Wenn ich einen Online-Shop betreiben würde, dann würde ich den Content auf der Startseite mehrmals täglich austauschen – und auf diese Weise die Shop-Umsätze steigern. Das klappt? Schauen wir uns dazu mal einen erfolgreichen Buchhändler an, bei dem ich immer wieder gerne einkaufe.
Testen auch Sie, wie Ihre Kunden auf wechselnden Content auf der Startseite reagieren.
Der Buchhändler meines Vertrauens verändert seine im Schaufenster ausgelegten Bücher bis zu vier Mal am Tag.
Warum betreibt er diesen Aufwand?
Er hat beobachtet, dass am Vormittag relativ viele Stundenten/-innen am Schaufenster vorbei laufen. Um die Mittagszeit und am frühen Nachmittag sind es überdurchschnittlich viele Frauen, und ab 17 Uhr sind unter den Passanten sehr viele gut gekleidete Menschen im Business Look, beladen mit Aktenkoffer oder Laptoptasche.
Mit dieser Erkenntnis ausgestattet, verändert der Händler um 9 Uhr, 12 Uhr und 17 Uhr einen Teil seiner Schaufensterauslage.
Morgens und am Vormittag werden aktuelle, gut laufende geisteswissenschaftliche Lehrbücher beworben (BWL/VWL, Jura, Sozialwissenschaften), um die Mittagszeit und am frühen Nachmittag tauscht er die Lehrbücher gegen Romane und Ratgeber (Gesundheit, Wellness, Ernährung) aus, und am Abend dominieren an gleicher Stelle Sachbücher und Ratgeber zu den Themen Beruf, Weiterbildung, Work-Life Balance.
Ab und zu legt er noch eine vierte Schicht ein, und stattet das Schaufenster kurz vor Feierabend (so gegen 20 Uhr) mit ausgesuchter Reiseliteratur aus. Abends gibt es viele Senioren/-innen, die einen kleinen Abendspaziergang mit einem Schaufensterbummel verbinden.
Beachten Sie die tageszeitliche Nutzerstruktur
Online-Shops können auf ähnliche Weise auch erfolgreicher werden – zum Beispiel in dem sie auf ihrer Startseite ganz bewusst unterschiedliche Produkte in den Vordergrund stellen, mehrfach am Tag variiert und orientiert an der tageszeitlichen Nutzerstruktur und den tageszeitlich wechselnden Intentionen der Shop-Besucher.
Online-Händler haben gegenüber dem Buchladen in der Innenstadt einen entscheidenden Vorteil:
Sie können zuverlässige Daten über die tageszeitlich wechselnden Besucher und deren Intentionen statistisch messbar beispielsweise über eine Onsite-Befragung ermitteln. Der Buchhändler in der Innenstadt hingegen schaute „ab und zu mal“ aus dem Schaufenster und hat sich auf diese Weise einen Eindruck von den Passanten verschafft. Alles andere als eine repräsentative Stichprobe, die er auf diese Weise gebildet hat.
Wann welche Zielgruppen im Online-Shop kaufen
Im Rahmen der Datenanalyse ist es möglich die Antworten der Teilnehmer nach deren Teilnahmezeitpunkt differenziert auszuwerten. Auf diese Weise sind Gruppenanalysen nach dem Zeitpunkt des Shop-Besuchs möglich: Wie haben Shop-Besucher geantwortet, die zwischen 6 Uhr und 8 Uhr auf dem Shop waren? Wie die Nutzer, die den Shop zwischen 8 Uhr und 10 Uhr besucht haben? Wie war das um die Mittagszeit – wer war da im Shop unterwegs? Wer besucht den Shop in der Zeit von 17 uhr bis 19 Uhr? Welche Intentionen haben Shop-Besucher die zwischen 23 Uhr und 24 Uhr im Shop unterwegs sind?
Interessante Daten, aus denen ein Shop-Betreiber ableiten kann, welche Produkte und Angebote auf der Startseite präsentiert sowie werblich und gestalterisch besonders hervorgehoben werden sollten. Aber nicht nur die Startseitengestaltung könnte sich an der tageszeitlichen Schwankung der Besucherstruktur und deren unterschiedlichen Intentionen ausrichten. Auch hier gilt: Testen, Testen, Testen!
Über den Autor:
Thorsten Wilhelm, Gründer & geschäftsführender Gesellschafter der eResult GmbH ist seit 1996 als Forscher und Berater für „Usability“ und „Online-Marketing“ tätig. Thorsten Wilhelm schreibt als Gastautor regelmäßig über Marketing- und Usability-Themen im shopbetreiber-blog.de.
Wieder einmal ein typischer “Thorsten-Wilhelm-Beitrag”: In der Theorie stimmen seine Aussagen. In der Praxis erweisen sie sich jedoch als etwas von der Realität entfernt. Es mag zusätzliche Shopbesucher und Käufer bringen, auf seiner Startseite an Tageszeiten angepasste Inhalte zu präsentieren. Doch ist auch wirtschaftlich? Stehen Aufwand und Ertrag in realistischem Verhältnis?
Als Shopbetreiber fallen mir etliche Dinge ein, die bei gleichem Aufwand mehr Ertrag bringen als der vorgeschlagene Content-Zauber auf der Startseite.
Interessanter Beitrag, wir verwenden ein ähnliches System seit Jahren in unserem Online-Shop: Die Grundidee bestand darin den Wareneingang an die Startseite zu koppeln. Immer wenn wir neue Ware auf Lager nehmen, durchlaufen die Neuzugänge durch eine Art News-System.
Grund? Es “zeigt” dem Benutzer so ziemlich genau was wir arbeiten, erhöht die Transparenz, vermittelt Aktivität. Vor allem wiederkehrende Benutzer geniessen dieses “auf einen Blick informiert zu sein”.
Das Zauberwort um so etwas effektiv im Versandhandel einzusetzen lautet jedoch auch hier: Automatisierung.
Die wenigsten Kunden kommen über die Startseite in den Shop.
Man könnte genauso die Bestseller NUR auf der Startseite darstellen. Diese dann aber innerhalb von 5 Tagen auswechseln, je nach dem wieviele Bestellungen man hat.
Das zeigt Aktivität und ich hab keine “Ladenhüter” im Schaufenster.
Vielen Dank für Ihre Kommentare, damit haben Sie das Thema meines Beitrags weiter “veredelt”.
Ja, ganz sicher ist diese Maßnahme nur eine von vielen die ein Shop-Betreiber auf seine Maßnahmenliste nehmen kann bzw. sollte. Diese Maßnahmen müssen vergleichend zueinander bewertet und optimiert werden. Man kann halt nicht alles machen. Wie erfolgreich diese Maßnahme im Vergleich zu anderen ist, das kann man sicherlich vorab nur schwer prognostizieren.
Denke aber auch, dass die Startseite ein wichtige, aber nicht die wichtigste Seite / Funktion eines Shops ist. Der von mir beschriebene Ansatz ist aber durchaus auch übertragbar auf wichtige Landingpages zu Kampagnen, Sortimentseinstiegsseiten, Produktdetailseiten. Auch hier kann man Besucher “abfangen”, auf eine Umfrage / Frage hinweisen und Besuchsintentionen zu einzelnen Seiten erfragen (Produktdetailseite, Landingpage, etc.).
Meine Einschätzung in Bezug auf die Relevanz von Seiten / Funktionen auf den Gesamterfolg eines Shops: Produktdetailseiten, Produktsuche (Trefferliste und deren Funktionen), Navigation im engeren Sinne, Bestellprozess und perösnlicher Bereich.
Aber das ist ein wenig “off Topic” – mir ging es in diesem Beitrag vor allem darum Anregungen und Ideen zu geben, betreffend einer Veränderung von Seiten unter Beachtung tageszeitlich variierende Intentionen der Site-Besucher.
Diese automatisiert einzublenden, ja, das halte ich für sehr wichtig. Über eine Verknüpfung mit den Ergebnissen aus den Umfragen ist das auch möglich. Man braucht aber auch ein gewisses Regelwerk, das vorab festgelegt und beschrieben werden muss (welche Art von Produkten wann einblenden?). Der Verweis auf Besteller – ebenfalls tageszeitlich ausgewiesen – finde ich einen interessanten Gedanken.
@christian rothe
Natürlich hat kein Shopbetreiber die Zeit sich jeden Tag aufs neue zu überlegen welche Produkte er da reinnimmt. Das macht der Buchhändler bestimmt auch nicht täglich sondern hat eine Auswahl an wissenschaftlichen Büchern für die Studenten die sich vielleicht einmal monatlich ändert.
Ich find die Tipps gut – ist mal ein neuer Ansatz – hängt aber eben auch vom Sortiment ab. Ein Buchhändler hat von Kinderbüchern, über Studium-Literator bis zu Romanen etc. alles und somit eine extrem große Zielgruppe. Bei uns würde solch eine tageszeitliche Unterscheidung wohl nichts bringen 🙂