seit 2001 sind Sie Chef von einem der weltgrößten Sportartikel-hersteller: Adidas. Und in der Tat, einen Erfolg kann Ihnen sicherlich auch keiner streitig machen, denn Ihr Laden rennt. Jetzt haben Sie den großen Internetstecker gezogen und wir sind zwar nicht überrascht…
…aber trotzdem etwas erschrocken.
Auf Handelsplattformen wie Amazon und ebay wollen Sie künftig nicht mehr präsent sein, weil die Produktpräsentation nicht stimmt. 211.000 Adidas-Produkte gibt es aktuell bei ebay, knapp 40.000 bei Amazon. Nehmen wir ähnliche Modelle liegen noch 5.000 Produkte bei Hitmeister, 10.000 bei Rakuten und 8.000 bei meinpaket.de und dann noch einige bei den Marktplätzen von Otto, Neckermann & Co. Wie soll das jetzt funktionieren und wie geht’s weiter?
Lange haben wir es ja kommen sehen, dass Marken irgendwann aufwachen und feststellen, dass der Vertriebskanal “Internet” aus allen Fugen geflogen ist. Dass hier jeder verkauft, der irgendwie an Ware gekommen ist. Lange hat es mich persönlich gewundert, dass die Markenstrategen das Internet so übersehen haben. Von Adidas ist man Professionalität gewohnt – jetzt scheint Panik auszubrechen.
Warum fangen Sie nicht an den Vertriebskanal zu optimieren. Im stationären Fachhandel würden Sie jetzt Ihren Außendienstmitarbeiter, Regalpfleger und den Innenarchitekten losschicken und den Laden nach Ihren Bedürfnissen anpassen. Sie würden eine Erlebniswelt aufbauen, Produkte richtig platzieren, Emotionen der Marke spielen lassen. Warum machen Sie nach vorerst komplettem Desinteresse jetzt den zweiten Fehler? Internet ist doch nicht anders als das reale Leben. Als Marke bist du wo deinen Kunden sind. Ob Ihnen dann die Kaufingerstraße in München oder die Mönckebergstraße in Hamburg gefällt oder nicht – der Kunde ist da und der Kunde erwartet hier seine Lieblingsmarke.
Geht es Ihnen nur um den Preis? Klar, dann haben wir ein anderes Thema. Hat allerdings nichts mit Marktplätzen zu tun. Keine Marke will verramscht werden. 135.000 Adidas-Produkte sind derzeit bei Idealo auffindbar. Hier würde ich anfangen. Händler aussortieren, die Produkte verramschen. Warum können die überhaupt verramschen? Weil sie kein Risiko und keine Kosten haben. Und damit sind wir beim eigentlichen Problem – Ihr Deal stimmt nicht mehr. Früher musste man einen schönen Laden haben, Produkte und Personal, um zu verkaufen. Heute sehen Sie sich nicht mal die Shops an und haben zehn Jahre lang keine Wünsche und Anforderungen formuliert. Fangen Sie doch endlich an professionelle Shops zu autorisieren “genehmigt für online”. Unterstützen Sie die weißen Schafe, bringen Sie Ihre Leistungen und hauen Sie schwarze Schafe raus. Zwingen Sie ausgewählte Marktplätze mehr auf Ihr Branding zu achten – zertifizieren Sie auch Marktplätze.
Handeln Sie wieder wie eine Marke. Professionell, durchdacht und mit Weitblick. Herr Hainer – Sie haben so viel schon richtig gemacht und sind ein Vorbild für Markenartikelhersteller!
Viele Grüße Ihr
Johannes Altmann
Über den Autor
Johannes Altmann ist Gründer und Geschäftsführer der Shoplupe GmbH. Er berät mit seinem Team Online-Shops wie Herrenausstatter.de. Dallmayr, Neckermann oder Strenesse. Johannes Altmann ist Dozent an der Akademie des Deutschen Buchhandels und Initiator der Branchenauszeichnung “Usability Award“. Laut exciting commerce ist Johannes Altmann Deutschlands bester Shopberater.
Sehr geehrter Herr Altmann
Adidas hat meines wissens nach weder regalbetreuer noch architekten die für kunden arbeiten. Wenn ein händler der marke adidas schadet wird er ausgelistet, das ist gang und gäbe. Übrigens haben sie anscheinend in den medien nicht gehört das dies in der branche gerade usus wird, auch ein anderer sehr großer markenhersteller hat ähnliche richtlinien und wird diese durchsetzen.
Bravo!
Hallo Herr Zap,
jeder Markenartikelhersteller dieser Größe betreut seine Kunden durch sogenannte “Merchandiser”, die sich um Regalpflege und Sortimentspräsentation im Fachhandel kümmern. Es wird sehr viel Energie in den stationären Fachhandel gesteckt und meine Frage ist lediglich warum dies nicht auch mit mehr Liebe im Internet passiert.
Wir haben auch mehrere Sportartikelhersteller als Kunden und kennen die Richtung, die eingeschlagen wird. In jedem Fall verständlich. Aber es gibt bessere Wege als den Radikalschlag.
Viele Grüße
Johannes Altmann
So einfach wie Sie sich das vorstellen, ist das Thema sicher nicht. Ihr vorgeschlagenes Prinzip funktioniert nur bei Herstellern die ausschließlich direkt beliefern. Steht auch nur ein Großhändler in der Lieferkette, kann man Ihr vorgeschlagenes Vorgehen vergessen. Je mehr Großhändler es gibt, und bei Adidas gibt es einige, desto weniger Kontrolle hat ein Hersteller. Also sind nicht die kleinen Händler Schuld an der Misere, sondern die vielen Großhändler, die eben diese mit der günstigen Ware versorgen. Da müssen die Hersteller ansetzen.
Das Shopsiegel halte ich auch für völlig unnötig, wir haben aktuell Waren von knapp 200 Herstellern im Angebot, sollen wir jetzt unser Erscheinungsbild jedem Hersteller anpassen und dann diese Siegel einbauen? Ich halte das für völlig sinnfrei. Schließlich haben die Hersteller auch in unseren Filialen nur bedingt Mitspracherecht und das hat seinen Grund.
Das Problem liegt in der Lieferkette und ist eigentlich nur zu lösen, indem man alle Zwischenhändler ausschaltet. Denn nur so hat man absolute Kontrolle über die Händler, aber ob das gut für die Endkunden ist, ist eine andere Frage.
Naja, das Siegel könnte ja bei den Produkten abgeblidet sein und man könnte sicher auch die Großhändler in die Pflicht nehmen nicht mehr an jeden 0815 Shop zu liefern.
Das internet als Vertriebsweg ganz zu ignorieren ist sicher der falsche Weg, da sollten wir uns doch alle einig sein.
Also bleibt nur:
Nur ein eigener ofizieller Shop des Herstellers mit Vertrieb und Co. oder halt über nur noch einige wenige große Anbieter vertreiben.
Wäre aber Merkttechnisch sehr hart für kleine Shops.
Andererseits darf auch nicht jeder kleine Schuhladen jede Marke verkaufen. Warum also nicht auch im Internet?
Hallo, ich gebe dem Autor zu 100% Recht, denn auch andere Branchen machen dies und sind rechtlich bisher noch durchgekommen. Die Firma Gardena hat dies seit knapp einem Jahr so auf ebay durchgezogen und weitet es auf Amazon aus. Bisher gab es noch keine rechtliche Handhabe, dagegen vorzugehen.
Wir als Händler finden das gar nicht so verkehrt. Wenn man mal bei Amazon oder eBay schaut, sieht man ganz klar, dass die Artikel weit unter der normalen Kalkulation angeboten werden. Was unter anderem auch an den Grauimporten und gefälschter Ware liegt.
Jetzt muss sich jeder Händler, also auch wir, von adidas zertifizieren lassen(so nenne ich das mal), d.h. es gibt Vorgaben in Bezug auf Funktionalität, Design, Qualität und Geschwindigkeit des Onlineshops sowie an die Beschreibung und Bebilderung der Artikel, was allerdings auch vorher schon der Fall war. Es darf nur über die angegebene(n) URL verkauft werden, so dass adidas jederzeit überprüfen kann, ob originale Ware in angemessener Art und Weise über diesen Händler angeboten wird.
Der Kunde wird nach wie vor über die bekannten Suchmaschinen alle gewünschten Artikel finden. Positiver Nebeneffekt ist die Ersparniss der 11-17,85% Verkaufsprovision an die Marktplätze.
@C-O.de die Ersparnisse der Provisionen werden sie dann demnächst in adwords und maximales SEO stecken. Die Adidas Richtlinien sind leider realitätsfremd, wie der Autor völlig richtig bemerkt und auch hier wird es wieder Ideen geben um diese aufzuweichen.
“Die Geister die ich rief, werde ich nicht mehr los”. Dieser zurückgewandte blinde Aktionismus ist Ausdruck von Hilflosikeit. In die Misiere, der Kramladenartigen Markenverwässerung hat sich ADIDAS in den letzten Jahren auf der Jagd nach neuen Umsatz- und Ertragssteigerungen selbst gebracht.
ADIDAS stand vor Jahren für Kompetenz und Qualität von Sportschuhen und Sportbekleidung. Man meinte aber in alle Bereichen des Streetwear und der Freizeitbekleidung mit Gewalt strömen zu müssen. Und hat sich dabei auch gern den Großdiscountern unterworfen. Alle Marktdimensionen wurden dabei von ADIDAS Produkten überschwemmt. Die Mehrzahl der Produkte hatte leider nichts mehr mit Sport im engeren Sinne zu tun gehabt.
Es ist traurig, wie einstmals starke Marken mit deutlichem Profil so sehenden Auges gegen die Wand gefahren werden können. Jetzt zieht man die vermeintliche Notbremse. Es wird das ADIDAS-Problem verschlimmern.
Adidas hat bei uns schon angefangen.
Wir haben eine Abmahnug wegen 2- und 4 Streifen Schuhen bekommen.
Dabei hat Adidas 3 Streifen und eine Verwechslung ist alleine wegen dem Namen schon nicht gegeben.
Wir werden den Schuhhandel jetzt aufgeben müssen, da wir nur ein ganz kleiner Händler sind.
So sorgt Adidas auch auf dem Arbeitsmarkt für ‘Ordnung’, denn bei uns
verliert eine Person seinen Arbeitsplatz.
Bravo, Adidas.
Ich persönlich werde wohl nie wieder Adidas kaufen.
Diese Überheblichkeit wird sich künftig wohl eher negativ auf die ‘Marke’ Adidas auswirken.
Sehr treffender Brief, was Adidas da gerade macht (siehe die letzten Kommentare) ist mehr als eine Frechheit. Abmahnung wegen Schuhen mit zwei oder vier Streifen? Ich kann es kaum glauben.
Na ganz so einfach mit “Händler aussortieren, die Produkte verramschen” oder gar nur einzelne Händler für den Online Verkauf zu autorisieren gehts es auch wieder nicht.
Da gibt es schließlich noch kartellrechtliche Bestimmungen zu beachten – in Bezug auf das Internet insbesondere die Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung. Einflußnahme auf Preise oder stationären Einzelhändlern den Online Verkauf zu verbieten ist schlichtweg illegal und es drohen Millionenbußgelder.
Warum macht das wohl adidas!?! Ganz einfach.
Schaut euch mal den neuen adidas onlineshop an..
60-80% der kleinen haendler die ueber inet verkaufen fallen weg.
Also bleibt mehr fuer adidas die im direktvertrieb ueber ihren onlineshop verkaufen.
Nike macht es dem naechst genau so.
Und kettler hat das theater schon angefangen.. Sogar mit verbot von preissuchmaschinen wie idealo uva.
Ich hoffe diesen fa. Wird das handwerk gelegt und das kartellamt schreitet endlich ein.
@Udo
Also das mit den zwei oder vier Streifen gibt es schon länger und hat nichts mit der Neuordnung zu tun.
@Ruben
Das wäre ja ziemlich kontraproduktiv von adidas, wenn sie die Händler wegen der Größe rauskicken würden. Es geht nicht um kleine Händler sondern um Grauimporte und Preisdumping.
Ich bekomme jedesmal zuviel, wenn ich bei Amazon wieder mal sehe, dass gut laufende adidas Taschen für 32,93 statt mindestens 49,95 verramscht werden. Was sagt das denn dem Kunden? “Die sind eh überteuert, wenn sie die so günstig anbieten können”
Dabei ist die Kalkulation bei dem “normalen” Preis schon denkbar knapp und es sind nun mal die qualitativ besten Taschen in diesem Segment.
@llamaz
Doch, das geht recht einfach. Ich oder auch adidas kann doch selber entscheiden, wer meine Ware zum Wiederverkauf erhält. Und zum Thema “Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung”; es ist immer noch üblich, dass einige Lieferanten die Ware nur an Onlinehändler verkaufen, die auch ein Ladenlokal haben. Das ist und bleibt wahrscheinlich auch so.
Ich bin der Meinung das diese Neuaufstellung gut ist für Händler, die nicht nur mal schnell ein paar Euros machen wollen und damit eine Marke plattmachen.
Aber das ist ja scheinbar wie vieles andere auch Ansichtssache.
Und geht mal davon aus, dass das adidas auch ein paar Millionen durch Umsatzeinbruch kosten wird.
In diesem Sinne
Schönes Wochenende