Rechtlich sichere AGB zu erstellen, ist teuer und aufwendig. Dies reicht aber nicht, denn AGB müssen noch wirksam in den Vertrag einbezogen werden. Im eigenen Shop kann man das relativ einfach umsetzen. Bei amazon ist dies aber überhaupt nicht möglich, wie das LG Wiesbaden bestätigte, sodass z.B. die Geltung der 40-Euro-Klausel nicht vereinbart werden kann.
Der Verkauf der eigenen Produkte auf Plattformen, die man nicht selbst beeinflussen kann, ist immer wieder Gegenstand wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen, da die Fehler der Plattformbetreiber den Händlern zugerechnet werden, wie das OLG Hamm schon mehrfach entschied – beispielsweise für Fehler der Shopping-App von eBay.
Vor dem LG Wiesbaden (U. v. 21.12.2011, 11 O 65/11) ging es einmal mehr um die 40-Euro-Klausel innerhalb der Widerrufsbelehrung und deren separate vertragliche Vereinbarung. Außerdem waren die Angaben im Impressum Gegenstand des Verfahrens.
Ausgestaltung bei amazon
Der Beklagte hielt bei amazon unter dem Punkt “detaillierte Verkäuferinformationen” eine Widerrufsbelehrung vor. In dieser verwendete er die 40-Euro-Klausel. Außerdem befand sich dort ein Link auf die AGB des Händlers.
Neben den Angaben zur Identität des Anbieters nannte der Beklagte noch seine e-Mail-Adresse. Im Rahmen des Warenangebotes stand dem potentiellen Käufer außerdem ein Kontaktformular zur Verfügung, das zu einer e-Mail-Korrespondenz über amazon weiterleitete.
ABG nicht wirksam einbezogen
Das Gericht prüfte die zunächst erlassene einstweilige Verfügung nach eingelegtem Widerspruch auf ihre Rechtmäßigkeit und kam zu dem Schluss, dass diese zu Recht erging und bestätigte sie.
Die Widerrufsbelehrung, die der Beklagte verwendete, war hinsichtlich der Tragung der Rücksendekosten fehlerhaft.
“Gemäß § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB trägt grundsätzlich der Unternehmer die Kosten und die Gefahr der Rücksendung bei Widerruf und Rückgabe.
Zwar erlaubt § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB insoweit eine Überbürdung der regelmäßigen Kosten der Rücksendung im Wege des Vertrages auf den Verbraucher unter den dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen.
Eine derartige vertragliche Regelung hat der Verfügungsbeklagte mit seinen Kunden jedoch nicht getroffen. Die von ihm auf seiner Webseite vorgehaltenen allgemeinen Geschäftsbedingungen werden an keiner Stelle beim Bestellvorgang zum Inhalt und Gegenstand des abzuschließenden Vertrages gemacht. […]
Allein das Vorhalten von AGB, die über einen Link auf der Webseite aufzurufen sind, genügt nicht den Anforderungen, die § 305 Abs. 2 BGB regelt.
Nach den gesetzlichen Vorschriften werden allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil eines Vertrages, wenn der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei ausdrücklich auf deren Geltung hinweist und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von den AGB Kenntnis zu nehmen und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.
An diesen Voraussetzungen fehlt es, denn der Kunde wird bei Vertragsschluss nicht darauf aufmerksam gemacht, dass der Kaufvertrag nur unter Zugrundelegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verfügungsbeklagten zustande kommt.”
Fehlerhaftes Impressum
Auch das Impressum des Beklagten war nicht in Ordnung, befand das Gericht.
Dort hielt er lediglich seine Anschrift und eine e-Mail-Adresse bereit. Weitere Angaben, die eine schnelle und unmittelbare Kommunikation ermöglichen, fehlten jedoch. Eine solche weitere Möglichkeit sieht das Gesetz jedoch vor und dies verlangt auch der EuGH.
“Diese Informationen müssten nicht zwingend eine Telefonnummer umfassen, sondern können auch eine elektronische Anfragemaske betreffen, über die sich der Nutzer des Dienstes im Internet an den Unternehmer wenden kann.
Einen derartigen Kommunikationsweg hat der Verfügungsbeklagte jedoch nicht eröffnet. Unstreitig zwischen den Parteien ist geblieben und ergibt sich auch aus den zu den Anlagen gereichten Unterlagen, dass das elektronische Kontaktformular einen e-mail-Verkehr mit amazon eröffnet, die die Anfrage an den Verfügungsbeklagten weiterleitet.
Somit fehlt es an der Unmittelbarkeit der Kontaktaufnahme, die über einen Dritten stattzufinden hat.”
Fazit
Händler sollten versuchen, amazon zu entsprechenden Änderungen zu bewegen. Bis dies geschehen ist, sollten Händler auf jeden Fall eine Widerrufsbelehrung verwenden, in der die 40-Euro-Klausel nicht enthalten ist, sondern die Standard-Formulierung “Paketversandfähige Sachen sind auf unsere Kosten und Gefahr zurückzusenden.” Allerdings ist auch zweifelhaft, ob der Händler den Verbraucher vorab überhaupt in der vorgeschriebenen Art und Weise bei Verkäufen über amazon über das Widerrufsrecht informieren kann. Fehler auf Plattformen wie amazon oder eBay sind immer wieder Gegenstand von Abmahnungen.
Insbesondere ist wichtig, wie AGB überhaupt Vertragsbestandteil werden. (mr)
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Wenn es in §305 heißt “bei Vertragsschluss” so ist dies doch eigentlich erst der Moment in dem der Verkäufer die Bestellung des Kunden annimmt, indem er den Artikel versendet und nicht schon der Moment in dem der Kunde die Bestellung (sein Kaufangebot) abschickt.
Also könnte man als Verkäufer doch in der Versandmail schreiben “Wir nehmen Ihr Kaufangebot unter der Bedingung an, dass Sie mit den unten stehenden AGB einverstanden sind – dies bestätigen Sie durch Annahme der Sendung. Falls Sie mit den AGB nicht einverstanden sein sollten, verweigern Sie einfach die Annahme”.
Erst mit der Annahme der Sendung würde der Käufer dann den Kaufvertrag endgültig abschließen. Bis dahin sind alles nur Vertragsverhandlungen.
@Torsten Kracke
Nein, in der von Ihnen beschriebenen Variante wäre die “Annahme” durch den Händler wäre eine Ablehnung des durch den Kunden gemachten Angebotes verbunden mit einem neuen Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB). Dieses müsste der Kunde dann in einem weiteren Schritt annehmen. Erst dann wäre der Vertrag geschlossen.
Richtig, genau so meinte ich es ja auch auch: Der Kunde erhält in der Versand-Email das Angebot den Kaufvertrag durch den weiteren Schritt “Annahme der Sendung” anzunehmen oder alternativ durch Verweigerung/Nichtabholung abzulehnen.
Aber das entspricht ja in keinster Weise der Wirklichkeit. Welcher Verbraucher würde sich denn dann nochmals zurückmelden, wenn er seine Bestellung schon abgeschlossen hat? Die Conversion Rate würde wohl auf 1% sinken…
Dann benötigt man auch keinen Online-Shop, wenn man Verträge ausschließlich per e-Mail schließen möchte.
Eine Rückmeldung per Email wäre hier doch gar nicht erforderlich. Der Kunde würde die Sendung wie heute auch schon an der Tür entgegennehmen oder bei der Post abholen und dadurch erst seine finale Bestätigung zum Vertragsschluss geben. Für den normalen Kunden ändert sich dabei nichts.
Zu “das entspricht in keinster Weise der Wirklichkeit”: Das ist doch ohnehin in der ganzen Diskussion um das Widerrufsrecht so. KEIN EINZIGER Kunde liest die Widerrufsbelehrung oder AGB überhaupt durch. Es geht hier einzig und allein darum, durch Rechtskniffe überhaupt noch einen vernünftigen Vertrag mit seinen Kunden schließen zu können. Leider findet sich immer wieder ein oberschlauer Anwalt, der ein neues Abmahnfeld eröffnet, indem völlig an der Realität vorbei und mit einem verkorksten Gesetz als Rechtfertigung im Hintergrund ein Konkurrent ausgeschaltet werden soll, wegen vermeintlich “unlauterem Wettbewerb”, z. B. wenn man wie hier dem Kunden Rücksendekosten auferlegen will.
Und das Shopbetreiber-Blog gibt solchen Abmahnhaien auch noch die Anleitungen an die Hand. Warum wurde hier z. B. seitens Trusted Shops im Vorfeld nicht direkt an Amazon herangetreten und das Problem erörtert? Falls dies nicht geschehen sein sollte, wäre dieser Beitrag nicht besser als das Veröffentlichen einer Sicherheitslücke in einem Betriebssystem. In dem Sektor hat sich inzwischen auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass es besser ist, den Hersteller über Sicherheitsprobleme zu informieren, damit er diese über ein Update schließen kann, BEVOR die vorhandene Lücke veröffentlicht wird.
Wir haben hier lediglich über ein Urteil berichtet. Es ist nicht das erste Urteil in diese Richtung. Hätten wir darüber nicht berichtet und dann wäre eine Abmahnwelle gestartet, wären hier wahrscheinlich unendlich viele Kommentare dazu eingegangen, weshalb wir nicht darüber berichtet haben…
Dass Berichte über Abmahnungen und Urteile auch Trittbrettfahrer nach sich ziehen, liegt in der Natur der Sache. Wir haben über ein Problem berichtet, dass seit langem bekannt ist, sicherlich auch in der amazon-Rechtsabteilung. Und jeder (gute) Anwalt, der einen Shopbetreiber berät, wird ihn auf dieses Problem aufmerksam machen. Das Verkaufen über Webseiten, die nicht vom Shopbetreiber selbst betrieben werden, ist immer ein enormes Risiko.
Aber in den Amazon AGB`s steht doch die 40 Euro Klausel, somit wird der Kunde doch darüber informiert, die meisten Kunden denken doch Sie haben über Amazon bestellt. Viele Händler auf Amazon haben kein Impressum und keine Widerrufsbelehrung, da gegen wird gar nichts unternommen, das ist für mich bis heute unverständlich.
Die AGB von amazon gelten aber nicht, wenn der Kunde bei einem Dritten über den marketplace einkauft, weil amazon dort nicht der Verkäufer ist.
Das heisst, das wir dort ohne Widerrufsbelehrung verkaufen und der Kunde somit ein ewiges Widerrufsrecht hat ??
Wir senden dem Kunden immer per Mail eine Versandbestätigung mit unserer Widerrufsbelehrung zu, wenn ich das hier richtig verstehe, dann gilt diese auch nicht, aber wenigstens haben wir es versucht,.
Was kann man den selber machen, um rechtlich besser dazustehen ??
In einem Interview auf heise.de kommt ein Rechtsanwalt zu dem Ergebnis, dass das rechtssichere Verkaufen von Waren über amazon zur Zeit nicht möglich ist.
http://www.heise.de/resale/artikel/Rechtssicherer-Verkauf-auf-Amazon-nicht-moeglich-1446786.html
Ich finde die Entwicklungen vor Gericht äußerst fragwürdig. Es ist natürlich so, dass Kunden geschützt werden sollen. Dies geht allerdings auch ohne es den Verkäufern so unnötig schwer zu machen.
Seit mehreren Wochen versuchen wir, das Pflanzenschutzmittelgesetz rechtlich sicher bei Amazon zu hinterlegen. Allerdings gestaltet sich das so schwierig, dass wir vorerst alle Produkte, welche darunter fallen, aus unserem Amazon Programm gestrichen haben.
– im Content zu hinterlegen ist rechtlich nicht haltbar
– die “Langbeschreibung” beim Import umfasst gerade mal 1000 Zeichen, genau so wie der “legal-disclaimer” und ist damit zu kurz
– ein Kunde muss diese noch nicht mal lesen, um den Artikel in den Warenkorb zu legen
Bei Amazon selber schreibt der eine SB, dass man sich an die Rechtsabteilung wenden soll. Diese gibt an, dass man “selbst verantwortlich” für die Angebote ist. So ging das hin und her und es passierte: nichts!
Bzgl. Heise Artikel: Ich hoffe, dass Amazon was daraus lernt. Immerhin kann es ja nicht in deren Interesse sein, dass Händler irgendwann gar nicht mehr dort listen.
Oder doch? Wo sie jetzt selber schon dick am Ware verkaufen sind (und nicht nur Bücher). Amazon Preise halten ja recht gut gegen Händlerpreise stand.
Es wird zeit das sich das Widerrufsrecht ändert. Lieber heute als morgen.
Kann man nicht den Kunden in den Produktbeschreibungen auf die Geltung vob AGBs, welche sich im Verkäuferprofil befinden, hinweisen?
Rechtssicherheit scheint es im online-verkauf überhaupt nicht mehr zu geben, wenn es sie je gab. Solange die Gesetze von Leuten gemacht werden, die ein paar Jahre studieren müssen, um mal einen klaren Satz heraus zu bringen wird das auch so bleiben. Und solange Anwälte risikolos mit Abmahnungen Geschäfte machen können. ohne dass ein Sinn, wie Verbraucherschutz dahinter steckt, sehe ich schwarz – oder rot, wenn ich mal betroffen wäre.
Hallo Trusted Shops Team,
nach Ihrem Artikel hatte die Frage an Amazon gestellt, wann genau diese Rechtslücke von Amazon geschlossen werden wird. Händlern blieben ja nur zwei Auswege:
– nichts mehr auf Amazon zu verkaufen
– oder Amazon zahlt künftig die Rücksendegebühren
Nachfolgend finden Sie den Kommentar von Amazon. Eigentlich nicht sehr kreativ und meiner Meinung nach ein Standardtext.
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vielen Dank für Ihr Schreiben an Amazon.de.
Die Bereitstellung einer rechtssicheren Umgebung für alle Verkäufer auf unserer Plattform zählt zu den wichtigsten Aufgaben der für unser Marketplace-Geschäft verantwortlichen Teams.
An dieser Aufgabe arbeiten wir stetig und verfolgen daher selbstverständlich auch die Rechtsprechung der deutschen Gerichte, um zu prüfen, inwieweit Änderungen an unserer Plattform erforderlich sein könnten.
Allerdings bitten wir Sie um Verständnis, dass wir den von Ihnen angesprochenen Sachverhalt momentan selbst noch auswerten und Ihnen daher derzeit keine nähere Stellungnahme zu dieser Thematik übermitteln können.
Amazon.de will allen Käufern und Verkäufern eine sichere und bequeme Verkaufsplattform bieten und wir arbeiten kontinuierlich an dem Ziel, diese noch attraktiver zu gestalten.
Außerdem gilt jedoch, dass Verkäufer für die Angebote, die sie auf unserer Seite einstellen, sowie für die eingestellten Inhalte, selbst verantwortlich sind. Dies gilt auch für die Einhaltung jeglicher rechtlicher Belange. Es liegt am Verkäufer, zu prüfen, ob und inwieweit er seine rechtlichen Verpflichtungen bezüglich seiner Angebote sowie der Informationen in seinem Verkäuferprofil einhält.
Der Verkäuferservice kann zu gesetzlichen Regelungen und Anforderungen leider keine Auskunft geben. Sollten Sie unsicher sein, ob und inwieweit Sie Ihre rechtlichen Verpflichtungen als Verkäufer erfüllen, empfehlen wir Ihnen daher, für eine detailliertere Analyse einen Rechtsberater zu Rate zu ziehen.
Wir danken für Ihr Verständnis.
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Ich schreibe denen gerne noch einmal zurück. Vielleicht wäre ja ein Kommentar wie “…mein Anwalt hat gesagt, dass wir uns von der Plattform zurückziehen sollen und dass wir jetzt eine Abmahnwelle starten…” sinnvoll.
Eigentlich müssten alle Amazon Händler für eine Woche in den Streik treten. Vielleicht würden die dann aufwachen. 🙂
Hallo,
diese aberwitzigen Urteile zeigen nur die Unfähigkeite der Gerichte und der Regierung klare Strukturen vorzugeben und stattdessen Probleme auf dem Rücken teils kleiner Unternehmen ausfechten zu lassen.
Der Satz “Die AGB von amazon gelten aber nicht, wenn der Kunde bei einem Dritten über den marketplace einkauft, weil amazon dort nicht der Verkäufer ist.” ist aber auch nicht ganz korrekt – Amazon ist zwar nicht der Verkäufer – aber Amazon macht das Inkasso – letztlich ist hier aus meiner Sicht auch noch kein 100%ig rechtliche Würdigung erfolgt inwieweit hier die Amazon AGB doch ggf. zum tragen kommen – theoretisch könnte man das auch so sehen, dass Amazon den Vertrag mit dem Kunden schließt und den Auftrag dann an den Händler weiterreicht. Denke das kommt wieder mal drauf an ob man einen Anwalt findet der das einem Gericht “verkaufen” kann.
Leider ist man als Händler (aber offenbar auch als Gesetzgeber) machtlos gegen Amazon. Würde man als Händler Amazon auf die Füße treten wollen – fliegt man raus. Sofern die überhaupt verstehen was man von einem will. Da sich Amazon mit seinem Hauptsitz in Luxemburg befindet interessiert die auch deutsches Recht nicht wirklich und wenn dann nur soweit wie überhaupt nötig, da Amazon sowieso niemand verklagt oder dagegen vorgehen wird. Sieht man ja auch immer wieder im Weihnachtsgeschäft – wenn sich Amazon die Saisonarbeiter vom Arbeitsamt bezahlen lässt.
Erst wenn das neue Widerrufsrecht in Kraft tritt (Kunde hat grundsätzlich die Rücksendekosten zu tragen) wird das ganze hoffentlich besser – es sei denn auch dieser Passus muss wieder wirksam einbezogen werden.
Schade das TS zwar über solche Misstände berichtet, aber nicht dagegen vorgeht oder ein vorgehen zumindest organisiert – ich denke viele Händler würden sich einem gemeinsamen Vorstoß anschließen – nur einzeln sind wir Händler gegen Amazon leider machtlos.
Schaut aus als ob LG Geld hasst.