Nach dem neuen Anti-Abmahngesetz dürfen Mitbewerber nach § 13a Abs. 2 UWG keine Vereinbarung einer Vertragsstrafe fordern, wenn erstmalig eine Unterlassungsverpflichtung gefordert wird und der Abgemahnte i.d.R. weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Das OLG Hamm (Beschl. v. 6.2.2024 – 4 W 22/23) bestätigte nun, dass die Abgabe einer „einfachen“ Unterlassungserklärung, die kein Vertragsstrafeversprechen vorsieht, bei Verstößen gegen die PAngV genüge, wenn der Abgemahnte i.d.R weniger als 100 Mitarbeiter beschäftige.

Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner als Mitbewerber wegen eines unstreitigen Verstoßes gegen die Pflicht zur Grundpreisangabe nach § 4 Abs. 1 S. 1 PAngV in dem von ihm betriebenen Online-Shop auf Unterlassung in Anspruch. Auf die im Zuge dessen vom Antragsteller unter dem 14.11.2022 ausgesprochene Abmahnung stellte der Antragsgegner den gerügten Verstoß ab und gab gegenüber dem Antragsteller am 23.11.2022 (lediglich) eine nicht strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Auf den dahingehenden Antrag des Antragstellers hat das LG Bochum eine einstweilige Verfügung erlassen. Zudem hat das Landgericht dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens auferlegt. Gegen die Kostenentscheidung legte er erfolgreich Widerspruch ein. Gegen diese Entscheidung wiederum legte der Antragssteller sofortige Beschwerde ein.

In diesem Rahmen musste das OLG Hamm bewerten, ob die Abgabe einer einfachen Unterlassungserklärung des Antragsgegners ausreichend war. Das Gericht entschied, dass die Abgabe einer „einfachen“ Unterlassungserklärung, die kein Vertragsstrafeversprechen vorsieht, bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten genüge, wenn der Abgemahnte i.d.R weniger als 100 Mitarbeiter beschäftige. Das OLG Hamm stellte zudem klar, dass es sich bei Verstößen gegen die PAngV um Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten handle

Änderung durch das Anti-Abmahn-Gesetz

Durch den mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs eingeführten § 13a Abs. 2 UWG sei der Antragssteller nicht berechtigt gewesen, die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu fordern. Es handle sich um eine erstmalige Abmahnung wegen eines Verstoßes gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten, die im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangen wurden und der Antragsgegner besitze weniger als 100 Mitarbeiter. Erfolge die erstmalige Abmahnung des Verstoßes dagegen durch einen Wirtschaftsverband, eine qualifizierte Einrichtung, eine Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer oder Gewerkschaft, bestehe auch weiterhin die Möglichkeit, zur Streitbeilegung unmittelbar die Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung zu verlangen.

Denn nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen war der Antragsteller entgegen seiner Sichtweise nicht berechtigt, von dem Antragsgegner die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu fordern.

Dies folgt unmissverständlich aus § 13a Abs. 2 UWG. Danach ist die Vereinbarung einer Vertragsstrafe nach § 13a Abs. 1 UWG für anspruchsberechtigte Mitbewerber bei einer erstmaligen Abmahnung wegen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten, die im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen wurden, ausgeschlossen, wenn der Abgemahnte – wie hier – in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist nach dem Willen des Gesetzgebers gerade, dass die nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 UWG anspruchsberechtigten Personen, zu denen auch der Antragsteller zählt, von dem Unterlassungsschuldner keine Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mehr verlangen können. Etwas Anderes kann bei verständiger Würdigung des in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens, wonach die nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 UWG Anspruchsberechtigten – in Abgrenzung zu der Abmahnung durch einen Mitbewerber – weiterhin die Möglichkeit haben sollen, zur Streitbeilegung unmittelbar die Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungserklärung zu verlangen (vgl. Seit 33 f. der BT-Drucksache 19/12084), nicht angenommen werden. Daher hat der Antragsgegner mit dem Abstellen des Verstoßes gegen die Preisangabenverordnung und der Abgabe der nicht strafbewehrten Unterlassungserklärung – ungeachtet der Frage, ob diese geeignet war, die fraglos begründete Gefahr eines neuerlichen Verstoßes zu beseitigen – dasjenige getan, was das Gesetz von ihm fordert.

PAngV als gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten erfasst

Das OLG Hamm stellte klar, dass es sich bei Verstößen gegen die PAngV um Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten handle, die von der Ausnahmevorschrift des § 13a Abs. 2 UWG erfasst werden. Dies folge sowohl aus dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift als auch aus der Gesetzesbegründung.

Dass die Ausnahmevorschrift des § 13a Abs. 2 UWG – entgegen der Sichtweise des Antragstellers – im vorliegenden Fall zur Anwendung gelangt, steht außer Frage. Denn bei dem vom Antragsgegner begangenen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 PAngV handelt es sich um einen im elektronischen Rechtsverkehr – namentlich in dem von ihm betriebenen Online-Shop – begangenen Verstoß gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten i. S. v. § 13 Abs. 4 UWG. Neben dem insoweit unmissverständlichen Wortlaut von § 13 Abs. 4 UWG folgt dies auch aus der hierzu verfassten Gesetzesbegründung. Darin sind als Beispiele für Kennzeichnungs- und Informationspflichten i. S. d. § 13 Abs. 4 UWG ausdrücklich die Vorschriften der Preisangabenverordnung genannt. Zudem wird darin weiter klargestellt, dass es sich bei Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten i. S. d. § 13 Abs. 4 UWG nicht um Verstöße gegen spezifische Informations- und Kennzeichnungspflichten im Online-Handel oder auf Webseiten handeln muss, sondern dass es bereits ausreichend ist, dass die Verstöße in diesem Bereich auftreten (vgl. Seite 32 der BT-Drucksache 19/12084).

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