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OLG Stuttgart zum Widerrufsrecht und zu AGB bei Click & Collect

Click & Collect ist für viele Händler ein wichtiges Bindeglied zwischen Online-Shop und stationärem Geschäft. Kunden bestellen bequem online und holen die Ware später im Laden ab. Das OLG Stuttgart (Urt. v. 25.11.2025 – 6 UKl 1/25) entschied nun, dass die Buttonbezeichnung „Jetzt reservieren“ zulässig sei, da hierin keine auf den Abschluss eines Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung liege. Zudem liege in diesem Fall kein Fernabsatzvertrag vor und es bestehe kein Widerrufsrecht. Die Verwendung von AGB, die widersprüchliche Angaben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses enthalten, sei jedoch unzulässig.

Die beklagte Drogeriekette bietet in ihrem Internetangebot Verbrauchern nach Auswahl eines Produkts die Wahl unter einer „Lieferung nach Hause“ und einer „Lieferung in die Filiale“. Entscheidet sich der Verbraucher für die Lieferung in die Filiale, erscheint am Ende des Auswahlvorganges eine klickbare Schaltfläche mit der Aufschrift „JETZT RESERVIEREN“. In den auf der Internetseite unter anderem oberhalb der Schaltfläche verlinkten AGB der Beklagten (Anlage K 2) heißt es dazu in einem "Teil 2: Besondere Bestimmungen für die Lieferung in die Filiale" unter anderem:

„2. Vertragsschluss [...]

5. Sie übermitteln sodann ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages durch Anklicken des Buttons "Jetzt reservieren" bzw. bei Mix-Bestellungen durch Anklicken des Buttons "Jetzt kaufen & reservieren". Mit Ihrem Antrag akzeptieren Sie die AGB der Anbieterin.

6. Umgehend nach Aufgabe Ihrer Bestellung erhalten Sie von uns eine Bestätigung über den Eingang Ihres Angebots ("Reservierungsbestätigung"). Die Reservierungsbestätigung stellt noch keine Vertragsannahme dar.

7. Ein Kaufvertrag kommt nur zustande, wenn Sie die Artikel in der Filiale entgegennehmen und bezahlen.

8. In einer gesonderten Abholbenachrichtigung werden wir Sie darüber informieren, dass die von Ihnen bestellten Artikel in der ausgewählten Filiale zur Abholung bereitstehen. Ab Erhalt der E-Mail liegt Ihre Bestellung 14 Tage für Sie bereit. Bitte bringen Sie zur Abholung die Abholbenachrichtigung mit oder nennen Sie uns Ihren Namen. Wenn die Bestellung nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Abholbenachrichtigung abgeholt wird, wird diese automatisch storniert und an unser Lager zurückgesendet. Ein Kaufvertrag kommt somit nicht zustande. […]

4. Umtauschrecht

1.Für Lieferungen in die Filiale steht Ihnen kein gesetzliches Widerrufsrecht zu. […]“

Der Kläger, die Verbraucherzentrale Hamburg, mahnte die Beklagte erfolglos ab. Sie meint, die bei der Lieferung in die Filiale zu klickende Schaltfläche müsse statt der Worte „JETZT RESERVIEREN“ die Aufschrift „zahlungspflichtig bestellen“ oder eine ähnliche Formulierung enthalten. Zudem sah sie die AGB als unzulässig an.

Das OLG Stuttgart entschied nun, dass die Buttonbezeichnung „Jetzt reservieren“ zulässig sei, da hierin keine auf den Abschluss eines Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung liege. Zudem liege in diesem Fall kein Fernabsatzvertrag vor und es bestehe kein Widerrufsrecht. Die Verwendung von AGB, die widersprüchliche Angaben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses enthalten, sei jedoch unzulässig.

Kein Verstoß gegen die Button-Lösung

Die Vorgaben zur Gestaltung des Bestellbuttons nach § 312j Abs. 3 BGB gelten nach Abs. 2 nur für Verträge, die den Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichten. Daran fehle es hier, so das Gericht. Nach objektivem Empfängerhorizont liege in der Erklärung „Jetzt reservieren“ keine auf den Abschluss eines Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung. Auf anderslautende AGB komme es nicht an, denn diese könnten den objektiven Bedeutungsgehalt nicht modifizieren.

Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus § 2 UKlaG in Verbindung mit § 312j Abs. 3 BGB; ein Verstoß gegen diese Vorschrift liegt nicht vor.

Dabei kann offen bleiben, ob der Anwendungsbereich des § 312j BGB überhaupt eröffnet ist.

Das kann fraglich erscheinen, weil das gemäß § 312i Abs. 1 BGB voraussetzt, dass sich der Unternehmer digitaler Dienste "zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrages" bedient, die Beklagte jedoch in der streitgegenständlichen Variante der Lieferung in eine Filiale nach ihrem Vortrag gerade noch keinen Vertrag schließen will.

Denn § 312j Abs. 3 BGB – der vorliegend allein die Verwendung einer Schaltfläche "zahlungspflichtig bestellen" erzwingen könnte – gilt nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nur in den Fällen des § 312j Abs. 2 BGB, der seinerseits einen Verbrauchervertrag voraussetzt, "der den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet". Und daran fehlt es vorliegend.

Das folgt schon daraus, dass es mit Blick auf die Beschriftung der Schaltfläche ("JETZT RESERVIEREN") an einer auf den Abschluss eines Vertrages mit Zahlungspflichten gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers fehlt.

Gibt ein Verbraucher an der fraglichen Stelle der streitgegenständlichen Homepage eine Erklärung des Inhalts "jetzt reservieren" ab, liegt darin nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont keine auf den Abschluss eines Kaufvertrages – als dem einzigen denkbaren Vertragstyp, der vorliegend zu einer Zahlung verpflichten könnte – gerichtete Willenserklärung.

Der Verbraucher will damit lediglich die Verfügbarkeit in der Filiale herbeiführen, dagegen will er keine Zahlungsverpflichtung eingehen. Das sieht der Kläger im Übrigen selbst so, wenn er ein Irreführungspotential darin sieht, dass die Aufschrift "jetzt reservieren" dem Verbraucher eine "unverbindliche Reservierung" suggeriere.

Damit kommt ein Vertrag mit Zahlungspflichten nicht zustande, ohne dass es darauf ankäme, was die Beklagte in ihren AGB regelt.

Denn unabhängig vom Inhalt ihrer AGB könnte die Beklagte den objektiven Bedeutungsgehalt der vom Verbraucher abgegebenen Erklärung dort nicht wirksam modifizieren. [...]

Ist demnach die Beschriftung der Schaltfläche zutreffend, scheidet zugleich ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt der Irreführung aus Vorschriften des UWG aus, ohne dass es im Einzelnen der Prüfung entsprechender Normen bedürfte.

Widersprüchliche AGB zum Vertragsschluss

Das Gericht entschied jedoch, dass die verwendete Kombination der AGB unzulässig sei. Eine Unklarheit ergebe sich aus dem widersprüchlichen Regelungsgehalt: Nr. 5 der AGB konstruiere aus dem Klick auf „JETZT RESERVIEREN“ ein Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrags; Nr. 7 erkläre hingegen, dass ein Kaufvertrag erst bei Entgegennahme und Bezahlung in der Filiale zustande komme. Die beanstandete Klausel sei unklar und damit nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

Die Klage ist begründet, soweit der Kläger die Unterlassung der Verwendung der Klausel in Teil 2, 2. Nr. 7 der AGB der Beklagten verlangt, wenn zugleich die Klausel in Teil 2, 2. Nr. 5 der AGB verwendet wird.

Die beanstandete Klausel ist (nur) in Verbindung mit der Klausel in Teil 2, 2. Nr. 5 im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unklar und daher gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn sie in dieser Kombination verwendet wird.

Ob die Klauselkombination auch infolge einer Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sein könnte, wie der Kläger meint, kann daher offen bleiben.

Gemäß §§ 145 ff. BGB kommt ein Vertrag durch zwei aufeinander bezogene Willenserklärungen, Angebot und Annahme, zustande.

Auf diese Vertragsschlussmechanik nimmt die Beklagte in Teil 2, 2. Nr. 5 ihrer AGB terminologisch erkennbar Bezug, wenn sie aus dem Klick des Verbrauchers auf die Schaltfläche "JETZT RESERVIEREN" ein "Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages" konstruiert.

Damit wäre zu erwarten, dass im Weiteren die Modalitäten einer damit korrespondierenden "Annahme" seitens der Beklagten geregelt würden.

Eine solche Regelung findet sich jedoch weder in der erwartbaren Terminologie ("Annahme"), noch sonst. Stattdessen findet sich zum weiteren Ablauf des Vertragsschlusses die Klausel in Teil 2, 2. Nr. 7, wonach "ein Kaufvertrag nur zustande" komme, "wenn Sie die Artikel in der Filiale entgegennehmen und bezahlen".

Dass ein Vertrag erst in der Filiale durch Entgegennahme und Bezahlung zustandekomme, ist jedoch im Hinblick auf die vorherige Klausel über die bereits erfolgte Abgabe eines Angebots jedenfalls irritierend; soll der Vertrag erst bei Zahlung in der Filiale - und damit in derselben Weise wie beim Kauf eines ohnehin in der Filiale vorrätigen Artikels - zustandekommen, erscheint völlig unklar, welchen Zweck dann die Klausel nach Teil 2, 2. Nr. 5 zur Abgabe eines Angebotes bereits beim Klick auf die Schaltfläche "JETZT RESERVIEREN" haben könnte.

Eine irritierende Regelung, deren Zweck unverständlich ist, ist jedoch nicht im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB "klar und verständlich." Die - für sich genommen unproblematische - Klausel in Teil 2, 2. Nr. 7 der AGB der Beklagten ist daher in Kombination mit der Klausel in Nr. 5 gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

Kein Widerrufsrecht bei reiner Reservierung in der Filiale

Die Klage sei zudem insoweit unbegründet, als der Kläger die Unterlassung der Klausel „Für Lieferungen in die Filiale steht Ihnen kein gesetzliches Widerrufsrecht zu“ verlangt. Das Gericht hält die Klausel für zutreffend, da bei der Variante „Lieferung in die Filiale“ kein Fernabsatzvertrag vorliege.

Ein Widerrufsrecht bestehe nur bei Fernabsatzverträgen nach §§ 312c, 312g BGB. Dafür müssten Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss ausschließlich über Fernkommunikationsmittel erfolgen. Dies sei hier jedoch nicht der Fall. Der Klick auf „JETZT RESERVIEREN“ stelle keine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrags dar. Zudem nutzen weder die Beklagte noch die Verbraucher ausschließlich Fernkommunikationsmittel für den Vertragsschluss. Damit gebe die Klausel die Rechtslage korrekt wieder, sodass kein Anspruch auf Unterlassung bestehe.

Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger von der Beklagte die Unterlassung der Klausel in Teil 2, 4. Nr. 1 ihrer AGB ("Für Lieferungen in die Filiale steht Ihnen kein gesetzliches Widerrufsrecht zu") begehrt.

Denn die Klausel gibt die Rechtslage zutreffend wieder, so dass sowohl ein Anspruch aus § 1 UKlaG als auch Ansprüche nach § 2 Abs. 1 UKlaG in Verbindung mit verbraucherschützenden Normen des UWG unter dem Gesichtspunkt der Irreführung ausscheiden.

Ein gesetzliches Widerrufsrecht kommt vorliegend auch nach Auffassung des Klägers höchstens als Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen gemäß §§ 312c, 312g BGB in Betracht.

Ein Fernabsatzvertrag liegt aber nicht vor.

Das würde gemäß § 312c BGB voraussetzen, dass Unternehmer bzw. in dessen Namen oder dessen Auftrag handelnde Personen einerseits und Verbraucher andererseits für Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden würden.

Das ist nicht der Fall; vielmehr verwenden in der streitgegenständlichen Variante der Lieferung in die Filiale weder Unternehmer noch Verbraucher zum Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel.

Wie bereits oben 1. a) bb) (1) ausgeführt, gibt der Verbraucher durch Anklicken der Schaltfläche "JETZT RESERVIEREN" keine auf den Abschluss eines Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung ab; andere Erklärungen gibt er per Fernkommunikationsmittel nicht ab.

Dasselbe gilt - erst recht - für die Beklagte; auch der Kläger legt nicht dar, inwiefern sich diese beim Vertragsschluss irgendwelcher Fernkommunikationsmittel bedienen sollte.

02.12.25