Seit Einführung der sog. „Button-Lösung“ im Jahr 2012 ist nicht nur der Bestellbutton mit „Kaufen“ o.Ä. zu beschriften, sondern es müssen auch noch einmal bestimmte Informationen wie die wesentlichen Produktmerkmale auf der Check-out-Seite wiederholt werden. Das LG Rostock (Urt. v. 7.1.2025 – 6 HK O 28/24) entschied nun, dass diese Informationen auf der Check-out-Seite selbst dargestellt werden müssen. Eine Verlinkung genüge nicht.
Die Beklagte vertreibt im Fernabsatz über den von ihr unterhaltenen Onlineshop diverse Artikel. Hierunter auch das Produkt „VIP Seidenschal“. Zu diesem Produkt findet sich eine Materialangabe, zwar auf der Produktdetailseite, nicht aber auf der finalen Bestellseite, auf der sich der den Kauf auslösenden Button „Bestellung abschließen“ des Produktes befindet.
Im Einzelnen lief der Kaufvorgang wie folgt ab: Die Beklagte bot den Verbrauchern im Fernabsatz in ihrem Onlineshop unter www.fc-XXX.de unter der Bezeichnung „VIP Seidenschal“ einen Schal zum Preis von 19,90 EUR an. Der Kunde erhielt auf der Produktdetailseite Informationen zum Produkt, neben dem Preis, zu den verfügbaren Größen auch zur Zusammensetzung und zur Pflege. Dem Hinweis zur Zusammensetzung kann entnommen werden, dass das Produkt aus 100% Polyester hergestellt wurde und nicht aus Seide, wie in der Werbung ausgelobt. Legt der Kunde das Produkt über die Schaltfläche „In den Warenkorb“ in den digitalen Warenkorb, erscheint in diesem jedoch nur noch ein Foto des Produkts, der Produktname „VIP Seidenschal“, die gewählte Anzahl und der Preis. Über das Anklicken der Schaltfläche „WEITER ZUR KASSE“ gelangt der Kunde nach Eingabe seiner Daten zur Person, Anschrift und Zahlungsmittel auf die Bestellübersicht, auf der er durch Anklicken des Buttons „Bestellung abschließen“ ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages abgeben und den Bestellvorgang abschließen konnte. Neben der Abbildung eines Produktfotos finden sich auf der Bestellabschlussseite („BESTELLUNG ABSCHLIEßEN“) damit lediglich die Angaben zur Bezeichnung des Produktes die Anzahl und der Preis.
Der Kläger, ein in die Liste beim Bundesamt für Justiz eingetragener Wirtschaftsverband, mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 19.12.2023 ab, da er der Auffassung ist, die Beklagte sei verpflichtet, die für den Verbraucher wesentlichen Eigenschaften der Ware, wozu seiner Ansicht nach das Material des Stoffes gehöre, unmittelbar vor der Bestellung in unmittelbarer Nähe der Schaltfläche für die Bestellung anzugeben, ab. Mit Schreiben vom 12.1.2024 gab die Beklagte eine Teilunterlassungserklärung hinsichtlich ebenfalls abgemahnter anderer Wettbewerbsverstöße, nicht aber hinsichtlich der abgemahnten Nichtangabe des Materials ab.
Das LG Rostock entschied, dass es sich bei der Materialzusammensetzung von Textilien um eine wesentliche Eigenschaft handle, die unmittelbar bevor der Verbraucher eine Bestellung abgibt, noch einmal angegeben werden müsse. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Eine Verlinkung genüge nicht. Entsprechend entschied zuletzt bereits das LG Berlin.
Das Gericht stellte zunächst klar, dass der Unternehmer nach § 312j Abs. 2 BGB dazu verpflichtet sei, bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr dem Verbraucher u.a. die wesentlichen Eigenschaften der Ware nach Art. 246 § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGBGB unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung zu stellen.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8, 3, 3a, 5a, 5b UWG i.V.m. § 312j Abs. 2 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB, Art. 8 Abs. 2 RL 2011/83/EU zu.
Denn die Beklagte als Unternehmerin hat durch das abgemahnte Verhalten ihre Pflicht verletzt, dem Verbraucher unter anderen die Informationen gemäß Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EGBGB, in dem für das Kommunikationsmittel und für die Ware angemessenen Umfang, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung zu stellen.
Bei Bekleidung sei die Materialzusammensetzung von entscheidender Bedeutung. Hierbei handle es sich um eine wesentliche Eigenschaft.
Bei dem Material des Schals handelt es sich um eine wesentliche Eigenschaft der Ware im Sinne des Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB. Für den durchschnittlichen Verbraucher ist es von erheblichem Interesse zu erfahren, welche Faserzusammensetzung ein beworbenes Kleidungsstück aufweist, um dessen Wert, sowie Trageeigenschaften, Verträglichkeit und Reinigungsmöglichkeiten beurteilen zu können (OLG Hamm, Beschluss vom 14. März 2017, Az.: 4 W 34/16, 4 W 35/16; juris). Das sieht offensichtlich auch die Beklagte selbst so. Denn anders ist nicht zu erklären, warum auch die Beklagte das Material der Kleidung mit der - irreführenden - Angabe, dass der streitbefangene Schal aus Seide bestehe, indem sie ihr Produkt als „VIP Seidenschal“ bezeichnet, herausstellt. Mit der Bezeichnung „VIP“- Schal in offensichtlicher Anspielung auf entsprechende privilegierte - und damit auch gegenüber dem Durchschnitt deutlich teurere - Bereiche in einem Sportstadion - wie auch beim F.C. H. - in Verbindung mit einem nach allgemeiner Ansicht besonders edlen Material (Seide) wird im potentiellen Käufer die Illusion einer Zugehörigkeit zu einem privilegierten Personenkreis geweckt. Nach den eigenen Vorstellungen der Beklagten ist die hervorgehobene Angabe des vermeintlichen Materials des Schals, nämlich Seide, damit ein wesentliches Argument, den Verbraucher vom Kauf des Produktes zu überzeugen. Ihre Einlassung, dies interessiere den Käufer nicht, steht daher im Widerspruch zu ihrem werblichen Handeln. Ansonsten ist kein Grund ersichtlich, warum das Produkt mit einem Materialhinweis beworben wird. Es ist offensichtlich, dass damit zumindest unterschwellig das Qualitätsgefühl des interessierten Personenkreises angesprochen werden soll, dem hier für kleines Geld ein zumindest der Bezeichnung nach äußerst hochwertiges Produkt angeboten wird, eine - nicht existierende - Zugehörigkeit (“VIP“) vorgegaukelt und das damit getäuscht wird. Es handelt sich demnach auch aus Sicht der Beklagten um eine wesentliche - allerdings nicht vorhandene - Eigenschaft des Schals.
Der Verstoß sei auch dazu geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen. Es sei nicht entscheidend, ob die Produktdarstellung auf der Bestellseite verlinkt war, da eine Verlinkung nicht zur Darstellung der wesentlichen Eigenschaften ausreiche.
Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen. Das ist vorliegend schon deshalb der Fall, weil der Käufer hier getäuscht wird. Die Informationen stehen zudem nicht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung. Nicht ausreichend ist die Ausgestaltung der Informationen auf der Website der Beklagten. Das Vorenthalten der Informationen zur Textilfaserzusammensetzung unmittelbar vor dem Kaufabschluss ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei den gebotenen Informationen möglicherweise nicht getroffen hätte (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2018, Az.: I ZR 73/17 - „Jogginghosen“). Ob der Verbraucher bereits im Verlauf des Bestellvorgangs die Materialeigenschaft des Produktes überprüft hat, kann dahinstehen, da die wesentlichen Eigenschaften unmittelbar vor der Bestellung angegeben werden müssen. Ob die Produktbezeichnung auf der Bestellseite verlinkt war, kann dahinstehen, weil eine Verlinkung keine unmittelbare Angabe der wesentlichen Eigenschaften darstellt.
Das Vorenthalten der als wesentlich zu wertenden Information zur Materialzusammensetzung ist auch erheblich im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG. Gegenteiliges ist weder erkennbar noch vorgetragen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Berufung ist beim OLG Rostock unter dem Az. 1 U 19/25 anhängig.