Ein ausschlaggebender Faktor für den Erfolg eines Online-Shops ist stets dessen Platzierung bei Google und anderen Suchmaschinen. Deshalb gilt es, den eigenen Shop daraufhin zu optimieren. Der folgende Beitrag widmet sich der interessanten Frage, wie ein Shop aussehen würde, der von Google selbst gestaltet wurde.
Lesen Sie mehr zum Thema im Gastbeitrag von Thorsten Wilhelm.
Lassen Sie uns die Frage zunächst konkretisieren: Was verstehe ich unter einem „großen“ Online-Shop? Ich denke da an einen Händler mit einem breiten Sortiment. Dieser fiktive Händler verfügt über einen Online-Shop, mehrere Printkataloge und einige Läden im stationären Einzelhandel.
Nehmen wir nun weiter an, dass ein solcher Händler – seit mehreren Jahrzehnten erfolgreich am Markt – von Google aufgekauft wird. Im ersten Schritt widmet sich Google einer Optimierung des Online-Shops – erst danach sind die anderen Absatzwege an der Reihe.
Wie würde Google dabei vorgehen und was würde Google an diesem Online-Shop zuerst verändern?
In diesem und weiteren Beiträgen möchte ich versuchen, mich in Google „hineinzuversetzen“ und Antworten auf diese Fragen geben. Gerne zusammen mit Ihnen – vorausgesetzt, Sie möchten dieses Gedankenspiel mitgehen.
Meine erste Annahme: Google würde einmaligen „Content“ bereitstellen und diesen leicht zugänglich machen!
Warum? Damit der Online-Shop gefunden wird. Klar! Aber das ist nur ein Grund. Viel wichtiger erscheint mir die Kundenperspektive: Google würde in dem Online-Shop zusätzliche Inhalte bereitstellen, um Nutzer und vorhandene Kunden bei ihren Kaufentscheidungen zu unterstützen. „So ein Quatsch!“ denken Sie vielleicht: „Wozu noch mehr Inhalte auf Online-Shops – Webnutzer lesen die doch eh nicht. Das hat uns Jakob Nielsen schon seit Jahren gepredigt!“ Ja, richtig, hat er.
Nur: Diese Annahme bzw. Aussage ist nicht mehr korrekt: Nutzer lesen immer mehr am Bildschirm. Dazu beigetragen hat vor allem eine deutliche Verbesserung in der Gestaltung und Strukturierung von Online-Texten. Das gilt sowohl für Informations- und Nachrichtenportale (wie z. B. Spiegel.de) als auch für Online-Shops: Die Verbesserung der Präsentation von Inhalten auf Produktdetailseiten stand bzw. steht bei Online-Shops ganz oben auf der Agenda – Studie: „The State of Retailing Online 2009“ von Forrester Research & Shop.org.
Bleibt also die Frage: Wie kommt ein etablierter Händler an nützlichen und einmaligen Inhalt?
Über die Einkäufer! Google würde umgehend die Mitarbeiter der Einkaufsabteilungen zu fähigen Bloggern ausbilden, von anderen Aufgaben „befreien“ und ihnen auf diese Weise Zeit zum regelmäßigen Bloggen verschaffen.
Warum gerade die Einkäufer?
Weil Einkäufer Produktexperten sind. Sie kennen sich in „ihrem“ Sortimentsbereich aus wie kein anderer Mitarbeiter. Einkäufer verfügen über Hintergrundwissen zu „ihren“ Produkten, erkennen Produkttrends frühzeitiger als andere, informieren sich stets über Maßnahmen der Hersteller und beobachten Veränderungen bei den Kundenbedürfnissen über lange Zeiträume.
Warum sollten Einkäufer dieses Wissen für sich behalten? Lassen wir sie doch „bloggen“.
Auf diese Weise tragen die Einkäufer dazu bei, dass die Nutzer und Kunden des Online-Shops „richtige“ bzw. „bessere“ Kaufentscheidungen treffen. Unsicherheit in Bezug auf die Entscheidungsfindung wird reduziert, die Kunden erleben während und nach dem Kauf eine höhere Zufriedenheit und senden folglich auch weniger oft Produkte zurück. Das führt zunächst zu einer Steigerung der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, und mittel- bis langfristig auch zu einer deutlichen Gewinnsteigerung.
Sehen Sie das auch so?
Und: Warum gibt es keine Einkäufer die „bloggen“? Wieso keine Online-Händler, die ihre Einkäufer für die Kundenberatung „freistellen“?
Der Autor:
Thorsten WilhelmThorsten Wilhelm, Gründer & geschäftsführender Gesellschafter der eResult GmbH (Göttingen, Kiel, Frankfurt am Main) ist seit 1996 als Forscher und Berater für „Usability“ und „Online-Marketing“ tätig. Er studierte an der Universität Göttingen Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Marketing und Wirtschaftspsychologie. Im Anschluss war er mehrere Jahre in der wissenschaftlichen Grundlagenforschung am Institut für Marketing und Handel der Universität Göttingen tätig (Forschungsschwerpunkte User-Tracking, Usability, Werbewirkung und statistische Datenanalysen). Dort leitete er auch eine Vielzahl von Forschungsprojekten. Im Jahr 2000 gründete Herr Wilhelm zusammen mit Frau Prof. Dr. Yom, Herrn Prof. Dr. Silberer und Dr. Wohlfahrt die eResult GmbH. Herr Wilhelm ist aktives Mitglied im Marketing-Club Göttingen, im Berufsverband der Usability Professionals und begeisteter Blogger (www.usabilityblog.de).
Volle Zustimmung zur These, dass gute Inhalte die Kaufbereitschaft der Kunden fördern! Letztlich ist Content das “Verkaufs- und Beratungsgespräch”, das ich als Onlinehändler mit dem Kunden führe.
Viele Anbieter vertreten aber die Meinung “Unsere Kunden wissen schon, was die wollen und kennen die Produkte”. Die Folge: Dürftige Artikelbeschreibungen – und zwar dürftig in Umfang und dürftig in inhaltlicher Qualität.
Lange Texte werden nicht gelesen? Da hat Meister Nielsen einen großen Unsinn in die Welt gesetzt. Lange Texte werden sehr wohl gelesen. Unter dem Begriff “Buch” geben Leute sogar geld dafür aus.
Letztlich kommt es doch immer darauf an, wie die Inhalte aufbereitet sind. Zum Glück gibt es Techniken, lange Texte durch Textstrukturierungs-Methoden (inhaltliche Gliederung, Zwischenüberschriften etc.) leicht(er) überschaubar zu machen. Ebenso ist der Einsatz der Karteikartenreiter-Technik ein guter Weg, ein umfangreiches Informationsangebot leserfreundlich aufzubereiten. Diese Mittel setzen wir in unserem Shop konsequent ein – und diese in Anbetracht unserer Conversionrate auch recht erfolgreich.
Ich bin mir nicht sicher, ob bloggende Einkäufer der richtige Weg sind. Aus verschiedenen Gründen.
Der Einkäufer hat einen wichtige Rolle im Versandhandel nicht weil er bloggt, sondern weil er ein Feeling für Ware hat. Wenn er anfängt, warenverliebt zu handeln, wird es gefährlich. Er wird nicht endlos über Ware reden können (oder wollen, von der Offenlegung seiner Beschaffungskanäle mal ganz zu schweigen :-)). Überlegen Sie mal, wieviele Produkte ein Einkäufer durchschleust.
Wenn er sich nur auf Heros konzentriert, wird er tendenziell die falschen nehmen. Ok, das ist jetzt gemein. Aber erfahrungsgemäß gibt es nur 10-15 % echte Renner. Der Rest läuft so mit, bestenfalls.
Wir gehen davon aus, dass es genügt, einfach nett zu schreiben. Aber ist das wirklich so? Muss nicht auch hier nachher noch jemand über die Texte drüber gehen? Kein Copywriter, denn es ist kein Sales-Pitch. Aber wird es gelingen, einen Einkäufer zu vergattern, Suchmaschinen-optimiert zu schreiben? Da scheitern ja schon so manche Texter dran. (Ich auch.)
Ich bin mal gespannt, wie bei Otto z.B. yourhome oder Schlafwelt diesen content-orientierteren Stil entwickeln.
Mehr Content birgt aber auch die Gefahr für mehr Abmahnungen. Gerade im Bereich Nahrungsergänzungsmittel oder auch Kosmetik muß man sehr Text- und Rechtssicher sein. Ein falsches Wort und es hagelt Abmahnungen. Schnell kann ein Text als Angst schüren eingestuft werden oder sie benutzen einen medizinischen Ausdruck der auch eine Erkrankung sein kann. OK. Google hat genug Geld um neben jeden Blogger einen Juristen zu setzen; wir jedoch nicht.
Ich komm ja selber aus dem direktmarketingorientierten (Offline-)Versandhandel und dort ist die “Story” und das Storytelling rund um die Ware natürlich extrem wichtig – aber sicherlich nicht Aufgabe des Einkäufers, sondern die des (Produkt-) Marketings.
Das das Texten sehr wichtig ist ist absolut klar.
Das wird Google natürlich besonders so sehen. Trotzdem glaube ich das Google nach dem Prinzip: Andere Arbeiten Lassen – arbeiten würde.
Ich glaube google würde sich ein Geschäftsmodell einfallen lassen, bei dem Spezialisten, die nicht bei Google angestellt sind, diesen Kontent erstellen würden 😉
“Content is King”! Ob jedoch Einkäufer die richtigen Ansprechpartner im Unternehmen sind, wage ich zu bezweifeln. Nach wie vor gilt, dass der beste und glaubwürdigste Inhalt vom Kunden selbst kommt. Deshalb glaube ich, Google würde seine Kunden zu Autoren machen und veranlassen, dass ein Mitarbeiter aus dem Marketing/ Sales die Kommentare und Beiträge moderiert. Ich Frage mich sehr häufig, wieso nicht viel mehr Shops Kundenstimmen, Produktbewertungen und ähnliche Tools anbieten. Stellen wir uns einmal vor, wir stehen im Autohaus und der smarte Verkäufer versucht uns nach allen Regeln der Kunst von dem Modell X seiner Marke zu überzeugen. Wir hatten schon 2 Kaffee und das Gebäck war auch lecker, aber der letzte Kaufimpuls fehlt noch. Plötzlich steht ein anderer Kunde hinter uns und sagt, dass er das gleiche Modell seit einem Jahr mit absoluter Zufriedenheit fährt. Würde das unsere Kaufbereitschaft beeinflussen? Mit absoluter Sicherheit, so der Kunde als vertrauenswürdig eingestuft werden kann. Daher sollte jeder Onlinehändler seine Kunden zu Autoren machen und das nicht nur auf der eigenen Seite. Twitter und Co. sind Marketingmaschinen wenn sie richtig und seriös eingesetzt werden. Daher rate ich jedem (Online)Händler, hört auf eure Kunden, fragt sie nach ihrer Meinung und lasst andere diese Meinungen lesen. Ihr werdet euch wundern wie qualifiziert die Produktkommentare ausfallen. Übrigens sind negative Bewertungen und Kommentare die beste Möglichkeit eure Einkäufer zu kontrollieren 😉
@Herr Loos
Nunja, das Problem ergibt sich doch schon aus Ihrem Beispiel – wieviele Kunden im Autohaus gehen denn auf andere Kunden zu und loben das Modell in den Himmel? Wieviele Leute auf der Strasse gehen zu Touristen und empfehlen von sich aus eine Gaststätte?
Insofern sind solche Bewertungen und Kommentar in der Theorie ein tolles Feature – in der Praxis scheitert es oft daran, dass dies seitens der Kunden nur sehr selten oder nur sehr selektiv bei einigen wenigen Produkten genutzt wird.
@Benjamin Loos
@Michael Wiechert
Christian Otto Grötsch von Preisbock sagte mir gestern, dass bei Ihnen tatsächlich die Kunden die höhere Produktkompetenz haben. Sie schreiben viele Texte, die für die Positionierung in den Suchmaschinen sehr wichtig sind. Dito Portale wie edelight.
Von daher: Der Einkäufer sollte bei seinem Leisten bleiben. yourHome von Otto hat die technischen Produkttexte sehr weit aufgebohrt – das ist wichtig für die eher technisch orientierten (Hartwaren-)Käufer. Die softeren Themen (Styling etc.) können die Kunden bringen.
Der Mix wird es machen. Einkäufer liefern möglichst viele Fakten. SEO-Profis geben den Feinschliff für bestimmte Arten von Suchen. Und die Kunden sorgen für das “Content-Marketing”.
So zumindest die Theorie.
Naja, dass Unternehmen, die sich vorgenommen haben mit “Social Commerce” Geld zu verdienen diese Meinung und diese Schiene vertreten ist ja nachvollziehbar – wobei ich schon bei einem Portal wie Edelight hinterfragen würde, wieviele der dort Aktiven wirklich reale Konsumenten sind oder nicht doch Shopbetreiber und Agenturen, die ihre eigenen Produkte dort pushen – ein Effekt, den man auch von den Social Bookmarkdiensten kennt.
Aber ja, natürlich – es gibt Seiten und Projekte wo die “Community” drumherum und die Konsumenten zur Vermarktung beitragen und wo dies funktioniert. Auch Quelle verdankte doch in guten alten Offline-Zeiten die starke Stellung von Marken wie Privileg unzähligen Empfehlungen von Kunden in sozialen Netzwerken (vulgo Kaffeekränzchen) – andere Unternehmen a la Tupper setzen sogar ganz auf diese Schiene. Insofern hat “online” doch vom Prinzip her nichts neues erfunden.
Ich stelle aber in Abrede und sehe mich da durch zahlreiche Praxisbeispiele bestätigt, dass dies ein Selbstläufer ist oder auch nur für die meisten Shops funktioniert – und dann darf man fragen, ob Bewertungsfunktionionen etc die kaum oder garnicht genutzt werden, letztlich eher kontraproduktiv sind und ob es nicht sinnvoller wäre gute alte Testimonials einzusetzen.
Frage war aber doch auch, was GOOGLE tun würde – und bevor wir darüber spekulieren schauen wir uns doch an, was Google TUT.
Kann man die vielen kleinen Zusatzfunktionen die Google zB bei iGoogle bietet bewerten und kommentieren und werden dem Nutzer diese angezeig ode rangezeigt wie oft diese genutzt werden? Kann man die Hilfetexe von Google kommentieren oder öffentlich bewerten oder mit Google an dieser Stelle öffentlich interagieren? Oder kann man etwas gar die Suchergebnisse von Google bewerten oder kommentieren?
interessanter Beitrag auch für Einzelhändler