Am 28.5.2022 tritt ein weiteres Umsetzungsgesetz zur europäischen Modernisierungsrichtlinie in Kraft. Vorgesehen sind umfangreiche Änderungen des UWG. Mit der Umsetzung werden u.a. ein neuer Schadensersatzanspruch für Verbraucher sowie neue Transparenzpflichten bei der Darstellung von Verbraucherbewertungen eingeführt.
Bereits im April 2018 hatte die Europäische Kommission eine erste Version ihres „New Deal for Consumers“ vorgestellt, der dann mit der RL (EU) 2019/2161 umgesetzt wurde. Diese sogenannte „Omnibusrichtlinie“ sieht die Änderung von vier bestehenden Richtlinien vor. Betroffen sind die sog. Klauselrichtlinie 93/13/EWG, die Preisangabenrichtlinie 98/6/EG, die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG (UGP-RL) und auch die Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU (VRRL). Sie ist am 7.1.2020 in Kraft getreten. Der Bundestag hat das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht am 10.6.2021 in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung beschlossen. Es tritt am 28.5.2022 in Kraft. Zur Umsetzung der Änderungen an der UGP-RL sind entsprechende Anpassungen des UWG vorgesehen.
Mit der Umsetzung werden u.a. ein Anspruch auf Schadensersatz für Verbraucher bei schuldhaften Verstößen von Unternehmern gegen verbraucherschützende Vorschriften des UWG, Transparenzpflichten von Online-Marktplätzen sowie Transparenzpflichten bei der Darstellung von Rankings und Verbraucherbewertungen, Regelungen zur Kennzeichnung von Werbung für Influencer und Blogger, Geldbußen als Sanktionen bei bestimmten grenzüberschreitenden Verstößen und das Verbot der Vermarktung einer Ware mit unterschiedlicher Qualität eingeführt.
Zunächst werden die Begriffsbestimmungen in § 2 UWG angepasst werden. U.a. wird der im UWG zentrale Begriff der geschäftlichen Handlung in § 2 Nr. 2 n.F. ergänzt:
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
Damit werden auch digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen künftig erfasst. Zudem wird ergänzt, dass es sich nicht nur um einen objektiven, sondern auch um einen unmittelbaren Zusammenhang mit einer Absatzförderung handeln muss. Hiermit soll noch einmal zum Ausdruck gebracht werden, dass bei bestimmten Formen der Förderung des eigenen Unternehmens kein unmittelbarer Zusammenhang zur Absatzförderung besteht, z.B., wenn eine Influencerin oder ein Influencer Waren oder Dienstleistungen empfiehlt oder erwähnt und hierfür kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erhalten hat und die Erwähnung gegebenenfalls lediglich ihre oder seine eigene Bekanntheit fördert.
In § 2 Abs. 1 Nr. 6 und 7 UWG werden außerdem die Begriffe des Online-Marktplatzes und des Rankings aufgenommen.
Angepasst wird auch § 5 UWG. Der bisherige Abs. 1 S. 2 wird zum neuen Abs. 2 und soll damit die Lesbarkeit der Vorschrift verbessern. Der neu gefasste § 5 Abs. 3 Nr. 1 UWG enthält die Regelung des bisherigen Abs. 2.
Der neue § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG enthält Regelungen zur sog. Doppelqualität von Waren („Dual Quality“) und setzt Art. 3 Nr.3 der RL (EU) 2019/2161 um. Danach ist es irreführend, wenn eine Ware in einem Mitgliedstaat der EU als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist. Hintergrund hierfür waren die Beschwerden einiger Mitgliedstaaten, es würden unter der gleichen Marke Erzeugnisse in schlechterer Qualität vertrieben.
(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn […]
2.mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.
Unternehmer können auch nach der Neuregelung weiterhin Waren unter derselben Marke in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit einer unterschiedlichen Rezeptur oder abweichenden Zutaten in den Verkehr bringen. Eine unzulässige irreführende geschäftliche Handlung liegt nur dann vor, wenn solche Waren trotz wesentlicher Unterschiede in ihrer Zusammensetzung oder ihren Merkmalen als identisch vermarket werden. Eine Irreführung soll dann ausgeschlossen sein, wenn die Unterschiede zwischen den Waren für Verbraucher leicht zu erkennen sind wie z.B. durch ein Etikett, das über bestehende Unterschiede informiert. Eine unlautere Irreführung entfällt zudem auch, wenn zwischen den als identisch vermarkteten Waren zwar wesentliche Unterschiede bestehen, diese aber durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt sind.
Der bisherige § 5a UWG zur Irreführung durch Unterlassen wird durch die §§ 5a bis 5c UWG ersetzt. Mit Ausnahme des § 5a Abs. 4 UWG, der künftig das Kenntlichmachen des kommerziellen Zwecks regelt, sind die Änderungen an § 5a UWG nur redaktioneller Natur. Abs. 4 wird künftig in seinem Anwendungsbereich nicht mehr nur auf Verbraucher beschränkt sein, sondern auch gegenüber sonstigen Marktteilnehmern Anwendung finden. § 5b UWG hingegen ist auf geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern beschränkt. Abs. 1 enthält die Regelung des bisherigen § 5a Abs. 3 UWG. Die bisher in Nr. 4 vorgesehene Information über das Beschwerdeverfahren, im Fall eines Angebots zu einem Geschäftsabschluss wurde gestrichen, da die RL (EU) 2019/2161 diese Informationspflicht nicht mehr vorsieht. Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 16 EGBGB muss der Verbraucher jedoch weiterhin über außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, denen er unterworfen ist, informieren.
§ 5b Abs. 4 UWG, der bestimmte Informationsanforderungen, die im sonstigen Unionsrecht festgelegt sind, zu wesentlichen Informationen erklärt, enthält die Regelung des bisherigen § 5a Abs. 4 UWG.
Mit § 5a Abs. 4 S. 2 UWG wird zudem eine Regelung insbesondere für Influencer eingeführt, wenn diese Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen empfehlen, ohne davon selbst unmittelbar finanziell zu profitieren:
(4) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmen erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.
Solche Handlungen müssen nicht als „kommerziell“ gekennzeichnet werden. Der Begriff der „ähnlichen Gegenleistung“ soll auch Provisionen, Produkte, die von dem fremden Unternehmen zugesandt wurden und die der Handelnde nutzen oder behalten darf, sowie Pressereisen, Stellung von Ausrüstung oder Kostenübernahmen umfassen. Die bloße Steigerung der eigenen Bekanntheit durch solche Handlungen soll hingegen nicht als Gegenleistung gewertet werden. Die Gegenleistung muss nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang erfolgen. Die Hoffnung auf eine Gegenleistung alleine reicht jedoch nicht aus. Die Gegenleistung muss von dem Unternehmer veranlasst worden sein, zugunsten dessen die Handlung erfolgt. Wird die Gegenleistung über beauftragte Dritte wie z.B. eine Agentur gewährt, wird dies dem Unternehmer nach allgemeinen Grundsätzen zugerechnet. Im Streitfall muss die Erfüllung dieser Voraussetzungen vom Handelnden nachgewiesen werden. Auch wenn zwar keine Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens vorliegt, kann der Zweck jedoch u.U. noch immer in der Förderung des eigenen Unternehmens liegen und daher als Eigenwerbung kennzeichnungspflichtig sein, wenn der kommerzielle Zweck nicht erkennbar ist. Einen entsprechenden Regelungsvorschlag hatte das BMJV bereits 2020 vorgelegt.
Neu hinzukommt in § 5b Abs. 1 Nr. 6 die Informationspflicht darüber, ob es sich bei dem Anbieter auf einem Online-Marktplatz nach dessen eigener Erklärung um einen Unternehmer handelt. Der Betreiber des Online-Marktplatzes wird verpflichtet, von Anbietern von Waren oder Dienstleistungen zu verlangen, dass diese ihm gegenüber offenlegen, ob sie als Unternehmer oder Verbraucher tätig werden. Verbraucher müssen dann durch den Betreiber des Online-Marktplatzes über diese (Selbst-) Einstufung informiert werden.
(1) Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, so gelten die folgenden Informationen als wesentlich im Sinne des § 5a Absatz 1, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben: […]
6.bei Waren oder Dienstleistungen, die über einen Online-Marktplatz angeboten werden, die Information, ob es sich bei dem Anbieter der Waren oder Dienstleistungen nach dessen eigener Erklärung gegenüber dem Betreiber des Online-Marktplatzes um einen Unternehmer handelt.
§ 5b Abs. 2 UWG sieht eine neue Transparenzpflicht für Online-Marktplätze und Vermittlungsdienste wie Vergleichsplattformen vor. Bietet ein Unternehmer Verbrauchern die Möglichkeit, nach Waren oder Dienstleistungen verschiedener Anbieter zu suchen, dürfen ihnen Informationen dazu, nach welchen Hauptparametern das Ranking der Angebote in den Ergebnissen der Online-Suchanfrage festgelegt wird und wie deren relative Gewichtung im Vergleich zu anderen Parametern ist, nicht vorenthalten werden.
(2) Bietet ein Unternehmer Verbrauchern die Möglichkeit, nach Waren oder Dienstleistungen zu suchen, die von verschiedenen Unternehmern oder von Verbrauchern angeboten werden, so gelten unabhängig davon, wo das Rechtsgeschäft abgeschlossen werden kann, folgende allgemeine Informationen als wesentlich:
1.die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings der dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage präsentierten Waren oder Dienstleistungen sowie
2.die relative Gewichtung der Hauptparameter zur Festlegung des Rankings im Vergleich zu anderen Parametern.
Die Informationen nach Satz 1 müssen von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Betreiber von Online-Suchmaschinen im Sinne des Artikels 2 Nummer 6 der Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 57).
Erforderlich ist, dass die Suche nach Waren und Dienstleistungen verschiedener Anbieter ermöglicht wird. Nicht von der Vorschrift erfasst sind Online-Shops von Unternehmern, die nur ihre eigenen Waren oder Dienstleistungen anbieten.
Entsprechend zu dieser Informationspflicht enthält die neue Nummer 11a des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG das Verbot verdeckter Werbung in Suchergebnissen. Danach müssen bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen zur Beeinflussung des Rankings bei Suchergebnissen gegenüber Verbrauchern offengelegt werden.
Folgende geschäftliche Handlungen sind gegenüber Verbrauchern stets unzulässig: […]
11a. verdeckte Werbung in Suchergebnissen
die Anzeige von Suchergebnissen aufgrund der Online-Suchanfrage eines Verbrauchers, ohne dass etwaige bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen, die dazu dienen, ein höheres Ranking der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen im Rahmen der Suchergebnisse zu erreichen, eindeutig offengelegt werden;
§ 5b Abs. 3 UWG führt eine neue Informationspflicht hinsichtlich Bewertungen ein. Nach der Neuregelung zählen künftig Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von Verbrauchern stammen, die die Waren tatsächlich genutzt oder erworben haben, zu den wesentlichen Informationen, die Verbrauchern vor einer geschäftlichen Entscheidung nicht vorenthalten werden dürfen.
(3) Macht ein Unternehmer Bewertungen zugänglich, die Verbraucher im Hinblick auf Waren oder Dienstleistungen vorgenommen haben, so gelten als wesentlich Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben.
Hiervon sollen jedoch nur solche Unternehmer erfasst werden, die selbst Verbraucherbewertungen zugänglich machen. Wenn der Unternehmer lediglich über einen Link auf Verbraucherbewertungen verweist, die von Dritten über die von ihm angebotene Ware oder Dienstleistung veröffentlicht worden sind, besteht die Pflicht nicht.
Der Unternehmer muss darüber informieren, ob er vor Veröffentlichung der Verbraucherbewertungen Maßnahmen zur Überprüfung ihrer Echtheit trifft. Ergreift er gar keine Maßnahmen, muss er auch über diesen Umstand informieren. Werden entsprechende Maßnahmen ergriffen, muss er Informationen darüber bereitstellen, welche Prozesse und Verfahren er zur Prüfung der Echtheit der Verbraucherbewertungen ergreift und wie mit Bewertungen im Rahmen dieses Prüfprozesses umgegangen wird.
Diese Transparenzpflicht soll zudem durch die neue Nr. 23b des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ergänzt werden. Danach ist die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich genutzt oder erworben haben, ohne dass der Unternehmer durch angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen überprüft hat, ob dies tatsächlich der Fall ist, stets unlauter.
Folgende geschäftliche Handlungen sind gegenüber Verbrauchern stets unzulässig: […]
23b. Irreführung über die Echtheit von Verbraucherbewertungen
die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich erworben oder genutzt haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen wurden, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen;
Die neue Nr. 23c des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sieht ein Verbot der Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung vor.
23c. gefälschte Verbraucherbewertungen
die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung;
Hiermit wird Art. 3 Nr. 7 lit. b der RL(EU) 2019/2161 umgesetzt. Erfasst werden nach Erwägungsgrund 49 der Richtlinie auch „likes“ in sozialen Medien. Eine falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern liegt vor, wenn z.B. nur positive Bewertungen veröffentlicht, negative hingegen gelöscht werden. Zudem nennt der Erwägungsgrund das weitere Beispiel der „Extrapolation von Empfehlungen“, wenn also die positive Bewertung eines Nutzers mit einem anderen – wenn auch in Zusammenhang stehenden – Inhalt verknüpft oder auf diesen übertragen wird, und auf diese Weise der Anschein erweckt wird, der Nutzer befürworte auch den anderen Inhalt.
§ 9 UWG enthielt schon bisher eine Regelung zu Schadensersatz, allerdings nur gegenüber Mitbewerbern. Dieser Anspruch wird weiterhin in § 9 Abs. 1 UWG geregelt. Der neue § 9 Abs. 2 S. 1 UWG ergänzt das UWG um einen individuellen Schadensersatzanspruch für Verbraucher:
(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6 sowie nach Nummer 32 des Anhangs
Mit dieser Vorschrift wird Art. 3 Nr. 5 der RL (EU) 2019/2161 umgesetzt. Danach sind die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Verbrauchern Zugang zu angemessenen und wirksamen Rechtsbehelfen, einschließlich Ersatz des entstandenen Schadens sowie gegebenenfalls Preisminderung oder Beendigung des Vertrages zu gewährleisten. Dies soll nicht nur für den Fall gelten, dass die unlautere geschäftliche Handlung von dem Vertragspartner ausgeht, sondern auch im Hinblick auf unlautere geschäftliche Handlungen Dritter. Die Begründung des Gesetzesentwurfs nennt hierfür schuldhafte irreführende Werbeäußerungen des Herstellers als Beispiel, durch die Verbrauchern ein Schaden entstanden ist.
Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs richten sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB. Danach richtet sich der Anspruch regelmäßig nur auf das negative Interesse, das bedeutet, dass Verbraucher vom Schädiger so zu stellen sind, als wäre die unzulässige geschäftliche Handlung nicht vorgenommen und die Verbraucher nicht zu der jeweiligen geschäftlichen Entscheidung veranlasst worden. Unlautere geschäftliche Handlungen nach §§ 3a, 4 und 6 UWG fallen nicht in den Anwendungsbereich des neuen Schadensersatzanspruchs. Der Schadensersatzanspruch der Verbraucher verjährt wie der Schadensersatzanspruch der Mitbewerber in sechs Monaten, § 11 Abs. 1 UWG.
Das bisher in § 9 S. 2 UWG geregelte „Presseprivileg“, also die Begrenzung der Schadensersatzhaftung der Presse auf vorsätzliche Handlungen, wird in einen neuen Abs. 3 aufgenommen und erstreckt sich auch auf den für Verbraucher neu geschaffenen Schadensersatzanspruch.
Zudem sieht die RL 2019/2161 verschärfte Sanktionen bei Zuwiderhandlungen vor. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Für Geldbußen ist ein Höchstbetrag von mindestens 4% des Jahresumsatzes im betroffenen Mitgliedstaat oder, falls sich der Jahresumsatz nicht ermitteln lässt, von mindestens 2 Millionen Euro. vorgesehen. Der hiermit eingeführte Art. 13 UGP-RL sieht vor, dass bei Durchsetzungsmaßnahmen im Rahmen von koordinierten Aktionen nach der Verordnung (EU) 2017/2394 (VO zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von Verbraucherschutzgesetzen; CPC-VO) zur Ahndung weitverbreiteter Verstöße oder weitverbreiteter Verstöße mit Unionsdimension auch Geldbußen verhängt werden können. Auf diese Weise soll eine europaweit einheitliche und damit effektivere Verbraucherrechtsdurchsetzung gewährleistet werden. Diese Umsetzung sieht § 5c UWG vor. Die entsprechende Bußgeldvorschrift wird mit § 19 UWG umgesetzt. Damit drohen künftig neben Abmahnungen zusätzlich Bußgelder.
§ 5c Abs. 2 UWG regelt, wann eine solche Verletzung von Verbraucherinteressen vorliegt, die in dem in Art. 3 Nr. 3 und 4 der CPC-VO festgelegten Ausmaß verboten ist:
(2) Eine Verletzung von Verbraucherinteressen durch unlautere geschäftliche Handlungen im Sinne des Absatzes 1 liegt vor, wenn
1.eine unlautere geschäftliche Handlung nach § 3 Absatz 3 in Verbindung mit den Nummern 1 bis 31 des Anhangs vorgenommen wird,
2.eine aggressive geschäftliche Handlung nach § 4a Absatz 1 Satz 1 vorgenommen wird,
3.eine irreführende geschäftliche Handlung nach § 5 Absatz 1 oder § 5a Absatz 1 vorgenommen wird oder
4.eine unlautere geschäftliche Handlung nach § 3 Absatz 1 fortgesetzt vorgenommen wird, die durch eine vollziehbare Anordnung der zuständigen Behörde im Sinne des Artikels 3 Nummer 6 der Verordnung (EU) 2017/2394 oder durch eine vollstreckbare Entscheidung eines Gerichts untersagt worden ist, sofern die Handlung nicht bereits von den Nummern 1 bis 3 erfasst ist.
Das Verbot der hartnäckigen und unerwünschten Ansprache mit solchen Fernkommunikationsmitteln, die nicht von § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG erfasst werden, das bisher in § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG geregelt wurde, wird in Nr. 26 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG verschoben. Dies entspricht der Struktur der UGP-RL, nach der unzulässiges hartnäckiges Ansprechen über Fernabsatzmittel stets eine unlautere geschäftliche Handlung darstellt.
Folgende geschäftliche Handlungen sind gegenüber Verbrauchern stets unzulässig: […]
- unzulässiges hartnäckiges Ansprechen über Fernabsatzmittel
hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen des Verbrauchers mittels Telefonanrufen, unter Verwendung eines Faxgerätes, elektronischer Post oder sonstiger für den Fernabsatz geeigneter Mittel der kommerziellen Kommunikation, es sei denn, dieses Verhalten ist zur rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt;
Infolgedessen wird die Nummerierung in § 7 UWG angepasst.
Die Änderungen des UWG in Umsetzung der ModernisierungsRL sind nur ein Teil der umfangreichen Gesetzesänderungen, die dieses Jahr noch anstehen bzw. bereits in Kraft getreten sind. Ab 28.5.2022 gelten zudem umfangreiche Änderungen des BGB und des EGBGB und es tritt eine neue Preisangabenverordnung in Kraft.
Seit dem 1.3.2022 gelten bereits durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge Änderungen für Vertragsverlängerungen in AGB. Ab dem 1.7.2022 wird durch das Gesetz zudem ein Kündigungsbutton für Dauerschuldverhältnisse eingeführt. Ebenfalls ab dem 1.7.2022 gelten Änderungen des VerpackG.
Am 1.1.2022 sind schon das neue Kaufrecht, Regelungen für Verträge über digitale Inhalte und Dienstleistungen und das neue ElektroG in Kraft getreten.
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