Seit dem 1.12.2022 dürfen Wirtschaftsverbände nur noch abmahnen, wenn sie auf der Liste der sog. qualifizierten Wirtschaftsverbände beim Bundesamt für Justiz eingetragen sind. Der IDO hat es bisher nicht auf diese Liste geschafft. Das OLG Dresden (Urt. v. 20.5.2025 – 14 U 1540/24) hat nun entschieden, dass der IDO wegen seiner fehlenden Eintragung keine Vertragsstrafe geltend machen könne. Unsere Partnerkanzlei Internet-Rostock.de hat die Beklagten in diesen Verfahren erfolgreich vertreten.
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Das OLG Dresden entschied, dass dem IDO kein Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe zustehe. Die Forderung nach einer Vertragsstrafe stelle eine unzulässige Rechtsausübung dar, da die Sachbefugnis des IDO aufgrund der fehlenden Eintragung in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände entfallen sei. Entsprechend entschied zuletzt auch das OLG Celle in zwei Fällen.
Das OLG Dresden entschied, dass eine Kündigung des Unterlassungsvertrags aus wichtigem Grund wirksam sei. Das OLG Dresden verwies zudem auf eine bereits 1996 ergangene Entscheidung des BGH (Urt. v. 26.9.1996 – I ZR 265/95) hinsichtlich der Kündigung von Unterlassungserklärungen wegen Wegfalls der Sachbefugnis, der sich das Gericht anschließt. Stehe der gesetzliche Unterlassungsanspruch dem Kläger mangels Listeneintragung und Sachbefugnis offensichtlich nicht mehr zu, könne der Unterlassungsvertrag gekündigt bzw. vor einer Kündigung einem Vertragsstrafenverlangen der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Vertragsstrafeanspruch nicht zu. Die Berufung auf die von der Beklagten mit Schreiben vom 21.12.2022 gekündigte Unterwerfungserklärung stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar, weil der Kläger infolge der vorhergehenden Gesetzesänderung für die Geltendmachung des gesicherten gesetzlichen Unterlassungsanspruchs unzweifelhaft nicht mehr sachbefugt ist.
Dem Kläger ist es als unzulässige Rechtsausübung verwehrt, sich auf den nicht rechtzeitig gekündigten Unterlassungsvertrag vom 10./13.07.2020 (K 1, K 1a) zu stützen.
Der Schuldner eines Unterwerfungsvertrages kann sich im allgemeinen nur durch fristlose Kündigung von der übernommenen vertraglichen Verpflichtung lösen. Gleichwohl kann es im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein, wenn sich der Gläubiger auf ein nicht rechtzeitig gekündigtes Vertragsstrafeversprechen beruft. Hiervon ist immer dann auszugehen, wenn der vertraglich gesicherte gesetzliche Unterlassungsanspruch dem Gläubiger aufgrund einer erfolgten Gesetzesänderung unzweifelhaft, d.h. ohne weiteres erkennbar, nicht mehr zusteht. Aus Treu und Glauben ist dem Gläubiger die Geltendmachung des vertraglichen Anspruchs verwehrt, wenn er – wie hier – die Prozessführungs- und Sachbefugnis für den gesicherten gesetzlichen Unterlassungsanspruch durch die Novelle unzweifelhaft verloren hat (BGHZ 133, 316 – Altunterwerfung I).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 133, 316 – Altuntenrverfung I) im Streitfall heranzuziehen. Zwar gilt das Listensystem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nur für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG. Ein solcher gesetzlicher Anspruch soll aber durch den vertraglichen Anspruch mit Vertragsstrafe gesichert werden. Steht der gesetzliche Unterlassungsanspruch dem Kläger mangels Listeneintragung und Sachbefugnis offensichtlich nicht mehr zu, kann der Unterlassungsvertrag gekündigt bzw. vor einer Kündigung einem Vertragsstrafenverlangen der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen gehalten werden, wie es der Bundesgerichtshof wiederholt dargelegt hat (BGHZ 133,316 – Altunterwerfung I Rn. 44 ff.; BGH GRUR 2001, 85 – Altunterwerfung IV Rn. 19). […]
Die Sachbefugnis habe der IDO aufgrund der fehlenden Eintragung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen verloren. Mit dem Ziel des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs sei es unvereinbar, wenn nicht in die Liste eingetragene Verbände weiterhin Einnahmen aus Vertragsstrafenvereinbarungen generieren könnten, so das Gericht.
Die Sachbefugnis hat der Kläger verloren. Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26.11.2020 (BGBI. I S. 2568) macht mit Wirkung ab 02.12.2020 in § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG die Eintragung in die Liste der qualifizierten Einrichtungen zur Voraussetzung des Fortbestands der Aktivlegitimation. In diese Liste ist der Kläger bis heute nicht eingetragen. Das Verfahren war auch nicht am 01.09.2021 bereits rechtshängig, so dass kein Fall des Übergangsrechts nach § 15a Abs. 1 UWG vorliegt.
Könnte der Kläger für vor der Kündigung vom 21.12.2022 liegende Verstöße noch Vertragsstrafe verlangen, widerspräche dies dem Ziel des Gesetzgebers, einer missbräuchlichen Anspruchsverfolgung entgegen zu wirken. Ein Wirtschaftsverband ist nur eintragungsfähig, wenn er seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend macht, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen und wenn er seinen Mitgliedern keine Zuwendungen und seinen Beschäftigten keine unangemessen hohen Vergütungen gewährt. Entfällt für den Kläger mangels Listeneintrags die Sachbefugnis, kann er nicht mehr durch die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen § 8 Abs. 1 UWG zur Förderung des lauteren Wettbewerbs beitragen.
Als nicht in die Liste eingetragener Verband soll er deshalb nach dem Gesetzeszweck auch nicht weiterhin Einnahmen aus Vertragsstrafenvereinbarungen erzielen.
Dass eine Eintragung in die Liste beim Bundesamt für Justiz noch möglich ist, stehe einer Kündigung aus wichtigem Grund nicht entgegen. Dass die Sachbefugnis des IDO wiederaufleben könnte, mache eine wirksam ausgesprochene Kündigung nicht wieder unwirksam. Hierzu verwies das Gericht auf die jüngst ergangene Entscheidung des OLG Köln hinsichtlich einer wirksamen Kündigung einer Unterlassungserklärung gegenüber dem IDO wegen fehlender Eintragung.
Dahinstehen kann, ob der Kläger auch Über vier Jahre nach Ablauf der Jahresfrist am 02.12.2020 noch in die Liste der qualifizierten Einrichtungen eingetragen werden wird.
Die Sachbefugnis fehlte offensichtlich zur Zeit der angeblichen Verwirkung und Geltendmachung der Vertragsstrafe im Dezember 2022. Dahinstehen kann, ob und ggfs. wann die Sachbefugnis wiederaufleben könnte. Sie braucht nicht zwingend unumkehrbar zu entfallen.
Selbst wenn eine Verzögerung der Eintragung nicht vom Kläger zu vertreten wäre, ist ein Abwarten auf eine Entscheidung über die Aufnahme des Klägers in die Liste im Interesse der Rechtssicherheit von der Beklagten nicht zu verlangen (Köhler in Köhler/Feddersen, UWG, § 15a Rn. 3; OLG Köln Urteil vom 14.03.2025, Az. 6 U 116/24, BK 43). Die – unterstellte – Verzögerung der Eintragung fällt jedenfalls nicht in die Sphäre der Beklagten. Es ist ihr nicht zuzumuten, dass sie vor der konstitutiven Eintragung Vertragsstrafe so zahlen müsste, als läge die Eintragung bereits vor.
Würde der Kläger noch in die Liste eingetragen werden, käme einer solchen – unterstellten – zukünftigen Eintragung jedenfalls keine Rückwirkung zu. Zur Unwirksamkeit der zwischenzeitlichen Kündigung vom 21.12.2022 könnte eine verspätete Eintragung nicht führen. Auf die gerügten Verstöße und ihre Heranziehung zu einer Vertragsstrafe könnte sich eine zukünftige Eintragung und das damit verbundene Wiederaufleben der Sachbefugnis erst recht nicht erstrecken.
Die Entscheidung des OLG Dresden ist rechtskräftig.