BGH zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung

Anfang des Jahres hat der BGH bereits entschieden, dass keine generelle Pflicht zur Angabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung bestehe. Nun kam in mehreren Verfahren die Frage nach den Folgen einer nicht angegebenen oder unrichtigen Faxnummer auf, die der BGH (Beschl. v. 22.7.2025 – VIII ZR 5/25) vorberaten hat. Ergebnis: Die fehlende oder falsche Angabe einer Faxnummer habe keine Auswirkung auf den Beginn der Widerrufsfrist. Zudem äußerte sich der BGH auch zu den Auswirkungen einer lediglich abstrakten Belehrung und der fehlenden Information zu den Rücksendekosten.

Nachdem dem BGH inzwischen mehrere Nichtzulassungsbeschwerden gegen Entscheidungen mehrerer Berufungsgerichte in diesen sog. „Tesla-Fällen“ hinsichtlich der Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung in diesem Zusammenhang vorlagen, hat er die aufgeworfenen Rechtsfragen vorberaten. In einem ausgewählten Verfahren, dem ein die Berufung des dortigen Fahrzeugkäufers zurückweisender Beschluss des Kammergerichts Berlin (Urt. v. 13.12.2024 – 14 U 86/24) zugrunde liegt, hat der BGH nunmehr über die von dem Kläger eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision entschieden.

Am 18.4.2022 und am 15.6.2022 erwarb der Kläger als Verbraucher von der Beklagten, die mit Kraftfahrzeugen handelt, jeweils ein Neufahrzeug im Wege des Fernabsatzes. Die Beklagte, die auf ihrer Internet-Seite unter „Kontakt“ ihre Telefonnummer und im Impressum erneut ihre Telefonnummer und dort zusätzlich auch ihre Telefaxnummer angegeben hat, verwendete nicht die Musterwiderrufsbelehrung, sondern eine in Teilen davon abweichende Widerrufsbelehrung. Dort werden die Postanschrift und die E-Mail-Adresse der Beklagten mitgeteilt, nicht aber ihre Telefon- und ihre Telefaxnummer. Dazu heißt es, dass der Widerruf „mittels einer eindeutigen Erklärung (z.B. ein mit der Post versandter Brief, Telefax oder E-Mail)“ erklärt werden könne.

Am 17.9.2022 wurde dem Kläger das zuerst erworbene Fahrzeug übergeben, am 28.12.2022 das zweite Fahrzeug. Am 24.8.2023 erklärte er per E-Mail den Widerruf seiner auf den Abschluss der beiden Kaufverträge gerichteten Erklärungen.

In diesem Zusammenhang wird von Fahrzeugkäufern auch geltend gemacht, diese Telefaxnummer sei nicht erreichbar gewesen. Darüber hinaus erheben diese Nichtzulassungsbeschwerden - in Anlehnung an eine nach dem Beschluss des Senats ergangene, hiervon abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (Urt.v. 11.3.2025 – 6 U 57/24, Revision anhängig unter Az. VIII ZR 62/25) - Rügen sowohl zu der Frage, ob der Verbraucher durch die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung über die persönliche und sachliche Reichweite des Widerrufsrechts irregeführt werde, als auch zu der Frage, ob die Widerrufsbelehrung der Beklagten deshalb unwirksam sei, weil dem Käufer darin zwar mitgeteilt werde, dass er als Folge eines Widerrufs die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware zu tragen habe, die Widerrufserklärung jedoch keine Angaben zu den Kosten der Rücksendung enthalte.

Die im Wesentlichen auf Rückzahlung des jeweiligen Kaufpreises nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe der Fahrzeuge, gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der beabsichtigten Revision, deren Zulassung der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt, möchte er sein Klagebegehren weiterverfolgen.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH hat nun die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde zurückgewiesen. Es bestehe keine generelle Pflicht zur Angabe der Faxnummer in der Widerrufsbelehrung, wenn er in der Widerrufsbelehrung seine Postanschrift sowie seine E-Mail-Adresse mitteilt. Das Fehlen der Faxnummer in der Widerrufsbelehrung bzw. die Nichterreichbarkeit der auf der Internetseite angegebenen Faxnummer, obwohl in der Widerrufsbelehrung die Möglichkeit eines Widerrufs per Telefax mitgeteilt wurde, habe keinen Einfluss auf den Beginn der Widerrufsfrist. Zudem stellte der BGH klar, dass eine Widerrufsbelehrung ausreiche, die die gesetzlichen Voraussetzungen lediglich abstrakt wiedergebe und dem Verbraucher die Subsumtion überlasse, ob für ihn ein Widerrufsrecht bestehe oder nicht. Ebenso beginne die Widerrufsfrist trotz eines fehlenden Hinweises zu den Rücksendekosten zu laufen.

Entsprechend entschied er bereits bei der Frage nach der Pflicht zur Angabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung.

Die Entscheidung bezieht sich allerdings nur auf eine selbst formulierte Widerrufsbelehrung und nicht auf die gesetzlich vorgesehene Muster-Widerrufsbelehrung. Wird die gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung verwendet, gilt die sog. „Privilegierung“. Das bedeutet, dass das vorgesehene Muster per Gesetz als ausreichend gilt, um Ihre Informationspflicht zum Widerrufsrecht zu erfüllen, und dass Ihnen keine rechtlichen Nachteile durch Fehler entstehen können, die das gesetzliche Muster eventuell enthält.

Die Entscheidung ist noch nicht im Volltext veröffentlicht, der BGH hat bisher nur eine Pressemitteilung veröffentlicht.

Keine Pflicht zur Angabe der Faxnummer

Die Beklagte habe eine selbst formulierte Widerrufsbelehrung verwendet und nicht die Muster-Widerrufsbelehrung. Dies sei nicht verpflichtend. In diesem Fall bestehe keine Pflicht zur Angabe der Faxnummer, wenn der Unternehmer bereits andere Kommunikationsmittel für den Widerruf mitteile wie Postanschrift und E-Mail-Adresse. Dies hat das Gericht als „offenkundig“ angesehen.

Der Senat hat es als offenkundig angesehen, dass weder dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 Buchst. h der Verbraucherrechterichtlinie, dem Kontext der Bestimmung noch den vom Unionsgesetzgeber verfolgten Regelungszielen zu entnehmen ist, dass der Unternehmer in einer Widerrufsbelehrung seine Telefaxnummer anzugeben hat, wenn er in der Widerrufsbelehrung - wie im gegebenen Fall - seine Postanschrift sowie seine E-Mail-Adresse mitteilt. Insoweit gelten die Ausführungen des Senatsbeschlusses vom 25. Februar 2025 (VIII ZR 143/24, aaO Rn. 6 ff., 16 ff.) zu einer unter diesen Umständen entbehrlichen Mitteilung der Telefonnummer des Unternehmers entsprechend.

Keine Gefahr eines Irrtums des Verbrauchers

Selbst wenn man annehmen würde, dass die Widerrufsbelehrung ohne Faxnummer oder unter Angabe einer unrichtigen oder nicht erreichbaren Faxnummer unvollständig wäre, hätte sie trotzdem zu laufen begonnen, denn es bestehe keine Gefahr eines Irrtums und des Abhaltens von einem rechtzeitigen Widerruf.

Dem Anlaufen der Widerrufsfrist stünde es - woran ebenfalls keine vernünftigen Zweifel bestehen ("acte clair") - bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschriften der § 356 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 3 Satz 1 BGB auch nicht entgegen, wenn im Impressum der Internetseite der Beklagten eine unrichtige oder nicht erreichbare Telefaxnummer angegeben worden sein sollte, obwohl in der Widerrufsbelehrung die Möglichkeit eines Widerrufs per Telefax erwähnt ist. Denn eine - unterstellt - insoweit unrichtige Widerrufsbelehrung ist unter den gegebenen Umständen nicht geeignet, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Fernabsatzvertrag herrührenden Rechte und Pflichten - konkret: seines Widerrufsrechts - einzuschätzen, beziehungsweise sich auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken. Der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher würde selbst bei einer fehlerhaften Angabe der Telefaxnummer nicht irregeführt und von einer rechtzeitigen Ausübung des Widerrufsrechts abgehalten, wenn der Unternehmer - wie hier - sowohl seine Postanschrift als auch seine E-Mail-Adresse mitteilt, über die der Verbraucher schnell mit ihm in Kontakt treten und effizient kommunizieren kann. Ein solcher Verbraucher, der einen vergeblichen Übermittlungsversuch mittels eines - im Übrigen ohnehin weitgehend überholten - Kommunikationsmittels, hier in Form eines Telefaxschreibens, vergeblich versucht hätte, würde sodann ein effizientes Kommunikationsmittel wählen, welches der Kläger in Gestalt einer E-Mail auch von vornherein tatsächlich gewählt hat.

Abstrakte Belehrung ausreichend

Zudem stellte der BGH klar, dass eine Widerrufsbelehrung ausreiche, die die gesetzlichen Voraussetzungen lediglich abstrakt wiedergebe und dem Verbraucher die Subsumtion überlasse, ob für ihn ein Widerrufsrecht bestehe oder nicht. Nach der Entscheidung des BGH obliege es dem Verbraucher, zu beurteilen, ob die genannten Voraussetzungen des Widerrufsrechts in seinem Fall gegeben sind. Zu dieser Frage hatte zuletzt das OLG Stuttgart anders entschieden und eine Belehrung, die dem Verbraucher nicht mitteilt, dass er zum Widerruf berechtigt ist, sondern die Beurteilung der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen des Bestehens eines Widerrufsrechts ihm überlässt, nicht ausreichen lassen.

Der Senat hat überdies in Anknüpfung an seinen Beschluss vom 25. Februar 2025 (VIII ZR 143/24, aaO Rn. 29) nochmals hervorgehoben, dem Anlaufen der Widerrufsfrist stehe hier auch der Umstand nicht entgegen, dass die Widerrufsbelehrung einleitend das Bestehen eines Widerrufsrechts (abstrakt) an die Verbrauchereigenschaft des Käufers ("Wenn Sie ein Verbraucher sind…") und an die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln knüpft. Der Sinn und Zweck der Widerrufsbelehrung ist vielmehr in Fällen wie dem vorliegenden - im Anwendungsbereich der Verbraucherrechterichtlinie - auch erfüllt, wenn der Verbraucher (abstrakt) darüber informiert wird, unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen ihm ein Widerrufsrecht zusteht. Eine Rechtsbelehrung im Einzelnen dahingehend, ob diese - häufig in der Sphäre des Verbrauchers liegenden - Umstände im konkreten Einzelfall gegeben sind, obliegt dem Unternehmer hingegen nicht. Vielmehr obliegt es dem Verbraucher, anhand der Umstände des Einzelfalls selbst zu beurteilen, ob die genannten Voraussetzungen des Widerrufsrechts in seinem Fall gegeben sind.

Frist beginnt trotz fehlender Belehrung über Kosten der Rücksendung

Kann die Ware aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem Postweg zurückgesendet werden, muss der Unternehmer nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EGBGB über die Höhe der Rücksendekosten informieren. Die Widerrufsfrist beginne jedoch trotz des Fehlens dieses Hinweises zu laufen, so der BGH.

Das Berufungsgericht hat schließlich ebenfalls rechtsfehlerfrei entschieden, dass dem Anlaufen der Widerrufsfrist - wie der Senat in seinem nach der Entscheidung des Berufungsgerichts ergangenen Beschluss vom 25. Februar 2025 (VIII ZR 143/24, aaO Rn. 28) bereits ausgeführt hat - auch nicht entgegensteht, dass die Beklagte in ihrer Widerrufsbelehrung dem Käufer zwar mitgeteilt hat, er habe die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware zu tragen, entgegen Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 EGBGB jedoch keine - zumindest schätzungsweise - Angaben zur Höhe der Kosten der Rücksendung gemacht hat. Dies hindert jedoch das Anlaufen der Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht. Denn die Folgen einer fehlerhaften Belehrung über die Kosten sind in der Vorschrift des § 357 Abs. 5 BGB (§ 357 Abs. 6 BGB aF) abschließend und vorrangig geregelt.

29.07.25