LG Leipzig: Irreführende Darstellung eines Testsiegels

Die Werbung mit Testergebnissen und Gütesiegeln sind sehr effektive Mittel, um sich selbst und die eigenen Produkte positiv zu präsentieren und Vertrauen in die Qualität zu schaffen. Das LG Leipzig (14.06.2024 – 01 HK O 531/24) stellte nun noch einmal klar, dass der Verbraucher hierbei ein Testverfahren, das nach objektiven, einheitlich festgelegten und aussagekräftigen Kriterien durchgeführt wurde, erwarte. Es sei irreführend, einen hochgestreckten Daumen zusammen mit den Worten „Getestet von“ als Ergebnis einer reinen Produktbewertung anderer Nutzer darzustellen.

Die Beklagte vertreibt über ihren Onlineshop u.a. Pflegemittel und Futtermittel für Hunde. Auf bestimmten Produktbildern war jeweils rechts neben der Abbildung des ein Zeichen mit dem Wortbestandteil „GETESTET von e“ abgebildet. Bei dem Zeichen handelt es sich um ein von der e. GmbH & Co. KG (nachfolgend „e“) verwendetes Zeichen, die Inhaberin der Wortmarke „e“ ist. Der Verwendung lag ein Produkttest durch Tierbesitzer als Teilnehmer eines von e. organisierten Produkttests zugrunde, welche nach einem von ihnen vorgenommenen „Produkttest“ e ein „Feedback zum Produkt“ zukommen lassen und hierfür einen Fragebogen ausfüllen mussten. Auf der Website von e war als Antwort auf die dort angegeben Frage: „Was sind e Produktionstests?“, u.a. angegeben: „Als ausgewählter Tester wirst Du gebeten, im Anschluss einen kurzen Erfahrungsbericht zu verfassen. Auf diese Weise können wir Deine Ergebnisse transparent und objektiv präsentieren, damit Hundebesitzer die besten Entscheidungen für ihre Vierbeiner treffen können.“

Der Kläger, die Wettbewerbszentrale, hielt die Verwendung dieses Zeichens für wettbewerbswidrig, forderte Unterlassung und mahnte die Beklagte erfolglos ab. Die Verwendung des Zeichens als Siegel sei irreführend, da das durch die Verwendung des „Siegels“ der Beklagten, welches als produktbezogenes Gütesiegel verwendet worden sei, erzeugte Verkehrsverständnis nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimme, da der Verleihung des „Siegels“ keine durch einen neutralen Dritten mit entsprechender Kompetenz vorgenommene und an objektiven und aussagekräftigen Kriterien orientierte Prüfung der beworbenen Produkte vorausgegangen sei.

Das LG Leipzig entschied, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustehe. Die Verwendung sei irreführend, da die Zeichenverwendung dazu geeignet sei, den Verbraucher zu täuschen, nämlich darüber zu täuschen, dass das mit dem verwendeten Zeichen mitgeteilte Testergebnis nicht das Ergebnis eines nach objektiven Kriterien zur Feststellung bestimmter Qualitätseigenschaften durchgeführten Produkttests ist.

Produkttest erwartet

Der Verkehr verstehe das verwendete Zeichen als Ergebnis eines Produkttests, so das Gericht. Hierfür sprechen die Darstellung eines hochgestreckten Daumens und die Worte „getestet von e“.

Das Verständnis, dass mit dem Zeichen das Ergebnis der Testung des betreffenden Produktes mitgeteilt wird, ergibt sich aus dem Wortbestandteil „Getestet von e.“. Die zeichnerische Darstellung des hochgestreckten Daumens vermittelt das Verständnis, dass der Produkttest mit einem positiven Ergebnis endete, also in dem Sinne, dass das Testergebnis zumindest „Gut“ ist.

Kein Werturteil

Die Beklagte versuchte sich damit zu verteidigen, dass mit der Darstellung lediglich das Ergebnis einer Bewertung des Produkts durch andere Nutzer mitgeteilt werde und es sich um ein reines Werturteil handle. Dieser Ansicht erteilte das Gericht eine Absage. Der Verbraucher gehe davon aus, dass das Produkt im Hinblick auf bestimmte Qualitätskriterien getestet wurde. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, das Zeichen anders zu verstehen.

Der Umstand, dass der Verbraucher aus dem Wortbestandteil des Zeichens ableitet, dass der Zeichenverwendung ein durchgeführter Produkttest zugrunde liegt, schließt die Annahme eines bloßen Werturteils aus. Da der Verbraucher von einem durchgeführten Produkttest ausgeht, nimmt er an, dass eine Testung des Produkts im Hinblick auf die Qualität des Produkts, also auf das Vorliegen bestimmter Qualitätseigenschaften und auf die Einhaltung bestimmter Anforderungen an bestimmte Qualitätseigenschaften, erfolgte. Ein Produkttest ist üblicherweise, und damit nach dem Verständnis des Verbrauchers, ein Qualitätstest.

Entgegen der Annahme der Beklagten versteht der Verbraucher das Zeichen nicht dahingehend, dass mit dem Zeichen ein Werturteil („Gefällt mir“-Beurteilung) von e., als Ergebnis einer Bewertung des Produkts durch andere Tierbesitzer mitgeteilt werde, welche als Teilnehmer des von e. organisierten „Produkttests“ das jeweilige Produkt ausprobiert, „getestet“ (so die Beklagte), hatten und ein Werturteil betreffend das Produkt abgegeben hatten. Die Beklagte verkennt insoweit, dass der Verbraucher überhaupt keinen Anhaltspunkt für die Annahme hat, dass der Zeichenverwendung lediglich ein Ausprobieren (so die Beklagte) bzw. eine Erprobung des Produkts vorausging, noch nicht einmal ein Anhaltspunkt, dass der „Test“ nicht durch e. selbst, sondern durch andere Tierbesitzer erfolgte, – denn das Zeichen lautete als Wortzeichen: „GETESTET von e.“ (nicht: ausprobiert von e., und insbesondere nicht: Erprobung organisiert von e.).

Ein Verständnis des Zeichens im Sinne von „Gefällt mir“, sei könne nicht angenommen werden.

Da mit dem Zeichen wörtlich mitgeteilt wird, dass ein Test durchgeführt wurde, besteht für den Verbraucher kein Anlass, das Zeichensymbol des hochgestreckten Daumens nicht als Mitteilung eines positiven Testergebnisses, sondern eines Ergebnis eines Ausprobierens und damit als Werturteil, also etwa im Sinne eines „Gefällt mir“-Statements, zu verstehen. Auch wenn im Internet üblicherweise die zeichnerische Darstellung des hochgestreckten Daumens als „Gefällt mir“-Statement verstanden wird, gibt es nicht ein dahingehendes allgemeines Zeichenverständnis. Dass allgemeine Zeichenverständnis hinsichtlich eines hochgestreckten Daumens ist das Verständnis, dass etwas gut gemacht worden ist, etwa eine gute Leistung erbracht worden, etwa, weil objektiv bestimmbare Mindestanforderungen erreicht worden sind. […]

Objektives Testverfahren erforderlich

Der Verbraucher erwarte bei einem Produkttest ein Testverfahren, das nach objektiven, einheitlich festgelegten und aussagekräftigen Kriterien durchgeführt wurde. Die Verwendung der Worte „getestet von e.“ sei ein Verweis auf einen solchen Produkttest gewesen.

Mit seiner Annahme, dass der Zeichenverwendung die Durchführung eines Produkttests zugrunde liegt, geht der Verbraucher davon aus, dass dieser Produkttest in einem Testverfahren erfolgte, welches nach objektiven und aussagekräftigen Kriterien zur Feststellung bestimmter Qualitätseigenschaften durchgeführt wurde. Der Verbraucher verbindet mit dem Begriff des Produkttests gedanklich die Anwendung eines Testverfahrens, bei der eine Testung nach einheitlich festgelegten, für die Beurteilung von Produkteigenschaften aussagekräftigen Kriterien erfolgt, die gewährleisten, dass das Vorliegen bestimmter Qualitätseigenschaften bzw. die Einhaltung von für die Testung festgelegten Qualitätsanforderungen festgestellt wird.

Für ein solches Verständnis bedarf es nicht der Verwendung des Wortes „Qualität“ zur Einordnung des Tests als ein auf die Produktqualität bezogener Produkttest. Ein Produkttest ist ein Qualitätstest (wobei der Begriff der Qualität auch quantitative Eigenschaften erfasst). Der Begriff Qualität umschreibt die einer Sache innewohnenden Merkmale. Zwar kann man an einer Sache auch einen Test durchführen, um sich auf die Sache auswirkende Umstände festzustellen; nur bezeichnet man einen solchen Test nicht als Produkttest. Die Wortangabe des von der Beklagten verwendeten Zeichens „GETESTET von e.“ war ein Verweis auf einen Produkttest.

Aufgrund der Zeichenverwendung seitens der Beklagten nimmt der Verbraucher, dass mit dem verwendeten Zeichen das Ergebnis eines Produkttests mitgeteilt wird und damit der Zeichenverwendung ein durchgeführter Produkttest zugrunde liegt, wobei der Verbraucher bei einer Produktwerbung mit dem Verweis auf einen Produkttest regelmäßig davon ausgeht, dass die Produkttestung nach objektiven Kriterien, auf einer nachvollziehbaren Tatsachengrundlage, unter Anwendung einer wissenschaftlich vertretbaren Prüfungsmethode zur Feststellung und Bewertung von Produkteigenschaften erfolgt (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 5 Rn. 2.288).

Täuschung der Verbraucher

Tatsächlich habe kein objektiver Produkttest stattgefunden, wodurch die Verbraucher getäuscht wurden.

Der Verbraucher wurde durch die Verwendung des Klagezeichens durch die Beklagte getäuscht, da die so gekennzeichneten Produkte nicht in einem vom Verbraucher angenommenen (s. oben unter a) und b)) Produkttest getestet worden waren, welches mit einem positiven Testergebnis geendet hätten. Bei dem von e. organisierten, von Tierbesitzern durchgeführten „Produkttest“ handelte es sich ausweislich der vom Kläger als Anlage vorgelegten Teilnahmebedingungen jedenfalls nicht um eine Testung des betreffenden Produkts, für die objektive, aussagekräftige Kriterien bzw. eine nachvollziehbare Tatsachengrundlage und eine bestimmte Testmethode vorgegeben gewesen wäre und die auf die Feststellung bestimmter, vor Beginn der Testung festgelegter Qualitätseigenschaften des Produkts ausgerichtet war.

Fazit

Die Werbung mit Testergebnissen und -siegeln ist immer wieder Gegenstand von Abmahnungen. Hier muss insbesondere auch genau auf die Ausgestaltung und die Darstellung geachtet werden, sonst ist schnell die Grenze zur irreführenden Werbung überschritten. Tipps zur Vermeidung der größten Fallstricke finden Sie in unserem Tipp der Woche zum Thema „Richtig werben mit Testergebnissen"

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20.09.24