OLG Celle: Geltendmachung von Vertragsstrafe durch den IDO rechtsmissbräuchlich

Seit dem 1.12.2022 dürfen Wirtschaftsverbände nur noch abmahnen, wenn sie auf der Liste der sog. qualifizierten Wirtschaftsverbände beim Bundesamt für Justiz eingetragen sind. Der IDO hat es bisher nicht auf diese Liste geschafft. Das OLG Celle (13 U 4/22, 13 U 28/22) hat nun in zwei Verfahren entschieden, dass die Geltendmachung einer Vertragsstrafe durch den IDO rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig sei. Unsere Partnerkanzlei Internet-Rostock.de hat die Beklagten in diesen Verfahren erfolgreich vertreten.

Der IDO nimmt die Beklagte wegen Wettbewerbsverstößen bei Angeboten von Reinigungs- und Hygieneartikeln auf der Onlinehandelsplattform eBay aus einer am 8./11.5.202O geschlossenen Unterlassungs- und Vertragsstrafenvereinbarung auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 3.500 € nebst Zinsen in Anspruch. Das LG Hannover (Urt. v. 3.2.2022 – 21 O 6/21) hatte der Klage des IDO zunächst in vollem Umfang stattgegeben und entschieden, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe zustehe. Die Beklagte habe die Unterlassungserklärung nicht wirksam nach § 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage weiter verfolgt.

Vergleichbar war der Sachverhalt in dem anderen Verfahren (13 U 28/22; Vorinstanz LG Verden, Urt. v. 28.4.2022 – 10 O 51/21).

Die Berufung vor dem OLG Celle hatte in beiden Fällen Erfolg. Das Gericht entschied, dass dem IDO kein Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe zustehe. Die Vorinstanz habe zwar zu Recht eine arglistige Täuschung verneint, allerdings sei die Geltendmachung der Vertragsstrafe rechtsmissbräuchlich gewesen.

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Keine arglistige Täuschung

Das OLG Celle verneinte ebenso wie die Vorinstanz eine arglistige Täuschung des Klägers. Es sei nicht ersichtlich, dass der IDO zum Zeitpunkt der Abmahnung gewusst habe, nicht über eine für die Annahme der Klagebefugnis und Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der hier bis zum 1.12.2020 maßgeblichen Fassung ausreichende Anzahl an Mitgliedern aus den Sortimentsbereichen Reinigungs- und Hygieneartikel zu verfügen, und zumindest billigend in Kauf genommen habe, die Beklagte hierüber durch die aufgeführten Gerichtsentscheidungen sowie die Angabe zu täuschen.

Die Beklagte hat zwar ihr Unterlassungs- und Vertragsstrafenversprechen nicht wirksam angefochten. Das Landgericht hat zu Recht eine arglistige Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB verneint.

Es dürfte bereits an einer Täuschungshandlung fehlen. Der Kläger hat keine fehlerhaften Angaben über die Mitgliederstruktur gemacht, insbesondere nicht zum Vorhandensein einer ausreichenden Zahl an Mitgliedern, die in den fraglichen Sortimentsbereichen mit der Beklagten konkurrierten. Auch hat er in dem Abmahnschreiben vom 28. April 2020 nicht darüber getäuscht, dass die darin aufgeführten Gerichtsentscheidungen seine Klagebefugnis für diese Sortimentsbereiche bestätigt hätten. Denn die Gerichtsentscheidungen werden im vierten Absatz des Abmahnschreibens lediglich allgemein und ausdrücklich nur beispielhaft als Beleg für die Aktivlegitimation des Klägers im Hinblick auf die hierfür erforderlichen Voraussetzungen der Mitgliederzahl und der personellen, sachlichen sowie finanziellen Ausstattung angeführt.

Jedenfalls lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger arglistig gehandelt hat. Es ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich, dass der Kläger im Zeitpunkt des Abmahnschreibens gewusst hat, nicht über eine für die Annahme der Klagebefugnis und Anspruchsberechtigung gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der hier bis zum 1. Dezember 2O2O maßgeblichen Fassung (fortan aF) ausreichende Anzahl an Mitgliedern aus den Sortimentsbereichen Reinigungs- und Hygieneartikel zu verfügen, und zumindest billigend in Kauf genommen hat, die Beklagte hierüber durch die aufgeführten Gerichtsentscheidungen sowie die Angabe zu täuschen, ihm gehörten 41 Reinigungs- und Hygieneartikelhändler an.

Kündigung mit Wirkung für die Zukunft

Die Unterlassungserklärung sei nicht rechtzeitig durch Kündigung beendet worden, da die Kündigung nur für die Zukunft wirke und die Verstöße vor der Kündigungserklärung begangen worden seien.

Weiter hat die Beklagte die unterlassungs- und Vertragsstrafenvereinbarung nicht rechtzeitig durch ihre Kündigungserklärung vom 5. Februar 2021 beendet. Denn eine Kündigung wirkt lediglich ex nunc. Die streitgegenständlichen Verstöße gegen die Vereinbarung wurden vor der Kündigungserklärung begangen.

Geltendmachung der Vertragsstrafe war rechtsmissbräuchlich

Das OLG Celle entschied jedoch, dass die Geltendmachung der Vertragsstrafe durch den IDO rechtsmissbräuchlich gewesen sei. Maßstab seien die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben nach § 242 BGB. Es sei im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob das Verhalten des Abmahnenden vor, bei oder nach der Abmahnung den Schluss rechtfertige, dass deren Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstoße. Rechtsmissbrauch sei im Zweifel anzunehmen, wenn die Geltendmachung von Ansprüchen sie vorwiegend dazu diene, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen.

Die Geltendmachung der Vertragsstrafe ist jedoch rechtsmissbräuchlich.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Geltendmachung einer Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Unterlassungspflicht aus einem aufgrund einer missbräuchlichen Abmahnung geschlossenen unterlassungsvertrag der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen (BGH, Urteil vom 7.März 2024 - | ZR 83/23, juris Rn. 7 m.w.N.). Maßstab für diese Beurteilung sind die allgemeinen Grundsätze von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Es ist daher im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob das Verhalten des Abmahnenden vor, bei und nach der Abmahnung den Schluss rechtfertigt, dass deren Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. BGH, Urteile vom 14. Februar 2019  l ZR 61/17, juris Rn. 36; vom 7. März 2024 - I ZR 83/23, juris Rn. 8, jew. m.w.N.).

lm Rahmen dieser Gesamtwürdigung können Umstände herangezogen werden, die gemäß § 8 Abs.4 UWG aF einen Rechtsmissbrauch begründen, soweit sie auch im Zusammenhang mit der Vereinbarung der Vertragsstrafe stehen (vgl. BGH, Urteile vom 31. Mai 2012 - I ZR 45111, juris Rn. 21; vom 14. Februar 2019 - I ZR 6/17, juris Rn. 34; vom 7. März 2O24 - I ZR 83123, juris Rn. 8). Danach ist eine missbräuchliche Geltendmachung im Zweifel anzunehmen, wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen. Von einem Rechtsmissbrauch in diesem Sinn ist auszugehen, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs von sachfremden Gesichtspunkten leiten lässt. Diese müssen nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele Überwiegen (BGH, Urteile vom 21. Januar 2021 – l ZR 17/18, juris Rn. 38; vom 26. Januar 2023 - I ZR 111/22, juris Rn. 40; vom 7. März 2024 -I ZR 83/23, juris Rn. 9).

Gesamtwürdigung spricht für Rechtsmissbrauch

Die Gesamtwürdigung der Umstände des Falls führe zu dem Ergebnis, dass sowohl die Abmahnung selbst als auch die Geltendmachung der Vertragsstrafe rechtsmissbräuchlich erfolgt seien. Die Beklagte habe mehrere Indizien vorgetragen, die für einen Rechtsmissbrauch sprechen, ohne dass diese Vorwürfe durch die Klägerin entkräftet wurden.

Ausgehend von diesen Maßstäben führt eine umfassende Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände des vorliegenden Falls dazu, dass sowohl die mit dem Abmahnschreiben vom 28. April 2020 geforderte Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung als auch die auf die streitgegenständlichen Verstöße gestützte Geltendmachung der Vertragsstrafe rechtsmissbräuchlich waren.

Die Beklagte hat mehrere lndizien vorgetragen, die für eine missbräuchliche Abmahnung sowie die missbräuchliche Geltendmachung des Vertragsstrafenanspruchs sprechen, ohne dass der Kläger im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast diese Umstände entkräftet hat. Zum Teil beruft sich die Beklagte in diesem Zusammenhang auch auf eigene unstreitige Auskünfte des Klägers in anderen Verfahren.

Unterscheidung zwischen aktiven und passiven Mitgliedern

Zunächst stelle die Vereinsstruktur ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch dar. Zwar habe der BGH festgestellt, dass es für die Klagebefugnis grundsätzlich nicht darauf ankomme, über welche mitgliedschaftlichen Rechte die Mitglieder verfügen. Daher sei der Umstand, dass ein Großteil der Mitglieder des IDO lediglich passive Mitglieder ohne eigenes Stimmrecht seien, für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht ausreichend. Allerdings sei der Aufnahmeprozess bewusst so ausgestaltet worden, dass neue Unternehmen typischerweise nur als passive Mitglieder aufgenommen und damit gezielt von der Willensbildung des Vereins ausgeschlossen werden.

So stellt der Vortrag der Beklagten zur gezielten Steuerung der Vereinsstruktur des Klägers ein relevantes lndiz für ein rechtsmissbräuchliches Handeln dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Klagebefugnis zwar grundsätzlich nicht darauf an, über welche mitgliedschaftlichen Rechte dessen Mitglieder verfügen (vgl. BGH Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 111/22, juris Rn. 32ff.). Daher genügte es für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Handelns des Klägers nicht, dass ein Großteil der Mitglieder des Klägers lediglich passive Mitglieder ohne eigenes Stimmrecht sind. Nach dem unbestrittenen Beklagtenvortrag standen im Jahr 2020 etwa 2.750 passiven Mitgliedern 43 aktive Mitglieder gegenüber, von denen 13 Rechtsanwälte und zwei Verbände waren [...]. Jedoch hat die Beklagte weitere lndizien vorgetragen, die den Schluss rechtfertigen, dass der Kläger den Aufnahmeprozess bewusst so ausgestaltet hat, dass beitrittswillige Unternehmen typischerweise nur als passive Mitglieder aufgenommen werden und damit - ohne ersichtlichen sachlichen Grund - gezielt von der Willensbildung des Vereins ausgeschlossen werden.

Die Beklagte hat unbestritten anhand von Screenshots der lnternetseite des Klägers vorgetragen [...], dass in dem dort aufrufbaren online-Registrierungsformular lediglich eine Mitgliedschaft für einen Beitrag von 96 Euro netto angeboten wurde, deren Nutzungsbedingungen ebenso wie die Satzung akzeptiert werden mussten. Zu den Nutzungsbedingungen gehörte eine Verlinkung, die klarstellte, dass ein „Angebot zur Aufnahme als passives IDO-Mitglied“ abgegeben werde. Eine alternative Mitgliedschaft wurde zwar in der Satzung erwähnt, aber über das Aufnahmeformular nicht angeboten. Mangels abweichenden Vortrags des Klägers ist davon auszugehen, dass der Aufnahmeprozess bereits im Zeitpunkt der Abmahnung der Beklagten am 28. April 2020 und auch noch im Zeitpunkt des Vertragsstrafenverlangens auf diese Weise ausgestaltet war. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass über die Möglichkeit einer aktiven Mitgliedschaft überhaupt informiert werde oder dass für sie in irgendeiner Weise geworben werde. Ferner hat der Kläger nicht nachvollziehbar erläutert, nach welchen Kriterien sich die Aufnahme als aktives Mitglied richtete.

Damit hat der Kläger Strukturen geschaffen, die darauf ausgerichtet waren, aktive Mitgliedschaften zu begrenzen oder gar zu verhindern. Nach dem unstreitigen Parteivorbringen sind und waren lediglich aktive Mitglieder berechtigt, in die Vereinsorgane gewählt zu werden. Nur sie haben ein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung, während die passiven Mitglieder nicht stimmberechtigt sind. Ein sachlicher Grund, warum die Unternehmen, deren Interessen der Kläger fördern will, von der Willensbildung des Klägers derart ausgeschlossen werden, ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich.

Insgesamt besteht für den Senat der Eindruck, dass der Vorstand den Kläger zu dem Zweck unterhält, durch die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen Einnahmen zu generieren, und die zur Erlangung der Aktivlegitimation und Prozessführungsbefugnis gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG notwendigen Mitglieder gezielt von der Willensbildung ausgeschlossen werden, um diese Einnahmequelle nicht zu gefährden.

Über 3,2 Millionen Euro für sechs Personen

Zudem seien den Vorstandsmitgliedern, einem Teil der Mitarbeiter und auch einer im Mehrheitsbesitz des Klägers stehenden Dienstleistungsleistungsgesellschaft sowie deren Geschäftsführern und Mitarbeitern hohe Vergütungen und andere Zuwendungen insbesondere aus den Einnahmen der Abmahnkosten und Vertragsstrafen zugeflossen. lm Jahr 2020 seien 44% der Einnahmen von mehr als 3,2 Mio. Euro an nur sechs Personen ausgeschüttet worden, die überdies zueinander in einer engen persönlichen Verbindung stünden und zum Teil aktive Mitglieder des Klägers seien.

Dem entspricht der weitere von der Beklagten als lndiz für ein rechtsmissbräuchliches Handeln gehaltene Vortrag, den der Kläger nicht erheblich in Abrede genommen hat. Danach seien Vorstandsmitgliedern des Klägers, einem Teil seiner Mitarbeiter und auch einer im Mehrheitsbesitz des Klägers stehenden Dienstleistungsleistungsgesellschaft sowie deren Geschäftsführern und Mitarbeitern, hohe Vergütungen und andere Zuwendungen insbesondere aus den Einnahmen der Abmahnkosten und Vertragsstrafen zugeflossen. lm Jahr 2020 seien 44% der Einnahmen von mehr als 3,2 Mio. Euro an nur sechs Personen ausgeschüttet worden, die überdies zueinander in einer engen persönlichen Verbindung stünden und zum Teil aktive Mitglieder des Klägers seien […].

Der Kläger hat zwar zur Entkräftung dieser lndizien ausgeführt, dass die Höhe der Zahlungen durch entsprechende Leistungen gerechtfertigt sei, die Zahlungen an die Dienstleistungstochter spiegelten Beratungs- und Serviceleistungen gegenüber den Mitgliedern wider. Jedoch ist die Ausschüttungspolitik gerade dann bedenklich, wenn die Entscheidung hierüber durch die Mitgliederstruktur auf einen kleinen Personenkreis beschränkt wird. Daraus resultiert die besondere Gefahr, dass die Einnahmen durch hohe Ausschüttungen letztlich überwiegend dem Interesse weniger Beteiligter und gerade nicht der Finanzierung der im öffentlichen Interesse gewährten Möglichkeit zur Abmahn- und Klagetätigkeit zufließen. Gerade dadurch entfernt sich der Verband von seiner selbst auferlegten Zielsetzung (vgl. auch OLG Köln, Urteil vom 21. Juni 2023 - 6 U 147/22, juris Rn. 33).

Rechtsmissbrauch wegen Verschonung eigener Mitglieder

Zudem spreche für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des IDO sein selektives Vorgehen ausschließlich gegen Nicht-Mitglieder. Er mahne seine eigenen Mitglieder zielgerichtet nicht ab.

Einem klagebefugten Verband ist es zwar grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen. Die Entscheidung hierüber steht ebenso in seinem freien Ermessen, wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden freisteht, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben will. Eine unzumutbare Benachteiligung des angegriffenen Verletzers gegenüber anderen ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es dem Verletzer grundsätzlich offensteht, seinerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen seiner von dem Verband nicht angegriffenen Mitbewerber vorzugehen (vgl. BGH, Urteile vom 12.Dezember 1996 – l ZR 71/94, juris Rn. 18; vom 5. Oktober 2017 – l ZR 172/16, juris Rn. 15, jew. m.w.N.). Jedoch kann es als rechtsmissbräuchlich anzusehen sein, wenn ein Verband bei der Durchsetzung von Wettbewerbsverstößen die eigenen Mitglieder systematisch anders behandelt als Nichtmitglieder (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2024 - I ZR 83/23, juris Rn. 35 m.w.N.). So liegt der Fall hier.

Die Beklagte hat - vom Kläger nicht erheblich in Abrede genommen - unter Bezugnahme auf eine Zeugenaussage vor dem Landgericht Heilbronn (Az. 21 O 38/19 KfH, Anlagen B 16 und B 17, Anlagenordner Beklagte) ausgeführt, dass der Kläger eigenen Mitgliedern bei Wettbewerbsverstößen zunächst einen Hinweis erteile. Sofern hierauf keine Reaktion erfolge, würden die Mitglieder unter Fristsetzung zur Beseitigung des Verstoßes aufgefordert. Wenn dieser Aufforderung nicht nachgekommen werde, erfolge oftmals eine allerletzte Aufforderung. Erst wenn anschließend das Mitglied weiterhin nicht reagiere, werde gegen dieses gerichtlich vorgegangen […].

Zwar kann dieser Zeugenaussage entnommen werden, dass der Kläger in letzter Konsequenz auch gegen eigene Mitglieder (gerichtlich) vorgeht. Ein solches Vorgehen erfolgt jedoch im Gegensatz zu Nichtmitgliedern erst, nachdem das Mitglied wiederholt und kostenfrei auf den etwaigen Wettbewerbsverstoß hingewiesen wurde. Diese im Vergleich zu Nichtmitgliedern erhebliche, durch sachliche Gründe nicht mehr gerechtfertigte, systematische Ungleichbehandlung verstärkt im Zusammenhang mit Maßnahmen der Mitgliedersteuerung und einer Mittelverwendung, die stärker auf Ausschüttung als auf den Mitteleinsatz zur effektiven Bekämpfung von Missbräuchen auch in den eigenen Reihen gerichtet ist, den Eindruck einer Strategie, die darauf gerichtet ist, Mitgliederinteressen vor Kollektivinteressen zu stellen, obgleich letztere durchzusetzen das Satzungsziel sein soll (ähnlich OLG Köln, Urteil vom 21. Juni 2023-6U 147/22, juris Rn. 34).

Diese vom Beklagten vorgetragenen lndizien rechtfertigen nach der vom Gericht vorgenommenen Gesamtabwägung die Annahme, dass sowohl die ursprüngliche Abmahnung als auch die Geltendmachung einer Vertragsstrafe rechtsmissbräuchlich waren.

Die Revision wurde in beiden Fällen nicht zugelassen.

28.02.25