Die Anwendung des § 11 PAngV sorgt seit Inkrafttreten weiterhin für erhebliche Unsicherheiten in der Praxis, insbesondere bei der Abgrenzung zwischen Werbung mit einer Preisermäßigung und zulässigem Preisvergleich mit einer unverbindlichen Preisempfehlung (UVP). Das LG Ingolstadt (Urt. v. 30.9.2025 – 1 HK O 1943/24) entschied nun, dass es sich bei einer Werbung mit einer durchgestrichenen UVP und einer prozentualen Ersparnis nicht zwingend um eine Werbung mit einer Preisermäßigung handeln müsse mit der Folge, dass der günstigste Preis der letzten 30 Tage nicht angegeben werden müsse. Zudem handle es sich bei einer leichten Rundungsdifferenz in der Prozentangabe sowie dem Umstand, dass der Hersteller zeitweise selbst unterhalb seiner UVP verkauft, weder um eine Irreführung nach dem UWG noch einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung.
Die Klägerin, die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V., nahm die Beklagte auf Unterlassung wegen aus ihrer Sicht unlauterer Preiswerbung im Onlinehandel in Anspruch. Auf der Internetseite www.mediamarkt.de bewarb die Beklagte im Oktober 2024 verschiedene Elektrogeräte mit Preisangaben, bei denen einem in roter, fetter Schrift hervorgehobenen Endpreis ein durchgestrichener Preis mit der Kennzeichnung „UVP“ und eine prozentuale Reduzierungsangabe (z. B. „–48 %“) vorangestellt waren.
Die Klägerin hielt dies für eine unzulässige Preisermäßigungswerbung i.S.v. § 11 PAngV, da sich die prozentuale Reduktion nicht auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage, sondern auf die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers beziehe. Zudem sei die Berechnung der Prozentangabe fehlerhaft und die Bezugnahme auf eine UVP unzulässig, wenn der Hersteller selbst seine UVP unterschreite.
Die Beklagte wandte ein, es handele sich um eine marktübliche, seit Jahren etablierte Form des Preisvergleichs mit der UVP, die vom Verbraucher auch als solche verstanden werde. Eine Irreführung liege nicht vor.
Das LG Ingolstadt entschied, dass die Klage unbegründet sei. Die beanstandete Darstellung stelle keine Bekanntgabe einer Preisermäßigung, sondern einen zulässigen Preisvergleich mit der UVP des Herstellers dar. Zudem handle es sich bei einer leichten Rundungsdifferenz in der Prozentangabe sowie dem Umstand, dass der Hersteller zeitweise selbst unterhalb seiner UVP verkauft, weder um eine Irreführung nach dem UWG noch einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. hat die Entscheidung veröffentlicht.
Das Gericht verneint einen Verstoß gegen § 11 PAngV, weil die beanstandete Werbung keine Preisermäßigung, sondern lediglich einen Preisvergleich mit der UVP des Herstellers darstelle. Damit sei der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht eröffnet.
Ob der bloße Hinweis auf eine unverbindliche Preisempfehlung grundsätzlich nie eine Preisermäßigung begründet, könne offenbleiben. Hierzu verwies das Gericht auf eine Entscheidung des OLG Stuttgart. Nach dem maßgeblichen Verständnis des durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Verbrauchers liege hier nur ein Preisvergleich vor. Die Kammer gehe davon aus, Verbraucher eine derartige Darstellung als Vergleich mit der UVP und nicht als eigene Preisreduzierung des Händlers verstehen.
Es liegt insbesondere der von ihm beanstandete Verstoß gegen 5 11 PAngV nicht vor, weil die von der Beklagten gewählte Darstellungsform keine Preisermäßigung darstellt und damit der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht eröffnet ist. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob der Verweis eis auf eine unverbindliche Preisempfehlung bereits per se keine Preisermäßigung darstellt (so wohl OLG Stuttgart, Urteil vom 6. März 2025 — 2 U 142/23 —Rn. 40, juris, Köhler/Feddersen/Köhler, 43. Aufl. 2025, PAngV @ 11 Rn. 9 zitiert nach beck-online - beide unter Bezugnahme auf BR-Drs. 669/21, Seite 40) oder insoweit auf das maßgebliche Verbraucherverständnis abzustellen ist. Entgegen der von der Klägerseite vertretenen Auffassung stellt die von der Beklagten gewählte Darstellungsform nämlich auch nach diesem Maßstab lediglich einen Preisvergleich und keine Preisermäßigung dar.
Zur Ermittlung des Bedeutungsgehalts einer Angabe ist zu fragen, wie der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher eine Werbung bei einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit versteht. Dies ist von den jeweiligen Umständen der Wahrnehmung und von der Bedeutung abhängig, die die beworbene Ware oder Dienstleistung für ihn hat (BGH, Urteil vom 27. Juni 2024 — I ZR 98/23 —, Rn. 22, juris). Bei der Ermittlung der Verkehrsauffassung handelt es sich nicht um eine Tatsachenfeststellung im eigentlichen Sinne, sondern um die Anwendung spezifischen Erfahrungswissens, die die Kammer selbst vornehmen kann. Die Mitglieder der Kammer sind selbst das Internet nutzende Verbraucher und damit Tell der angesprochenen Verkehrskreise (BGH, Urteil vom 05.11.2015 - I ZR 182/14 Rn. 11, juris).
Das Gericht stellt fest, dass Verbraucher bei hochpreisigen, langlebigen Produkten die Preisangaben besonders aufmerksam wahrnehmen. Sie erkennen die Buchstabenkombination „UVP“ vor dem durchgestrichenen Preis und verstehen diesen als unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, nicht als früheren Verkaufspreis des Händlers. Die Annahme der Klägerin, Verbraucher würden den durchgestrichenen Preis als vormals von der Beklagten verlangten Preis auffassen, weist das Gericht als fernliegend zurück. Auch das vorangestellte Minuszeichen bei der Prozentangabe änderten daran nichts – diese beziehe sich klar auf die UVP.
Nach Auffassung des Gerichts sei es keine gefestigte Verbrauchererwartung, dass Preisreduzierungen stets auf eigene frühere Preise des Händlers verweisen. Vielmehr entspreche der Vergleich mit der UVP einer seit Langem üblichen und vom Verbraucher verstandenen Werbepraxis, die bei transparenter Darstellung wettbewerbsrechtlich unbedenklich sei.
Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze ist zunächst festzustellen, dass sich der maßgebliche Verkehrskreis aufgrund der Tatsache, dass es sich um hochpreisige und für einen längeren Gebrauch bestimmte Wirtschaftsgüter handelt, ausführlich mit der Preisgestaltung und -darstellung auseinandersetzen wird.
Er wird aufgrund der konkreten Gestaltung zur Kenntnis nehmen, dass sich vor der durchgestrichenen Preisangabe die Buchstabenkombination UVP befindet, die er im Rahmen des Lesevorgangs von links nach rechts regelmäßig noch vor dem durchgestrichenen Preis zur Kenntnis nehmen wird. Der Verbraucher, dem die gängige Abkürzung einer unverbindlichen Preisempfehlung bekannt ist (BGH I ZR 271-03 Rn. 23, juris), wird diese in einen inhaltlichen Zusammenhang mit dem unmittelbar rechts daneben befindlichen, hinsichtlich Schriftbild und Größe in derselben Art und Weise dargestellten (durchgestrichenen) Preis setzen und dahingehend verstehen, dass der durchgestrichene Preis der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers entspricht.
Die von der Klägerseite vertretene Einschätzung, der Verbraucher verstehe den durchgestrichenen Preis (auch) als Preis, zu dem die Beklagte das jeweilige Objekt zuvor angeboten habe, weswegen es sich um eine Preisermäßigung handele, erscheint demgegenüber fernliegend.
Eine andere Einschätzung ist nach Auffassung der Kammer auch nicht deswegen veranlasst, weil der Buchstabenkombination UVP eine mit einem Minus—Zeichen versehene Prozentangabe vorangestellt ist. In der Gesamtschau der Darstellung ergibt sich, dass diese allein auf die nachfolgenden Angaben, die Hersteller—UVP bezogen sein kann.
Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, der Verbraucher sei gewöhnt, dass sich der Werbende bei einer Preisreduzierung auf einen eigenen vorher verlangten Preis beziehe. Ein derartiger Erfahrungssatz ist nach Auffassung der Kammer nicht gegeben. Vielmehr geht die Kammer aufgrund eigener Erfahrung davon aus, dass die von der Beklagten an den Tag gelegte Praxis, den von ihr verlangten Preis zu der UVP des Herstellers in Beziehung zu setzen, einer langjährigen Praxis entspricht, die dem Verbraucher bekannt und bei wie hier erfolgter Offenlegung wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Die Klägerin verwies auf die vom LG Düsseldorf entwickelten Grundsätze. Das LG Düsseldorf entschied, dass stets die konkrete Ausgestaltung entscheidend sei, ob es sich aus Verbrauchersicht um die Bekanntgabe einer Preisermäßigung, einen Preisvergleich oder eine Kombination aus beidem handle. Maßgeblich sei immer der Einzelfall. Auch wenn auf eine UVP Bezug genommen werde, könne es sich um die Bekanntgabe einer Preisermäßigung handeln.
Eine Übertragung dieser Grundsätze sei jedoch nicht geboten, so das LG Ingolstadt. Die Düsseldorfer Entscheidung betraf eine zeitlich befristete Aktionswerbung mit schwach erkennbarer UVP-Angabe, weshalb dort eine Preisermäßigung i.S.v. § 11 PAngV angenommen wurde. Im vorliegenden Fall hingegen sei die UVP deutlich kenntlich gemacht, und der durchgestrichene Betrag werde vom Verbraucher nicht als früherer Händlerpreis, sondern als bloßer Bezugspreis für den Vergleich verstanden. Das Durchstreichen der UVP bewirke nicht, dass diese als ungültig erscheine, sondern diene lediglich der grafischen Verdeutlichung des Preisunterschieds.
Entgegen der Auffassung des Klägers führen die vom Landgericht Düsseldorf in dessen Urteil, Az. 38 O 284/24 (vorgelegt als Anlage K9) entwickelten Grundsätze zu keiner anderen Bewertung des Sachverhalts.
Eine Übertragung der dort entwickelten Grundsätze erscheint bereits deswegen nicht geboten, weil es, wie das Landgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung auf Seite 15 unten zutreffend festhält, jeweils auf die konkrete Gestaltung der zu beurteilenden Werbung ankommt. Die dort den Streitgegenstand bildende Werbung unterscheidet sich in wesentlichen Dingen von der dem hiesigen Verfahren zugrunde liegenden Werbung. Dies betrifft nicht nur die konkrete Darstellung und den Gegenstand der Werbung, sondern auch die Tatsache, dass es sich um eine Aktionswerbung mit nur für einen begrenzten Zeitraum gültigen Preisen handelt.
Das Landgericht Düsseldorf kommt nur deswegen zur Anwendung von @ 11 PAngV, weil es entgegen der Wertung im hiesigen Verfahren aufgrund der Gestaltung und des kaum wahrnehmbaren Hinweises auf die UVP davon ausgeht, dass nach der Wahrnehmung des Verbrauchers der dortigen Werbung (auch)eine Preisermäßigung bekannt gegeben wurde.
Entgegen der dort vertretenen Auffassung, die sich der Kläger des hiesigen Verfahrens zu eigen gemacht hat, führt allein die Tatsache, dass der Betrag der UVP durchgestrichen ist, nicht zu dem Verständnis, „dass sich sowohl die UVP als auch der zuvor geforderte Eigenpreis“ auf diesen Betrag belaufen. Auch aus Sicht der Kammer wäre es zwar naheliegend, bei einem bloßen Preisvergleich mit der UVP den als solchen gekennzeichneten Betrag nicht durchgestrichen dem tatsächlich verlangten Betrag gegenüberzustellen. Hierbei sähe sich die Beklagte vermutlich allerdings dem Vorwurf ausgesetzt, durch die Angabe mehrerer Preise Verwirrung bei den maßgeblichen Verbraucherkreisen hervorgerufen und dem Grundsatz der Preisklarheit widersprochen zu haben. Die Tatsache, dass der Betrag durchgestrichen ist, führt nach Ansicht der Kammer in der Vorstellung der Verbraucher allerdings nicht dazu, dass die UVP als nicht mehr gültig oder bestehend angesehen wird, sondern wird dahingehend verstanden, dass die UVP im vorliegenden Fall keine Gültigkeit als Kaufpreis, sondern lediglich als Bezugspreis für den im Rahmen der Darstellung durchgeführten prozentualen Vergleich darstellt.
Auch aus der bereits ergangenen EuGH-Entscheidung hinsichtlich der neuen Regelung ergebe sich nichts anderes, da diese nur Fälle der tatsächlichen „Bekanntgabe einer Preisermäßigung“ erfasse, die hier gerade nicht vorliege. Zudem verwies die Klägerin auf das zuletzt ergangene Urteil des LG München, das entschied, dass der günstigste Preis der letzten 30 Tage unter Umständen auch angegeben werden müsse, wenn nur ein Preisvergleich mit einer UVP erfolge. Entscheidend sei, wie der Verbraucher die Werbung verstehe. Aber auch dortige Darstellung habe sich wesentlich von dem vorliegenden Fall unterschieden. Dort habe eine anders gestaltete „Prime Day“-Aktionswerbung vorgelegen, bei der die Reduktion stärker hervorgehoben und der UVP-Hinweis in den Hintergrund getreten sei. Diese Besonderheiten rechtfertigten das abweichende Ergebnis, seien aber auf die vorliegende, klar als UVP-Vergleich erkennbare Werbung nicht übertragbar.
Mit der Beklagtenseite geht auch das Gericht davon aus, dass die Ausführungen des EuGH in dem als Anlage K1 vorgelegten Urteil keinen Anlass für eine andere Bewertung des streitgegenständlichen Sachverhalts ergeben. Die dem EuGH zur Entscheidung vor gelegenen Fragen beziehen sich jeweils auf die im vorliegenden Fall nicht gegebene „Bekanntgabe einer Preisermäßigung“ und legen damit eine im vorliegenden Fall nicht gegebene Anwendbarkeit von Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6 und ihm folgend der diese Vorschrift umsetzenden Vorschriften der PAngV zugrunde.
Soweit sich die Klägerseite für die von ihr vertretene Rechtsansicht auf das als Anlage K 11 vorgelegte Endurteil des Landgerichts München I, Aktenzeichen 4 HK 0 13950/24 bezieht, vermag dies der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die dort zur Entscheidung gestellte Darstellung unterscheidet sich in wesentlichen Gesichtspunkten von der streitgegenständlichen Preisdarstellung. Sie erfolgte insbesondere im heraus gestellten Zusammenhang als „Prime Day Deals“ und in einer grafischen Gestaltung, in der die prozentuale Preisdifferenz gegenüber der Darstellung im hiesigen Verfahren deutlich herausgehoben und der Verweis auf die UVP deutlich zurückgesetzt war. Die hieraus vom erkennenden Gericht - im Gegensatz zu hiesigen Fallgestaltung - gezogene Schlussfolgerung, es handle sich um eine Preissenkungswerbung erklärt den Erfolg der dortigen Klage. Er hat jedoch keinerlei Auswirkungen auf die Einschätzung der streitgegenständlichen Darstellungen und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen.
Das Gericht verneint auch eine Irreführung nach § 5 Abs. 1 UWG wegen der leicht ungenauen Prozentangabe (48 % statt 48,87 %). Nach seiner Auffassung nehmen Verbraucher beim Kauf hochpreisiger Produkte vor allem den tatsächlichen Endpreis und die UVP wahr; die Prozentangabe habe nur nachgeordnete Bedeutung. Verbraucher erwarten dabei keine mathematisch exakte Berechnung, sondern seien an gerundete Prozentwerte gewöhnt. Eine Irreführung liege daher nur vor, wenn die Prozentzahl überhöht oder offensichtlich falsch ist, was hier nicht der Fall sei.
Selbst wenn man eine Irreführung annehmen wollte, fehle es an der geschäftlichen Relevanz: Die minimale Abweichung von weniger als einem Prozentpunkt beeinflusse die Kaufentscheidung nicht. Für den Verbraucher habe der reale Verkaufspreis entscheidende Bedeutung, nicht die exakt berechnete Prozentdifferenz.
Entgegen der Auffassung der Klägerseite rechtfertigt auch die Tatsache, dass die von der Beklagtenseite verwendete Prozentangabe zur Darstellung der Differenz zwischen verlangten Preis und der UVP nicht den mathematisch korrekt ermittelten Wert wiedergibt, den von der Klägerseite erhobenen Vorwurf der Irreführung nicht.
Eine Irreführung im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn das Verständnis, das eine Angabe bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Dabei kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck die geschäftliche Handlung bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft (BGH, Urteil vom 27. Juni 2024 — I ZR 98/23 —, Rn. 18, juris). Das Gericht geht in diesem Zusammenhang von einem Verkehrsverständnis der streitgegenständlichen Werbung dahingehend aus, dass im hier vorliegenden Fall des Ankaufs hochpreisiger Gebrauchsgüter zunächst der von der Beklagten angegebene, auch in der Größe und Gestaltung deutlich herausgestellte Verkaufspreis wahrgenommen wird. Darüber hinaus wird der angesprochene Verbraucher auch die UVP wahrnehmen und diese zu dem angebotenen Preis in Bezug setzen. Die nach Ansicht der Kammer zum Kaufpreis erst nachrangig wahrgenommene Prozentangabe wird er auf die durchgestrichene UVP beziehen. Hierbei ist die allgemeine Verbrauchererwartung nicht darauf gerichtet, einen mathematisch korrekten Wert der Preisdifferenz zu erhalten, der im hier vorliegenden Fall einer unendlichen Zahl ohnehin nicht abgebildet werden könnte, sondern mit einer gerundeten Preisangabe konfrontiert zu werden. In diesem Zusammenhang ist es aus Sicht des Verbrauchers durchaus üblich, mit einer auf eine ganze Zahl gerundeten Prozentangabe konfrontiert zu werden. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Verkäufer zunächst den konkreten Angebotspreis ermittelt und diesen zu der UVP des Herstellers ins Verhältnis setzt. Der sich so ergebende Prozentsatz kann dann wie im vorliegenden Fall dargestellt werden, wobei er unter Irreführungsgesichtspunkten durchgehend abzurunden ist, um sich nicht dem Vorwurf einer Irreführung durch Angabe einer überhöhten prozentualen Reduzierung auszusetzen. Eine Irreführung geht damit für den Verbraucher mit dieser Vorgehensweise nur dann einher, wenn der prozentuale Abzug überhöht dargestellt wird oder sich auch durch die dargestellte Abrundung nicht mehr darstellen lässt. Sie ist nach Auffassung der Kammer in vorliegendem Fall nicht gegeben.
Das Gericht vertritt darüber hinaus aber auch die Auffassung, dass selbst im Fall einer angenommenen Irreführung diese nicht geeignet war, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Relevanz). Erforderlich ist, dass die betroffene Angabe geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (BGH, Urteil vom 22. Juli 2021 - I ZR 123/20, 1422, Rn. 16, juris), wobei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass Umstände, die gegen eine geschäftliche Relevanz des beanstandeten Verhaltens sprechen, bei der Beklagten liegt (BGH, Urteil vom 22. Juli 2021 - I ZR 123/20, Rn. 20, juris).
Das Gericht geht davon aus, dass im hier vorliegenden Fall des Ankaufs hochpreisiger Gebrauchsgegenstände für den Verbraucher dem Kaufpreis eine absolut überragende Bedeutung zukommt. Die Kammer teilt im Ausgangspunkt die Auffassung des Klägers, dass auch die Aufnahme der UVP in die Darstellung deswegen erfolgt sei, um den von ihr verlangten Preis als besonders günstig darzustellen und auch der insoweit erfolgten Angabe eine geschäftliche Relevanz zukommen kann. Demgegenüber vermag die Kammer der Frage, ob die Darstellung der Preisreduzierungen zur UVP mit wie hier von der Beklagten erfolgt 48 % oder mathematisch zutreffend gerundet 48,87 % keine für die Kaufentscheidung maßgebliche Bedeutung beizumessen.
Das Gericht wies auch den zweiten Unterlassungsantrag der Klägerin zurück, da keine Irreführung wegen einer angeblich „nicht mehr marktgerechten“ UVP vorliege. Grundsätzlich sei die Werbung mit einer unverbindlichen Preisempfehlung ein zulässiger Preisvergleich, solange die Empfehlung auf einer ernsthaften Kalkulation beruht und als angemessener Verbraucherpreis in Betracht kommt. Nur wenn die UVP erkennbar nicht mehr realistisch oder lediglich zu Werbezwecken fortgeführt werde, könne sie irreführend sein.
Allein der Umstand, dass der Hersteller zeitweise selbst unterhalb seiner UVP verkauft, beweise nicht, dass der Preis nicht mehr erzielbar oder marktgerecht sei. Zwischen dem Verkaufspreis des Herstellers und der UVP für den Handel bestehe keine Identität; Letztere berücksichtige zusätzlich die Vertriebskosten und Gewinnmargen des Handels. Zudem könne ein niedrigerer Herstellerpreis auch durch Rabattaktionen oder Sonderverkäufe erklärt werden. Da der Hersteller das Produkt zu anderen Zeiten weiterhin zur UVP angeboten habe, bleibe diese als realistische Preisempfehlung bestehen.
Im Ausgangspunkt stellt die Bezugnahme auf eine unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers einen wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässigen Preisvergleich dar. Sie ist dann als irreführend anzusehen, wenn nicht klargestellt wird, dass es sich bei der Herstellerempfehlung um eine unverbindliche Preisempfehlung handelt, wenn die Empfehlung nicht auf der Grundlage einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis ermittelt worden ist oder wenn der vom Hersteller empfohlene Preis im Zeitpunkt der Bezugnahme nicht als Verbraucherpreis in Betracht kommt, ihm also lediglich die Funktion zukommt, dem Händler eine attraktive Preiswerbung zu ermöglichen.
Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass eine Werbung mit unverbindlichen Preisempfehlungen geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise irrezuführen, trifft grundsätzlich den Kläger. [...]
Der Kläger stellt in diesem Zusammenhang - soweit ersichtlich - nicht das Bestehen einer entsprechenden UVP des jeweiligen Herstellers infrage, für die im Hinblick auf die ihn treffende Darlegungs- und Beweislast ohnehin kein tragfähiger Sachverhalt vorliegt. Nach seiner Auffassung führt allerdings die Tatsache, dass der Hersteller selbst seine eigene UVP unterschreite und damit zum Ausdruck bringe, dass diese nicht mehr marktgerecht sei, dazu, dass es auch Dritten wie in vorliegendem Fall der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Irreführung untersagt sei auf diese im Rahmen der Werbung Bezug zu nehmen.
Dem Kläger ist in diesem Zusammenhang nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung der ihn treffenden Darlegungs- und Beweislast bereits die Darstellung nicht gelungen, dass der von der Beklagten verwendete UVP die realistische Preiserwartung des Herstellers nicht mehr abbilde.
Die Kammer geht hierbei davon aus, dass alleine aus der Tatsache, dass der Hersteller an einem bestimmten Tag die von ihm bestimmte UVP im Rahmen eines Verkaufs auf seinem online Auftritt unterschreitet, noch nicht darauf geschlossen werden kann, dass er selbst den als UVP bestimmten Preis auf dem Markt nicht mehr als erzielbar erachtet.
Die von dem Klägerseite geäußerte Sichtweise lässt bereits außer acht, dass keine Identität zwischen Verkaufspreis des Herstellers und UVP besteht. Die UVP stellt vielmehr eine Preisempfehlung für gewerbliche Händler dar, die sich in der vertikalen Vertriebsstruktur unterhalb des Herstellers befinden. Diesen entstehen im Rahmen der Durchführung des An- und Verkaufsvorgangs zusätzliche Kosten, die ebenso wie deren Gewinnerwartung in die UVP Eingang finden.
Die Sichtweise des Klägers setzt sich aber auch nicht mit der Tatsache auseinander, dass es für die Vorgehensweise des Herstellers auch andere naheliegende Erklärungen, beispielsweise die Durchführung einer eigenen Rabattaktion gibt, die der klägerischen Schlussfolgerung entgegenstehen.
Die vorgenannten Bedenken tragen umso mehr, wenn der Hersteller unstreitig an zahlreichen anderen Terminen das streitgegenständliche Handy auf seinem online-Auftritt zu dem UVP als Verkaufspreis angeboten hat.
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