Das größte Ärgernis im Online-Handel seit 2016 ist die OS-Plattform und die damit verbundenen Abmahnungen. Die EU-Kommission hat jetzt eine Studie veröffentlicht, aus der hervor geht, dass die Plattform nicht genutzt wird.
Bereits im März dieses Jahres verkündete die EU-Kommission Zahlen zur OS-Plattform. Bereits damals war klar: Fast niemand nutzt diese Plattform. Die zuständige Kommissarin sprach von 24.000 Verbrauchern, die einen Fall über diese Plattform meldeten. Das entspricht 0,004 % der EU-Bevölkerung.
Jetzt liegen detaillierte Zahlen vor.
Studie: 1 Jahr OS-Plattform
Die EU hat die Daten der Plattform des ersten Betriebsjahres ausgewertet, also vom 15. Februar 2016 bis 15 Februar 2017.
In dieser Zeit besuchten 1,9 Millionen Menschen die Plattform, 160.000 Unique-Visitors. Aber diese Leute waren quasi nur mal zum Gucken da.
Denn lediglich 24.000 Fälle wurden über die Plattform gemeldet. Dabei stiegen die Zahlen pro Monat im Jahresverlauf an. Ihren Höhepunkt hatten die Fallzahlen mit 2933 und 2921 in den Monaten Dezember 2016 und Januar 2017. Die Untersuchung kommt zu dem Schluss, dass diese hohen Zahlen aber saisonal bedingt sind.
Die meisten Beschwerden aus Deutschland
Die meisten Beschwerden (rund 6.500) wurden dabei von deutschen Verbrauchern eingereicht, gefolgt von britischen Verbrauchern (rund 6.000 Fälle).
Die meisten Beschwerden betrafen auch deutsche Händler (etwas über 7.000) sowie britische Händler (etwas unter 7.000 Fälle).
Zahlen belegen: OS-Plattform ist nutzlos
Am Ende der Untersuchung wird dann aber sehr ausführlich dargestellt, welchen “Erfolg” die Plattform hat.
85 % der Fälle, die über die Plattform gemeldet wurden, wurden innerhalb der ersten 30 Tage nach Eingang der Meldung automatisch vom System geschlossen, weil z.B. vom Verbraucher oder vom Unternehmer keine Rückmeldung bzgl. der einzuschaltenden Schlichtungsstelle erfolgte.
In 40 % dieser Fälle hat sich nämlich der Händler direkt mit dem Verbraucher in Kontakt gesetzt, um ein bestehendes Problem zu lösen.
Die Kommission führt auch “technische Gründe” an, warum sich jemand nicht zurückmeldet.
“There are also technical reasons for the traders’ lack of responsiveness on the platform. For example, when a complaint is submitted against a trader for the first time and the trader is not yet registered on the platform, the automatic notification may reach an incorrect email address”
Ein weiterer Grund könnte sein, dass die Meldungen der OS-Plattform im SPAM-Ordner des Händlers landen.
In 9 % der eingereichten Beschwerden wurde der Fall nicht automatisch geschlossen, sondern vom Händler zurückgewiesen. In 2/3 dieser Fälle widerum wollte sich der Händler direkt mit dem Verbraucher in Verbindung setzen.
In 4 % der eingereichten Beschwerden zogen sich die Beteiligten selbst zurück.
Lediglich 2 % der Fälle (also bei 480 Beschwerdefällen) wurden an eine nationale Schlichtungsstelle überhaupt nur weitergeleitet.
Was wurde aus diesen Fällen?
Von 24.000 eingereichten Beschwerden bleiben also diese 480 Fälle übrig.
Davon wurde widerum die Hälfte von den nationalen Schlichtungsstellen zurückgewiesen. Einer der Gründe für diese Zurückweisung: Die von der Plattform angeschriebene Schlichtungsstelle war nicht zuständig. Die zuständige Schlichtungsstelle zu ermitteln ist aber genau die Aufgabe dieser Plattform. Ein anderer Grund für die Zurückweisung war, dass der Verbraucher sich vor Einreichen der Beschwerde nicht an den Händler gewendet hatte, um das Problem ohne Schlichtung aus der Welt zu schaffen.
“This explains why the ADR procedure reached a final outcome in less than 1 % of the cases.”
Weniger als ein Prozent.
2/3 von diesen Fällen wurden dann innerhalb von 90 Tagen gelöst – ob zugunsten des Händlers oder des Verbrauchers, teilt die Studie nicht mit.
Falsche Schlussfolgerung der Studie: Plattform ist nützlich
Zusammenfassend kommt die Studie dann zu diesem Schluss:
“The significant number of complaints and the uptake of the ODR platform in all Member States are very positive elements which show that the ODR platform was well received and is considered as a useful tool by consumers.”
Halten wir uns noch einmal vor Augen: Rund 160 von über 24.000 eingereichten Fällen wurden mit Hilfe der Plattform gelöst.
Und das bezeichnen die Autoren als “useful”.
Immerhin: Deutschland auf Platz 1
Eine andere Untersuchung der EU-Kommission wollte ermitteln, ob die Händler ihre Pflicht erfüllen und auf diese OS-Plattform hinweisen und verlinken.
Untersucht wurden 19.580 Websites und es wurden 1.005 mystery-shopping audits durchgeführt. In Deutschland wurden 2.607 Online-Händler gecheckt.
Lediglich 28 % aller untersuchten Händler-Websites verlinkten auf die OS-Plattform.
Aber in Deutschland verlinkten 66 % der untersuchten Websites auf die Plattform – damit sind wir Spitzenreiter in Europa. Auf Platz 2 folgt Österreich mit 47 %. Schlusslichter sind Malta und Lettland mit jeweils 1 %.
Abmahnwahn OS-Plattform
Warum der Wert in Deutschland so hoch ist, ist schnell erklärt. Natürlich halten sich in Deutschland viele Unternehmer an Recht und Gesetz. Ein wichtiger Grund dürfte aber auch sein, dass dubiose Abmahnvereine und erfolglose Anwälte, die sich über Abmahnungen die Büromiete finanzieren müssen, seit der Existenz dieser Plattform (und auch schon davor) das Land mit Abmahnungen überziehen.
Niemand nutzt die Banner
Die EU-Kommission stellt auch Banner zur Verfügung, die man zur Erfüllung seiner Informationspflicht in seinen Shop einsetzen kann.
Die Untersuchung wollte auch herausfinden, wo und wie die Unternehmer auf die OS-Plattform hinweisen. Und – welch Überraschung – fast niemand (lediglich 4 Websites) nutzt diese Banner.
91 % schreiben den exakten Link in ihren Shop, 8 % verlinken die Plattform über einen Text, z.B. “Die Plattform finden Sie hier.”
Deutsche Händler nehmen nicht an Schlichtung teil
Untersucht wurde auch, wie viele Händler sich auf ihrer Website bereit erklären, an einer außergerichtlichen Streitschlichtung teilzunehmen.
Europaweit sagten nur 18 %, dass sie nicht bereit sein.
In Deutschland schrieben 92 % der Händler, dass sie an Schlichtung nicht teilnehmen werden. Das liegt aber an einer gesetzlichen Besonderheit in Deutschland.
Es ist auch nachvollziehbar und mehr als verständlich, dass Händler nicht an solchen Verfahren teilnehmen wollen. Denn unabhängig vom Ausgang des Verfahrens müssen sie die Gebühren dafür alleine tragen.
Fazit
Die beiden von der Kommission vorgelegten Studien können nur zu einem Schluss führen, dass die Plattform abgeschaltet werden sollte. Gerade in Deutschland sorgt sie für eine Belastung der Justiz durch massenhafte Abmahnungen. Eigentlich sollte die Plattform die Justiz entlasten.
Trotzdem nun amtlich belegt wurde, dass diese Plattform fast niemand nutzt, gilt natürlich weiter das Gesetz und Online-Händler müssen auf diese Plattform hinweisen. (mr)
Bildnachweis: Claudio Divizia/shutterstock.com
Das wird aber niemanden davon abhalten, den nächsten Schwachsinn zu verzapfen.
Das befürchte ich auch. Wahrscheinlich werden als nächstes Online-Händler zur Teilnahme an Schlichtung verpflichtet, damit die Zahlen dieser unsinnigen Plattform steigen und man diese dann als vollen Erfolg verkaufen kann…
Der Artikel ist sehr einseitig und verschweigt die positiven Seiten der Europäischen Plattform für Online Streitbeilegung (ODR Plattform) und Schlichtungsverfahren – auch für Unternehmen. Er hebt zudem das größte Problem der Plattform nicht ausreichend hervor: Nämlich, dass Unternehmen nicht auf die dort eingehenden Verbraucherbeschwerden reagieren.
Die ODR Plattform unterstützt Verbraucher und Unternehmen dabei, Schlichtungsstellen in ganz Europa zu kontaktieren und Streitigkeiten gemeinschaftlich und einvernehmlich zu lösen. Sie bietet eine zentrale Anlaufstelle, ein integriertes Übersetzungstool und Hilfe für Verbraucher und Unternehmen bei allen Fragen zu Schlichtungsstellen und dem europäischen Verbraucherrecht. Dazu wurde in jedem Land eine Kontaktstelle eingerichtet. Die deutsche Kontaktstelle ist für alle Verbraucher, Unternehmen und Schlichtungsstellen täglich unter erreichbar: 07851/ 99148 – 60, odr@evz.de oder über http://www.evz.de.
Über die Plattform haben Verbraucher bis heute 50.000 Beschwerden eingereicht. Bis zu 44% dieser Beschwerden wurden außerhalb der Plattform gelöst, weil Unternehmen und Verbraucher sich geeinigt haben, bevor die Beschwerde zu einer Schlichtungsstelle geleitet wurde. Und wenn das nicht klappt, können die nationalen Kontaktstellen weiterhelfen.
Schlichtungsverfahren bringen einen großen Nutzen für Unternehmen. Günstige, neutrale und schnelle Verfahren durchgeführt von qualifizierten Juristen und einen Lösungsvorschlag basierend auf dem geltenden Recht. Sie bieten deshalb eine effiziente Alternative zu Gerichtsverfahren (Mehr dazu unter: https://www.evz.de/de/schlichtung-und-online-streitbeilegung/beratung-zur-schlichtung/schlichtung-und-unternehmen/).
Das größte Problem der ODR Plattform ist bisher, dass viele Unternehmen nicht auf die dort eingereichten Verbraucherbeschwerden reagieren. Mit steigender Unternehmensbeteiligung würde sich automatisch die Zahl der Beschwerden erhöhen, die tatsächlich an Schlichtungsstellen weitergeleitet werden.
Die Kommission arbeitet daran, Unternehmen von der Plattform und Schlichtungsverfahren zu überzeugen. Sie ist dabei, die automatische Interaktion bzw. Kommunikation der Plattform mit Unternehmen zu verbessern und plant unter anderem in Deutschland auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Informationskampagnen.
Die ODR Plattform ist nur eine Schnittstelle, um Schlichtungsverfahren gerade im grenzüberschreitenden Bereich zu ermöglichen und/oder zu vereinfachen. Die deutsche Kontaktstelle für die Plattform macht Lobbying bei der Kommission dafür, dass der Workflow der Plattform verbessert wird, so dass Unternehmen einfacher von ihren Vorteilen profitieren können. Wir sind deshalb zuversichtlich, dass die Plattform im Zusammenspiel mit Schlichtungsstellen in Zukunft noch mehr Verbrauchern und Unternehmen helfen wird, ihre Streitigkeit außergerichtlich und effizient zu lösen.
(Leiter der nationalen Kontaktstelle)
Ein weiterer Fakt (!), weshalb Schlichtung beim Cross-Border-Handel völlig unnütz und mega umständlich ist:
Deutscher Verbraucher kauft bei einem Händler in Portugal ein. Es kommt zum Streit. Der deutsche Verbraucher reicht eine Beschwerde ein. Zuständig dafür ist die Schlichtungsstelle in Portugal.
Diese muss dann aber deutsches Recht anwenden, wovon der portugisische Schlichter aber keine Ahnung haben dürfte.
Alternativer und besserer Weg: Der Verbraucher klagt. Zuständig wäre sein Heimatgericht. Dort sitzen auf der Richterbank Profis, die sich perfekt im deutschen Recht auskennen.
Sehr geehrter Herr Borsche,
die Zahlen der EU-Kommission sind so eindeutig, dass man daraus keine positiven Schlussfolgerungen ziehen kann. Manchmal muss man auch erkennen, dass ein Projekt gescheitert ist.
“Über die Plattform haben Verbraucher bis heute 50.000 Beschwerden eingereicht. Bis zu 44% dieser Beschwerden wurden außerhalb der Plattform gelöst, weil Unternehmen und Verbraucher sich geeinigt haben, bevor die Beschwerde zu einer Schlichtungsstelle geleitet wurde.”
50.000 Beschwerden. Europaweit. Die EU-Kommission spricht von 24.000 Beschwerden im ersten Jahr. Das entspricht 0,004 % der EU-Bevölkerung. Statistisch gesehen also völlig irrelevant. Für diese verschwindend geringe Anzahl an Fällen, braucht man keine EU-weiten Regeln. Diese Anzahl von Fällen kann man – ja MUSS man – ignorieren. Das feiern Sie wirklich als Erfolg?
Außerdem beweist ja schon, dass die Plattform in 44 % der Fälle keinen Nutzen hat, weil sich Verbraucher und Unternehmer ohne die Plattform geeinigt haben. Und noch einmal: Lediglich 160 Fälle (!) wurden tatsächlich gelöst mit Hilfe der Plattform. 160! Dafür müssen mindestens 28 Schlichter eingestellt werden. Das sind im Schnitt 5,7 Fälle pro Schlichter pro Jahr. Was macht der Schlichter die restlichen 363 Tage im Jahr? Denn länger als 2 Tage wird er für diese Anzahl von Fällen nicht brauchen.
1.9 Mio Verbraucher haben innerhalb einers Jahres die Plattform besucht. Oder anders ausgedrückt: 498 Mio. Europäer haben diese Plattform nicht besucht. Auch hier also kein Erfolg, sondern Scheitern.
“Das größte Problem der ODR Plattform ist bisher, dass viele Unternehmen nicht auf die dort eingereichten Verbraucherbeschwerden reagieren.”
Selbstverständlich nicht. Kein vernünftig denkender Unternehmer würde das machen. Außergerichtliche Schlichtungsverfahren nach dem VSBG sind unfair und einseitig zu Lasten des Unternehmers geregelt, weil er alleine die Kosten tragen muss. Da braucht man sich nicht wundern, dass das Verfahren auf Ablehnung stößt. Wir haben ein hervorragend funktionierendes Justizsystem. Wir brauchen keine dazu parallel agierendnen Schlichtungsverfahren. Wenn der Verbraucher der Meinung ist, da gibt es ein Problem, soll er klagen.
Warum soll der Unternehmer eine Gebühr dafür bezahlen, weil sich ein Verbraucher beschwert, der Unternehmer am Ende aber vielleicht sogar Recht bekommt?
Diese Plattform sorgt ausschließlich für Abmahnungen. Und damit bleibt es beim Fazit, dass sie abgeschaltet werden sollte. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass die überflüssigen Informationspflichten gestrichen werden.
Es gibt aktuell mehrere OLG-Entscheidungen zu der Informationspflicht über diese Plattform. Gehen wir von einem Streitwert von 5.000 Euro aus, dann kostet so ein Verfahren den Händler rund 5.200 Euro. 3 OLG-Entscheidungen sind also 15.000 Euro. Zuzüglich der ganzen LG-Verfahren. Und das wegen der Frage, ob der Link auf eine Plattform, die keinen Menschen interessiert, jetzt verlinkt sein muss oder nicht.
Die Summe, die durch Abmahnungen in Bezug auf diese Plattform verbrannt wird, übersteigt die Summe von 160 gelösten Fällen um ein Vielfaches.
Europaweit 160 Fälle in einem Jahr.
Genau SO ist es. Widerrufsrecht, gängige Zahlunssysteme etc., das alles hilft Verbrauchern schon sehr gut. Und wenn später etwas bei zb Gewährleistung zu klären ist, gibt es Anwälte und Gerichte. Als Händler habe ich überhaupt keinen Grund, einem Schlichter zu folgen und die Kosten grundsätzlich dafür zu tragen. Als Verbraucher interessiert mich diese Plattform aber auch nicht, denn in einer Demokratie sind Gerichte für die Rechtsprechung da und keine Möchtegerns. Ich möchte für meine Argumente auch einen Anwalt haben und nicht mein eigenes Geschreibsel. Schließlich muss ich davon ausgehen, dass sich jeder Händler einen Anwalt für seine Argumente leisten kann, da habe ich ohne Anwalt wohl kaum eine Chance. Ich verstehe aber auch den Herrn Ben, schließlich will jeder heutzutage an seinem Job festhalten, egal wie unnütz der ist und wieviel er andere kostet.
Wenn ich als Verbraucher unterwegs bin und ein Problem hätte, würde ich auch die staatlichen Gerichte anrufen. Denn dafür sind sie nunmal da. Ich vertraue da auch den staatlichen Gerichten wesentlich mehr, schon allein, weil das Verfahren vor den staatlichen Gerichten fair ausgestaltet und nicht einseitig belastend ist.
Kann es sein, dass der wohltuende und entlarvende Artikel für so viel Unruhe gesorgt hat bei der Kommission, dass der EU-Bericht von deren website verschwunden ist? Ich kann ihn auf der Internetpräsenz der Kommission zumindest nicht mehr entdecken.
In der Tat: Der Link wurde geändert. Ich habe das oben im Artikel geändert.
Sagen wir mal so: Ich fand die Grundidee ja gar nicht so schlecht. Die Fallzahlen spielen eigentlich ja gar keine Rolle. Die Kosten für das Schlichtungsportal können ja trotzdem sinnvoll investiert sein, wenn man durch ein funktionierendes und vor allem länderübergreifendes Schlichtungssystem mehr Vertrauen in den grenzüberschreitenden Handel schafft.
Das Anrufen von Gerichten funktioniert ja vor allem auf nationaler Ebene. Als Verbraucher aus Deutschland verklage ich aber nicht mal so schnell einen Händler in Portugal. Da könnte so ein Portal ja durchaus gute Dienste leisten.
Auch die Sache mit den Abmahnungen kann man jetzt schlecht dem Schlichtungsportal anlasten, das ist vor allem ein deutsches Problemund liegt an der absolut miesen Rechtslage die selbst kleinste Fehler oder Unklarheiten in eine Geldruckmaschine für Anwälte – sowohl für Abmahner als auch für die die den abgemahnten vertreten – werden lässt.
Die Umsetzung ist allerdings doch eher weniger gelungen: Warum sollte ich als Händler an einem Schlichtungsportal teilnehmen wo ein Verbraucher wegen einer 20 EUR Bestellung eine Schlichtung beantragen kann die mich dann unabhängig vom Ausgang mehr als 50 EUR kostet wenn ich daran teilnehme? Und wer als Händler unterwegs ist, der weiß dass das Bild in der Politik vom unmündigen Verbraucher, der sich nicht zu helfen weiß völlig falsch ist.
Die geltenden Regelungen werden von vielen Verbrauchern knallhart ausgenutzt. Das Widerrufsrecht wird für Zwecke genutzt für die es nicht gedacht war, Bewertungserpressungen nach dem Motto – ich will 10% Rabatt sonst gibt ne schlechte Bewertung sind Händleralltag – insbesondere auf Plattformen wie ebay. Da will sich kein Händler noch zusätzlich die Möglichkeit von Schlichtungserpressungen aussetzen – nach dem Motto, lass mir 20 EUR nach, sonst ruf ich die Schlichtungsstelle an, dann kostet dich das 50 EUR.
“Als Verbraucher aus Deutschland verklage ich aber nicht mal so schnell einen Händler in Portugal. Da könnte so ein Portal ja durchaus gute Dienste leisten.”
Warum nicht? Zuständig wären die nationalen Gerichte im Verbraucherstaat.
Das ist sogar wesentlich sinnvoller für den Verbraucher. Denn will er die Schlichtung nutzen, muss er die Schlichtungsstelle in Portugal anrufen. Dann doch ein Gericht im Heimatstaat einschalten.
DANKE für diesen Artikel!
Die Plattform ist ein zahnloser Tiger, was ich leider schon selbst erleben dürfte. Da ich von einem Verkäufer keine Reaktion auf meine Reklamation erhalten habe, habe ich dort eine Beschwerde eingereicht. Der Verkäufer hat überhaupt nicht auf die Mails der Plattform reagiert und erst als ich per Einschreiben(!) mit rechtlichen Konsequenzen drohte, hieß es, die Mails seien im Spam-Ordner gelandet…
Die OS-Plattform ist der größte Witz im Onlinehandel!
Herr Borsche,
jeder seriöse Händler, ist doch daran interessiert, dass die Kunden mit ihm und seinen Produkten zufrieden ist.
Bei einer Reklamation gibt es Geld zurück oder man macht einen anderen Lösungsvorschlag. Fertig.
Schwarze Schafe, die die Kunden betrügen, fangen sie mit ihrer Schlichtungsstelle nicht.
Auch ich “durfte” schon 750 Euro dafür bezahlen, dass mein Hinweis auf ihre Plattform nicht “verlinkt” war.
Wir Händler werden NICHT davor geschützt, von Abmahnvereinen wegen so etwas zur Kasse gebeten zu werden.
Machen sie sich mal darüber Gedanken.
Ein verärgerter deutscher Händler
Ich verstehe die Häme nicht, mit der der Artikel geschrieben wurde. Es wurde etwas versucht – zum beidseitigen Nutzen von Verbraucher und Händler. Nun hatte dieses Vorhaben leider keinen Erfolg, und statt bedauernder Worte wird jede Menge Häme über die angeblich unfähigen Bürokraten vergossen. Bei der nächstem Wahl wundern sich dann alle über die vielen “Wurbürger”. Nun ja….
Wenn die Verantwortlichen es erkennen würden, dass hier ein Projekt – mit Ansage – gescheitert ist, wäre es ja ok. Man versucht aber weiterhin, diese unsinnige Plattform als Erfolg zu verkaufen.
Sie haben es richtig erkannt Herr Schröder “Bürokraten”, denn als etwas anderes würde ich die Damen und Herren in Brüssel auch nicht bezeichnen. Praktiker findet man dort wahrscheinlich kaum.
Und ja, jeder kann einen Fehler machen, nur sollte man es sich dann auch verda… mal eingestehen und nicht versuchen durch das Aufsatteln von noch mehr Bürokratie den Fehler zu verschleiern und schönzureden. Das kennen wir ja bereits aus zahlreichen anderen Entscheidungen, welche ebenfalls nicht den gewünschten Erfolg brachten. Für uns als Händler bedeuten solche “Schnellschüsse” nichts als Arbeit und unnötige Kosten. Wir müssen unsere Arbeitszeit, die beauftragten Techniker und dergleichen immer noch selbst bezahlen und werden nicht mit fremden Mitteln finanziert.
Dem Herrn Rätze möchte ich an dieser Stelle für den gelungenen Artikel und die offenen Worte herzlich danke sagen.
Ihnen Herr Schröder möchte ich mit auf den Weg geben… meine Großmutter hat immer gesagt, wenn man einen Fehler begeht, gesteht man diesen ein und bereinigt diesen. Ein Eingestehen und eine Entschuldigung sind die Grundlage für einen Neubeginn und Aufbau von Vertrauen. Nur schade, dass man genau diese Vorgehensweise heute kaum noch antrifft. Und wenn Sie all jene, welche ein solches Verhalten einfordern als “Wurbürger” (Sie meinten sicher “Wutbürger”) bezeichnen wollen, dann nur zu… (unten diesen Umständen bin ich froh ein solcher zu sein).
@Peter: EUR 750 mussten Sie zahlen wegen der Nicht-Verlinkung? Das ist krass.
Ich weise mal darauf hin, dass ungefähr die gleiche Summe gezahlt werden muss, wenn man zivilrechtlich jemandem einen Vogel zeigt und ihn damit schon relativ grob beleidigt. Die Summe dafür find ich in Ordnung, es wird aber genauso bestraft wie eine Nichtverlinkung auf eine Plattform, die fast kaum jemanden interessiert. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen, auch wenn der Vergleich natürlich hinkt.
Wollte damit nur sagen, dass ich Peter mit seinem “Vergehen” nicht auf die Stufe eines Vogelzeigenden stellen würde, das ist sicher schlimmer. Was sind das nur für Zeiten??
Ich sage nur: “Armes Deutschland und vielleicht sogar “Arme EU”
Wundern sollte man sich auch nicht über zunehmende Schlafstörungen und Burn-Outs bei Shopbetreibern; es ist einfach nicht fair….
Marco Q.
Hallo,
ein interessanter Artikel und spannender sind wohl die Berichte der Betroffenden.
Mich persönlich hat von Anfang aufgeregt, daß man einen Link setzen muß, obwohl man nicht dran teilnimmt (ist für mich – von mir aus auch gerne als Kunde – eine Vortäuschung, Veräppelung… 😉 ). Und, daß man dafür zahlen muß und wenn das nicht hilft, ist das Geld zum Fenster rausgeworfen, weil man muß dann eh vors Gericht – also, warum soll ich das dann als Händler anbieten?
Mich interessiert nur das Risiko & die Kosten und da würde ich im schlimmsten Fall immer den kürzeren Ziehen, kommt also nicht in Frage (bitte jetzt keine Positivbeispiele, die habe ich (für mich) nicht gefunden, außer, daß ich zahlen müßte. 😉 ).
Mich stört dann etwas der recht reißerische Ausdruck “krachend gescheitert”. 😉
Fakt ist doch, daß die meisten Bürger diese Plattform doch gar nicht kennen, weil keine Werbung gemacht wird (z.B. in den Medien) – übrigens, wie mit Paydirekt auch, hier wird einfach zu wenig gemacht (und ganz ehrlich, warum soll ich als Händler einen Banner setzen? Der liebe Kunde kann sich doch bitteschön direkt mit mir auseinandersetzen, oder etwa nicht? 😉 ).
Kunden wurden/werden über Jahre durch ebay/amazon
herangezüchtet. Schönstes Beispiel: Käuferschutz. Die Kunden glauben es. Ganz egal ob es hier in Deutschland ein eigenes BGB gibt, worüber jeder abgesichert ist. Man kann die Kunden auf die Extragebühren hinweisen usw., sie zahlen trotzdem per PP, weil sie fest der Meinung sind “nur das ist sicher und/oder der Händler ist ein Lügner”.
Was zeigen uns die Zahlen?
Sie zeigen doch mal wieder sehr schön, daß wir Deutschen sofort vor den Richter ziehen, wenn uns etwas nicht passt und ein Großteil macht es sogar noch bevor man überhaupt mal “menschlich” beim Gegenüber nachgefragt hat.
Wenn einige Fälle nicht zu Ende geführt wurden, spiegelt es auch schön die Gesellschaft wieder, in der wir manchmal leider leben.
Beispiel: Artikel wird über ebay verkauft, alle Angaben stimmen, Artikel ist am nächsten Tag da.
Was glauben Sie, wieviele Kunden es gibt, die – bevor die eigene Post durch ist – schon nachfragen, wo die Ware bleibt? Auch wenn es direkt am nächsten Tag geliefert wird, gibt es eine Handvoll Kunden, die einem in der Versandbewertung einfach etwas abziehen! Glaubt man nicht, ist aber so – alles selbst erlebt. Es gibt übrigens auch Kunden, die direkt morgens einen Käuferschutzfall einreichen “für nichts”.
Und hier finde ich, zeigt es sehr schön, daß sich diese Zahlen wiederfinden lassen, man sich aber nicht oder wenig über die Hintergründe informiert, warum das nun so ist. Hier sollte eher das ungeduldige Volk bestraft werden, daß solche Anfragen gar nicht erst durchkommen.
Leider zeigt dieses Projekt auch, daß es von der EU viele gute Ansätze & auch Taten gibt, aber die Politik & Medien viel zu wenig darüber berichten – finde ich etwas schade, denn viele Straßen, Freizeitanlagen, Radwege, Spielplätze, Kultureinrichtungen usw. wären ohne EU-(Förder-)Gelder gar nicht möglich gewesen und das schürt dann leider zu einem Unverständnis für die EU, weil es kaum jemand weiß. Das ist schade.
Man sollte die Kostenstruktur und die Sicherheit (nicht erst zu weiteren Gerichten gehen zu müssen) überarbeiten und dem Projekt vielleicht noch ein paar Jahre Zeit geben, dann könnte es vielleicht interessanter werden, aber nur, wenn man wie gesagt nicht im schlimmsten Fall zu einer weiteren Instanz gehen muß.
Und hey, wenn der Kunden einen Link (z.B. im Impressum, Kontakt oder Direktlink) nicht findet, sollte er doch wissen/merken, daß man nicht automatisch dran teilnimmt, oder? “Hier” hat doch die Bürokratie “krachend versagt”! 😉
Bei neuen Ideen, sollte man die großen Plattformen nicht aus dem Auge verlieren, denn diese sind es, wonach sich die Kunden “leider” richten, da hat man viel verschlafen.
Da sollte es lieber einheitliche AGBs, Widerrufe usw. geben, die die EU zur Verfügung stellt und wir Händler drauf verlinken – DAS wäre mal eine sinnvolle Umsetzung.
Und vor allem mal den Käufern klar machen, daß die eigenen Landesgesetze mehr zählen als irgendein Anbieter es verspricht.
Außerdem wären doch die nächsten Abmahnungen vorprogrammiert, wenn der Link nicht sofort wieder verschwunden ist… 😀
Herzliche Grüße
Nils
Hallo Nils,
aber es wird ja ausreichend “Werbung” für die Plattform gemacht. 66 % der untersuchten deutschen Online-Händler machen Werbung für diese Plattform, weil sie auf sie hinweisen. 🙂
Und ich gebe Ihnen völlig Recht: Man müsste schon überlegen, ob es nicht irreführend ist, auf diese Plattform hinzuweisen (weil man es gesetzlich muss), aber gleichzeitig erklärt, dass man an Schlichtung nicht teilnehmen wird.
Noch irreführender wird der Hinweis, der erteilt werden muss, wenn eine Streitigkeit entstanden ist. Dann muss man dem Verbraucher nämlich die zuständige Schlichtungsstelle nennen und erneut erklären, dass man nicht an Schlichtung teilnehmen wird (wenn man sich als Händler so entschieden hat).
Dann sagt man dem Kunden also: “Zuständige Schlichtungsstelle ist XY. Wir sind nicht bereit, an Schlichtungsverfahren teilzunehmen.” Was soll diese Pflicht?
Den Traum von einheitlichen AGB muss ich Ihnen leider zerrstören. Sowas gibt es nicht, weil jeder Shop anders ist.
Lieber Herr Rätze, Sie haben vollkommen Recht, in jeder Hinsicht! Niemand braucht ein weiteres Einmischen der EU, weitere Bürokratie und weitere Abmahngründe, die für unfähige Anwälte erfunden werden. Die Zahlen zeigen eindeutig die Sinnlosigkeit dieser “OS-Plattform”, daraus kann nur folgen, sie ersatzlos zu streichen! Ich habe bisher jeden, ja jeden Streitfall mit Kunden/Verbrauchern vermieden oder in einer vernünftigen Kommunikation gelöst, und das wird jeder seriöse Händler, auch Online Händler, genau so machen!
Kurzer Hinweis:
Der Link http://ec.europa.eu/consumers/odr/ funktioniert nicht mehr.
Man wird dort aktuell auf folgende Seite weitergeleitet:
https://ec.europa.eu/info/departments/justice-and-consumers_en
Hallo Dieter,
wir haben hier dazu einen Beitrag veröffentlicht: http://shopbetreiber-blog.de/2018/02/07/link-os-plattform-neu/
Ohh, welch Überraschung… ??
Wie es wohl 2019/2020 um die Zahlen aussehen wird ???
Bislang kenne ich keine Zahlen, wharscheinlich sind sie zu gut 😉