Mehrere Gerichtsentscheidungen haben in letzter Zeit für Unsicherheit im Bereich des Influencer-Marketings geführt. Seitdem herrscht Verunsicherung und beinahe alle Beiträge werden als Werbung gekennzeichnet. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hat nun einen „Regelungsvorschlag zur Abgrenzung nichtkommerzieller Kommunikation zur Information und Meinungsbildung von geschäftlichen Handlungen“ vorgelegt, der mehr Rechtssicherheit für unentgeltliche Empfehlungen von Influencern und Bloggern schaffen soll. Danach sollen Beiträge nicht als Werbung gekennzeichnet werden müssen, wenn die Äußerungen vorrangig der Information und Meinungsbildung dienen und sie ohne Gegenleistung erfolgen.

Das BMJV befürchtet, dass Verbraucher durch eine Überkennzeichnung als Werbung nicht mehr verlässlich erkennen können, ob Äußerungen gezielt den Absatz von Produkten fördern sollen.

Rechtlicher Hintergrund

Um Schleichwerbung zu vermeiden, muss kommerzielle Kommunikation, auch in sozialen Medien, entsprechend gekennzeichnet werden. Diese Pflicht ergibt sich neben § 58 RStV (Rundfunkstaatsvertrag) aus § 5 TMG (Telemediengesetz) und insbesondere aus § 5a Abs. 6 UWG:

(6) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

„Kommerzieller Zweck“ entscheidend

Mehrere Gerichte haben bereits entschieden, dass es sich bei Verlinkungen auf entsprechenden Posts von Influencern um eine geschäftliche Handlung handelt. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG bedeutet „geschäftliche Handlung“

jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

Es wurde jedoch unterschiedlich beurteilt, ob auch bei unentgeltlich abgegebenen Empfehlungen von Produkten und Dienstleistungen der kommerzielle Charakter offengelegt werden muss.

Übersicht der wichtigsten Urteile

  • Das KG (Urt. v. 8.1.2019 – 5 U 83/18) entschied im Fall Vreni Frost, dass eine generelle Vermutung, dass unternehmerisch tätige Influencer, die Produkte oder Marken in ihren Beiträgen präsentieren, kommerzielle Kommunikation i.S.v. § 5 Abs. 6 UWG betreiben, nicht gerechtfertigt sei. Im konkreten Fall nahm das Gericht jedoch eine geschäftliche Handlung und keinen redaktionellen Beitrag der Beklagten an. Die Beklagte hatte den Post nicht als Werbung gekennzeichnet. Entscheidend war hier der inhaltliche Bezug der Tags.

Die Ag. kann sich nicht darauf berufen, in dem … Kontext nur einen redaktionellen Beitrag veröffentlicht zu haben, bei dem ein objektiver Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens zu verneinen ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Beitrag allein, zumindest aber vorrangig der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient. […] Der Tag … und die Inhalte des Instagram-Accounts, zu dem der gesetzte Link geführt hat, hatten jedoch keinen erkennbaren Bezug zu dem Text- und dem Bildbeitrag der Ag. […] Vor diesem Hintergrund ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Absicht der Ag., im Gegenzug den Absatz von Waren der Marke … zu fördern, auch tatsächlich das Motiv für Tagging und Verlinkung waren. Jedenfalls stellt sich der Tag … bei objektiver Betrachtung sowohl in Kenntnis als auch in Unkenntnis dieser Hintergründe als Werbung dar.

  • Im Fall der Influencerin Pamela Reif nahm das LG Karlsruhe (Urt. v. 21.3.2019 – 13 O 38/18 KfH) ebenfalls bei den in das Foto eingebetteten Tags eine geschäftliche Handlung an.

Der Tag “…” und die Inhalte des Instagram-Accounts, zu dem der gesetzte Link führt, haben jedoch keinen erkennbaren Bezug zu dem Text- und dem Bildbeitrag der Beklagten. Das Setzen des Tags bewirkt, dass die Neugier des Besuchers und die Erwartung geweckt werden, durch einen Klick Weiteres erfahren zu können. Mit anderen Worten dient der Tag der Förderung eines anderen Unternehmens […]. Das Unterlassungsgebot bezieht sich nur auf diese Art des Taggens, nicht auf den Post im Übrigen.

  • Das LG München I (Urt. v. 29.4.2019 – 4 HK O 14312/18) entschied im Fall von Cathy Hummels ebenfalls, dass es sich bei Posts von Influencern auf Instagram, auf denen Produkte gekennzeichnet und entsprechend verlinkt sind, um geschäftliche Handlungen handelt, auch ohne Gegenleistung der verlinkten Unternehmen. Auf diese Weise werden sowohl die eigenen geschäftlichen Aktivitäten der Influencer als auch die der verlinkten Unternehmen gefördert. Das Gericht sah jedoch keinen Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG, da bereits unmittelbar aus den Umständen erkennbar sei, dass es sich um geschäftliche Handlungen mit kommerziellen Zweck handelt.

Nach Auffassung der Kammer ist bei den streitgegenständlichen Posts für die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der Kammer gehören, jedoch bereits unmittelbar aus den Umständen erkennbar, dass sie geschäftliche Handlungen mit einem kommerziellen Zweck sind. Ein Verstoß gegen § 5 a Abs. 6 UWG scheidet daher im vorliegend zu beurteilenden Fall aus.

Regelungsvorschlag des Ministeriums

Um einen sicheren Rechtsrahmen für Blogger und Influencer zu schaffen, schlägt das BMJV zur Klarstellung folgende Ergänzung des § 5a Abs. 6 UWG vor:

Ein kommerzieller Zweck einer geschäftlichen Handlung ist in der Regel nicht anzunehmen, wenn diese vorrangig der Information und Meinungsbildung dient und für diese kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt wurde.

Eine solche Regelung würde zudem der Rechtsprechung für Beiträge in Printmedien entsprechen, bei denen eine Ausnahme von einer geschäftlichen Handlung und damit der Anwendung des UWG in der Regel angenommen wird, soweit die Wahrnehmung der Informations- und Pressefreiheit nicht hinter der erkennbaren Absicht zurücktritt, den Absatz des eigenen Presseerzeugnisses zu fördern.

Influencer tragen die Beweislast

Das Kriterium, dass die Äußerung vorrangig der Informations- und Meinungsbildung dient, soll an objektiven Faktoren nachprüfbar sein und verhindern, dass die Ausnahme bei stark werblich klingenden Äußerungen wie zum Beispiel bei übertriebenem Lob anwendbar ist. Die Äußerung muss nur vorrangig der Informations- und Meinungsbildung dienen, womit die Ausnahme auch dann anwendbar ist, wenn z.B. ein Influencer mit der Äußerung auch sein eigenes Profil schärfen möchte oder ein Journalist für das Verfassen des Artikels ein Entgelt von dem Printmedium erhalten hat. Diese Klarstellung greift allerdings nur „in der Regel“ und wird daher auch eine abweichende Beurteilung zulassen, wenn besondere Umstände vorliegen.

Die Beweislast für die Erfüllung dieser Voraussetzung im Streitfall trägt der Influencer. Der Nachweis könnte nach der Begründung des Regelungsentwurfs zum Beispiel durch eine Bestätigung des Unternehmens erbracht werden, dass keine Gegenleistung für die Äußerung erfolgt ist. Das Merkmal, ob eine Äußerung vorrangig der Information- und Meinungsbildung dient, würde dagegen objektiv bestimmt werden und sich danach bemessen, ob Elemente einer sachlichen Darstellung oder persönlichen Stellungnahme im Vordergrund stehen.

Der Gestaltungsspielraum des deutschen Gesetzgebers ist allerdings durch europäische Vorgaben begrenzt, da das deutsche UWG die europäische RL 2005/29/EG umsetzt. Diese regelt den wirtschaftlichen Verbraucherschutz grundsätzlich abschließend und die beabsichtigte Klarstellung im UWG ist dort nicht vorgesehen. Das BMJV ist daher mit der Europäischen Kommission im Gespräch, um einen möglichen Gesetzentwurf hierzu eng mit ihr abzustimmen

Wir werden Sie über die weiteren Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Den Regelungsentwurf können Sie hier abrufen.

Weitere Informationen zum Thema Influencer-Marketing finden Sie hier.

Sebastian Duda/shutterstock.com

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