Kundenbewertungen sind sehr beliebt und beeinflussen die Kaufentscheidung vieler Verbraucher. Als eine Möglichkeit, Bewertungen zu erhalten, werden häufig finanzielle Vorteile als Gegenleistung genutzt. Das LG Hannover (Urt. v. 22.12.2022 – 21 O 20/21) entschied nun, dass die Werbung mit solchen Bewertungen ohne einen entsprechenden Hinweis wettbewerbswidrig sei. Dies gelte auch für Bewertungen, für die im Rahmen eines Bonusprogramms ein für spätere Käufe einsetzbares Guthaben, vergeben wird.

Die Beklagte vertreibt online Designmöbel, Wohnaccessoires und Leuchten im Premiumbereich. Bei einem Klick auf eines der angebotenen Produkte werden Bewertungen des Produkts von Käufern angezeigt, wobei jeweils der Name mit dem vollständigen Vornamen und dem 1. Buchstaben des Nachnamens angegeben wird. Eine Bewertung von Artikeln ist bei der Beklagten nur möglich, wenn ein Kundenkonto angelegt worden ist, der zu bewertende Artikel im Onlineshop gekauft wurde und nachdem der gekaufte Artikel versendet wurde. Die Beklagte hat bis zum 13.07.2017 für Teilnehmer des Bonusprogramms „X Plus“, je Bewertung 100 X Points, entsprechend 1 EUR, ausgelobt. Bei den X Points handelte es sich um ein Guthaben (ein Punkt entspricht einem Cent), das bei weiteren Käufen eingesetzt werden konnte. Die Klägerin, die Wettbewerbszentrale, sah hierin eine Irreführung und nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.

Das LG Hannover folgte ihrer Auffassung. Eine Produktwerbung mit Bewertungen von Käufern, die für ihre Bewertung im Rahmen eines Bonusprogramms ein für spätere Käufe einsetzbares Guthaben erhalten haben, sei irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG, wenn auf diesen Umstand nicht hingewiesen werde.

Bewertungen spielen wichtige Rolle für Verbraucher

Das Gericht hob zunächst den hohen Stellenwert, den Bewertungsportale für Verbraucher spielen, hervor. Der Verkehr erwarte authentische, wenn auch subjektiv gefärbte Bewertungen, für die keine Gegenleistung gewährt wurde. Auch wenn das Entgelt gering ausfalle, sei davon auszugehen, dass die Rezensenten die Bewertung nicht allein um der Sache willen abgegeben haben.

Einträge in Bewertungsportalen, die Erfahrungen von Nutzern mit einem Produkt oder einem Unternehmen wiedergeben, sind für viele Verbraucher eine überaus wichtige Informationsquelle, auch wenn sie subjektiv gefärbten positiven wie negativen Bewertungen erfahrungsgemäß mit größerer Skepsis begegnen. Jedenfalls erwarten die Verbraucher, dass der Bewerter dafür kein Entgelt bekommen hat und dass es sich auch um keine gekauften erfundenen Beiträge handelt. Ist dies der Fall, so erfüllt dies den Tatbestand des § 5 I UWG (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 40. Aufl. 2022, UWG § 5a Rn. 7.80). Maßgebend ist nach § 3 Abs. 4 Satz 1 UWG die Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe. Der Verkehr wird bei Produktbewertungen grds. davon ausgehen, dass diese grds. ohne Gegenleistung erstellt werden. Er mag den Bewertungen zwar nicht den gleichen Stellenwert einräumen wie redaktionellen Beiträgen, jedoch davon ausgehen, dass die Bewerter die Produkte auf Grund eines eigenen Kaufentschlusses erworben haben und nunmehr ihre Bewertung unbeeinflusst von Dritten mitteilen. Auf dieser Grundlage basiert die Idee der Produktbewertung in Verkaufsportalen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Erwartung des Verkehrs – im Gegensatz zu redaktionellen Angeboten – bei Produktbewertungen zunehmend auch auf subjektiv gefärbte positive oder negative Stellungnahmen gerichtet ist, denen er erfahrungsgemäß mit größerer Skepsis begegnet. Er wird jedenfalls weiterhin die Erwartung haben, dass der – subjektiv urteilende – Bewerter für seine Bewertung keine Gegenleistung erhalten hat und in dem Sinne authentisch ist, dass sie eben nicht „gekauft“ ist (vgl. OLG Frankfurt WRP 2019, 643 Rn 27). Auch wenn das Entgelt gering ist, ist davon auszugehen, dass die Rezensenten die Bewertung nicht allein um der Sache willen abgegeben haben (vgl. OLG Düsseldorf ZVertriebsR 2022, 262 Rn 31).

Keine objektive Bewertung

Es sei davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der Bewertungen abgegeben wurde, um die Gegenleistung zu erhalten. Auch wenn es sich nicht um eine Bezahlung im Wortsinn handle, sei davon auszugehen, dass solche Bewertungen eher positiv ausfallen. Hierzu verwies es auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt, bei der für die Abgabe von Bewertungen die Teilnahme an einem Gewinnspiel ermöglicht wurde.

So liegen die Dinge hier. Die Bewertungen sind hier zumindest teilweise nicht frei und unabhängig abgegeben worden. Es ist davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben wurde, weil die Bewerter durch X-points belohnt wurden. Es liegt auch auf der Hand, dass solche Bewertungen eher positiv ausfallen. Es ist damit zwar keine bezahlte Empfehlung im Wortsinn gegeben. Gleichwohl sind die Bewertungen nicht als objektiv anzusehen (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 20. August 2020 – 6 U 270/19 –, Rn. 27, juris).

Beeinflussung der Bewertung

Auch wenn die Rezensenten nur eine kleine Belohnung erhielten, seien sie bei der Abgabe ihrer Bewertung nicht frei von sachfremden Einflüssen. Es könne sein, dass eher eine positive als negative Bewertung abgegeben würde.

Produktbewertungen, bei denen für den Verkehr erkennbar ist, dass der Rezensent eine Gegenleistung erhalten hat, werden vom Verkehr anders gewürdigt werden als Bewertungen, bei denen der Rezensent für das Produkt bezahlt hat (OLG Frankfurt MMR 2019, 313 Rn. 25-29, beck-online). Die Rezensenten bekamen für ihre Teilnahme eine wenn auch kleine Belohnung in Form der X-points. Daraus folgt zwangsläufig, dass sie bei der Abgabe ihrer Bewertung nicht frei von sachfremden Einflüssen sind. Es bestand die konkrete Gefahr, dass ein nicht zu vernachlässigender Anteil der Teilnehmer an dem Programm sich, beeinflusst von der Belohnung, veranlasst sahen, ein Produkt positiver zu bewerten als dies ihrer tatsächlichen Meinung entspricht (vgl. OLG Frankfurt ZVertriebsR 2022, 262 Rn. 28-33, beck-online).

Deutlicher Hinweis erforderlich

Der Kläger hatte vorliegend seinen Antrag jedoch zu weit formuliert, der auch auch Bewertungen erfasst hätte, wenn die Beklagte deutlich kenntlich macht, dass es sich insoweit um Bewertungen handelt, für die X-points als finanzieller Vorteil vergeben wurden. Das Gericht hat diese Einschränkung daher in den Tenor aufgenommen.

Der uneingeschränkt gestellte Antrag ist jedoch insoweit nicht begründet, als mit seiner umfassenden Formulierung der Beklagten auch Verhaltensweisen verboten werden, die ihr erlaubt sind. Denn die umfassend beantragte Untersagung verböte auch die Verwendung der Bewertungen, wenn die Beklagte deutlich kenntlich macht, dass es sich insoweit um Bewertungen handelt, für die X-points als finanzieller Vorteil vergeben wurden. Die Einschränkung des Unterlassungsgebots ist daher im Urteil auszusprechen. Der Antrag ist auch durch die Formulierung „wie geschehen auf der Homepage der Beklagten in dem Zeitraum 13.11.2013 bis zum 13.07.2017“ nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt. Denn diese Bezugnahme bezieht sich nicht auf die Werbung unter Bezugnahme auf die Bewertungen in diesem Zeitraum, sondern auf das in diesem Zeitraum von der Beklagte unterhaltene X-point-System. Da mithin der Unterlassungsantrag abstrakt gefasst ist, muss diese Einschränkung in den Tenor aufgenommen werden, um zu vermeiden, dass auch erlaubte Verhaltensweisen vom Verbot erfasst werden (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 2002 – I ZR 317/99 –, Rn. 34, juris).

Fazit

Bereits mehrere Gerichte haben entschieden, dass derjenige, der eine Bewertung ausspricht, in seinem Urteil frei und unabhängig sein muss. Der Verkehr erwartet objektive Bewertungen, die nicht unzulässig beeinflusst wurden. Bezahlte Bewertungen sind nicht verboten – es ist nur unzulässig und irreführend, wenn auf diesen Umstand nicht ausdrücklich hingewiesen wird (z.B. OLG FrankfurtLG HildesheimLG Bonn). Hierfür ist es nicht unbedingt notwendig, dass tatsächlich Geld gezahlt wird. Es genügt z.B. auch, wenn die Rezensenten als Gegenleistung die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Gewinnspiel erhalten (OLG Frankfurt). Zuletzt entschied das OLG Frankfurt zudem, dass im Gesamtergebnis darauf hingewiesen werden müsse, wenn in das Endergebnis auch bezahlte Bewertungen eingeflossen sind.

Nicht vergessen: Seit dem 28.5.2022 gelten umfangreiche Änderungen des UWG, u.a. auch neue Transparenzpflichten bei der Darstellung von Verbraucherbwertungen.

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Kundinnen und Kunden unserer Legal Produkte finden selbstverständlich in Ihrem Legal Account umfangreiche Whitepaper und FAQ zu allen Gesetzesänderungen, auch zu den Anforderungen an die Werbung mit Bewertungen.

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