OLG Celle: Kein verlängertes Widerrufsrecht wegen fehlender Telefonnummer in Belehrung

Seit 2014 kann der Verbraucher den Widerruf auch telefonisch erklären. Sowohl der EuGH als auch der BGH haben bereits entschieden, dass eine Pflicht zur Angabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung besteht, wenn eine Telefonnummer auf der Website angegeben wird. Das OLG Celle (Beschl. v. 5.2.2025 – 7 U 77/24) entschied nun, dass sich die Widerrufsfrist nicht verlängere, wenn die Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung nicht angegeben wird.

Die Beklagte produziert und vertreibt Elektrofahrzeuge. Am 11.3.2022 schloss der Kläger mit der Beklagten über deren Internetseite einen Vertrag über den Kauf eines Pkw Tesla Model 3 zu einem Kaufpreis von 45.170 € brutto. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 20.12.2022 übergeben. Zuvor wurde dem Kläger bereits die Zulassungsbescheinigung Teil II übersandt worden. Mit E-Mail und Einschreiben an die Beklagte vom 21.11.2023 erklärte er den Widerruf des Kaufvertrages und forderte die Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises binnen 14 Tagen. Diesem Rückabwicklungsverlangen kam die Beklagte auch nach erneuter Rückzahlungsaufforderung vom 7.12.2023 durch den nunmehr anwaltlich vertretenen Kläger nicht nach.

Der Kläger ist der Meinung, dass zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung die Widerrufsfrist noch gar nicht zu laufen begonnen habe, weil die Kaufsache in drei Teillieferungen (Zulassungsbescheinigung - Fahrzeug - Einparkhilfe) ausgeliefert werde und die Funktion der Einparkhilfe erst mittels Software-Updates habe nachgeliefert werden sollen; mit entsprechenden Nachrüstmaßnahmen habe die Beklagte erst ab Oktober 2023 angefangen. Jedenfalls sei aber bei Widerrufserklärung die – verlängerte – Widerrufsfrist von 12 Monaten und 14 Tagen seit Erhalt des Fahrzeugs noch nicht abgelaufen gewesen, weil die Widerrufsbelehrung der Beklagten nicht ordnungsgemäß gewesen sei.

Das LG Hannover (Urt. v. 25.9.2024 – 11 O 110/24) hatte seine Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet er sich mit seiner Berufung, mit der er sein Rückzahlungsbegehren weiter verfolgt.

Das OLG Celle beabsichtigt nun, die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises.

Entsprechend entschied das Gericht auch noch in einem weiteren Verfahren zu dieser Frage (OLG Celle, Beschl. v. 5.2.2025 – 7 U 76/24).

14-tägige-Widerrufsfrist

Dem Kläger habe zwar ein Widerrufsrecht zugestanden, allerdings habe die Frist 14 Tage betragen. Diese Frist sei abgelaufen. Ein Rückzahlungsanspruch stehe dem Kläger nicht zu.

Der Kläger hat trotz des von ihm erklärten Widerrufs vom 21.11.2023 keinen Anspruch auf Rückabwicklung des mit der Beklagten geschlossenen Online-Fahrzeugkaufvertrags über das streitgegenständliche Fahrzeug und dementsprechend keinen Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises.

Zwar stand dem Kläger gemäß § 312g Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 BGB ein Widerrufsrecht zu, da der Verkauf im Wege des Fernabsatzes im Sinne von §§ 312b ff. BGB erfolgte. Allerdings war zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung durch den Kläger am 21.11.2023 die vierzehntägige Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 BGB, die einen Tag nach Erhalt des am 20.12.2022 gelieferten Fahrzeugs, also am 21.12.2022, zu laufen begonnen hatte, bereits abgelaufen. Damit ging der Widerruf des Klägers ins Leere und war nicht mehr geeignet, die Umwandlung des Kaufvertrags über das streitgegenständliche Fahrzeug gemäß § 357 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis herbeizuführen.

Keine Teilsendung

Zudem stellte das Gericht klar, dass es sich bei dem weder bei der gesondert übersandten Zulassungsbescheinigung Teil II noch bei der mittels Software-Update nachgelieferten Einparkhilfe um eine Teilsendung i.S.d. § 356 Abs. 2 Nr. 1 c) BGB gehandelt habe.

Anders, als der Kläger meint, steht dem Ablauf der Widerrufsfrist nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung aufgrund eines ausstehenden Updates für das Kamerasystem der Einparkhilfe eine "Teilsendung" im Sinne von § 356 Abs. 2 Nr. 1 c) BGB noch ausgestanden und infolgedessen der Lauf der Widerrufsfrist noch gar nicht begonnen habe. Denn eine Teilsendung oder Lieferung in Stücken im Sinne der vorgenannten Bestimmung liegt hier nicht vor. […]

Darüber hinaus war dem Kläger - wie schon der von ihm erklärte Widerruf belegt und im Übrigen die angefochtene Entscheidung nachvollziehbar aufzeigt - auch ohne die Lieferung des vermeintlich letzten "Teilstücks" in Form des Software-Updates mitnichten eine informierte Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Vertrages schlechthin unmöglich. Gerade das Unvermögen des Verbrauchers, sich bis zur Vornahme der Lieferung des letzten Bestandteils der Ware ein vollständiges Bild vom Vertragsgegenstand machen zu können, ist jedoch die hinter dem herausgeschobenen Fristbeginn für den Fall von Teilsendungen stehende ratio legis (vgl. Mörsdorf, in: BeckOGK BGB, Stand 01.08.2024, § 356 Rn. 32).

Daher führt nicht jede einseitig vom Hersteller beschlossene, nachträglich vorgenommene und angekündigte Konfiguration der Ware zur Annahme des Vorliegens einer Teillieferung, erst recht nicht, wenn diese keine oder allenfalls am Rande für die Kaufentscheidung relevanten Gesichtspunkte betrifft. Dies gilt umso mehr, wenn der Käufer - wie hier der Kläger - vor der Übergabe der Ware über den Umstand einer angekündigten Nachrüstung informiert wird und - für den Fall, das die Nachrüstung zu negativen Abweichungen der Beschaffenheit des Kaufgegenstands führen sollte - über das Gewährleistungsrecht geschützt ist (vgl. LG Erfurt, Urteil vom 09.04.2024 - BeckRS 2024, 20165 Rn. 27).

Keine verlängerte Widerrufsfrist

Die Widerrufsfrist habe sich hier nicht verlängert. Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten nicht zu beanstanden sei.

Für den Kläger Günstigeres folgt auch nicht aus § 356 Abs. 3 BGB, wonach die Widerrufsfrist ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht zu laufen beginnt und das Widerrufsrecht für diesen Fall erst - spätestens - zwölf Monate und 14 Tage nach der Warenlieferung (weil es um einen Verbrauchsgüterkauf geht) erlischt. Insoweit erfolgte zwar im Streitfall die Widerrufserklärung noch innerhalb der zuletzt genannten Frist von zwölf Monaten und 14 Tagen; hierauf kommt es aber nicht an, weil entgegen der Rechtsauffassung des Klägers die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung geeignet war, die vierzehntägige Widerrufsfrist nach Fahrzeuglieferung in Gang zu setzen.

Nach § 356 Abs. 3 BGB muss die Widerrufsbelehrung im Fall von (allgemeinen) Fernabsatzverträgen wie im Streitfall "den Anforderungen des Artikels 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ... des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche" entsprechen. Dabei erfordert der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers eine umfassende, unmissverständliche und eindeutige Belehrung […]. […]

Gemessen an diesem Maßstab ist das Landgericht zu Recht [...] davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche, im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils aufgeführte Widerrufsbelehrung nicht zu beanstanden ist, insbesondere den Anforderungen gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB entspricht und keine Widersprüche aufweist, die geeignet sind, begründete Zweifel bezüglich der tatbestandlichen Voraussetzungen des Widerrufsrechts hervorzurufen und den Verbraucher infolgedessen von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.

Keine Pflicht zur Angabe der Telefonnummer

Das Gericht stellte zunächst fest, dass der Wortlaut keine Anhaltspunkte dafür biete, dass die Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung anzugeben ist. Die Vorgabe, eine Telefonnummer anzugeben, finde sich lediglich in einem Gestaltungshinweis zur Muster-Widerrufsbelehrung. Die Muster-Widerrufsbelehrung habe die Beklagte jedoch nicht verwendet.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, begründet sich - unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang die Website der Beklagten Angaben zu Telefonnummern für Kundenkontakte enthält - keine gesetzliche Verpflichtung zur Angabe einer Telefonnummer für den telefonischen Widerruf in einer Widerrufsbelehrung für Fernabsatzverträge im Allgemeinen, insbesondere auch nicht aus den Gestaltungshinweisen zur Muster-Widerrufsbelehrung (Anlage 1 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB idF vom 21.03.2016), jedenfalls wenn - wie hier - der Unternehmer für die Belehrung des Verbrauchers nicht auf diese Muster-Widerrufsbelehrung zurückgreift, sondern eine von ihm selbst gestaltete Belehrung verwendet (Mörsdorf, in: BeckOGK BGB, Stand 01.08.2024, § 356, Rn. 42 mwN).

Denn weder Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB noch der darin erwähnte § 355 Abs. 1 BGB sehen vor, dass der Verbraucher über den Kommunikationsweg - und eben hierum handelt es sich bei der Angabe einer Telefonnummer, und nicht etwa um eine Angabe zum "Verfahren" für die Ausübung des Widerrufsrechts - aufgeklärt werden müsse. Stattdessen sind für den (allgemeinen) Fernabsatzvertrag die Informationspflichten aus Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB und damit insbesondere die Angabe einer Telefonnummer aus dem Verweis in § 356 Abs. 3 BGB gerade herausgenommen.

Systematik spricht gegen Pflicht zur Angabe

Zudem spreche die Systematik gegen eine Pflicht zur Angabe der Telefonnummer. Im Gegensatz zu Finanzdienstleistungen nach Art. 246b § 2 Abs. 1 EGBGB werde in § 356 Abs. 3 BGB nicht auf die Informationspflichten nach Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB verwiesen.

Hierbei handelt es sich auch nicht etwa um ein redaktionelles Versehen, sondern um eine vom Gesetzgeber bewusst getroffene Entscheidung. Entsprechendes belegt - wie das Landgericht Berlin mit Urteil vom 05.01.2024 (Az. 42 O 289/23, BeckRS 2024, 3486) gut nachvollziehbar begründet hat - im Übrigen auch die Bestimmung des § 312d BGB. Denn diese Vorschrift verweist bei Fernabsatzverträgen allgemein auf Art. 246a EGBGB, bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen hingegen auf Art. 246b EGBGB, der durch einen Verweis in § 2 Abs. 1 auf Art. 246b § 1 Abs. 1 EGBGB auch die (vorvertraglichen) Informationspflichten in die Widerrufsbelehrung einbezieht, während eine solche systematische Verweisung für das Widerrufsrecht bei (allgemeinen) Fernabsatzverträgen durch Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB gerade nicht vorgesehen ist.

Darüber hinaus belegen auch andere Normen - wie das in § 356e S. 1 BGB i.V.m. Art. 249 § 3 EGBGB geregelte Widerrufsrecht bei Verbraucherbauverträgen oder die bei unentgeltlichen Darlehensverträgen und unentgeltlichen Finanzierungshilfen geltende Regelung des § 514 Abs. 2 S. 3 BGB -, dass der Gesetzgeber die notwendigen Anforderungen an die Unterrichtung über das Widerrufsrecht bewusst unterschiedlich geregelt hat (vgl. LG München, Urteil vom 05.03.2024 - 31 O 10361/23, BeckRS 2024, 14389).

Keine Pflicht zur Belehrung über die Form des Widerrufs

Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB müsse nicht über die Form des Widerrufs belehrt werden. Die Angabe der Telefonnummer gehöre nicht zu den Informationen über das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass auch über die Telefonnummer belehrt wird, hätte er auch die Bestimmung des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB in den Anwendungsbereich von § 356 Abs. 3 S.1 Alt. 1 BGB mit einbezogen.

Infolgedessen muss davon ausgegangen werden, dass - hätte der Gesetzgeber im Fall des § 356 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 BGB, der sich jedenfalls mit der widerrufsbezogenen Informationspflicht befasst, i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB gewollt, dass der Unternehmer dem Verbraucher auch eine Telefonnummer nennt - er dies entsprechend geregelt oder jedenfalls zumindest auch die Bestimmung des Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB in den Anwendungsbereich von § 356 Abs. 3 S.1 Alt. 1 BGB mit einbezogen hätte (vgl. LG München aaO). Denn dass der Gesetzgeber die Angabe einer verfügbaren Telefonnummer zwar als wesentliche widerrufsspezifische Informationspflicht betrachtet hätte, die bei Verwendung jedweder Widerrufsbelehrung greift und an deren Verletzung weitreichende, den Unternehmer empfindlich treffende Konsequenzen geknüpft werden, sich dann aber entschieden hätte, diese wesentliche Pflicht vom Verordnungsgeber in den - nach dem Wortlaut nur die Optik betreffenden - Gestaltungshinweisen für eine freiwillig verwendbare Muster-Widerrufsbelehrung "verstecken" zu lassen, ist fernliegend (OLG Oldenburg, Urteil vom 28.11.2024 - 14 U 73/24, juris Rn. 36).

Damit folgt aus der unterbliebenen Einbeziehung einer Telefonnummer in den Pflichtenkatalog der zu machenden Angaben im Umkehrschluss, dass entgegen der Ansicht des Klägers ein einheitlicher Inhaltsmaßstab für die Belehrungen unabhängig von der Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung vom Gesetzgeber gerade nicht beabsichtigt war und erst recht nicht die Muster-Widerrufsbelehrung den Mindeststandard an Pflichtinformationen zur Erfüllung der Informationspflichten nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB begründen sollte.

EuGH- und BGH-Entscheidung ergingen in anderem Zusammenhang

Nach Ansicht des OLG Celle ergebe sich aus den bereits ergangenen EuGH- und BGH-Entscheidungen nicht, dass die Angabe für den Beginn der Widerrufsfrist notwendig sei. Diese Entscheidungen seien im Verhältnis zwischen Wettbewerbern zu wettbewerbsrechtlichen Fragestellungen ergangen.

Der Kläger kann seine gegenteilige Auffassung, die Beklagte sei zur Angabe ihrer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung verpflichtet gewesen, auch nicht auf die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 24. 09.2020 - I ZR 169/17 -, juris) und des EuGH (Urteil vom 14.05.2020 - C-266/19 -, juris) stützen, wonach die dortige Klägerin mit ihrer beanstandeten Widerrufsbelehrung wettbewerbswidrig iSv §§ 3, 4 Nr. 11 UWG aF gehandelt hat, weil sie in dieser die bei ihr verfügbare Telefonnummer entgegen § 312d Abs. 1 S. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und S. 2 i.V.m. Anl. 1 EGBGB nicht angegeben hat.

Davon abgesehen, dass Gegenstand der vorgenannten Entscheidungen ausschließlich die Beurteilung etwaiger wettbewerbsrechtlicher Verstöße war und sie keine Aussage dazu enthalten, welche zivilrechtlichen Rechtsfolgen die Nichtangabe einer Telefonnummer in einer individuellen Widerrufsbelehrung hat, insbesondere, ob hiervon der Beginn der Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 BGB (a.F.) abhängig ist, beziehen sie sich ohnehin ausschließlich auf die Muster-Widerrufsbelehrung, um die es hier aber nicht geht.

Keine Pflicht zur Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung

Zudem habe die Beklagte nicht die Muster-Widerrufsbelehrung verwendet. Dies sei auch nicht verpflichtend. Die sowohl vom EuGH als auch vom BGH aufgestellten Anforderungen bezögen sich jedoch nur auf die Muster-Widerrufsbelehrung.

Für die Annahme, die von BGH und EuGH für Musterwiderrufsbelehrungen aufgestellten Anforderungen müssten in gleicher Weise auch für die vom Unternehmer selbst formulierte Widerrufsbelehrung gelten, findet sich im Gesetz, der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur keine Stütze.

Wie oben bereits ausgeführt, beziehen sich die Gestaltungshinweise allein auf die Muster-Widerrufsbelehrung, während das Gesetz für die individuell verfasste Widerrufsbelehrung nur verlangt, dass sie § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 des Art. 246a EGBGB entsprechen muss. Damit gelten - wie vorstehend schon ausgeführt - von Gesetzes wegen unterschiedliche Anforderungen, abhängig davon, in welcher Form die Widerrufsbelehrung erteilt wird. Dementsprechend wird vom BGH sowohl in der Vorlagefrage an den EuGH als auch vom EuGH in seiner daraufhin ergangenen Entscheidung ausdrücklich hervorgehoben, dass diese sich nur auf die Muster-Widerrufsbelehrung bezieht (EuGH, Urteil vom 14.05.2020 - C-266/19 -, juris: Leitsatz: ". . . die Informationen zur Ausübung des Widerrufsrechts zur Verfügung stellt und hierbei auf die Muster-Widerrufsbelehrung in Anhang I Teil A zurückgreift"; Hervorhebung durch den Senat).

Ferner hat der BGH in einer zeitlich nachfolgenden Entscheidung zum Widerruf eines Maklervertrages nicht ausgeführt, dass die dort verwendete freihändige Belehrung der Muster-Widerrufsbelehrung entsprechen müsse, sondern dass der Unternehmer seine Informationspflichten auch durch eine Belehrung erfüllen könne, die von der Musterbelehrung abweicht, aber inhaltlich den in § 356 Abs. 3 Satz 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB geregelten Anforderungen genügt [...].

Eine andere Beurteilung ergebe sich zudem nicht aus dem Gesetzeszweck und dem hieraus abgeleiteten Deutlichkeitsgebot des BGH. Es bestehe keine Gefahr eines Irrtums und des Abhaltens von einem rechtzeitigen Widerruf.

Fazit

Mittlerweile mehren sich die Entscheidungen der Gerichte zur Angabe der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung (z.B. OLG Schleswig, LG Flensburg, LG Arnsberg). Auch dem BGH liegen mittlerweile über 50 Nichtzulassungsbeschwerden gegen Entscheidungen mehrerer Berufungsgerichte hinsichtlich der Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung in diesem Zusammenhang vor. Der BGH hat die aufgeworfenen Rechtsfragen daher vorberaten und beabsichtigt, in einem ausgewählten Verfahren (VIII ZR 143/24; Vorinstanz: KG Berlin) über die Zulässigkeit und Begründetheit der betreffenden Nichtzulassungsbeschwerde am 25.2.2025 abschließend zu beraten.

20.02.25