Bundesrat will DSGVO-Abmahnungen komplett verbieten

Der Bundesrat hat am 17.5.2024 auf die Initiative Bayerns hin einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, nach dem ein Klagerecht für Mitbewerber nach der DSGVO ausgeschlossen werden soll. Hierzu soll § 3a UWG ergänzt werden.

Hintergrund

Sowohl in der Literatur als auch in der Rechtsprechung ist umstritten, ob Verstöße gegen die DSGVO durch Mitbewerber nach dem UWG abgemahnt und gerichtlich verfolgt werden können. Es wird einerseits die Auffassung vertreten, dass die in Kapitel VIII DSGVO getroffenen Regelungen über Rechtsbehelfe, Haftung und Sanktionen bei Datenschutzverstößen abschließend seien. Da eine Öffnungsklausel für die Verfolgung durch Mitbewerber dort nicht ausdrücklich vorgesehen ist, wird ein Vorgehen von Mitbewerbern auf Grundlage von § 3a UWG als unionsrechtswidrig angesehen. Die Gegenauffassung hält die Regelungen in der DSGVO zur Rechtsdurchsetzung nicht für abschließend. Eine auf § 3a UWG gestützte Verfolgung durch Mitbewerber nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG sei daher mit der DSGVO vereinbar.

Anlass zur Gesetzesinitiative des Bundesrates sind wohl die Google Fonts-Abmahnungen. Allerdings verkennt der Bundesrat, dass es hierbei nicht um Ansprüche eines Mitbewerbers ging, sondern um angeblich Betroffene.

Die Gewährung eines Mitbewerberklagrechts nach § 3a UWG bei Datenschutzverstößen setzt Unternehmen in besonderem Maße einem Risiko der missbräuchlichen Rechtsverfolgung aus. Es besteht die Gefahr, dass die herrschende Rechtsunsicherheit ausgenutzt wird, um gegenüber Konkurrenzunternehmen zur Förderung eigener geschäftlicher Interessen missbräuchliche Abmahnungen auszusprechen oder gerichtliche Verfahren zu führen. Die besondere Missbrauchsanfälligkeit von Datenschutzverstößen hat sich zuletzt deutlich bei der Abmahnwelle im Zusammenhang mit der Einbindung von Google Fonts auf Internetseiten gezeigt.

Zwar wurde mit § 13 Abs. 4 Nr. 2 UWG im Rahmen des Anti-Abmahngesetzes bereits eine Regelung eingeführt, die den Aufwendungsersatzanspruch im Falle einer Abmahnung von Datenschutzverstößen durch Mitbewerber für Unternehmen und Vereinen mit unter 250 Mitarbeitern ausschließt, aber diese Regelung geht dem Bundesrat nicht weit genug.

Dieses Missbrauchspotential wird durch die Regelung des § 13 Absatz 4 Nummer 2 UWG, die den Aufwendungsersatzanspruch im Falle der Abmahnung von Datenschutzverstößen durch Mitbewerber lediglich zugunsten von Unternehmen und Vereinen mit unter 250 Mitarbeitern ausschließt, nicht erschöpfend ausgeräumt.

Zu diesen negativen Effekten steht der im Falle einer Zulassung von wettbewerbsrechtlichen Mitbewerber- und Verbandsklagen erzielbare geringe Mehrwert für den Datenschutz in keinem angemessenen Verhältnis.

Verfolgung von Verstößen soll ausdrücklich ausgeschlossen werden

Nach dem Gesetzentwurf (Drs. 184/24) soll die Verfolgung von Verstößen gegen die DSGVO, das Bundesdatenschutzgesetz und sonstige zur Umsetzung der DSGVO dienende Regelungen auf Grundlage von § 3a UWG ausdrücklich ausgeschlossen werden. Hierzu soll § 3a UWG um einen weiteren Satz ergänzt werden:

Ausgenommen von Satz 1 sind Verstöße gegen die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1; L 314 vom 22. November 2016, S. 72; L 127 vom 23. Mai 2018, S. 2; L 74 vom 4. März 2021, S. 35), das Bundesdatenschutzgesetz und sonstige Vorschriften, die der Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung dienen.

Gleichzeitig soll die entsprechende Ausnahme vom Aufwendungsersatz nach § 13 Abs. 4 Nr. 2 UWG gestrichen werden.

§ 13 Absatz 4 [UWG] wird wie folgt gefasst: „(4) Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach Absatz 3 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 ausgeschlossen bei im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten.

Entscheidung des EuGH soll nicht abgewartet werden

Der BGH hatte zwei Verfahren ausgesetzt und dem EuGH die entsprechende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, eine Entscheidung hierzu ist jedoch noch nicht ergangen. Zuletzt hatte der Generalanwalt beim EuGH in seinen Schlussanträgen seine Auffassung bekanntgegeben. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Bestimmungen von Kapitel VIII der DSGVO nationalen Vorschriften nicht entgegenstehen, die Unternehmen das Recht einräumen, sich auf der Grundlage des Verbots von Handlungen unlauteren Wettbewerbs darauf zu berufen, DSGVO-Verstöße ihrer Mitbewerber zu verfolgen. Die Entscheidung soll nicht abgewartet werden.

Selbst wenn der EuGH auf die Vorlage des BGH hin (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2023, Gz. I ZR 223/19) entscheiden sollte, dass die lauterkeitsrechtliche Verfolgung von Verstößen gegen die DSGVO durch Mitbewerber nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 UWG mit der DSGVO vereinbar ist, würde es sich um eine überschießende, durch die DSGVO nicht zwingend verlangte Umsetzung handeln. Dasselbe gilt für die Zulassung von Unterlassungsklagen durch die nach § 8 Absatz 3 Nummern 2 bis 4 UWG genannten Verbände und Einrichtungen, zumal Artikel 80 Absatz 2 DSGVO die Zulassung von Verbandsklagen lediglich fakultativ in einer Öffnungsklausel vorsieht.

Sollte der EuGH entscheiden, dass die lauterkeitsrechtliche Verfolgung von Verstößen gegen die DSGVO durch Mitbewerber mit der DSGVO unvereinbar ist, dient die Ergänzung des § 3a UWG insoweit dazu, die unionsrechtskonforme Anwendung des Lauterkeitsrechts sicherzustellen.

Weiterer Ablauf

Der Bundesrat leitet seinen Entwurf nun an die Bundesregierung weiter, die hierzu eine Stellungnahme abgegeben soll. Anschließend leitet die Bundesregierung den Entwurf an den Bundestag weiter, der dann hierüber entscheidet.

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03.06.24