Online-Händler müssen eine Vielzahl an Informationspflichten erfüllen. Insbesondere die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben ist streng reglementiert. Das LG Düsseldorf (Urt. v. 10.2.2023 – 38 O 59/22) entschied nun, dass es sich bei den Begriffen „bekömmlich“ und „wohltuend“ um gesundheitsbezogene Angaben handelt, die nur unter den weiteren Voraussetzungen der HCVO zulässig sind.

Die Beklagte verkauft Lebensmittel über ihren Onlineshop. Auf den beanstandeten Produktseiten hieß es zu einer Frühstücksmahlzeit mit einem Zuckergehalt von 1,5 g je 100 g in der Artikelüberschrift „zuckerfrei” und unter „Beschreibung“ an erster Stelle „ohne Zucker“. Die Beschreibung der Reispapier-Blätter für Frühlingsrollen enthielt den Satz: „Das Reispaper ist kalorienarm und leicht bekömmlich“. In der Beschreibung des Kamillentees in Teebeuteln hieß es: „Aromatischduftender Kamillentee aus kontrolliert Ökologischem Anbau – wohltuend und beruhigend.“

Der Kläger, ein in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste eingetragener Wirtschaftsverband, hielt die Angaben für unzulässig, mahnte die Beklagte ab, verlangte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und die Erstattung entstandenen Kostenpauschale von € 238. Nachdem die Beklagte sich weigerte, verlangte er vor dem LG Düsseldorf Unterlassung. Das Gericht folgte der Auffassung des Klägers.

Rechtlicher Hintergrund zu gesundheitsbezogenen Angaben

Welche nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben in der Werbung für Lebensmittel verwendet werden dürfen, regelt die VO (EG) 1924/2006 (HCVO = Health-Claims-Verordnung). Bei der Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben besteht ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Gesundheitsbezogene Angaben sind nach Art. 10 Abs. 1 HCVO grundsätzlich verboten, es sei denn, sie sind nach der Verordnung ausdrücklich zugelassen.

(1) Gesundheitsbezogene Angaben sind verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II und den speziellen Anforderungen im vorliegenden Kapitel entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Artikeln 13 und 14 aufgenommen sind.

Eine Auflistung der zugelassenen Angaben findet sich im Anhang der VO (EU) 432/2012 sowie im Register der Europäischen Kommission. Zudem stehen alle Aussagen unter weiteren Bedingungen, welche ebenfalls dem Anhang der Verordnung entnommen werden können. Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist (Art. 10 Abs. 3 HCVO).

(3) Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Artikel 13 oder 14 enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.

Alle bemängelten Angaben unzulässig

Das Gericht entschied, dass alle bemängelten Angaben unzulässig seien. Bei der Angabe „zuckerfrei“ handle es sich um eine nährwertbezogene Angabe. Für nährwertbezogene Angaben gilt Art. 8 Abs. 1 HCVO. Danach dürfen nähwertbezogene Angaben nur erfolgen, wenn sie im Anhang der Verordnung aufgeführt werden, das Produkt die dort genannten Anforderungen erfüllt und es den übrigen in der HCVO festgelegten Bedingungen entspricht. Den dort festgelegten Anforderungen an die Beschreibung „zuckerfrei“ entsprach das Produkt jedoch nicht.

Die Beschreibung der Frühstückszubereitung “Granola” als “zuckerfrei” bzw. “ohne Zucker” verstößt gegen Art. 8 Abs. 1 HCVO in Verbindung mit dem Anhang zur HCVO. Nach den Vorgaben des Anhangs ist die Angabe, ein Lebensmittel sei zuckerfrei, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, nur zulässig, wenn das Produkt nicht mehr als 0,5 g Zucker pro 100 g bzw. 100 ml enthält. Das ist bei der Frühstückszubereitung der Fall, da diese 1,5 g Zucker pro 100 g enthält. Außerdem versteht der Verbraucher die Angabe “ohne Zucker” dahin, dass in dem so beschriebenen Lebensmittel kein Zucker enthalten sei.

„Bekömmlich“ und „wohltuend“ sind gesundheitsbezogene Angabe

Anschließend stellte das Gericht fest, dass es sich bei den Begriffen „bekömmlich“ und „wohltuend“ um gesundheitsbezogene Angaben i.S.d. HCVO handelt. Für diese Einschätzung sei die Sicht des Durchschnittsverbrauchers entscheidend.

Ob gesundheitsbezogene Angaben in dem beschriebenen Sinne vorliegen, beurteilt sich aus der Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, der einer geschäftlichen Handlung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt, wobei kein statistischer, sondern ein normativer Maßstab gilt und das mutmaßliche Verständnis des fiktiven typischen Verbrauchers von den Gerichten regelmäßig aufgrund eigener Sachkunde und Lebenserfahrung ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer Verbraucherbefragung unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren durch Anwendung speziellen Erfahrungswissens festzustellen ist […].

Dies beachtend enthalten die im Tatbestand wiedergegebenen Auszüge aus den Produktbeschreibungen der Reispapier-Blätter und des Tees gesundheitsbezogene Angaben.

Die Aussagen, die Reisblätter seien “leicht bekömmlich” und der Tee “wohltuend”, bringen jeweils besondere Eigenschaften der so beschriebenen Lebensmittel zum Ausdruck, weshalb es sich um “Angaben” handelt.

„Leicht bekömmlich“ = „leicht verdaulich“ oder „leicht verdaulich“

Die Angabe „leicht bekömmlich“ verstehe der angesprochene Verkehr dahin, dass das beworbene Lebensmittel „leicht verdaulich“ oder „leicht verdaulich“ sei. Hiermit werde ein Bezug zu einer Körperfunktion hergestellt und es handle sich um eine gesundheitsbezogene Angabe.

Die Angabe, die Reisblätter seien “leicht bekömmlich”, wird der angesprochene Verkehr dahin verstehen, dass diese “gut bekömmlich” oder schlicht “bekömmlich” und damit “leicht verdaulich” oder “gut verträglich” seien. Dabei handelt es jeweils um gesundheitsbezogene Angaben, die einen Bezug zu einer Körperfunktion aufweisen und nicht lediglich den Geschmack oder das allgemeine Wohlbefinden beschreiben. Ausgedrückt wird mit solchen Aussagen nach dem Verständnis des Verbrauchers, das so charakterisierte Lebensmittel werde vom Magen-Darm-Trakt gut aufgenommen und verarbeitet, verursache also in der Regel keine Verdauungsbeschwerden wie beispielsweise Magenschmerzen, Sodbrennen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Von daher erweckt die Aussage den Eindruck, das Verdauungssystem als Teil des menschlichen Körpers bleibe nach dem Verzehr des Lebensmittels verhältnismäßig gesund und intakt, das Lebensmittel beeinflusse also in diesem Sinne physiologische Funktionen günstig (vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 – I ZR 252/16 – Bekömmliches Bier [unter B IV 4 a bb und cc sowie unter B IV 4 b]).

Dieses Verständnis ist nicht auf den Kontext einer Bewerbung alkoholischer Getränke oder anderer Genussmittel wie Kaffee beschränkt.

„Wohltuend“ = Verbesserung des Gesundheitszustands

Den Begriff „wohltuend“ werde der angesprochene Verkehr ebenfalls dahin verstehen, dass der Gesundheitszustand verbessert werde.

Selbiges gilt für Aussage, der Tee sei “wohltuend”. Hiermit wird zumindest mittelbar zum Ausdruck gebracht, der Genuss des Tees sei geeignet, den Gesundheitszustand des Verbrauchers zu verbessern (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 2011 – I ZR 22/09 – Gurktaler Kräuterlikör [unter II 5]). Auch insoweit beschränken sich entsprechende Vorstellungen des Verbrauchers nicht auf alkoholische Getränke. Teezubereitungen insbesondere aus Heilpflanzen werden in Deutschland verbreitet therapeutische Wirkungen beigemessen, was weithin bekannt ist und es dem von einer Werbung für “wohltuenden” Tee angesprochenen Verbraucher nahe legt anzunehmen, der Tee werde so beschrieben, weil sein Konsum zu einer Verbesserung des gesundheitlichen Wohlbefindens führt oder führen kann.

Unzulässigkeit der Angaben

Diese Angaben seien nach Art. 10 HCVO unzulässig. Danach seien gesundheitsbezogene Angaben grundsätzlich verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen der HCVO entsprechen, gemäß der Verordnung zugelassen seien und in die Liste zugelassener Angaben aufgenommen wurden. Dies sei nicht der Fall. Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile eines Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen bzw. auf das gesundheitsbezogene Wohlbefinden hingegen sind nur zulässig, wenn ihnen eine zugelassene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist. Auch diese Anforderung sei nicht erfüllt.

Ob es sich bei den Rede stehenden Angaben um spezielle gesundheitsbezogene Angaben handelt, kann offenbleiben. Soweit dies zu bejahen sein sollte, wären sie gemäß Art. 10 Abs. 1 HCVO unzulässig, weil für die Angaben keine Zulassung besteht. Soweit sie als Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile der Lebensmittel für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden anzusehen sein sollten, wären sie – wie schon angemerkt – gemäß Art. 10 Abs. 3 HCVO nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Artt. 13 oder 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist. Das ist nicht der Fall, weil in den von der Beklagten vorgehaltenen Produktbeschreibungen keine zugelassenen speziellen gesundheitsbezogenen Angaben genannt werden.

Fazit

Die fehlerhafte Kennzeichnung von Lebensmitteln ist häufig ein Grund für Abmahnungen. Sie müssen nicht nur die Vorgaben aus der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) beachten, sondern auch die HCVO, wenn Sie mit gesundheitsbezogenen Angaben werben. Bei diesen Vorschriften handelt es sich um Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 3a UWG, die bei Verstößen abgemahnt werden können. Das Urteil des LG Düsseldorf ist keine Überraschung. Nicht nur für alkoholische Getränke (EuGH, OLG Stuttgart, LG Frankfurt [Oder], LG Ravensburg), sondern auch für andere Lebensmittel haben die Gerichte bereits entschieden, dass es sich bei dem Begriff „bekömmlich“ um eine gesundheitsbezogene Angabe handelt (LG Dessau-Roßlau).

Für unsere Kundinnen und Kunden

Bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln handelt es sich um ein komplexes Thema, welches ständigen Neuerungen unterworfen ist. Als Kunde unserer Legal Produkte finden Sie in Ihrem Legal Account umfangreiche Whitepaper, selbstverständlich auch zur Kennzeichnung von Nahrungsergänzungsmitteln und gesundheitsbezogenen Angaben nach der HCVO.

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