An zulässige Werbung werden hohe Anforderungen gestellt. Der EuGH entschied auf Vorlage des BGH, dass das Einblenden von Werbenachrichten im Posteingang eines kostenlosen E-Mail-Postfachs in einer Form, die tatsächlichen E-Mails ähnelt, Werbung darstelle. Diese Werbeeinblendungen seien nur mit vorheriger Einwilligung der Empfänger zulässig. Welche Voraussetzungen eine solche Einwilligung erfüllen müsse, entschied nun der BGH (Urt. v. 13.1.2022 – I ZR 25/19).

Im betreffenden Fall beauftragte der Beklagte eine Werbeagentur mit der Schaltung von Werbeeinblendungen in E-Mail-Postfächern von Nutzern eines kostenlosen E-Mail-Dienstes. Die Werbeanzeige erschien im E-Mail-Postfach eingereiht in den neu eingegangenen E-Mails und konnte durch Anklicken des „x“ weggeklickt werden; durch Klicken auf das Anzeigefeld und den in der Anzeige hinterlegten Hyperlink konnte die detaillierte Werbung des Beklagten auf der Zielseite aufgerufen werden. Der Kläger ist ein Mitbewerber des Beklagten und forderte von diesem Unterlassung. Die Werbung sei wettbewerbswidrig und stelle eine Irreführung und unzumutbare Belästigung der Nutzer dar, da es sich bei den Werbeeinblendungen um Versendung elektronischer Post i.S.v. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG handle. Diese sei nur rechtmäßig, wenn vorher die Einwilligung des Empfängers eingeholt wurde.

Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH u.a. die Fragen vor, ob die in Rede stehende Inbox-Werbung die Voraussetzungen einer elektronischen Post i.S.d. Richtlinie erfülle und ob durch diese Art der Werbung der Nutzer direkt angesprochen werde, sodass eine unlautere Geschäftspraktik vorliegen könnte. Das OLG Nürnberg (Urt. v. 15.1.2019 – 3 U 724/18) kam in der Vorinstanz zu dem Ergebnis, dass die Werbung nicht rechtswidrig sei.

Entscheidung des BGH: Werbung ähnlich zu Spam

Der BGH folgt in seinem Urteil den Begründungen des EuGH und qualifiziert die Inbox-Werbung als unzulässige geschäftliche Handlung i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 Abs. 2 Nr. 3 UWG.

Die Beklagte habe ihre Werbenachrichten unter Verwendung elektronischer Post verbreitet, da sie den betroffenen Nutzern über ihr E-Mail-Postfach und damit über ihre elektronische Post Werbung übermittelt habe. Außerdem habe die Inbox-Werbung den Zugang zu privaten Mails verhindert und ähnele Spam-E-Mails.

Im vorliegenden Fall wurde die Werbenachricht aus der Sicht des Adressaten in der Inbox des Nutzers des E-Mail-Systems, das heißt in einem normalerweise privaten E-Mails vorbehaltenen Bereich, angezeigt. Der Nutzer konnte diesen Bereich erst nach Überprüfung des Inhalts der Werbenachricht und nur durch aktives Löschen derselben freimachen, um einen Überblick über seine ausschließlich privaten E-Mails zu erhalten. Anders als Werbebanner oder Pop-up-Fenster, die am Rand der Liste mit privaten Nachrichten oder separat von diesen erscheinen, behinderte die Einblendung der vorliegend in Rede stehenden Werbenachrichten in der Liste der privaten E-Mails des Nutzers den Zugang zu diesen E-Mails in ähnlicher Weise wie dies bei unerbetenen E-Mails („Spam“) der Fall ist […].

Eine solche Vorgehensweise stellt eine Verwendung elektronischer Post im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der RL 2002/58/EG dar, die geeignet ist, das mit dieser Bestimmung verfolgte Ziel, die Nutzer vor einer Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung zu schützen, zu beeinträchtigen. Unter diesen Umständen wird die vom Berufungsgericht geprüfte Frage, ob Werbenachrichten wie die hier in Rede stehenden selbst die Kriterien erfüllen, die es erlauben würden, sie als „elektronische Post“ im Sinne von Art. 2 Buchst. h dieser Richtlinie einzustufen, überflüssig, da sie den betroffenen Nutzern über ihr E-Mail-Postfach und damit über ihre elektronische Post übermittelt wurden […].

Direkte und individuelle Nachricht an Verbraucher

Anschließend führten die Karlsruher Richter aus, dass die Inbox-Werbung eine Direktwerbung bezweckt habe. Diese habe entgeltliche Dienstleistung zum Gegenstand gehabt und habe somit ein kommerzielles Ziel verfolgt. Außerdem habe sich die Werbung direkt und individuell an einen Verbraucher gerichtet, weil sie in Form einer E-Mail in der Inbox des privaten E-Mail-Postfachs des betreffenden Nutzers erschienen sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Empfänger bei Zufallsprinzip ausgewählt worden seien, entscheidend sei der kommerzielle Zweck, so das Gericht.

Die Werbung richtete sich zudem direkt und individuell an einen Verbraucher, weil sie in Form einer E-Mail direkt in der Inbox des privaten E-Mail-Postfachs des betreffenden Nutzers erschien […]. Dem steht nicht entgegen, dass der Adressat der Werbenachricht nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wurde. Die Frage, ob die Werbung an einen individuell vorbestimmten Empfänger gerichtet war oder ob es sich um eine massenhafte und nach dem Zufallsprinzip vorgenommene Verbreitung gegenüber zahlreichen Empfängern handelte, ist für die Anwendung von Art. 13 Abs. 1 der RL 2002/58/EG unerheblich.   Die Adressaten solcher Werbenachrichten sind als Nutzer eines bestimmten E-MailPostfachs individualisiert, weil der Nutzer erst Zugang zu seiner Inbox erhält, nachdem er seine Anmeldedaten und sein Passwort eingegeben hat. Damit erfolgt die Einblendung am Ende dieses Prozesses der Authentifizierung durch den Nutzer in einem privaten Bereich, der ihm vorbehalten ist und für die Konsultation der privaten Inhalte in der Form von E-Mails bestimmt ist.

Keine Einwilligung der Nutzer

Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG sei die Verwendung einer elektronischen Post für die Zwecke der Direktwerbung nur bei vorheriger ausdrücklicher Einwilligung der Teilnehmer gestattet, so das Gericht. Eine Einwilligung liege im betreffenden Fall allerdings nicht vor.

Maßgeblich für eine wirksame Einwilligung sei, dass der Nutzer über die Werbenachrichten klar und präzise informiert worden sei und tatsächlich darin eingewilligt habe, Inbox-Werbung zu erhalten.

Der Umstand, dass die Nutzer, die die unentgeltliche, durch Werbung finanzierte Variante des […] -E-Mail-Dienstes gewählt haben, sich allgemein damit einverstanden erklärt haben, Werbeeinblendungen zu erhalten, um kein Entgelt für die Nutzung des E-Mail-Dienstes zahlen zu müssen […], erfüllt die Voraussetzungen einer Einwilligung nicht. Es ist vielmehr maßgeblich, ob der betroffene Nutzer, der sich für die unentgeltliche Variante des E-Mail Dienstes […] entschieden hat, ordnungsgemäß über die genauen Modalitäten der Verbreitung einer solchen Werbung informiert wurde und tatsächlich darin einwilligte, Werbenachrichten, wie sie im Streitfall in Rede stehen, zu erhalten. Insbesondere muss der Nutzer klar und präzise unter anderem darüber informiert worden sein, dass Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden. Außerdem ist erforderlich, dass der Nutzer seine Einwilligung, solche Werbenachrichten zu erhalten, für den konkreten Fall und in voller Kenntnis der Sachlage bekundet hat […].

Daraufhin stellten die Richter fest, dass eine allgemeine, nicht auf die konkrete Inbox-Werbung bezogene Einwilligung die Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung nicht erfülle. Dem stehe nicht entgegen, dass sich der Nutzer damit einverstanden erklärt habe, kein Entgelt für die Nutzung des E-Mail-Dienstes zu zahlen

Eine lediglich allgemeine, nicht auf die konkret beanstandete Werbung bezogene Einwilligung in den Erhalt von Werbeeinblendungen, um kein Entgelt für die Nutzung des E-Mail-Dienstes zahlen zu müssen, erfüllt die Voraussetzungen einer Einwilligung gemäß Art. 13 Abs. 1 der RL 2002/58/EG nicht (vgl. EuGH, GRUR 2022, 87 Rn. 58 f. – StWL Städtische Werke Lauf a.d. Pegnitz).

Fazit

Das Urteil des BGH folgt der Rechtsprechung des EuGH und stuft Inbox-Advertising als Werbung über elektronische Post ein, welche einer vorherigen Einwilligung des Empfängers bedarf. Diese Einwilligung muss informiert und in Kenntnis der Sachlage erfolgen. Eine allgemeine Einwilligung in den Erhalt von Werbung genügt den Anforderungen hingegen nicht, stattdessen muss sie sich konkret auf Inbox-Werbung beziehen.

BCFC/Shutterstock.com

image_pdfPDFimage_printDrucken