An zulässige Werbung werden hohe Anforderungen gestellt, grundsätzlich ist eine vorherige Einwilligung des Empfängers notwendig. Das OLG Hamm (Beschl. v. 3.5.2023 – 18 U 154/22) entschied nun, dass unter den Begriff der elektronischen Post auch Nachrichten über Social-Media-Dienste fallen und diese grundsätzlich nur nach vorheriger Einwilligung zulässig seien.

Die Klägerin ist Dienstleisterin für Immobilienmakler und vermittelte u.a. gegen Entgelt Erstkontakte zu potentiellen Verkäufern von Immobilien. Der Beklagte ist Immobilienmakler und schloss mit der Klägerin einen Vertrag, um sein Maklergeschäft durch die Gewinnung weiterer Kunden auszuweiten. Die Haupttätigkeit der Klägerin liegt darin, Anzeigen von potentiellen Immobilienverkäufern, die ohne Angabe einer Telefonnummer geschaltet wurden, mit der Bitte um Bekanntgabe der Telefonnummer anzuschreiben. Bei Anzeigen in Printmedien geschieht dies postalisch, bei Anzeigen im Internet über die jeweiligen Internet-Portale. Ziel ist es, in einem ggf. folgenden Telefonat die potentiellen Verkäufer nach der Erlaubnis zu fragen, ob sich der Vertragspartner, der Immobilienmakler, im Hinblick auf die beabsichtigte Veräußerung der Immobilie telefonisch melden dürfe. Für diese Tätigkeit war eine Vergütung vereinbart. Tatsächlich war den Verkäufern jedoch nicht bekannt, dass sich ein Makler mit Vermarktungsinteresse melden wolle, sondern nur, dass sich jemand wegen der Immobilie melden werde. Die Beklagte hingegen versprach wirksame Werbeeinwilligungen, die tatsächlich nicht vorlagen. Trotzdem stellte sie dem Beklagten ihre Leistung in Rechnung und klagte auf Zahlung. Das LG Hagen hatte die Klage in erster Instanz bereits abgewiesen.

Das OLG Hamm hat sich nun im Rahmen eines Hinweisbeschlusses dahin geäußert, die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung der Klägerin zurückzuweisen, da der zugrunde liegende Vertrag nach § 134 BGB nichtig war. Die Klägerin nahm daraufhin ihre Berufung zurück (Beschl. v. 17.5.2023 – 18 U 154/22).

Keine Einwilligung erteilt

Das Gericht stellte fest, dass der geschlossene Akquisevertrag nichtig und darauf gerichtet sei, unzulässige geschäftliche Handlungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. durchzuführen und damit zu einem wettbewerbswidrigen Handeln verpflichte.

Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, nach der die Klägerin aus der Akquise-Vereinbarung keine Rechte herleiten kann, weil der Vertrag nichtig ist.

Gemäß § 134 BGB können Verträge nichtig sein, die zur Begehung unlauteren Wettbewerbs verpflichten. Voraussetzung hierfür ist, dass der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung selbst das wettbewerbswidrige Verhalten innewohnt […]. Dies ist hier der Fall, weil die Akquise-Vereinbarung darauf gerichtet ist, unzulässige geschäftliche Handlungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. durchzuführen und damit zu einem wettbewerbswidrigen Handeln verpflichtet. […]

Auch hinsichtlich der Dienstleistung Chiffre-Kontakt liegt eine unzulässige geschäftliche Handlung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. vor. Die erstmalige Kontaktierung der Inserenten über die einzelnen Portale seitens der Mitarbeiter der Klägerin, wie es in § 5 der Akquise-Vereinbarung vorgesehen ist und mit einem Anschreiben über die Kontaktformulare der jeweiligen Immobilienportale geschieht, verstößt gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F., weil die Inserenten die für eine solche Kontaktaufnahme per elektronischer Post erforderliche vorherige ausdrückliche Einwilligung nicht erteilt haben (vgl. Senatsbeschluss vom 23.12.2021- 18 U 110/21, Rn. 9, juris).

„Elektronische Post“ weit auszulegen

Das Gericht stellte klar, dass der Begriff der „elektronischen Post“ in § 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG unionsrechtskonform auszulegen sei und berief sich hierbei auf eine Entscheidung des EuGH. Dieser entschied in einem Verfahren auf Vorlage des BGH, dass das Einblenden von Werbenachrichten im Posteingang eines kostenlosen E-Mail-Postfachs in einer Form, die tatsächlichen E-Mails ähnelt, Werbung darstelle. Diese Werbeeinblendungen seien nur mit vorheriger Einwilligung der Empfänger zulässig. Dieser Ansicht schloss sich auch der BGH an.

Der Begriff der „elektronischen Post“ in § 7 Abs. Nr. 3 UWG a.F. ist unionsrechtskonform in Einklang mit Art. 2 S. 2 lit. h der RL 2002/58/EG (EK-DSRL – Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) auszulegen und umfasst daher „jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird“. Durch die Bestimmung in Art. 13 Abs. 1 der RL 2002/58/EG, die den Begriff der elektronischen Post aufgreift und deren Verwendung reglementiert, sollen die Nutzer vor einer Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung geschützt werden (vgl. ErwG 40 der RL 2002/58/EG). Angesichts dieses Schutzzwecks befürworten sowohl der Bundesgerichtshof als auch der Europäische Gerichtshof bei Beantwortung der Frage, welche elektronischen Kommunikationsmittel unter elektronische Post zu fassen sind, eine weite und an die Entwicklung der Technologie angepasste Auslegung. […]

Der Europäische Gerichtshof hat anlässlich der Vorlagefragen durch Urteil vom 25.11.2021 diese Auffassung bestätigt und klargestellt, dass der Begriff der elektronischen Kommunikationsmittel aus technologischer Sicht entwicklungsfähig und mit Blick auf das Regelungsziel, dass den Nutzern der öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste der gleiche Grad des Schutzes personenbezogener Daten und der Privatsphäre geboten werden soll, weit auszulegen sei (vgl. EuGH, Urteil vom 25.11.2021 – C-102/20, GRUR 2022, 87 Rn. 38, 39, beck-online).

Nachrichten über Social Media = elektronische Post

Von dem Begriff der „elektronischen Post“ werden neben E-Mails, SMS und MMS auch sämtliche Nachrichten über Social Media-Dienste wie Xing, Facebook, LinkedIn oder WhatsApp erfasst, so das Gericht. Bei Nachrichten über ein Immobilienportal handle es sich zwar nicht um Social Media, die Funktionsweise sei jedoch die gleiche.

Daher fallen unter den Begriff der elektronische Post im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. neben E-Mails, SMS und MMS auch sämtliche Nachrichten über Social Media-Dienste wie Xing, Facebook, LinkedIn oder WhatsApp (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 15.01.2019 – 3 U 724/18, GRUR-RR 2019, 170 Rn. 59, beck-online; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 41. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 264; Ohly/Sosnitza/Ohly, 8. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 86).

Zwar handelt es sich bei dem Nachrichtendienst eines Immobilienportals nicht um einen Social-Media-Dienst. Die Funktionsweise des Postfachs ist jedoch dieselbe. Auch hier werden Nachrichten asynchron übermittelt und auf dem Server des jeweiligen Portalbetreibers für den jeweiligen Inserenten gespeichert, bis dieser sie abruft. Die Nachrichten erreichen den Nutzer in seinem eingerichteten und lediglich privat zugänglichen Postfach, das er über einen Nachrichten-Manager abrufen kann. Dementsprechend handelt es sich gleichermaßen um eine Art elektronischen Briefkasten. Angesichts des oben dargelegten Schutzzwecks des Art. 13 Abs. 1 RL 2002/58/EG kann daher für Nachrichten über Immobilienportale nichts anderes gelten als für Nachrichten über Social-Media-Dienste (oder per E-Mail).

Einwilligungserfordernis

Zwar hätten die Verbraucher, die Immobilien auf einer entsprechenden Plattform anbieten ein grundsätzliches Interesse an einer Kontaktaufnahme. Nicht von einer entsprechenden Einwilligung gedeckt seien hingegen Anrufe von Maklern, die darauf gerichtet sind, dem Verkäufer Maklerdienste anzubieten oder einen Maklervertrag zu schließen.

Kontaktaufnahmen seitens der Klägerin, die darauf gerichtet sind, den Inserenten Maklerdienste anzubieten, sind auch bei Vorliegen eines grundsätzlichen Interesses des potentiellen Immobilienverkäufers an einer Kontaktaufnahme nicht von einer entsprechenden Einwilligung gedeckt. Grundsätzlich gilt: Hat ein Verbraucher eine Anzeige geschaltet, in der er eine Eigentumswohnung zum Verkauf anbietet und dabei zur Kontaktaufnahme seine Telefonnummer angibt, erklärt er seine ausdrückliche Einwilligung in Telefonanrufe von Kaufinteressenten, auch in solche von Maklern, die sich für ihre Suchkunden für die angebotene Wohnung interessieren. Telefonanrufe von Maklern, die darauf gerichtet sind, dem Inserenten Maklerdienste anzubieten oder mit diesem gar einen Maklervertrag zu schließen, sind von einer solchen Einwilligung nicht gedeckt (vgl. Senatsbeschluss vom 23.12.2021 – 18 U 110/21, Rn. 9, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.6.2018 – 8 U 153/17, NJW-RR 2018, 1263, beck-online). Auch die Bestimmungen der jeweiligen Portale sind nicht geeignet, die erforderliche Einwilligung des jeweiligen Nutzers zu ersetzen (vgl. Senatsbeschluss, a.a.O.).

Alexander Kirch/Shutterstock.com

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