Online-Händler müssen eine Vielzahl an Informationspflichten erfüllen. Insbesondere die Kennzeichnung biologischer Produkte sowie die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben sind streng reglementiert. Das LG Dessau-Roßlau (Urt. v. 6.7.2022 – 3 O 12/22) befasste sich nun mit verschiedenen Verstößen gegen bestehende Informationspflichten. Dabei stellte das Gericht klar, dass die Bewerbung eines Saftes als „bekömmlich“ eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe darstelle und es sich bei den Angaben „aus eigenem & biologischem Anbau“ und „beste Bio-Qualität“ um Werbung für ein Bioprodukt handele, sodass die Codenummer der Kontrollbehörde oder Kontrollstelle anzugeben sei, die für die Kontrolle des Unternehmers zuständig ist, der die letzte Erzeugungs- oder Aufbereitungshandlung vorgenommen hat.

Die Verfügungsbeklagte betreibt einen Online-Shop, in dem sie für die Gesamtheit ihrer Produkte mit den Angaben „aus eigenem & biologischem Anbau“ sowie „beste BIO-Qualität“ warb. In ihrem Shop bot sie u.a. einen „Aroniasaft ohne Zucker“ an, ohne den Grundpreis je Mengeneinheit anzugeben. In der Produktbeschreibung des Safts hieß es zudem.: „Die Inhaltsstoffe der Früchte haben durch die Milchsäure-Fermentation eine hohe Bioverfügbarkeit und sind so leicht bekömmlich und für den Körper schnell verwertbar.“ Außerdem hatte sie keinen auf ihrer Homepage keinen zugänglichen Link auf die OS-Plattform. Daraufhin wurde sie von dem Verfügungskläger, einem eingetragenen Verein, abgemahnt und erfolgslos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Anschließend beantragte er den Erlass einer Einstweiligen Verfügung.

Der Verfügungskläger vertrat dabei die Ansicht, dass der Saft mit der unzulässigen gesundheitsbezogenen Angabe „bekömmlich“ beworben werde. Außerdem werde der Grundpreis je Mengeneinheit nicht angegeben und die Codenummer der Kontrollbehörde oder Kontrollstelle, die für die Kontrolle des Unternehmens zuständig sei, pflichtwidrig nicht gekennzeichnet. Da die Verfügungsbeklagte den Link zur Online-Plattform der EU-Kommission zur außergerichtlichen Streitbeilegung nicht eingestellt habe, verletze sie eine Marktverhaltensregel und verhalte sich insoweit ebenfalls wettbewerbswidrig.

Dieser Ansicht schloss sich das LG Dessau-Roßlau an.

Rechtlicher Hintergrund zu gesundheitsbezogenen Angaben

Welche nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben in der Werbung für Lebensmittel verwendet werden dürfen, regelt die VO (EG) 1924/2006 (HCVO = Health-Claims-Verordnung). Bei der Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben besteht ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Gesundheitsbezogene Angaben sind nach Art. 10 Abs. 1 HCVO grundsätzlich verboten, es sei denn, sie sind nach der Verordnung ausdrücklich zugelassen.

(1) Gesundheitsbezogene Angaben sind verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II und den speziellen Anforderungen im vorliegenden Kapitel entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Artikeln 13 und 14 aufgenommen sind.

Eine Auflistung der zugelassenen Angaben findet sich im Anhang der VO (EU) 432/2012 sowie im Register der Europäischen Kommission. Zudem stehen alle Aussagen unter weiteren Bedingungen, welche ebenfalls dem Anhang der Verordnung entnommen werden können. Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist (Art. 10 Abs. 3 HCVO).

(3) Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Artikel 13 oder 14 enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist.

Beschreibung von Inhaltsstoffen ist eine gesundheitsbezogene Angabe

Zunächst führte das Gericht aus, dass innerhalb der Produktbeschreibung nicht der Saft im Allgemeinen als „bekömmlich“ beworben werde, sondern die Auswirkungen der Fermentation auf dessen Inhaltsstoffe. Gleichwohl liege in der Beschreibung eine gesundheitsbezogene Angabe vor, denn mit der Aussage, dass die Inhaltsstoffe der Früchte durch die Fermentation bekömmlich seien, stelle die Verfügungsbeklagte einen Zusammenhang zwischen dem Saft und der Gesundheit her.

Diese Beschreibung ist zwar so in dieser Form nicht erfolgt, denn es heißt: „… Die Inhaltsstoffe der Früchte haben durch die Milchsäure-Fermentation eine hohe Bioverfügbarkeit und sind so leicht bekömmlich und für den Körper schnell verwertbar…“. Der Wortlaut lässt erkennen, dass die Verfügungsbeklagte nicht allgemein den Saft als bekömmlich beschreibt, sondern die Auswirkungen der Fermentation auf dessen Inhaltsstoffe. Denn sie stellt dar, dass durch diesen Fermentationsprozess die Inhaltsstoffe verändert werden und bekömmlich sind, es erfolgt keine Aussage zum Endprodukt dieses Herstellungsprozesses, insbesondere nicht die isolierte Aussage, dass der Saft bekömmlich sei. Gleichwohl liegt in dieser Beschreibung eine gesundheitsbezogene Angabe. Und in diesem Zusammenhang liegt ein Verstoß gegen Art. 3, 5, 10, 13, 14 VO (EG) Nr. 1924/2006, § 3 a UWG vor. In Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung Nr. 1924/2006 wird eine „gesundheitsbezogene Angabe“ definiert als „jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht“ […]. Das ist hier der Fall, denn mit der Aussage, dass die Inhaltsstoffe der Früchte durch die Fermentation bekömmlich sind, stellt die Verfügungsbeklagte einen solchen Zusammenhang zwischen einem Bestandteil des Lebensmittels und der Gesundheit dar. Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen diesen Begriff im konkreten Zusammenhang mit gut oder leicht verdaulich und damit im Zusammenhang mit der Gesundheit […].

„Bekömmlich“ ist unzulässige gesundheitsbezogene Angabe

Selbst wenn die bekömmliche Wirkung des Milchsäure-Fermentationsprozesses wissenschaftlich allgemein anerkannt sei, liege nichtsdestotrotz ein Verstoß gegen Art. 10 HCVO vor. Danach seien gesundheitsbezogene Angaben grundsätzlich verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen der HCVO entsprechen, gemäß der Verordnung zugelassen seien und in die Liste zugelassener Angaben aufgenommen wurden. Vorliegend sei die Angabe „bekömmlich“ weder durch die HCVO als gesundheitsbezogene Angabe zugelassen worden noch liege eine Eintragung in der Liste gem. Art. 13, 14 HCVO vor.

Das wettbewerbsrechtlich zu beanstande Verhalten folgt aus einer Verletzung von Art. 10 Abs. 1 der LGVO. Gemäß Art. 10 Abs. 1 der LGVO gilt das sogenannte „Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt“. Danach sind – wie vorstehend – gesundheitsbezogene Angaben grundsätzlich verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen der LGVO entsprechen und gemäß der Verordnung zugelassen und in die Liste zugelassener Angaben gemäß Art. 13 und 14 der Verordnung aufgenommen wurden. Daran fehlt es hier. Der Wortlaut des Art. 10 LGVO ist eindeutig, wenn er gesundheitsbezogene Angaben verbietet, sofern diese nicht den speziellen und allgemeinen Vorgaben der Verordnung entsprechen […]. Es genügt grundsätzlich bereits das Fehlen der Angabe in der Liste nach Art. 13 Abs. 3 LGVO, um das Verbot auszulösen […]. Daher kann die Behauptung der Verfügungsbeklagten, die bekömmliche Wirkung des Milchsäure-Fermentationsprozesses sei wissenschaftlich allgemein anerkannt dahingestellt bleiben, weil für die abgegebene Wirkungsaussage keine Zulassung und Eintragung in die Liste vorliegt. Bei den genannten Vorschriften handelt es sich um solche, die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Fehlende Grundpreisangabe verstößt gegen die PAngV

Außerdem habe die Verfügungsbeklagte entgegen der Verpflichtungen aus §§ 4, 5 PAngV keine Angaben zum Grundpreis je Mengeneinheit gemacht. Sie versuchte sich auf die Ausnahmeregelung in § 4 Abs. 3 Nr. 3 PAngV zu berufen. Danach entfällt die Pflicht zur Angabe des Grundpreises bei Waren, die von kleinen Direktvermarktern insbesondere Hofläden, Winzerbetrieben oder Imkern sowie kleinen Einzelhandelsgeschäften angeboten werden, bei denen die Warenausgabe überwiegend im Wege der Bedienung erfolgt, es sei denn, dass das Warensortiment im Rahmen eines Vertriebssystems bezogen wird. Onlinehändler können sich hingegen nicht auf diese Ausnahme berufen, stellte das Gericht klar.

Gem. § 4 Abs. 3 Nr. 3 entfällt die Pflicht zur Angabe des Grundpreises bei Waren, die von kleinen Direktvermarktern, insbesondere Hofläden, Winzerbetrieben oder Imkern sowie kleinen Einzelhandelsgeschäften, insbesondere Kiosken, mobilen Verkaufsstellen oder Ständen auf Märkten und Volksfesten, angeboten werden, bei denen die Warenausgabe überwiegend im Wege der Bedienung erfolgt, es sei denn dass das Warensortiment im Rahmen eines Vertriebssystems bezogen wird. Auf diesen Ausnahmetatbestand kann sich die Verfügungsbeklage nicht berufen, denn der Wettbewerbsverstoß wurde im Online-Shop, also im Internet-Angebot begangen, der nicht vom Ausnahmetatbestand erfasst ist.

Fehlende Codenummer der Kontrollstelle für Bioprodukte

Zudem entschied das Gericht, dass die Verfügungsbeklagte die bei Bio-Produkten notwendige Kontrollnummer nicht angegeben habe. Zwar beschrieben die Angaben „aus eigenem & biologischem Anbau“ und „beste Bio-Qualität“ die Gesamtheit der Produktpallette der Verfügungsbeklagten, allerdings folge nach dieser Werbung unmittelbar die Werbung für den streitgegenständlichen Saft. Daher erwarte der angesprochene Verbraucher, dass sich diese Angaben ebenso auf den Saft beziehen. Da die Verfügungsbeklagte selbst einräume, dass es sich bei dem Saft um ein Bioprodukt handele, habe sie gegen die Kennzeichnungspflichten von Bio-Produkten nach Art. 30 Abs. 1 S. 1 VO (EG) Nr. 2018/484 verstoßen. Diese Verletzung sei wettbewerbswidrig.

Die enthaltenen Angaben „aus eigenem & biologischem Anbau“ und „beste Bio-Qualität“ sollen die Gesamtheit ihrer Produktpalette mit einem gesonderten Herausstellungsmerkmal beschreiben, nämlich der Ursprünglichkeit und Naturbelassenheit der angebauten Früchte und daraus gewonnenen Produkte. Ausweislich der Anlage 4 wirbt die Verfügungsbeklagte in ihrem Online-Shop hervorgehoben mit den beiden Angaben „aus eigenem & biologischem Anbau“ und „beste Bio-qualität“. Auf der gleichen Seite folgt unmittelbar danach die Werbung für das streitgegenständliche Produkt. Daher erwartet der angesprochene Verbraucher, dass sich beide Angaben zumindest auch auf dieses Produkt beziehen. Dies umso mehr, da die vorstehenden Angaben nicht als Link ausgestaltet sind, sodass der Verbraucher nicht gesondert auf Bioprodukte weitergeleitet wird. Wenn es sich nach den Angaben der Verfügungsbeklagten um ein Bioprodukt handelt, so ist gemäß Art. 30 Abs. 1 S. 1 VO (EG) Nr. 2018/484 eine Kennzeichnung vorzunehmen. Die Verfügungsbeklagte hat eingeräumt, dass sich die Angaben auf die Früchte des Produkts beziehen. Demnach hat sie in ihrer Werbung Zutaten ihres Produktes mit der Bezeichnung „Bio“ beschrieben, ohne jedoch die entsprechenden Kennzeichnungsvorschriften einzuhalten. Damit erweist sich die Werbung als wettbewerbswidrig. Es handelt sich auch bei diesen Vorschriften um marktregulierende Vorschriften, deren Verletzung als wettbewerbswidrig und unlauter einzustufen ist und den Unterlassungsanspruch daher rechtfertigt.

Fehlender Link zur OS-Plattform

Anschließend das Gericht noch zu dem Ergebnis, dass die Verfügungsbeklagte zum Zeitpunkt der Abmahnung auch gegen die Verpflichtung verstoßen habe, einen klickbaren Link zur OS-Plattform einzustellen. Dass sie zwischenzeitlich einen solchen Link eingestellt habe, stehe der Wiederholungsgefahr nicht entgegen. Denn die Wiederholungsgefahr könne nur durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung beseitigt werden.

Die Verfügungsbeklagte hat erst mit der Stellungnahme zum Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung mitgeteilt, dass sie zwischenzeitlich den Link zur OS-Plattform eingestellt habe. Es besteht eine Verpflichtung, einen solchen Link gemäß Art. 14 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 524/O 2013 über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten einzustellen. Hierbei handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung gemäß § 3 a UWG, deren Verletzung Unterlassungsansprüche nach sich ziehen kann. Eine Erledigung oder Erfüllung ist nicht eingetreten, denn die Wiederholungsgefahr wird nur durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung beseitigt. Das Einstellen des Links hat die Wiederholungsgefahr daher nicht beseitigt. Der Verfügungsgrund wird gem. § 12 UWG vermutet.

Fazit

Die fehlerhafte Kennzeichnung von Lebensmitteln ist häufig ein Grund für Abmahnungen. Sie müssen nicht nur die Vorgaben aus der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) beachten, sondern auch die HCVO, wenn Sie mit gesundheitsbezogenen Angaben werben. Dass bei Bio-Produkten die Codenummer der Kontrollstelle angegeben werden muss, entschied bereits das OLG Celle.

Auch die seit 2016 bestehende Verpflichtung, auf die Online-Streitbeilegungsplattform zu verlinken, ist Grund unzähliger Abmahnungen und Rechtsstreitigkeiten. Hierzu entschied der BGH zuletzt, dass ein Verstoß gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung bereits dann vorliege, wenn diese zur Verlinkung auf die OS-Plattform verpflichte, ein angegebener Link aber nicht anklickbar sei.

Für unsere Kunden

Als Kunde oder Kundin unserer Legal Produkte finden Sie in Ihrem Legal Account umfangreiche Whitepaper, selbstverständlich auch zu gesundheitsbezogenen Angaben nach der HCVO, der PAngV und der Allgemeinen Streitbeilegung.

sergign/Shutterstock.com

image_pdfPDFimage_printDrucken