Preisvergleiche gehören zu den beliebtesten Verkaufsförderungsmaßnahmen. Hierbei muss jedoch die Vorgabe des § 11 PAngV beachtet werden. Danach ist gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware der niedrigste Gesamtpreis anzugeben, der innerhalb der letzten 30 Tage vor Anwendung der Preisermäßigung gegenüber dem Verbraucher angewendet wurde. Diese Vorschrift gilt seit dem 28.5.2022 und wurde im Rahmen der Umsetzung der ModernisierungsRL eingeführt. Das LG Düsseldorf (Beschl. v. 19.5.2023 – 38 O 182/22) setzte nun ein Verfahren aus und legte dem EuGH zwei Fragen zur Auslegung dieser Vorschrift zur Vorabentscheidung vor.

Aldi Süd warb in einem Prospekt online und in Papierform für sechs Lebensmittel denen jeweils ein weißes liegendes Rechteck mit abgerundeten Ecken (Preiskachel) zugeordnet war. Auf den Preiskacheln fanden sich zwei Preisangaben, nämlich in der Mitte eine größere, mit einem Sternchen versehene, und in der rechten unteren Ecke eine kleinere durchgestrichene. Überlagert wurden diese Preiskacheln von schwarz-rot-gold gestreiften Störern. Dieser war im Fall der „Rainforest Alliance Ananas“ mit dem Schriftzug „Preis-Highlight“ und bei den anderen Lebensmitteln mit Angabe einer prozentualen Reduzierung versehen. Unter jeder Preiskachel befand sich folgender Text: „Letzter Verkaufspreis. Niedrigster Preis der letzten 30 Tage: […]“. Die Preisangaben lauteten beispielsweise bei den Ananas „1.49*“ und „1.69“ in der Preiskachel und „1.39“ am Ende des Hinweistextes unterhalb der Preiskachel. Bei den „Fairtrade Bio-Bananen, lose“ lautete die Prozentangabe „-23%“ und die drei Preisangaben „1.29*“, „1.69“ und „1.29“.

Der in den Märkten der Unternehmensgruppe der Beklagten verlangte Preis für lose Fairtrade Bio-Bananen belief sich jedenfalls seit Mitte September durchgehend auf € 1,69/kg mit Ausnahme der Woche vom 19. bis zum 24. September, in der für die Bananen ein auf € 1,29/kg reduzierter Preis galt. Für die Rainforest Alliance Ananas galten während der fünf Wochen vor Angebotsbeginn (Kalenderwochen 37 bis 42) Stückpreise zwischen € 1,39 und € 1,79. Der Preis in der Woche vor Angebotsbeginn belief sich auf € 1,69.

Der Kläger, die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, hielt die Werbung in Bezug auf die Bananen und Ananas für unlauter, da sich die in Prozent angegebene Preisreduzierung nicht auf den niedrigsten Preis, den die Beklagte in den letzten 30 Tagen verlangt hat, bezog. Zudem hielt sie es für unlauter, mit einer Preisreduzierung als „Preis-Highlight“ unter Angabe eines früheren Preises zu werben, wenn der als „Preis-Highlight“ bezeichnete Preis höher ist als der Preis, den die Beklagte in den letzten 30 Tagen vor der Preisherabsetzung verlangt hat. Der Kläger wird in dem Verfahren von unserer Partnerkanzlei Dornkamp Rechtsanwälte vertreten.

Das Gericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die entsprechenden Fragen zur Vorabentscheidung vor.

Auslegung unklar

Das Gericht stellte fest, dass die Auslegung des zugrundeliegenden Art. 6a Abs. 1, 2 PreisangabenRL Fragen zur Reichweite der Regelung aufwerfe. Die Kommission vertrete in ihren unverbindlichen Leitlinien die Auffassung, dass sich die Angabe einer prozentualen Ermäßigung auf den ermittelten „vorherigen“ Preis beziehen müsse. Die Ansicht halte auch der Kläger für zutreffend, um den verfolgten Zweck, den beworbenen Preisvorteil möglichst transparent darzustellen, zu erreichen.

In den am 29. Dezember 2021 veröffentlichten „Leitlinien zur Auslegung und Anwendung von Artikel 6a der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse“, Bekanntmachung der Kommission 2021/C 526/02, hat die Kommission erläutert, wie nach ihrer – nicht verbindlichen […] – Auffassung die Vorschrift anzuwenden ist. Darin heißt es (vgl. Kommission, a.a.O. S. 135 Mitte):

»Dementsprechend ist die Preisermäßigung unter Verwendung des angegebenen „vorherigen“ Preises als Vergleichswert anzugeben, d. h. jede angegebene prozentuale Ermäßigung muss auf dem gemäß Artikel 6a ermittelten „vorherigen“ Preis beruhen. — Wenn beispielsweise die Preisermäßigung mit „50 % reduziert“ bekannt gegeben wird und der niedrigste Preis in den 30 vorangegangenen Tagen 100 EUR betrug, muss der Verkäufer 100 EUR als „vorherigen“ Preis ausweisen, auf dessen Grundlage die Ermäßigung um 50 % berechnet wird, auch wenn der letzte Verkaufspreis der Ware bei 160 EUR lag.«

Der Kläger hält diese Sichtweise für zutreffend und meint, sie entspräche dem von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL verfolgten Zweck, den beworbenen Preisvorteil möglichst transparent darzustellen. Dieser Aspekt wird auch in der Literatur zumindest für erwägenswert gehalten (vgl. Buchmann/Sauer, WRP 2022, 538 [545]).

Die Beklagte hingegen vertritt die Auffassung, begründe lediglich eine Informationspflicht, enthalte aber keine Vorgabe für die Gestaltung der Werbung.

Erste Vorlagefrage

Diesen Umstand möchte das Gericht mit seiner ersten Vorlagefrage geklärt wissen:

Ist Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL dahin auszulegen, dass ein Prozentsatz, der in einer Bekanntgabe einer Preisermäßigung genannt wird, ausschließlich auf den vorherigen Preis im Sinne von Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL bezogen sein darf?

Auf welchen Preis müssen sich Werbeaussagen beziehen?

Der Kläger vertritt zudem die Ansicht, dass sich Werbeaussagen hinsichtlich der Preiswürdigkeit eines Angebots auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen müsse, um eine Preisschaukelei zu unterbinden.

Der Kläger meint außerdem, Werbeaussagen, die den Angebotspreis als besonders preiswürdig darstellen, müssten ebenfalls auf den nach Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL ermittelten niedrigsten Preis der letzten 30 Tage bezogen sein, und leitet dieses Normverständnis aus dem Zweck der Regelung ab, eine Preisschaukelei zu unterbinden. Die Beantwortung dieser Frage ist Gegenstand der Vorlagefrage 2.

Zweite Vorlagefrage

Die zweite Vorlagefrage lautet daher:

Ist Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL dahin auszulegen, dass werbliche Hervorhebungen, mit denen die Preisgünstigkeit eines Angebots unterstrichen werden soll (wie beispielsweise die Bezeichnung des Preises als „Preis-Highlight“), dann, wenn sie in einer Bekanntgabe einer Preisermäßigung verwendet werden, auf den vorherigen Preis im Sinne von Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL bezogen sein müssen?

Soll nur die reine Informationspflicht geregelt werden?

Das LG Düsseldorf neigt jedenfalls dazu, der Ansicht der Beklagten zu folgen. Die Vorschrift regle nur, welche Informationen bereitzustellen sind, nicht hingegen, in welcher Art und Weise.

Beide Vorlagefragen sind nach Auffassung der Kammer zu verneinen. Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL regeln nach ihrem Wortlaut lediglich, wann und unter welchen Bedingungen (nämlich gemäß Art. 6a Abs. 1 PreisangabenRL bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung) welche Informationen bereitzustellen sind (nämlich der gemäß Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL ermittelte vorherige Preis). Wie diese Informationen bereitzustellen sind, wird demgegenüber weder in Art. 6a noch an einer anderen Stelle der PreisangabenRL festgelegt. Das unterscheidet die Regelung von den Vorgaben, die in der PreisangabenRL für die Angabe von Verkaufspreis und Preis je Maßeinheit enthalten sind, die gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 1 PreisangabenRL „unmißverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein“ müssen.

Vor diesem Hintergrund entspricht die Auffassung des Klägers zu Vorlagefrage 1, für die er sich auf die Kommission berufen kann und die in deren Leitlinien dahin ausgedrückt wird, dass als Bezugsgröße für die Berechnung des Preisvorteils unter allen Umständen der gemäß Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL ermittelte vorherige Preis herangezogen werden muss, nicht dem Regelungskonzept der PreisangabenRL, die sich von wenigen Ausnahmen abgesehen darauf beschränkt festzulegen, wann dem Verbraucher welche Informationen bereitzustellen sind. Es erscheint der Kammer deshalb näherliegend, die Frage, ob die von der PreisangabenRL vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher ordnungsgemäß bereitgestellt wurden, anhand der diesen Themenkreis regelnden Artt. 6 und 7 UGPRL zu beantworten, sofern nicht in der PreisangabenRL spezielle Aspekte der Informationsvermittlung geregelt sind, was für den von Art. 6a PreisangabenRL erfassten Bereich aber nicht gilt. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall die Angabe einer nicht auf den gemäß Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL ermittelten vorherigen Preis bezogenen Prozentzahl unlauter ist. Allerdings ergäbe sich die Unterlauterkeit nicht bereits allein aus der Tatsache der Nennung einer solchen Prozentzahl, sondern aufgrund einer die gesamte Gestaltung der Werbung in den Blick nehmenden Betrachtung auf der Grundlage der sich aus den Artt. 6 und 7 UGPRL ergebenden Anforderungen.

Diese Erwägungen gelten nach Ansicht des Gerichts auch für die zweite Vorlagefrage. Diese Fragen seien entscheidungserheblich, da der Fall je nach Auslegung anders zu entscheiden sei.

Fazit

Rabattwerbung ist immer wieder Gegenstand von Abmahnungen und Gerichtsverfahren, sodass hier besondere Vorsicht geboten ist. Insbesondere die neuen Vorgaben an die Werbung mit Preisermäßigungen sind noch nicht abschließend geklärt. Sollte der EuGH der Ansicht des Klägers folgen, dürften sich Preisermäßigungen, insbesondere prozentuale Preisermäßigungen, nur noch auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen.

Das OLG Hamburg und das LG Düsseldorf haben zu der neuen Vorschrift des § 11 PAngV jedenfalls bereits entschieden, dass ein Streichpreis nach der neuen Vorschrift des § 11 PAngV nicht ausdrücklich als der niedrigste Preis der letzten 30 Tage zu kennzeichnen sei.

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