Das Widerrufsrecht ist für Händler einerseits eine Chance, sich positiv vom stationären Einzelhandel abzuheben, andererseits steigen die Retourenquoten. Unter welchen Voraussetzungen Online-Käufer für Retouren bezahlen würden, hat eine Studie herausgefunden.
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Eine aktuelle Umfrage unter den Lesern von shopbetreiber-blog.de hat es gezeigt. Fast 70 Prozent der Shopbetreiber fühlen sich durch die Ausübung des Widerrufs- oder Rückgaberechts in Deutschland beeinträchtigt.
Auch die Göttinger e-Commerce-Beratung eResult konstatiert, dass Versender, egal ob im Netz oder im Katalog, auf Grund so genannter Auswahlbestellungen vor allem im Modesortiment mit sehr hohen Retourenquoten kalkulieren müssen:
Im Modeversand ist es verbreitet, dass dem Kunden Verpackungs-und Versandkosten in Rechnung gestellt werden. Gerade deshalb bestellen viele Kunden ein Kleidungsstück in zwei Größen oder Farben. Man möchte sichergehen, dass sich die Bestellung gelohnt hat, indem man wenigstens ein Teil davon behält und dieses passt.
Dies führt bei den Händlern zu einer hohen Rücklaufquote. Die ebenfalls mit hohen Kosten (für Kontrolle der zurückgeschickten Ware, Neuverpackung, Wiedereinlagerung) verbunden ist.
In einer Verbraucherumfrage wollten die Marktforscher von eResult wissen, wie Shopbetreiber ihre Retourenqouten senken können ohne den Kunden zu verärgern.
Rücksendekosten ja, Versandkosten nein
Dazu wurden 600 Online-Shopper befragt. Rund 67 Prozent der Befragten wären bereit für die Rücksendung einen festen Betrag zu zahlen – in der Studie wurde der Betrag auf 3,50 Euro festgelegt -, wenn statt dessen die Versandkosten entfallen würden.
Wird in einem Online-Shop die Variante angeboten, dass nur bei Rücksendung Versandkosten in Rechnung gestellt werden, dann würden gut 40Proeznt ganz sicher auf Auswahlbestellungen verzichten und immerhin noch ca. 30Prozent zumindest vielleicht. Also insgesamt wären mehr als 70Prozent zumindest eventuell bereit, auf Auswahlbestellungen zu verzichten.
Die Auswertung der Begründungen/ offenen Textfeldern hat ergeben, dass die Vermeidung von Rücksendungen vor allem bei Mode kritisch gesehen wird. Den Befragten ist bewusst, dass bei Artikeln aus dem Modebereich es viel häufiger zu Retouren kommt als bei anderen Sortimenten. Dennoch zeigt sich, dass diese Option ein sehr gutes Potential aufweist, die Retourenquote zu senken.
So lange allerdings die Rechtsprechung in Deutschland an den Wünschen des Kunden vorbeigeht, müssen Versender ihr Retourenproblem mit herkömmlichen Strategien in den Griff bekommen. Eine Möglichkeit ist die Auslagerung des Retourenhandlings an einen Dienstleister. Mittlerweile bietet beispielsweise Amazon im Rahmen seines Fulfillment-Services die Versand- und Retourenabwicklung auch für Händler an, die nicht auf dem Amazon-Marktplatz vertreten sind. Andere Anbieter sind unter anderem Ereturn, der sich auf die Retourenabwicklung spezialisiert hat oder Bertelsmann.
Interessante Statistik… wäre schön, wenn der Gesetzgeber beim Widerrufsrecht nachbessern würde, denn die Nutzung des Widerrufsrechts liegt alleine im Ermessensspielraum des Kunden, also sollte die finanzielle Belastung aus dieser Entscheidung auch beim Kunden liegen… bin gespannt, ob eine Gesetzesänderung in diese Richtung jemals stattfinden wird 😉
Interessant, aber wie soll das umgesetzt werden? Das aktuelle Widerrufsrecht steht einer solchen Vereinbarung entgegen.
Sie werden es mit Grausen lesen – aber es gibt tatsächlich Bestrebungen, dass künftig Händler nicht nur die Rücksendekosten tragen, sondern auch die Hinsendekosten erstatten müssen. Das war bislang ja nicht so, könnte jetzt aber drohen, wie mir unser Rechtsberater Rolf Becker vergangen Donnerstag zurief…
Sehr interessanter Artikel. Hätte ich nicht erwartet das sich Konsumenten auf ein solchen “Deal” einlassen, obwohl es nicht gerade zur Kundenbindung bzw. Neukundengenerierung beträgt.
Ich bin der Meinung, dass beides kostenlos sein sollte. Gerade im Fashion Bereich ist es üblich (habe gerade mit einigen Frauen darüber gesprochen) das die Kunden 2-3 Teile mehr bestellen um dann eine Auswahl zu treffen und den Rest zurück zu schicken.
Dies sollte man schon im Vorfeld einkalkulieren. (Merke: Gerade eine Idee für meine Masterthesis eingefallen)
Aber wenn man sich mal anschaut was in den nächsten Jahren an Technologien im E-Commerce zum Einsatz kommt… ich verweise da nur auf Augmented Reality Applikationen, die das Potenzial besitzen einen erwarteten Nutzen darzustellen und vielleicht auch das wahrnembare Risiko minimieren.
Dadurch sehen die Shopper gleich ob das ausgwählte Produkt ihren Erwartungen entspicht bzw. das Bedürfniss befriedigen kann. Retouren könnten dadurch auf ein Minimum rediziert werden…
Hallo zusammen,
das geht ja laut Recht garnich:
“Wird in einem Online-Shop die Variante angeboten, dass nur bei Rücksendung Versandkosten in Rechnung gestellt werden, dann würden gut 40Proeznt ganz sicher auf Auswahlbestellungen verzichten und immerhin noch ca. 30Prozent zumindest vielleicht. Also insgesamt wären mehr als 70Prozent zumindest eventuell bereit, auf Auswahlbestellungen zu verzichten.”
Wie soll das gehen? Ich gebe BAG hier Recht. Das geht laut akuellen Recht nicht.
MFG
sebastian
Mit dem aktuellen Recht ist dies nicht vereinbar. Aber warum die Sache noch komplizierter machen, als sie ohnehin schon ist?
Einfach und gerecht, vor allem aber analog zum übrigen Europa (Finland ausgenommen), wäre die Regelung, dass der Händler immer die Hinsendekosten tragen muss und der Verbraucher immer die Rücksendekosten. Das ist klar und verständlich.
Immer wieder wird angeführt, dass der Versandhändler Vorteile gegenüber dem stationären Versand habe. Ich kann dies nicht bestätigen. Der Schaden durch Betrugsversuche / Nichtbezahlung von Rechnungen im Fernabsatz ist im Vergleich zum Ladendiebstahl deutlich höher und wiegt etwaige Vorteile auf.
Miete für Geschäftsräume ist im Fernabsatz ebenso wie im klassischen Ladenlokal zu zahlen. Personalkosten fallen ebenso wie Kosten für Werbung an. Einzig das Absatzgebiet ist für Internethändler unbeschränkt. Dafür müssen sie sich aber wiederum in den Weiten des WWW behaupten.
Die Kostenseite ist aus meiner Sicht weitestgehend identisch, nur das die Kosten situationsbedingt an anderen Stellen anfallen.
Es gibt keinen logischen Grund warum der Verbraucher per Gesetz im Fernabsatz besser gestellt werden muss als der Verbraucher im klassischen Ladenlokal. Wenn ein Anbieter eine kostenfreie Retoure anbieten will, so sollte das dem Anbieter selbst überlassen sein. So wie in einzelnen Geschäften Artikel innerhalb eines gewissen Zeitraums wieder zurückgegeben werden dürfen.
Es gibt genügend Kunden, die bereit wären alternative Regelungen zu akzeptieren, wenn diese z. B. Kleinaufträge oder Auswahlbestellungen ermöglichen. Aber das ist mit der heutigen Rechtsprechung (2014) immer noch unvereinbar. Der Verbraucherschutz wird zum Nachteil vom Verbraucher, da er nicht mehr frei bestimmen kann wie er einkaufen darf. Eine Lösung wäre, dass beim Checkout der Kunde eine alternative Regelung vereinbaren kann. Standard ist jedoch immer die gesetzliche aktiviert. Viele Kunden verstehen oft nicht, dass es ein Unterschied ist ob man 2 Jacken je 109,- EUR versendet oder 2 Faschingskostüme je 21,90 wie bei uns. Die absoluten Kosten für Porto, Bearbeitung bleiben gleich unabhängig vom Warenwert.