Wussten Sie, dass Sie beim Handel mit niederländischen Verbrauchern nicht nur Vorkasse-Zahlungen anbieten dürfen? Trotz der weitgehenden Harmonisierung des EU-Verbraucherschutz-Rechtes durch die VRRL, gibt es noch immer auch nicht-harmonisierte Gesetzgebung in den verschiedenen EU-Ländern.
Pflicht zu 100% Vorausbezahlung nicht erlaubt
Im niederländischen Gesetz ist als Hauptregel festgelegt, dass die Zahlung zum Zeitpunkt der Lieferung stattfinden soll. Dies gilt sowohl für online als für offline Verkäufe. Beim Handel mit Verbrauchern kann hiervon nur beschränkt abgewichen werden: Es ist nur erlaubt, den Verbraucher maximal 50% Vorkasse zu verpflichten (Art. 7:26 (2) Bürgerliches Gesetzbuch).
Aktuelles Urteil
Verstöße gegen diese Regelung werden auch verfolgt, wie ein aktuelles Urteil zeigt.
Ein Online-Shop hätte in seinen AGB den Verbraucher zur Vorausbezahlung ohne Vorbehalt verpflichtet. Der Käufer war hiermit nicht einverstanden und forderte, dass er bei oder nach Lieferung zahlen konnte. Der Fall konnte nicht außergerichtlich gelöst werden und kam vor das Gericht Mitte-Niederlanden (Rechtbank Midden-Nederland, 01-04-2015, ECLI:NL:RBMNE:2015:2116).
Das Gericht entschied zum Vorteil des Käufers. Die AGB-Klausel hätte keine Wirkung, weil sie gesetzwidrig formuliert war. Käufer können sich zwar für eine Vorausbezahlung entscheiden, Sie dürfen aber dazu nicht gezwungen worden. Die Folge war, dass der Shop vom Gericht zur Lieferung verurteilt wurde. Außerdem musste er Zahlung bei Lieferung akzeptieren, so wie es die Hauptregel im Gesetz vorschreibt.
Warum das auch für Sie wichtig ist
Beim internationalen Handel mit Verbrauchern gilt grundsätzlich das Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, wenn der Unternehmer seine Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet (z.B. Shop in Landsprache, Versandkosten für dieses Land angibt, das Land im Bestellprozess als Lieferland auswählbar ist etc.). Von dieser Grundregel kann nur sehr eingeschränkt in AGB abgewichen werden, mit einer sog. Rechtswahl. Diese Rechtswahl darf aber nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht des Verbraucherstaates nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf.
Wie müssen Sie tun?
Haben Sie ein niederländischer Shop oder richten Sie sich klar auf niederländischen Kunden aus? Stellen Sie dann immer zumindest ein Zahlungsmittel zur Verfügung, womit nur bis maximal 50% der Kaufsumme im Voraus bezahlt werden muss, z.B. Nachnahme oder Kauf auf Rechnung. Zahlung bei Abholung reicht hierfür (sehr wahrscheinlich) nicht aus. Die Kosten die für Sie mit diesen Zahlungsmitteln entstehen können Sie selbstverständlich an den Kunden weitergeben. Vorkasse-Klauseln in den AGB sollten Sie streichen.
Zu solchen Vorkasse-Zahlungen zählen auch PayPal, Sofortüberweisung oder Zahlung per Kreditkarte oder Lastschrift, sofern die Karte oder das Konto vor Lieferung der Ware belastet werden.
Übrigens: Dass ein solches Vorkasseverbot zulässig ist, hat der EuGH schon im Jahr 2009 bestätigt, früher galt nämlich eine ganz ähnliche Regelung auch in Belgien.
Finde ich irgendwie komisch. Der Käufer sollte doch selber entscheiden, welche Zahlungsmethode er verwenden möchte.
@Markus: Der Kunde kann ja weiterhin aussuchen, wie er zahlen möchte. Nur der Shop muss mindestens eine Nicht-Vorkasse-Zahlungsart anbieten und viele Shopbetreiber bestehen vor allen Dingen beim grenzübergreifenden E-Commerce auf Vorkasse (bzw. Paypal oder Kreditkarte, was vom Zahlungszeitpunkt auch Vorkasse bedeutet). Das kann entsprechend rechtlich problematisch sein.
@Markus: ich schliesse mich an bei Alex. Der Kunde entscheidet sich für eine Zahlungsart. Der Shop ist aber verplichtet mindestens eine Zahlungsart an zu bieten womit bis maximal 50% vorausbezahlt werden muss. Z.B. Nachnahme und Kauf auf Rechnung bieten sich auch bei Cross-Border E-Commerce hierfür an. Kosten die mit diesen Zahlungsarten entstehen können selbstverständlich an den Kunden weitergegeben werden.
Ich bin schon wieder entsetzt! Auch in anderen europäischen Ländern gibt es pingelige Gesetze und pingelige Richter!? Ich dachte, das wäre nur in Deutschland so!?
Ich bin sprachlos. Wenn ich eines Tages einen derartigen Fall haben sollte, fallen die Niederlande ganz einfach aus dem Liefergebiet heraus.
Und bei einem Shop der ausschließlich digitale Inhalte (also Downloads wie z.B. Software) anbietet?
Was gilt hier?
Hallo,
………… und wenn der Kunde explizit vorher schriftlich oder per email sein Einverständnis zur 100%igen Vorauskasse erklärt bzw. auf sein Recht zur Lieferung / Vorauskasse 50% verzichtet ?
Frage nur mal zum Verständnis: Wenn man Vorkasse, PayPal, SOFORT-Übw., Nachnahme und bar cash in der Filiale als Zahlungsarten anbietet, ist man aussen vor..?
Es ist doch ganz eindeutig, was da steht: “Es ist nur erlaubt, den Verbraucher zu maximal 50% Vorkasse zu verpflichten”. In den Niederlanden basiert der Onlinehandel meines Erachtens somit auf einem Anzahlungssysystem, der Kunde darf höchstens 50% der Bestellsumme vorher anzahlen, dabei ist es egal, ob per Vorkasse, Paypal oder Brieftaube, die Restsumme ist bei Lieferung fällig, also per Rechnung oder Nachnahme. Spielt auch keine Rolle, ob materielle Güter oder Downloads. Finde es erstaunlich, wie einige hier sofort wieder versuchen, Lücken zu finden. Bei den meisten Shopsystemen dürfte so eine Zahlungsabwicklung automatisch garnicht möglich sein, man müsste dem holländischen Kunden also manuell eine Auftragsbestätigung mit Zahlungsaufforderung über 50% der Bestellsumme schicken, bei Zahlungseingang wird verschickt und der Rest kommt dann wie gesagt auf Rechnung oder per Nachnahme. Oder nach Holland eben gleich nur komplett auf Rechnung oder per Nachnahme verschicken.
@digitalOnly: diese Plicht gilt nur beim Verkauf von Waren.
…
@Gerhard Strecker und Achim: es reicht aus eine Zahlungsart an zu bieten womit nicht Vorausbezahlt werden muss (oder nur bis 50%). Nachnahme reicht aus. Cash bei Abholung ist noch nicht geklärt, es wird aber (ziemlich eindeutig) angenommen das es nicht ausreicht. Entscheidet der Kunde sich dann für Vorausbezahlung, dann verzichtet er schon implizit auf seinem Recht, und das ist prima.
Hallo,
d.h., sobald man “Niederlande/Holland” in der Länderauswahl drin hat und keine 50%-Klausel hat, ist man direkt abmahngefährdet?
Hieße ja, daß man die lieben Holländer direkt raus nehmen müßte und nur auf Anfrage beliefern kann…
Gibt es noch andere EU-Länder?
Tolle EU.
Grüße
Nils
Also ich habe das jetzt mal geprüft, bzgl. der Durchführbarkeit mit der Post. In die Niederlande gibt es den Service Nachnahme nicht und bei DHL wohl auch nicht.
ich biete auch für holland/niederlande den kauf auf rechnung (über billpay) an und alles ist geregelt, lg dirk
Habe jetzt gerade mal bei ein paar (10 Stück) großen NL-Shops geguckt – kein einziger bietet diese 50% Vorkassen-Regelung an. Also locker durch die Hosenträger weiteratmen…
Hm, da würde mich ja ehrlich mal die Ausfallrate interessieren oder haben die Holländer eine bessere Zahlungsmoral oder vielleicht sogar eine viel bessere Möglichkeit für den Händler an sein Geld zu kommen !?!?
um ehrlich zu sein verstehe ich die Intention hinter diesen höchst dubiosen EU Gesetzgebungen überhaupt nicht mehr, es sei denn der online Handel innerhalb der EU wird so einfach nicht mehr gewünscht.
Darauf wird es hinaus laufen, das wieder nur die Marktriesen die Mittel und Rechtswege haben sich solchen Maßregelungen anzupassen.
Erhärtet nur einmal mehr meinen Verdacht, das sich hier die Verantwortlichen wohl von uns allen bekannten Marktriesen schmieren lassen und das wohl nicht zum 1. Mal.
Warum werden nicht ganz einfach die Gesetze des Lieferlandes anerkannt, da kann der Verbraucher doch selbst entscheiden ob er damit einverstanden ist oder nicht.
nicht richtig
in der niederlande wird 100 % prepayment getan