In Zusammenarbeit mit Kanzlei Föhlisch
Für das Versenden von Newslettern ist grundsätzlich eine Einwilligung des Empfängers notwendig. Eine Ausnahme hiervon besteht unter Umständen für Bestandskundenwerbung. Der EuGH (Urt. v. 13.11.2025 – C-654/23) hat nun einige Vorlagefragen zum zugrundeliegenden Art. 13 ePrivacy-RL beantwortet. U.a. entschied er, dass auch die Nutzung kostenloser Angebote als Vorgang „im Zusammenhang mit dem Verkauf“ gelten und die Ausnahme vom Einwilligungserfordernis für Newsletter bei Bestandskundenwerbung Anwendung finden könne.
Die Betreiberin eines Online-Mediums führte am 27.7.2018 ein kostenpflichtiges Abonnementmodell ein. Zum Zeitpunkt des Ausgangsverfahrens konnten Nutzer monatlich bis zu sechs Artikel kostenlos lesen. Für den Zugriff auf weitere Inhalte war die Einrichtung eines kostenlosen Benutzerkontos erforderlich, verbunden mit der Zustimmung zu den Vertragsbedingungen des „Premium-Dienstes“. Mit der Kontoerstellung erwarb der Nutzer folgende Rechte: den kostenlosen Zugriff auf zwei zusätzliche Artikel pro Monat, den Erhalt des täglichen Newsletters „Personal Update“ per E-Mail mit einer Übersicht gesetzgeberischer Neuerungen und Hyperlinks zu Artikeln und einen optionalen entgeltlichen Zugang zu sämtlichen Artikeln sowie zur vollständigen Newsletter-Version „Sinteze Informative“. Bei der Registrierung bestand die Möglichkeit, den Newsletter „Personal Update“ abzulehnen (Opt-out) sowie später jederzeit über eine „ABBESTELLEN“-Schaltfläche abzubestellen.
Am 26.9.2019 verhängte die rumänische Datenschutzbehörde ANSPDCP gegen die Betreiberin eine Geldbuße wegen Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, b, Art. 6 Abs. 1 Buchst. a sowie Art. 7 DSGVO.
Die Betreiberin erhob gegen den Bescheid Klage vor dem Tribunalul București mit dem Antrag auf dessen Aufhebung. Das rumänische Gericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor.
Den Grundsatz der Einwilligung sieht Art. 13 Abs. 1 RL 2002/58/EG (nachfolgend: ePrivacy-RL) vor:
(1) Die Verwendung von automatischen Anruf- und Kommunikationssystemen ohne menschlichen Eingriff (automatische Anrufmaschinen), Faxgeräten oder elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung darf nur bei vorheriger Einwilligung der Teilnehmer oder Nutzer gestattet werden.
Eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung für Bestandskundenwerbung enthält Art. 13 Abs. 2 ePrivacy-RL. Danach ist erforderlich,
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 kann eine natürliche oder juristische Person, wenn sie von ihren Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung gemäß der Richtlinie 95/46/EG deren elektronische Kontaktinformationen für elektronische Post erhalten hat, diese zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen verwenden, sofern die Kunden klar und deutlich die Möglichkeit erhalten, eine solche Nutzung ihrer elektronischen Kontaktinformationen zum Zeitpunkt ihrer Erhebung und bei jeder Übertragung gebührenfrei und problemlos abzulehnen, wenn der Kunde diese Nutzung nicht von vornherein abgelehnt hat.
Diese Ausnahme wurde in Deutschland in § 7 Abs. 3 UWG umgesetzt.
Mit seinen Fragen möchte das vorlegende Gericht u.a. wissen, ob Art. 13 Abs. 1 und 2 ePrivacy-RL dahin auszulegen seien, dass die E‑Mail-Adresse eines Nutzers auch dann „im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 erhalten worden ist, wenn dieser Nutzer ein kostenloses Angebot des Anbieters nutzt und ob dass die Übermittlung eines solchen Newsletters eine Verwendung von elektronischer Post „zur Direktwerbung“ für „ähnliche Produkte oder Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 darstellt.
Der EuGH stellte zunächst fest, dass Art. 13 Abs. 1, 2 ePrivacy-RL keine ausdrückliche Definition des Begriffs „Nachricht für die Zwecke der Direktwerbung“ enthalten. Nach der Rechtsprechung des EuGH umfasse dieser Begriff jedoch Mitteilungen, die ein kommerzielles Ziel verfolgen und sich direkt und individuell an Verbraucher richten.
Im vorliegenden Fall handle es sich um einen täglichen Newsletter, der per E-Mail versandt wird, Zusammenfassungen gesetzgeberischer Neuerungen sowie Hyperlinks zu Artikeln des Online-Mediums enthält. Durch das Anklicken dieser Links können Nutzer zunächst eine begrenzte Anzahl von Artikeln kostenlos lesen, danach sei ein kostenpflichtiger Zugang erforderlich. Der Umstand, dass die Nachricht auch informativen Inhalt habe, schließe ihre Einstufung als Direktwerbung nicht aus. Vielmehr solle sie den Nutzer dazu bewegen, kostenpflichtige Inhalte abzurufen und damit den Verkauf fördern. Da die Nachricht direkt im Posteingang erscheint, sei sie als „für die Zwecke der Direktwerbung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 und 2 anzusehen. Diese Auslegung werde durch den Regelungszusammenhang und die Ziele der Richtlinie bestätigt.
Was erstens den Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2002/58 betrifft, ist festzustellen, dass diese Bestimmung keinen Hinweis auf die Bedeutung des Begriffs der Nachricht enthält, die „für die Zwecke der Direktwerbung“ erfolgt. Hingegen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass dieser Begriff Nachrichten erfasst, mit denen ein kommerzielles Ziel verfolgt wird und die sich direkt und individuell an einen Verbraucher richten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. November 2021, StWL Städtische Werke Lauf a.d. Pegnitz, C‑102/20, EU:C:2021:954, Rn. 47).
Im Hinblick auf diese Kriterien hat der Gerichtshof entschieden, dass Werbenachrichten, die die Bewerbung von Diensten zum Gegenstand haben und in der Form einer E‑Mail verbreitet werden, so dass sie direkt in der Inbox des privaten E‑Mail-Postfachs des betreffenden Nutzers erscheinen, solche Nachrichten darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. November 2021, StWL Städtische Werke Lauf a.d. Pegnitz, C‑102/20, EU:C:2021:954, Rn. 48).
Im vorliegenden Fall besteht ausweislich der Vorlageentscheidung die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Nachricht in einem täglichen Newsletter, der in Form einer E‑Mail verbreitet wird und eine Zusammenfassung von gesetzgeberischen Neuerungen, die in den Artikeln eines Online-Pressemediums behandelt werden, sowie Hyperlinks zu diesen Artikeln enthält. Erst durch Klicken auf diese Hyperlinks können die betreffenden Nutzer deren vollständigen Inhalt einsehen, kostenlos bis zu acht Artikel pro Monat und gegen Bezahlung sämtliche Artikel, die auf der von Inteligo Media betriebenen Online-Plattform verfügbar sind.
Der vom vorlegenden Gericht angeführte Umstand, dass diese Nachricht, da sie eine Zusammenfassung der in den Artikeln dieses Mediums behandelten Themen enthalte, auch einen informativen Inhalt habe, kann nicht bedeuten, dass sie vom Begriff der Nachricht „für die Zwecke der Direktwerbung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2002/58 und damit vom Anwendungsbereich dieser Bestimmung auszunehmen wäre.
Vielmehr soll eine solche Nachricht, wie der Generalanwalt in den Nrn. 32 bis 34 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat, die betreffenden Nutzer dazu veranlassen, auf den von einem Presseherausgeber bereitgestellten kostenpflichtigen Inhalt zuzugreifen, indem sie dazu beiträgt, dass die Anzahl der Artikel, die auf der fraglichen Online-Plattform kostenlos abgerufen werden können, bald erschöpft ist und ein volles Abonnement abgeschlossen wird. Sie soll somit den Verkauf dieses Inhalts fördern und verfolgt daher ein kommerzielles Ziel im Sinne der in Rn. 41 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung. Da die Nachricht, die in Form einer E‑Mail verbreitet wird, direkt im Posteingang des privaten E‑Mail-Postfachs ihrer Empfänger erscheint, ist außerdem davon auszugehen, dass sie „für die Zwecke der Direktwerbung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2002/58 erfolgt, und zwar unabhängig von der Frage, ob dieser Zweck allein aus dem Inhalt der Nachricht oder auch aus der Struktur des Angebots des Absenders der Nachricht abgeleitet werden kann.
Sodann prüft der EuGH, ob die E-Mail-Adresse „im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Dienstleistung“ erlangt wurde. Der Begriff „Verkauf“ setze grundsätzlich eine Vergütung voraus, die auch indirekt erfolgen könne, etwa wenn kostenlose Leistungen zu Werbezwecken erbracht werden und deren Kosten im Preis kostenpflichtiger Angebote enthalten seien. Dies sei hier der Fall, da die kostenlose Kontoerstellung und der Newsletter darauf abzielen, den Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements zu fördern. Damit erfülle die indirekte Vergütung das Entgelt-Erfordernis, sodass die Erlangung der Kontaktdaten unter den Begriff „Verkauf einer Dienstleistung“ falle.
Erstens bezeichnet zum einen der Begriff „Verkauf“, wie der Generalanwalt in Nr. 40 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nach einer allgemein anerkannten Definition eine Vereinbarung, die notwendigerweise die Zahlung eines Entgelts für eine Ware oder einen Dienst mit sich bringt. Dieser Begriff kann daher nur Vorgänge erfassen, die die Zahlung einer Vergütung voraussetzen.
Zum anderen ist festzustellen, dass sich Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 allgemein auf „Dienstleistung[en]“ bezieht, ohne nach der Art der betreffenden Erbringung zu unterscheiden. Zu den in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/31 fallenden Dienstleistungen hat der Gerichtshof entschieden, dass die Vergütung für einen Dienst, den ein Anbieter im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt, nicht notwendig von denjenigen bezahlt wird, denen sie zugutekommt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine unentgeltliche Leistung von einem Anbieter zu Werbezwecken für von ihm verkaufte Güter oder angebotene Dienstleistungen erbracht wird, da die Kosten dieser Tätigkeit dann in den Verkaufspreis dieser Güter oder Dienstleistungen einbezogen werden (Urteil vom 15. September 2016, Mc Fadden, C‑484/14, EU:C:2016:689, Rn. 41 und 42 sowie die dort angeführte Rechtsprechung). Diese Erwägungen lassen sich auf die Auslegung von Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 übertragen.
Dabei ist genau dies hier der Fall. Wie aus dem Wortlaut der ersten Frage und der Begründung der Vorlageentscheidung hervorgeht, erhielt Inteligo Media nämlich die elektronischen Kontaktinformationen der betreffenden Nutzer, als diese ein kostenloses Konto auf der von diesem Unternehmen betriebenen Online-Plattform einrichteten, was voraussetzte, dass diese Nutzer die Vertragsbedingungen für die Bereitstellung des „Premium-Dienstes“ akzeptierten. Mit dem Abonnieren dieses Dienstes erhielten diese Nutzer das Recht auf kostenlosen Zugang zu einer gewissen Anzahl von Artikeln, die in dem betreffenden Medium erschienen, und auf Erhalt des Newsletters „Personal Update“. Wie sich aus Rn. 45 des vorliegenden Urteils ergibt, dient die Erbringung einer solchen Dienstleistung vor allem einem Werbezweck, der darin besteht, den von Inteligo Media bereitgestellten kostenpflichtigen Inhalt anzupreisen, wobei die Kosten dieser Dienstleistung in den Preis dieses Inhalts einbezogen werden.
Unter diesen Umständen ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Generalanwalts in Nr. 43 seiner Schlussanträge festzustellen, dass eine indirekte Vergütung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die in den Verkaufspreis des von diesem Dienstleister angebotenen vollständigen Abonnements einbezogen wird, das in Rn. 53 des vorliegenden Urteils genannte Erfordernis der Zahlung eines Entgelts erfüllt.
Folglich kann ein Vorgang wie jener, in Zusammenhang mit dem Inteligo Media die elektronischen Kontaktinformationen der Nutzer erhalten hat, unter den Begriff „Verkauf … einer Dienstleistung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 fallen.
Die Auslegung, wonach die Erlangung einer E-Mail-Adresse bei der kostenlosen Kontoerstellung als „im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Dienstleistung“ gilt, stehe im Einklang mit dem systematischen Zusammenhang und den Zielen der ePrivacy-RL. Zwar sei Art. 13 Abs. 2 ePrivacy-RL als Ausnahme von der Grundregel des Abs. 1 eng auszulegen, jedoch dürfe dies nicht zu einer Auslegung führen, die die praktische Wirksamkeit der Vorschrift beeinträchtigt. Der Wortlaut schließe nicht aus, dass die Vergütung für den „Verkauf“ von einer anderen Person als dem Empfänger gezahlt wird. Ziel der Regelung sei es, eine Ausnahme für bestehende Kundenbeziehungen zu schaffen. Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen erfüllt: Die E-Mail-Adresse sei im Zusammenhang mit der Bereitstellung eines kostenlosen Kontos erlangt worden, das Zugang zu bestimmten Inhalten und einem Newsletter bietet, während zusätzliche Inhalte kostenpflichtig sind. Die Übermittlung des Newsletters stelle daher Direktwerbung für ähnliche Produkte oder Dienstleistungen dar.
Zweitens steht diese Auslegung im Einklang mit dem Zusammenhang, in dem dieser Begriff verwendet wird, und den Zielen, die mit der Regelung, zu der er gehört, verfolgt werden.
Insoweit trifft es zwar zu, dass Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 eine Ausnahme von der in Art. 13 Abs. 1 aufgestellten Grundregel vorsieht und daher eng auszulegen ist. Allerdings schließt erstens der Wortlaut von Art. 13 Abs. 2 nicht die Möglichkeit aus, dass die Vergütung, die für einen „Verkauf“ im Sinne dieser letzteren Bestimmung verlangt wird, von einer anderen Person als dem Empfänger des Produkts oder der Dienstleistung, die Gegenstand dieser Transaktion ist, gezahlt wird. Vielmehr ergibt sich aus diesem Wortlaut, dass der Unionsgesetzgeber nur vorgeschrieben hat, dass die elektronischen Kontaktinformationen der betreffenden Nutzer „im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung“ erlangt worden sein müssen.
Zweitens muss die Auslegung des Wortlauts von Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 in jedem Fall mit dem mit dieser Bestimmung verfolgten Ziel im Einklang stehen. Daher darf die Notwendigkeit einer solchen engen Auslegung nicht so verstanden werden, dass sie eine Auslegung dieser Begriffe erlaubt, die ihnen ihre praktische Wirksamkeit nähme (vgl. entsprechend Urteil vom 4. März 2021, Frenetikexito, C‑581/19, EU:C:2021:167, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Was das mit Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 verfolgte Ziel betrifft, geht aus dem 41. Erwägungsgrund dieser Richtlinie hervor, dass der Unionsgesetzgeber eine Ausnahme vom in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie aufgestellten Grundsatz vorsehen wollte, wenn die elektronischen Kontaktinformationen der betreffenden Nutzer „[i]m Rahmen einer bestehenden Kundenbeziehung“ erlangt wurden, ohne diese Beziehung näher zu beschreiben.
Folglich zeigt sich – vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfungen –, dass im vorliegenden Fall sowohl die Voraussetzung erfüllt ist, dass die elektronischen Kontaktinformationen der betreffenden Nutzer „im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung“ erlangt wurden, als auch, wie sich aus den Rn. 55 und 56 des vorliegenden Urteils ergibt, die Voraussetzung, dass die Dienstleistung, um die es in der fraglichen Werbung geht, ähnlich ist.
Nach alledem ist auf die Frage 1 und die Frage 4 Buchst. a zu antworten, dass Art. 13 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2002/58 dahin auszulegen ist, dass die E‑Mail-Adresse eines Nutzers vom Herausgeber eines Onlinemediums „im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 erhalten worden ist, wenn dieser Nutzer ein kostenloses Konto auf seiner Online-Plattform einrichtet, das ihm das Recht gibt, kostenlos auf eine bestimmte Anzahl von Artikeln dieses Mediums zuzugreifen, kostenlos per E‑Mail einen täglichen Newsletter zu erhalten, der eine Zusammenfassung der in Artikeln dieses Mediums behandelten gesetzgeberischen Neuerungen einschließlich Hyperlinks zu diesen Artikeln enthält, und gegen Bezahlung auf zusätzliche Artikel und Analysen dieses Mediums zuzugreifen. Die Übermittlung eines solchen Newsletters stellt eine Verwendung elektronischer Post „zur Direktwerbung“ für „ähnliche Produkte oder Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 13 Abs. 2 dar.
Das vorlegende Gericht möchte zudem wissen, ob bei der Nutzung einer E-Mail-Adresse für den Versand unerbetener Nachrichten nach Art. 13 Abs. 2 ePrivacy-RL zusätzlich die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 DSGVO gelten. Der EuGH stellt hierzu klar: Art. 6 Abs. 1 DSGVO enthalte eine abschließende Liste der Rechtfertigungsgründe für Datenverarbeitungen. Allerdings bestimme Art. 95 DSGVO, dass für Verarbeitungsvorgänge, die besonderen Pflichten der ePrivacy-Richtlinie unterliegen, keine zusätzlichen DSGVO-Pflichten bestehen, soweit beide Regelungen dasselbe Ziel verfolgen. Art. 13 Abs. 2 ePrivacy-RL enthalte solche besonderen Pflichten und regle die Voraussetzungen für die Verarbeitung abschließend. Daher sei die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung allein nach Art. 13 Abs. 2 zu beurteilen; die Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 DSGVO finden keine Anwendung.
Mit seiner Frage 2 möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 in Verbindung mit Art. 95 DSGVO dahin auszulegen ist, dass die in Art. 6 Abs. 1 DSGVO vorgesehenen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung gelten, wenn der Verantwortliche die E‑Mail-Adresse eines Nutzers verwendet, um ihm eine unerbetene Nachricht gemäß diesem Art. 13 Abs. 2 zu senden.
Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, enthält Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 DSGVO eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann. Daher muss eine Verarbeitung unter einen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Fälle subsumierbar sein, um als rechtmäßig angesehen werden zu können (Urteile vom 22. Juni 2021, Latvijas Republikas Saeima [Strafpunkte], C‑439/19, EU:C:2021:504, Rn. 99, sowie vom 9. Januar 2025, Mousse, C‑394/23, EU:C:2025:2, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Allerdings erlegt die DSGVO nach den ausdrücklichen Bestimmungen ihres Art. 95 natürlichen oder juristischen Personen in Bezug auf die Verarbeitung in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste in öffentlichen Kommunikationsnetzen in der Union keine zusätzlichen Pflichten auf, soweit sie besonderen in der Richtlinie 2002/58 festgelegten Pflichten unterliegen, die dasselbe Ziel verfolgen.
Im Übrigen stellt der 173. Erwägungsgrund dieser Verordnung entsprechend klar, dass sie auf alle Fragen des Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten bei der Verarbeitung personenbezogener Daten Anwendung finden sollte, die nicht den in der Richtlinie 2002/58 bestimmten Pflichten, die dasselbe Ziel verfolgen, unterliegen, einschließlich der Pflichten des Verantwortlichen und der Rechte natürlicher Personen.
Wie aber der Generalanwalt in Nr. 50 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, regelt Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 die Voraussetzungen und die Zwecke der Verarbeitung sowie die Rechte der betroffenen Person abschließend und erlegt dem Verantwortlichen insoweit „besondere Pflichten“ im Sinne von Art. 95 DSGVO auf. Folglich kann die Rechtmäßigkeit einer Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen einer in den Anwendungsbereich von Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 fallenden Nachricht auf der Grundlage dieser Bestimmung festgestellt werden, ohne dass sie anhand der in Art. 6 Abs. 1 Buchst. a bis f DSGVO vorgesehenen Voraussetzungen geprüft zu werden braucht.
Nach alledem ist auf die Frage 2 zu antworten, dass Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58 in Verbindung mit Art. 95 DSGVO dahin auszulegen ist, dass die in Art. 6 Abs. 1 DSGVO vorgesehenen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung nicht gelten, wenn der Verantwortliche die E‑Mail-Adresse eines Nutzers verwendet, um ihm eine unerbetene Nachricht gemäß diesem Art. 13 Abs. 2 zu senden.
Die Entscheidung des EuGH verdeutlicht, wie weit der Begriff „im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung“ im Rahmen von Art. 13 Abs. 2 dr ePrivacy-RL auszulegen ist. Auch die Einrichtung eines kostenlosen Kontos könne als solcher Zusammenhang gelten, wenn sie Teil eines Geschäftsmodells ist, das auf die Förderung kostenpflichtiger Inhalte abzielt. Zudem bestätigt der Gerichtshof, dass ein Newsletter mit informativem Charakter als Direktwerbung einzustufen sei, wenn er kommerzielle Zwecke verfolgt.
Die Entscheidung des EuGH ist nicht überraschend. Das OLG München (Urt. v. 15.2.2018 – 29 U 2799/17) hatte bereits 2018 entschieden, dass ein kostenloser Erstkontakt für die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG bzw. Art. 13 Abs. 2 ePrivacy-RL ausreiche, wenn die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind. Für einen Newsletterversand außerhalb dieser Ausnahme ist weiterhin eine Einwilligung erforderlich. Das Urteil des EuGH bestätigt also nur die bisherige Rechtsauffassung.
Die Frage, ob für die Zulässigkeit von Direktwerbung neben den Voraussetzungen aus Art. 13 ePrivacy-RL und der nationalen Umsetzung in § 7 UWG auch eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 DSGVO erforderlich ist, war noch nicht abschließend geklärt. Die Folge dieser Sperrwirkung des Art. 13 ePrivacy-RL bedeutet, dass die Datenschutzaufsichtsbehörden nicht mehr zuständig sind und keine Möglichkeit haben, Bußgelder zu erlassen – die Gefahr wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen besteht allerdings weiterhin.
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