Nach der DSGVO hat jeder Betroffene das Recht zu erfahren, welche personenbezogenen Daten über ihn gespeichert werden. Auf Anfrage müssen Unternehmen und öffentliche Stellen Auskünfte erteilen, die den Voraussetzungen des Art. 15 DSGVO genügen. Das LG Düsseldorf (Urt. v. 13.3.2024 – 34 O 41/23) entschied nun, dass es sich bei dem Auskunftsrecht nach Art. 15 Abs. 1, Art. 12 Abs. 3 DSGVO um eine Marktverhaltensregelung handle und Verstöße hiergegen von Verbraucherschutzvereinen abgemahnt werden können.

Ein Verbraucher hat von der Beklagten, die einen Onlineshop betreibt, eine Mahnung über eine angeblich offene Rechnung erhalten. In diesem Mahnschreiben waren zwei Mahngebühren von 2,50 € enthalten. Der angeschriebene Verbraucher hatte jedoch keine der in dem Mahnschreiben aufgeführten Bestellungen getätigt und auch keine vorherigen Mahnungen erhalten. Nach Erhalt der Mahnung klärte der Verbraucher die Beklagte am 9.4.2023 darüber auf, dass er Opfer eines Identitätsdiebstahles geworden war und forderte unter Fristsetzung bis zum 24.4.2023 dazu auf, ihm mitzuteilen, welche personenbezogenen Daten über ihn gespeichert waren. Auskunft über die gespeicherten Daten wurden ihm von der Beklagten jedoch erst am 6.6.2023 erteilt.

Die Klägerin, die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, mahnte die Beklagte wegen dieses Sachverhalts zunächst ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Dem kam sie nicht nach.

Das LG Düsseldorf verurteilte die Beklagte nun zur Unterlassung. Sowohl die „Mahngebühr“, die tatsächlich nicht entstanden ist, als auch die verspätete Auskunftserteilung im Hinblick auf die gespeicherten personenbezogenen Daten sei unzulässig. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat die Entscheidung veröffentlicht.

„Mahngebühr“ muss tatsächlich entstanden sein

Das Gericht stellte klar, dass die „Mahngebühr“ in dieser Höhe nur verlangt werden könne, wenn sie tatsächlich auch in dieser Höhe entstanden ist. Entsprechende Kosten seien der Beklagten jedoch nicht entstanden und wurden von ihr auch nicht behauptet. Die Geltendmachung sei daher unzulässig.

Die in beiden Schreiben ausgewiesene „Mahngebühr“ in Höhe von (jeweils) 2,50 € ist eine Angabe im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Angaben im Sinne der Vorschrift sind Geschäftshandlungen mit Informationsgehalt, die sich auf Tatsachen und zur Täuschung des Durchschnittsverbrauchers geeignete Meinungsäußerungen beziehen. Der Adressat des Schreibens wird durch die Aufführung der Position „Mahngebühr“ davon ausgehen, dass (er diese dem Grunde zahlen muss und) abrechenbare Kosten in dieser Höhe entstanden sind. Der Begriff „Gebühr“ wird außerhalb von staatlichen Stellen allgemeinhin als Synonym für Kosten bzw. Auslagen verwendet und so vom Verbraucher im Alltäglichen auch verstanden. Die in den Schreiben aufgenommene Angabe zur Höhe der Kosten ist vorliegend objektiv unzutreffend und damit irreführend. Die Beklagte behauptet selbst nicht, dass ihr entsprechende Kosten für das jeweilige Schreiben entstanden sind. Eine von ihr geltend gemachte pauschale Schadensberechnung ist im Schadensersatzrecht nach §§ 249 ff. BGB nicht vorgesehen und wird von der Rechtsprechung lediglich in Verkehrsunfallfällen als allgemeine Kostenpauschale akzeptiert (vgl. KG Berlin, Urteil vom 26.11.2019 – 5 U 65/19, m.w.N.).

Der begangene Wettbewerbsverstoß begründet eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG, die nur durch eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung hätte entfallen können, die nicht vorliegt.

Verspätete Auskunft

Zudem stellte das LG Düsseldorf klar, dass der Betroffene nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO Auskunft verlangen könne. Diese Auskunft müsse nach Art. 12 Abs. 3 S. 1 DSGVO grundsätzlich spätestens innerhalb eines Monats erfolgen. Dem sei die Beklagte nicht nachgekommen.

Nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf die in der Vorschrift nachfolgend aufgezählten Informationen. Gemäß Art. 12 Abs. 3 Satz 1 DSGVO hat der Unternehmer einer betroffenen Person die Auskunft nach Art. 15 DSGVO unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats zu erteilen. Diese Frist hat die Beklagte unstreitig nicht eingehalten.

Auskunftsrecht ist Marktverhaltensregelung

Das LG Düsseldorf entschied, dass datenschutzrechtliche Bestimmungen einen wettbewerbsrechtlichen Bezug aufweisen, soweit es um die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten gehe, etwa zu Zwecken der Werbung, der Meinungsforschung, der Erstellung von Nutzerprofilen, des Adresshandels oder sonstiger kommerzieller Zwecke. Hierzu verwies das Gericht bei seiner Einstufung des Art. 15 DSGVO als Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG auf eine Entscheidung des OLG Stuttgarts. Danach müsse die jeweilige Norm der DSGVO konkret darauf überprüft werden, ob es sich um eine Marktverhaltensregelung handelt.

Bei Art. 12 Abs. 3, Art. 15 DSGVO handelt es sich um Marktverhaltensvorschriften im Sinne des § 3a UWG. Marktverhalten ist jede Tätigkeit auf einem Markt, die objektiv der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt. Eine Norm regelt das Marktverhalten, wenn sie einen Wettbewerbsbezug aufweist, indem sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt. Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme, also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleitung berührt wird. Dabei genügt, dass die Vorschrift zumindest auch den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezweckt. Datenschutzrechtliche Bestimmungen weisen einen wettbewerbsrechtlichen Bezug auf, soweit es um die Zulässigkeit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Daten geht, etwa zu Zwecken der Werbung, der Meinungsforschung, der Erstellung von Nutzerprofilen, des Adresshandels oder sonstiger kommerzieller Zwecke (vgl. statt aller: OLG Stuttgart, Urteil vom 27.02.2020 – 2 U 257/19 – Reifensofortverkauf, m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs handelt es sich bei Art. 12, Art. 15 DSGVO um Marktverhaltensregelungen. Die Auskunftspflicht und die diesbezügliche Frist dienen dem Verbraucherschutz. Sie flankieren die Informationspflichten des Unternehmers nach Art. 13 DSGVO, wonach der Verantwortliche im Sinne von Art. 4 DSGVO vor der Entgegennahme personenbezogener Daten des Interessenten über bestimmte Umstände zu informieren hat. Beide Informations- bzw. Auskunftspflichten dienen dem Interesse des Verbrauchers und sonstigen Marktteilnehmers, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen. Bei den Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO dienen sie dem Verbraucher zur Entscheidung, ob er mit dem Unternehmen überhaupt in Kontakt treten möchte (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.). Die Auskunftspflicht nach Art. 15 DSGVO und die Frist in Art. 12 DSGVO dienen im Nachgang zur Geschäftsanbahnung der Vertragsabwicklung. Sie ermöglichen damit dem Verbraucher eine geschäftliche Entscheidung über sein weiteres Handeln in diesem Geschäftskontakt zu treffen.

Verstoß war spürbar

Dieser Verstoß sei auch dazu geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Eine fristgerechte Auskunftserteilung ermögliche es den Verbrauchern, die weitere Durchführung eines Vertrags oder Geschäftskontakts zu gestalten und diene ihrer informierten Entscheidung.

Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Die Spürbarkeitsklausel hat den Zweck, solche Fälle des Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung von der Verfolgung auszunehmen, die keine nennenswerte Auswirkung auf andere Marktteilnehmer haben. Denn daran besteht kein Interesse der Allgemeinheit. Ein Verbot ist vielmehr nur dann erforderlich, wenn dies der Schutz der Verbraucher, der Mitbewerber oder der sonstigen Marktteilnehmer erfordert. Das ist aber nur dann der Fall, wenn sich die unlautere geschäftliche Handlung tatsächlich auf die anderen Marktteilnehmer auswirkt oder doch auswirken kann (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., Rn. 1.96). Bei den Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern geht es in erster Linie darum, eine informierte und freie geschäftliche Entscheidung (§ 2 Abs.1 Nr. 1 UWG) treffen zu können (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., Rn. 1.98). Da die fristgerechte Auskunftserteilung dem Verbraucher ermöglicht, die weitere Durchführung eines Vertrags oder Geschäftskontakts zu gestalten, ist ein hiergegen gerichteter Verstoß als spürbar zu bewerten. Denn sie dient letztlich der informierten Entscheidung.

Fazit

Der betroffenen Person steht u. a. ein Recht auf Auskunft der über sie gespeicherten personenbezogenen Daten nach Art. 15 DSGVO zu. Verlangt der Betroffene Auskunft, muss diese grundsätzlich spätestens innerhalb von einem Monat zur Verfügung gestellt werden. Hierzu sind konkrete Informationen gem. Art. 15 Abs. 1 lit. a) – h) DSGVO notwendig. Jedem Verantwortlichen ist zu empfehlen, sich frühzeitig mit diesem Auskunftsanspruch auseinanderzusetzen und einen internen Prozess zu erstellen, mit dem einem solchen Verlangen vollständig und zügig begegnet werden kann.

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