Das Gewährleistungsrecht ist innerhalb der EU nicht vollharmonisiert. Daher bestehen Unterschiede in den einzelnen Mitgliedstaaten. Die Regelungen in UK unterscheiden sich in drei wesentlichen Punkten von denen in Deutschland. Diese Unterschiede sollten Sie kennen.

Rechtliche Grundlagen

Die EU Richtlinie 1999/ 44 /ES bildet die europarechtliche Grundlage für das Gewährleistungsrecht. Sie wurde in UK teilweise umgesetzt durch The Sale and Supply of Goods to Consumers Regulations 2002. 2015 wurde dieses Gesetz durch den Consumer Rights Act übernommen.

Während in der Richtlinie, sowie nach deutschem Recht, eine 2-Jahres-Gewährleistungsfrist vorgesehen ist, gilt in England, Wales und Northern Irland eine Gewährleistungsfrist von 6 Jahren. In Schottland sind es 5 Jahre.

Diese Fristen waren bereits vor der EU Richtlinie im Sale of Goods Act 1979 geregelt, daher wurden diese Verbraucherrechte in UK nicht auf das zwei Jahres Minimum aus der EU Gewährleistungsrichtlinie verringert.

Unterschiedliche Informationspflicht

Der Wortlaut der Consumer Contracts Regulations (dem Umsetzungsgesetz zur Verbraucherrechte-Richtlinie) fordert:

„a reminder that the trader is under a legal duty to supply goods that are in conformity with the contract“ .

Damit unterscheidet sich dies von der Richtlinienanforderung „auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für Waren“ hinzuweisen.

Nach UK Recht muss also nicht auf das Bestehen des Gewährleistungsrechts hingewiesen werden, sondern der Händler muss ausdrücken, dass er verpflichtet ist vertragskonforme Waren zu liefern. Dieser Tatbestand ist ohnehin eine dem Gesetz implizierte Klausel.

Details zum Gewährleistungsrecht sind gefragt

Die ehemalige Behörde OFT (Office of Fair Trading), deren Aufgaben von den Trading Standards und der Consumer and Markets Authority übernommen wurden, hat im Leitfaden zu unfairen Klauseln in Verbraucherverträgen festgestellt, dass ein einfacher Hinweis auf ein gesetzliches Recht ohne weitere Erläuterung nichts bringt und daher unerwünscht sei.

Zudem ist es nach der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken untersagt, Verbrauchern gesetzliche zustehende Rechte als besonderes Angebot des Händler zu präsentieren.

Folge ist, dass es zwar keine gesetzliche Anforderung gibt, über das Bestehen des Gewährleistungsrechts zu informieren. Es wird aber vielmehr die Auffassung vertreten, dass statt des bloßen Hinweises auf das Bestehen des Rechts eine Erklärung zu den Modalitäten des Gewährleistungsrechts einen Mehrwert für den Verbraucher haben würde.

Empfehlung für deutsche Online-Händler

Deutschen Online-Händler, die sich mit ihrem Angebot an UK Verbraucher richten, ist zu empfehlen, in ihren AGB eine Klausel aufzunehmen, die das Gewährleistungsrecht beschreibt und sicherstellt, dass die Frist für UK Verbraucher nicht auf zwei Jahre beschränkt wird. Um der Pflicht aus der Consumer Contracts Regulations nach zu kommen, muss der Händler eine Klausel einfügen, in der er sich verpflichtet nur vertragskonforme Waren anzubieten.

Besonderheit bei gebrauchten Waren

In Deutschland können die Gewährleistungsrechte für gebrauchte Waren auf 1 Jahr beschränkt werden. Diese Option hat die EU Richtlinie den Mitgliedstaaten eingeräumt. UK hat hiervon jedoch keinen Gebrauch gemacht. Daher besteht in UK auch bei gebrauchten Waren eine Gewährleistungsfrist von 6 bzw. 5 Jahren besteht.

Aufgrund des anwendbaren Rechts können deutsche Händler eine hierzulande erlaubte Fristverkürzung nicht mit UK Verbrauchern treffen. Hierauf ist bei der Gestaltung der AGB zu achten.

Rechte des Verbrauchers: Zwei parallele Systeme in UK

In UK hat der Verbraucher die Möglichkeit die so genannten Common law remedies oder die gesetzlichen Rechte nach dem Consumer Rights Act (CRA) in Anspruch zu nehmen. In diesem Artikel liegt der Fokus auf den Rechtsmitteln nach dem CRA.

Rechte nach dem Consumer Rights Act

Rechte aus diesem Gesetz gelten für Verträge die seit dem 1. Oktober 2015 geschlossen wurden. Für Verträge, die vor dem Stichtag geschlossen wurden, ist die Gesetzesgrundlage der Sale of Goods Act 1979 sowie die Sale and Supply of Goods to Consumer Regulations 2002.

Im CRA finden sich die gestuften Rechte nach den EU Vorgaben.  Der Verbraucher kann als erste Stufe zwischen Reparatur oder Ersatz wählen und sofern das erfolglos bleibt, kann er Teilerstattung oder Vollerstattung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten.  Das Wahlrecht steht dabei dem Verbraucher zu, lediglich wenn die Reparatur unverhältnismäßig teurer wäre, kann der Händler dies ablehnen und stattdessen Ersatz anbieten (oder umgekehrt).

Zuvor steht dem Verbraucher jedoch das Recht zu, Waren innerhalb von 30 Tagen abzulehnen und den Vertrag aufzulösen. Folge ist, dass die bereits geleistete Zahlung dem Kunden zurück erstattet werden muss. Dieses Ablehnungsrecht stelle eine Besonderheit des UK Rechts dar.

Beweislastumkehr

Wie in Deutschland gilt auch in UK die Beweislastumkehr für Mängel, die in den ersten sechs Monaten ab Kauf auftreten. Hier gilt die Annahme, dass dieser Mangel schon bei Kauf bestanden haben muss. Es liegt in der Verantwortung des Händlers dies zu widerlegen. Nach sechs Monaten stehen der Verbraucher noch 5 Jahre und 6 Monate Gewährleistungsansprüche zu – die Beweispflicht liegt dann jedoch beim Verbraucher.

Zu jeder Zeit ist der Verbraucher in der Pflicht, Verluste so gering wie möglich zu halten. Dazu gehört, dass Mängel so schnell wie möglich angezeigt werden und Handhabungsvorgaben beachtet werden.

Fazit

Die entscheidenden zwei Unterschiede im Hinblick auf die Gewährleistungsrechte in UK sind die längere Verjährungsfrist von 6 statt 2 Jahren und die Tatsache, dass eine Fristverkürzung auf 1 Jahr für gebrauchte Waren nicht möglich ist. Eine Besonderheit des UK Rechts, ist das Recht, die Ware innerhalb von 30 Tage abzulehnen, sofern sie keine zufriedenstellende Qualität aufweist, nicht wie beschrieben ist oder nicht einem zuvor zur Verfügung gestellten Muster entspricht. Die Möglichkeit zur Beseitigung des Mangels durch den Händler, wie es aus Deutschland bekannt ist, muss dem Händler im Rahmen des Ablehnungsrechts nicht gegeben werden.

Die richtige Formulierung der AGB Klausel ist wichtig. Noch wichtiger ist es jedoch, die Unterschiede in der Rechtslage zu kennen und diese in der Handhabung mit den Kunden richtig umzusetzen.

Nicht nur in UK gibt es Besonderheiten im Gewährleistungsrecht. Erfahren Sie mehr darüber, was Sie beachten sollten, wenn Kunden aus anderen Mitgliedstaaten ihre Gewährleistungsrechte Ihnen gegenüber ausüben.

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