der Ware auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der zur Prüfung nicht erforderlich war, und der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert hat. Belehre der Unternehmer jedoch fehlerhaft über das Widerrufsrecht, schulde der Verbraucher keinen Wertersatz, entschied nun OLG Stuttgart (Urt. v. 8.4.2025 – 6 U 126/24). Für eine weitere Nutzung nach Ausübung des Widerrufsrechts könne dem Unternehmer hingegen ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen.
Der Kläger kaufte im Onlineshop der Beklagten am 3.6.2022 einen Tesla zum Preis von 64.970,00 € zu privaten Zwecken. Das Fahrzeug wurde am 23.12.2022 an den Kläger ausgeliefert. Die Widerrufsbelehrung enthielt keine Angaben zur Kosten der Rücksendung. Mit Schreiben vom 29.12.2023 erklärte der Kläger den Widerruf seiner Vertragserklärung, den die Beklagte am 12.1.2024 zurückwies. Als der Kläger das Fahrzeug am 17.4.2024 in Heilbronn bei der Beklagten zurückgeben wollte, lehnte diese die Rücknahme ab. Mit Anwaltsschreiben vom 19.4.2024 wurde nochmals von der Beklagten die Rückabwicklung des Vertrages aufgrund des Widerrufs verlangt.
Der Kläger ist der Auffassung, er sei im Dezember 2023 noch berechtigt gewesen, den im Fernabsatz geschlossenen Kaufvertrag zu widerrufen, da die erteilte Widerrufsbelehrung weder dem gesetzlichen Muster noch den Vorgaben des Gesetzes entspreche. Die Beklagte habe es unterlassen, die auf der Internetseite genannte Telefonnummer auch in der Widerrufsbelehrung anzugeben. Abweichend vom Muster werde in der Belehrung hingegen auf die Möglichkeit hingewiesen, dass der Widerruf auch per Telefax erfolgen könne, ohne dass aber in der Belehrung die Telefaxnummer angegeben sei. Die im Impressum auf der Website der Beklagten aufgeführte Telefaxnummer funktioniere nicht. Die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe wie etwa der Begriff des Verbrauchers sowie die bloße Nennung der Voraussetzungen eines Fernabsatzvertrages, die in der Widerrufsbelehrung nicht erläutert würden, sei irreführend und verstoße gegen das Transparenzgebot. Zudem fehle eine Information zu den Rücksendekosten.
Das LG Heilbronn (Urt. v. 18.9.2024 – III 4 O 126/24) hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Widerruf sei verspätet erklärt worden. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Das OLG Stuttgart entschied nun, dass die Berufung begründet sei und der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen könne. Die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft, weswegen die Widerrufsfrist nicht begonnen habe zu laufen. Belehre der Unternehmer fehlerhaft über das Widerrufsrecht, schulde der Verbraucher auch keinen Wertersatz. Für eine weitere Nutzung nach Ausübung des Widerrufsrechts könne dem Unternehmer hingegen ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen.
Zunächst stellte das Gericht klar, dass die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen war, da der Kläger nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.
Das Widerrufsrecht war nicht gemäß § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Fristablauf erloschen, als der Kläger den Widerruf erklärte.
Nach § 356 Abs. 3 Satz 2 BGB erlischt das Widerrufsrecht bei einem Verbrauchsgüterkauf zwölf Monate und 14 Tage nachdem der Verbraucher die Ware gemäß § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB erhalten hat. Da das Fahrzeug am 23.12.2022 an den Kläger ausgeliefert wurde, war die Frist am 29.12.2023 noch nicht abgelaufen.
Der Kläger hat sein Widerrufsrecht auch nicht nach Ablauf der gesetzlichen Frist von 14 Tagen (§ 355 Abs. 1 Satz 1 BGB) ausgeübt. Zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs hatte die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen, da der Kläger nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden war.
Die Beklagte habe nicht die gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung verwendet. Hierzu besteht zwar auch keine Pflicht, allerdings kann sich der Unternehmer dann auch nicht auf die Privilegierung berufen. Entsprechend entschied bereits der BGH. Die Vorinstanz habe zwar zutreffend angenommen, dass die Beklagte nicht dazu verpflichtet gewesen sei, ihre Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung anzugeben. Entsprechend entschied in der Zwischenzeit bereits der BGH. Allerdings habe die Beklagte nur abstrakt über ein möglicherweise bestehendes Widerrufsrecht informiert.
Im vorliegenden Fall ist die Widerrufsbelehrung der Beklagten an den gesetzlichen Vorgaben zu messen, die sich aus Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB ergeben, da die Beklagte unstreitig nicht den Text des gesetzlichen Musters in Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB übernommen und damit ihre Informationspflicht nicht gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB erfüllt hat.
Zwar hat das Landgericht richtig entschieden, dass die Beklagte ihre Telefonnummer in der Belehrung nicht angeben musste (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 5 ff., juris). Jedoch entspricht die erteilte Widerrufsbelehrung nicht dem Gesetz, da sie den Verbraucher nicht darüber in Kenntnis setzt, ob im Einzelfall ein Widerrufsrecht besteht.
Mit dem Konditionalsatz am Beginn der Widerrufsbelehrung der Beklagten wird der Käufer lediglich über die persönlichen („Wenn sie Verbraucher sind“) und sachlichen („und diesen Vertrag ausschließlich unter der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln [wie z.B. über das Internet, per Telefon, E-Mail o.ä.] geschlossen haben“) Voraussetzungen eines Widerrufsrechts informiert. Er kann dem nicht unmittelbar entnehmen, ob in seinem Fall ein Widerrufsrecht besteht. Die Kenntnis von seinem Widerrufsrecht erlangt er nur, wenn er die in der Belehrung verwendeten Rechtsbegriffe zutreffend versteht und auf die konkreten Umstände des Vertragsschlusses anwendet.
Zwar habe der BGH entschieden, dass Verbraucher durch die von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung nicht irregeführt werden, allerdings betraf die Entscheidung nicht die vorgelagerte Frage, ob eine Widerrufsbelehrung ausreiche, die die gesetzlichen Voraussetzungen lediglich abstrakt wiedergebe, und dem Verbraucher die Subsumtion überlasse, ob für ihn ein Widerrufsrecht bestehe oder nicht. Nach Ansicht des OLG Stuttgart genüge eine solche abstrakte Widerrufsbelehrung nicht.
Soweit der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, dass der Verbraucher durch die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht über die persönliche und sachliche Reichweite seines Widerrufsrechts irregeführt wird (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 - VIII ZR 143/24 -, Rn. 29, juris), enthält die zitierte Entscheidung keine Ausführungen zu der vorgelagerten Frage, ob das Gesetz bei richtlinienkonformer Auslegung dem Unternehmer eine Widerrufsbelehrung gestattet, in der lediglich die gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts abstrakt wiedergegeben werden, so dass dem Verbraucher die Subsumtion unter die beschriebenen Tatbestandsmerkmale überlassen bleibt, ohne dass ihm konkret mitgeteilt wird, ob in seinem Fall ein Widerrufsrecht besteht oder nicht.
Diese dort offen gelassene Frage ist nach Auffassung des Senats zu verneinen (vgl. ausführlich Senat, Urteile vom 11. März 2025 – 6 U 12/24 –, Rn. 53 ff., juris; – 6 U 36/24 –, Rn. 51 ff., juris; – 6 U 57/24 –, Rn. 62 ff., juris).
Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist sei eine Widerrufsbelehrung, die den Verbraucher darüber informiert, ob er zum Widerruf berechtigt ist. Hierfür genüge es nicht, wenn der Unternehmer den Verbraucher lediglich über die tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts belehre, ohne ihm konkret mitzuteilen, ob er zum Widerruf berechtigt ist, und dadurch die Prüfung des Bestehens des Widerrufsrechts auf den Verbraucher übertrage.
Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB hängt der Lauf der Widerrufsfrist davon ab, dass der Unternehmer den Verbraucher wie bei einem Fernabsatzvertrag über Finanzdienstleistungen (Art. 246b § 1 Abs. 1 Nr. 12 EGBGB) oder bei einem Verbraucherdarlehensvertrag (Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 13 EGBGB) über das Bestehen des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB informiert (vgl. EuGH, Urteil vom 24. Februar 2022 – C-536/20 –, Rn. 42, juris). Die danach erforderliche Information des Verbrauchers, ob er zum Widerruf berechtigt ist, ist nicht gesetzeskonform erteilt, wenn die Belehrung des Unternehmers dem Verbraucher die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufsrechts überlässt und damit das Bestehen eines Widerrufsrechts offenlässt. Mit dem Zweck des Gesetzes, das eine umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des regelmäßig rechtsunkundigen Verbrauchers eindeutige Belehrung verlangt, durch die er nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden soll, dieses ohne Schwierigkeiten wirksam auszuüben (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2025 – VII ZR 133/24 –, Rn. 25, juris; BGH, Urteil vom 1. Dezember 2022 – I ZR 28/22 –, Rn. 40, juris; BGH, Urteil vom 8. Oktober 2024 – XI ZR 19/23 –, Rn. 19, juris zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB; BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 – XI ZR 118/08 –, Rn. 14, juris), ist es nicht zu vereinbaren, wenn der Unternehmer die ihm obliegende Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts auf den rechtsunkundigen Verbraucher verlagert.
Die nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB erforderliche Information über das Bestehen des Widerrufsrechts verlangt deshalb vom Unternehmer die Prüfung und die Entscheidung, ob die Voraussetzungen für ein Widerrufsrecht gemäß § 312g Abs. 1 BGB gegeben sind, und für den Fall, dass das zu bejahen ist, die eindeutige Information des Verbrauchers, dass er das Recht hat, den Vertrag zu widerrufen. Demgegenüber entspricht eine Belehrung, mit der der Unternehmer den Verbraucher lediglich über die tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts belehrt, ohne ihm konkret mitzuteilen, ob er zum Widerruf berechtigt ist, und dadurch die Prüfung des Bestehens des Widerrufsrechts auf den Verbraucher überträgt, nicht den Vorgaben des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB. […]
Danach ist die Belehrung der Beklagten nicht gesetzeskonform, weil dem Kläger nicht mitgeteilt wird, dass er zum Widerruf berechtigt ist, sondern die Beurteilung der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen des Bestehens eines Widerrufsrechts ihm überlassen bleibt (vgl. Senat, Urteile vom 11. März 2025 – 6 U 12/24 –, Rn. 66 ff., juris; – 6 U 36/24 –, Rn. 64 ff., juris; – 6 U 57/24 –, Rn. 75 ff., juris).
Kann die Ware aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem Postweg zurückgesendet werden, muss der Unternehmer nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EGBGB über die Höhe der Rücksendekosten informieren. Dieser Hinweis fehle in der Belehrung der Beklagten, weshalb die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sei.
Die Belehrung der Beklagten ist auch deshalb fehlerhaft, weil sie den Hinweis enthält, dass der Käufer die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren trage.
Diese Information entspricht nicht der Rechtslage. Zur Kostentragung wäre der Kläger gemäß § 357 Abs. 5 Satz 1 BGB nur verpflichtet, wenn er über die Höhe der Kosten der Rücksendung informiert worden wäre, was gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB bei Waren, die – wie hier – aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können, erforderlich ist und den Unternehmer verpflichtet, zumindest eine Schätzung der voraussichtlich anfallenden Höchstkosten anzugeben (vgl. BT-Drucks. 17/12637, S. 75). Diese Information hat die Beklagte nicht erteilt. […]
Die gesetzlichen Bestimmungen über die Information zur Höhe der Rücksendekosten (Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EGBGB) und zu den Voraussetzungen, unter denen der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen hat (§ 357 Abs. 6 Satz 1 BGB), bieten keine Grundlage für den Schluss, der allgemeine Grundsatz, wonach eine in der Widerrufsbelehrung enthaltene, rechtlich falsche Information über das Widerrufsrecht des Verbrauchers geeignet ist, den Fristlauf zu hindern, keine Geltung beanspruchen kann, wenn der Unternehmer den Verbraucher unzutreffend dahin belehrt, dass er die Kosten der Rücksendung zu tragen habe.
Wegen der mangelhaften Belehrung habe die Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen, so das Gericht. Sowohl der Umstand, dass die Beklagte nicht konkret, sondern nur abstrakt über das Bestehen eines Widerrufsrechts informiert habe, als auch die fehlerhafte Information zu den Rücksendekosten stünden dem Beginn der Widerrufsfrist entgegen.
Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, steht das dem Beginn der Widerrufsfrist nur unter der weiteren Voraussetzung entgegen, dass die unvollständige oder fehlerhafte Information in der Widerrufsbelehrung geeignet ist, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Fernabsatzvertrag herrührenden Rechte und Pflichten - konkret: seines Widerrufsrechts - einzuschätzen, beziehungsweise auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken, und ob ihm die Möglichkeit genommen wird, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Erteilung vollständiger und inhaltlich zutreffender Informationen im Fernabsatzvertrag auszuüben (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 25, juris; BGH, Urteil vom 15. Oktober 2024 – XI ZR 39/24 –, juris).
Danach hindert der Umstand, dass die Beklagte nicht konkret über das Bestehen des Widerrufsrechts, sondern nur über dessen Voraussetzungen informiert hat, den Fristbeginn.
Im Vergleich zu einer Widerrufsbelehrung, die dem Verbraucher eindeutig mitteilt, dass er zum Widerruf berechtigt ist, ist die Belehrung der Beklagten weniger deutlich und stellt den Verbraucher sowohl hinsichtlich der persönlichen als auch der situativen Voraussetzungen des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB vor nicht unerhebliche Schwierigkeiten bei der Beurteilung des Bestehens eines Widerrufsrechts. Die mit der abstrakten Formulierung der Belehrung verbundenen Deutungsspielräume sind geeignet, sich auf die Befähigung des Verbrauchers auszuwirken, das Bestehen eines Widerrufsrechts zutreffend einzuschätzen. Angesichts dieser Unklarheit wird er durch die Belehrung der Beklagten nicht in die Lage versetzt, sein Widerrufsrecht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Erteilung einer gesetzeskonformen Belehrung auszuüben. […]
Gemessen an den Kriterien nach oben (1), steht auch die fehlerhafte Information bezüglich der Kosten der Rücksendung dem Fristlauf entgegen.
Verzichtet der Unternehmer auf Angaben zur Höhe der Kosten der Versendung, müsste eine inhaltlich zutreffende Widerrufsbelehrung die daraus resultierende Rechtslage zutreffend wiedergeben. Folglich wäre die Information zu erteilen gewesen, dass der Unternehmer die Kosten der Versendung zu tragen habe.
Wird der Verbraucher hingegen fehlerhaft dahin informiert, dass er für die Kosten der Rücksendung aufkommen müsse, kann er die Folgen der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht zuverlässig abschätzen. Ob er für die Rücksendung Kosten in nicht bekannter Höhe zu tragen hat, stellt nach Auffassung des Senats für den Verbraucher auch eine wesentliche Bedingung für die Ausübung seines Widerrufsrechts dar, sodass er das sein Widerrufsrecht nicht unter im Wesentlichen denselben Bedingungen ausüben kann (a.A. OLG Celle, Beschluss vom 5.2.2025 – 7 U 76/24 – Rn. 97, juris; unter diesem Gesichtspunkt nicht problematisiert in BGH, Beschluss vom 25. Februar 2025 – VIII ZR 143/24 –, Rn. 28, juris).
Die Beklagte versuchte einzuwenden, dass die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich sei und gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoße. Dieser Einwand komme allerdings vorliegend wegen der fehlerhaften Belehrung nicht Betracht, so das Gericht. Hierbei verwies das Gericht auch auf das OLG Schleswig, das eine andere Auffassung vertritt, nach der es dem Verbraucher bei geringen Fehlern in der Widerrufsbelehrung aus Treu und Glauben verwehrt sei, den Widerruf geltend zu machen.
Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, die Ausübung des Widerrufsrechts sei rechtsmissbräuchlich und verstoße nach § 242 BGB gegen Treu und Glauben (a. A. OLG Schleswig, Urteil vom 18.11.2024 – 10 U 31/24, Rn. 41 ff, juris).
Der Einwand des Unternehmers, der Widerruf sei wegen rechtsmissbräuchlicher Ausübung des Widerrufsrechts unwirksam, kommt im Falle einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht in Betracht, wenn sich – wie hier – die Fehler der Belehrung auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner Rechte und Pflichten einzuschätzen, auswirken, und deshalb die Widerrufsfrist nicht begonnen hat (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2023 – C-38/21, C-47/21 und C-232/21 –, Rn. 291, juris; BGH, Urteil vom 20. Februar 2025 – VII ZR 133/24 –, Rn. 25, juris).
Die Beklagte hatte hilfsweise die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Wertersatz beantragt. Das Gericht stellte jedoch fest, dass ein solcher Anspruch auf Wertersatz nicht bestehe, weil die Beklagte nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt habe.
Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit dem bezifferten Gegenanspruch in Höhe von 28.270,00 € hat keinen Erfolg, weil der Kläger nach § 357a Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen Wertersatz für den am Fahrzeug eingetretenen Wertverlust zu leisten hat.
Der Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz setzt gemäß § 357a Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus, dass der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des EGBGB über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat. […]
Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt der Anspruch auf Wertersatz voraus, dass der Unternehmer den Verbraucher nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB ordnungsgemäß informiert hat. Diese Regelung setzt Art. 14 Abs. 2 Satz 2 der Verbraucherrechterichtlinie um, wonach der Verbraucher in keinem Fall für den Wertverlust der Waren haftet, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Die Belehrung ist nur dann „gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. h“ der Richtlinie erfolgt, wenn die Belehrung unter Beachtung der dort geregelten Vorgaben erteilt wurde. Soweit in Erwägungsgrund 43 der Verbraucherrechterichtlinie ausgeführt wird, dass sich die Widerrufsfrist verlängern sollte, wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht informiert, folgt daraus nicht, dass die Richtlinie an eine unzureichende Belehrung keine weiteren Rechtsfolgen knüpft.
Diese vom Gesetz eindeutig angeordnete Befreiung des Verbrauchers von einer Ersatzpflicht kann auch nicht unter Hinweis darauf korrigiert werden, der Verlust der Wertersatzpflicht stelle angesichts der bloß fehlerhaften Widerrufsbelehrung eine unverhältnismäßige Sanktion dar. Sind die Mängel der Belehrung so gewichtig, dass sie sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner Rechte und Pflichten einzuschätzen auswirken, ist die fehlerhafte Belehrung der gänzlich fehlenden Belehrung gleichzustellen, was nach dem Gesetz zur Folge hat, dass die Widerrufsfrist nicht beginnt und der Verbraucher nach § 357a Abs. 1 Nr. 2 BGB keinen Wertersatz zu leisten hat. Auch der Einwand, die Regelung widerspreche dem allgemeinen Verbot ungerechtfertigter Bereicherung, greift nicht durch (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Mai 2023 – C-97/22 –, juris).
Leidet die Widerrufsbelehrung des Unternehmers an Mängeln, die den Lauf der Widerrufsfrist hindern, steht das auch dem Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz entgegen […].
Der Beklagten stehe allerdings ein Schadensersatzanspruch für die Nutzung des Fahrzeugs nach Ausübung des Widerrufs zu. Durch die weitere Nutzung habe der Kläger seine Obhutspflichten verletzt. Eine solche Haftung sei auch nicht nach § 361 BGB ausgeschlossen.
In der Sache ist eine Haftung des Klägers gemäß § 280 Abs. 1 BGB infolge der unstreitigen Nutzung des Fahrzeugs bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 18.3.2025 dem Grunde nach gegeben.
Infolge des Widerrufs ist ein auf Rückabwicklung gerichtetes Schuldverhältnis zur Entstehung gelangt, für das der Anwendungsbereich von § 280 Abs. 1 BGB grundsätzlich eröffnet ist.
Eine Haftung des Verbrauchers für Schäden, die sich aus der Verletzung einer Obhutspflicht nach §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB ergeben, ist durch § 361 Abs. 1 BGB nicht ausgeschlossen (Grüneberg/Grüneberg, BGB 84. Aufl., § 361 Rn. 1; MüKoBGB/Fritsche, 9. Aufl. 2022, BGB § 361 Rn. 4, beck-online; BeckOGK/Rosenkranz, 1.2.2024, BGB § 361 Rn. 12.2, beck-online; BeckOK BGB/Müller-Christmann, 73. Ed. 1.2.2025, BGB § 361 Rn. 5 f., beck-online). Nach Erwägungsgrund 48 der Verbraucherrechterichtlinie sollen Sanktionen, die gemäß der Richtlinie in innerstaatlichen Vorschriften festgelegt sind, sowie vertragsrechtliche Bestimmungen zur Anwendung gelangen, wenn der Verbraucher die Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts nicht erfüllt.
Durch den nach Widerruf fortgesetzten Gebrauch der Kaufsache verletzt der Verbraucher seine Obhutspflichten aus dem Rückgewährschuldverhältnis (§ 241 Abs. 2 BGB).
Den Verbraucher, der sein Widerrufsrecht ausgeübt hat, treffen in gleicher Weise Sorgfaltspflichten im Umgang mit der Kaufsache, wie er sie im Falle einer ordnungsgemäßen Belehrung während des Laufs der 14-tätigen Widerrufsfrist zu beachten hat.
Wie sich aus Erwägungsgrund 47 der Verbraucherrechterichtlinie ergibt, hat der ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrte Verbraucher die Ware während der Widerrufsfrist mit der gebührenden Sorgfalt zu behandeln und darf sie grundsätzlich nicht gebrauchen. Beispielsweise soll der Verbraucher ein gekauftes Kleidungsstück nur anprobieren, nicht jedoch tragen dürfen. Ist der Verbraucher, der während der Widerrufsfrist die Möglichkeit eines späteren Widerrufs in Betracht ziehen und deshalb mit der Rückgabe der Kaufsache rechnen muss, nach der Vorstellung des Richtliniengebers zu einem sorgfältigen Umgang mit der Kaufsache verpflichtet, muss das erst recht für den Verbraucher gelten, der sein Widerrufsrecht bereits ausgeübt hat und weiß, dass er zur Rückgabe der Kaufsache verpflichtet ist. Er kann keine weitergehenden Befugnisse im Umgang mit der Sache haben, als er sie in Kenntnis der Widerruflichkeit des Vertrages während des Laufs der Widerrufsfrist hat.
Die weitere Nutzung des Fahrzeugs nach Widerruf stellt deshalb eine Pflichtverletzung dar.
Der Kläger hat die Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten. Zwar modifiziert der Annahmeverzug der Beklagten den Haftungsmaßstab, weil der Schuldner nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat (§ 300 BGB). In Bezug auf die weitere Nutzung des Fahrzeugs und die damit verbundene Verschlechterung kommt aber eine vorsätzliche Pflichtverletzung in Betracht, für die sich der Kläger nicht entlastet hat.
Das OLG Stuttgart hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen.