Law_200Für Verbraucher ist der Online-Einkauf sehr bequem, denn grundsätzlich steht ihnen ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Das Widerrufsrecht ist allerdings dann ausgeschlossen, wenn der Verbraucher Ware bestellt hat, die nach Kundenspezifikation bzw. auf seine persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Wann dies bei Möbeln der Fall ist, hat das AG Siegburg aktuell näher herausgearbeitet.

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Vor dem AG Siegburg (Urt. v. 25.9.2014, 115 C 10/14) verklagte eine Kundin einen Online-Shop auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises.

Die Kundin hatte online ein Rattan-Sofa bestellt. Dabei konnte sie den Stoffbezug aus über 50 Varianten auswählen. Außerdem konnte sie wählen, ob die Armlehne links oder rechts angebracht sein soll. Das Sofa kostete insgesamt 1.311,24 Euro.

Als das Sofa dann bei der Kundin geliefert wurde, stellte sie fest, dass ihr der Stoffbezug, den sie selbst gewählt hatte, doch nicht so gut gefiel und dass das Sofa nicht durch die Schlafzimmertür passte.

Kundin erklärt Widerruf

Die Kundin erklärte schließlich den Widerruf und bat um Rücknahme des Sofas.

Der Online-Händler erklärte sich zur Rücknahme aus Kulanzgründen bereit. Er erstatte ihr sogar 70% des Kaufpreises zzgl. 90 Euro Versandkosten.

Doch das reichte der Kundin nicht und verlangte auch die Rückzahlung des restlichen Kaufpreises. Letztlich klagte sie auf Rückzahlung der übrigen 492 Euro.

Der Händler ist der Meinung, ein Widerrufsrecht stehe der Kundin nicht zu, da das Sofa nach Kundenspezifikation gefertigt worden sei. Er behauptet, er könne das Sofa nur mit einem Verlust von 30 bis 50 Prozent weiterveräußern, wenn er zur Rücknahme verpflichtet wäre.

Widerrufsrecht war ausgeschlossen

Das Gericht wies die Klage als unbegründet ab, da der Kundin kein Widerrufsrecht zustand. Dieses war gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1 BGB (a.F. – jetzt § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB) weil das Sofa nach Kundenspezifikation angefertigt worden bzw. eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten war.

Zunächst definierte das Gericht den Begriff der Kundenspezifikation in Anlehnung an das Notebook-Urteil des BGH (Urt. v. 19.3.2003 – VIII ZR 295/01):

“Eine Anfertigung nach Kundenspezifikation liegt vor, wenn die Angaben des Verbrauchers, nach denen die Ware angefertigt wird, die Sache so individualisieren, dass diese für den Unternehme im Falle ihrer Rücknahme wirtschaftlich wertlos ist, weil er sie wegen ihrer vom Verbraucher veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder allenfalls noch unter erhöhten Schwierigkeiten und mit erheblichem Preisnachlass absetzen kann.”

Von diesen Voraussetzungen ging das Gericht im vorliegenden Fall aus.

“Die Klägerin hatte bei der Bestellung der Ottomane die Auswahl unter 50 verschiedenen Stoffbezügen. Außerdem war ihr die Entscheidung überlassen, ob die Lehne links- oder rechtsseitig angebracht werde. Damit standen ihr 100 verschiedene Kompositionsmöglichkeiten zur Verfügung, nach denen sie die Ware auswählen und von der Beklagten herstellen lassen konnte.

Angesichts dieser Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten ist die Ware nach Auswahl des Kunden und Herstellung so individualisiert und äußerlich gestaltet, dass die Voraussetzung einer Anfertigung der Ware nach ‘Kundenspezifikation’ erfüllt ist.”

Rücknahme muss unzumutbar sein

Als weiteres Kriterium für den Ausschluss des Widerrufsrechtes wegen Kundenspezifikation ist, dass die Rücknahme für den Händler unzumutbar sein muss. Auch dies folgt aus dem Grundsatzurteil des BGH. Allerdings war auch diese Voraussetzung hier erfüllt, so das Gericht.

Das Kriterium der Unzumutbarkeit bedeute, dass die vom Kunden veranlasste Anfertigung der Ware nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden könne. Das Gericht hat hierzu Beweis erhoben und kam zu der Überzeugung, dass dies hier der Fall sei.

Das hier bestellte Sofa konnte nicht wieder in seien Einzelteile zerlegt und anschließend nach den Vorgaben eines nächsten Kunden neu zusammengesetzt werden. Dies lag insbesondere an dem besonderen Aufbau des Sofas.

Wirtschaftliche Wertlosigkeit

Außerdem setze die Unzumutbarkeit voraus, dass die Ware bei Rücknahme für den Unternehmer wirtschaftlich wertlos ist, weil sie gerade wegen der Individualisierung durch den Verbraucher nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Preisnachlässen weiter veräußert werden kann. Auch diese Voraussetzung war hier erfüllt.

Nach der Beweisaufnahme war das Gericht davon überzeug, dass die Ware nur mit einem Preisnachlass von bis zu 40 Prozent hätte verkauft werden können.

Kundenspezifikation muss erkennbar sein

Ein wichtiges Kriterium für den Ausschluss des Widerrufsrechtes wegen Kundenspezifikation ist, dass der Kunde im Online-Shop erkennen können muss, dass das Produkt nach seinen Spezifikationen erst hergestellt wird.

Aber auch dies war hier gegeben, da auf der Produktseite stand, dass der Artikel speziell gefertigt wird.

Da der Kundin somit kein Widerrufsrecht zustand, hatte sie auch keinen Anspruch auf Rückzahlung des restlichen Kaufbetrages.

Fazit

Nachdem das LG Düsseldorf (Urt. v. 12.2.2014, 23 S 111/13) bereits entschieden hat, dass ein Sofa, bei dem der Kunde aus insgesamt 578 Kombinationsmöglichkeiten seine Konfiguration wählen konnte, wegen Kundenspezifikation vom Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, liegt nun eine Entscheidung vor, bei der bereits reichlich 100 Möglichkeiten für den Ausschluss ausreichend waren. Allerdings gibt es bis jetzt noch keine gefestigte Rechtsprechung oder eine “harte Grenze” für eine Anzahl an Variationsmöglichkeiten, bei deren Überschreiten man sicher von einer Kundenspezifikation ausgehen kann. Anhaltspunkte bieten diese beiden Entscheidungen aber. Es kommt jedoch immer auf das jeweilige Produkt und den Einzelfall an. (mr)

Wir bedanken uns bei RA Tobias Kläner, der das Urteil für den Händler erstritten und uns dieses freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.

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