Preisvergleiche gehören zu den beliebtesten Verkaufsförderungsmaßnahmen. Hierbei muss jedoch die Vorgabe des § 11 PAngV beachtet werden. Danach ist gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware der niedrigste Gesamtpreis anzugeben, der innerhalb der letzten 30 Tage vor Anwendung der Preisermäßigung gegenüber dem Verbraucher angewendet wurde. Diese Vorschrift gilt seit dem 28.5.2022 und wurde im Rahmen der Umsetzung der ModernisierungsRL eingeführt. Das OLG Hamburg (Beschl. v. 12.12.2022 – 3 W 38/22) entschied nun, dass ein Streichpreis als der niedrigste Preis der letzten 30 Tage nicht ausdrücklich als solcher zu kennzeichnen sei.

Die Antragsgegnerin warb im Internet unter der Domain https://…de für die von ihr angebotenen Waren, u. a. für das Produkt „Ananas, Getrocknet“ zu einem Preis von 3,99 € für 100g, wobei drei weitere Portionsgrößen zur Auswahl standen sowie mit dem Zusatz „ohne Zucker“. Schließlich warb die Antragsgegnerin mit einer Preisermäßigung durch Hinzufügung eines durchgestrichenen Preises (“4,99 € (20,04% gespart)“). Der Antragssteller sah hierin einen Verstoß gegen die Pflicht zur Grundpreisangabe und zur Preisermäßigung, gegen die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) und die Health-Claims-Verordnung und mahnte die Antragsgegnerin ab. Nachdem sie die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben hatte, beantragte der Antragssteller den Erlass einer einstweiligen Verfügung, den das LG Hamburg (Beschl. v. 10.11.2022 – 406 HK 113/22) ablehnte. Hiergegen richtet sich der Antragssteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

Das OLG Hamburg entschied, dass die beanstandete Werbung gegen die Pflicht zur Grundpreisangabe und die HCVO verstoße, jedoch nicht gegen § 11 PAngV.

Falsche Bezugsgröße des Grundpreises

Gem. § 4 Abs. 1 PAngV hat, wer als Unternehmer Verbrauchern Waren nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet oder unter Angabe von Preisen wirbt, neben dem Gesamtpreis auch den Grundpreis anzugeben, es sei denn, der Grundpreis ist mit dem Gesamtpreis identisch. Die Mengeneinheit für den Grundpreis ist gem. § 5 Abs. 1 PAngV jeweils 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter der Ware. Das LG Hamburg ging zuvor davon aus, dass es sich bei der angebotenen Ware um lose Ware nach § 5 Abs. 2 PAngV handle, wonach nach wie vor auch die Mengeneinheit 100 g verwendet werden kann.

Eine Ausnahme von letzter Vorgabe ist, anders als das Landgericht meint, nicht gegeben, denn es handelt sich nicht um lose Ware, bei der 100g als Mengeneinheit nach § 5 Abs. 2 PAngV zulässig wäre. Nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 5 PAngV ist lose Ware „unverpackte Ware, die durch den Unternehmer in Anwesenheit der Verbraucher, durch die Verbraucher selbst oder auf deren Veranlassung abgemessen wird“. Hier fehlt es jedoch an dem Merkmal „Abmessung auf Veranlassung“ des Verbrauchers, da die Portionen – hier 100g, 500g, 150g, 250g – vorgegeben sind. Vorliegend findet keine Abmessung, sondern eine Auswahl vorgefertigter Portionsgrößen statt.

Verstoß gegen die HCVO

Zudem stellte das Gericht fest, dass es sich bei der Angabe „ohne Zucker“ um eine nährwertbezogene Angabe handle, die den Bestimmungen der HCVO unterfällt. Nährwertbezogene Angaben dürfen nur erfolgen, wenn sie im Anhang der HCVO aufgeführt sind und den dortigen Bedingungen entsprechen. Das war vorliegend nicht der Fall.

Die Angabe, ein Lebensmittel sei zuckerfrei, sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nach dem Anhang „Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen für ihre Verwendung“ nur zulässig, wenn das Produkt nicht mehr als 0,5 g Zucker pro 100 g bzw. 100 ml enthält. Die Angabe „ohne Zucker“ hat für den Verbraucher dieselbe Bedeutung wie „Zuckerfrei“ und ist daher unzulässig, da das Produkt mehr als 0,5g Zucker pro 100g Ananas enthält. Eine Fehlvorstellung des Verbrauchers verlangt die Vorschrift nicht. Auch die im weiteren Text folgenden Angaben, „Getrocknete Ananas ungezuckert“ relativiert die Bedeutung der Angabe „ohne Zucker“ nicht inhaltlich dahin, dass damit unmissverständlich klargestellt würde, dass tatsächlich „ohne Zuckerzusatz“ od. Ähnliches gemeint sei. Aus dem Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 HCVO führt auch nicht heraus, dass der Verbraucher durch das Anklicken eines Reiters „Inhaltsstoffe“ erfahren kann, dass das Produkt 57g/100g Zucker enthält.

Ob die Werbung damit auch gegen die LMIV verstößt, konnte das Gericht offenlassen.

Durchgestrichener Preis genügt für Angabe der Preisermäßigung

Das Gericht entschied, dass die Angabe des Streichpreises und der prozentualen Ersparnis den Anforderungen des § 11 PAngV genüge. Der Verbraucher verstehe ihn nicht als ehemalige UVP, sondern gehe bei einem durchgestrichenen Preis in der Regel davon aus, dass es sich hierbei um einen Preis handelt, den der Händler vor der Preisermäßigung von seinen Kunden verlangt hat.

Die angegriffene Angabe der Preisherabsetzung ist nach Auffassung des Senats in der konkret angegriffenen Form nach dem Verständnis des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers hinreichend klar und eindeutig. Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, dass der durchgestrichene Preis aus Sicht des Verbrauchers keine bei Früchten gänzlich unübliche UVP oder gleichermaßen unübliche Angabe von Konkurrenzpreisen darstellt, sondern den vor der Preissenkung von der Antragsgegnerin geforderten Preis. Bei einem durchgestrichenen Preis geht der Verbraucher in der Regel davon aus, dass es sich hierbei um einen Preis handelt, den der Händler vor der Preisermäßigung von seinen Kunden verlangt hat (so auch: BeckOK UWG/Laoutoumai, 18. Ed. 1.10.2022, PAngV § 11 Rn. 19). Der Verbraucher ist an eine Werbung mit dem Hinweis auf eine „UVP“ gewöhnt, sodass er einen durchgestrichenen Preis ohne einen solchen Hinweis eher nicht als einen Hinweis auf eine UVP verstehen wird (vgl. BeckOK UWG/Laoutoumai, a.a.O.). Dies gilt erst Recht – wie hier – bei unverpackt angebotenen Lebensmitteln ohne Marken- oder Herstellerangabe (anders noch bei Markenartikeln: BGH, GRUR 1980, 306 – „Preisgegenüberstellung III“).

Keine Pflicht zur Erläuterung des Streichpreises

Das Gericht folgte der Vorinstanz, dass ein ausdrücklicher Hinweis, dass es sich bei dem Referenzpreis um den niedrigsten, innerhalb der letzten 30 Tage geforderten Preis handelt, nach Wortlaut und Zweck des § 11 PAngV nicht erforderlich sei. Die bloße Angabe des (niedrigsten) Referenzpreises genüge grundsätzlich den Anforderungen des § 11 PAngV.

Zweck des § 11 PAngV ist die Verbesserung der Verbraucherinformation in den Fällen, in denen eine Preisermäßigung zu Werbezwecken genutzt wird; insbesondere Abs. 1 soll verhindern, dass bei der Werbung mit Preisermäßigungen Grundpreise angegeben werden, die so zuvor nicht verlangt oder kurzzeitig zuvor angehoben wurden. Die Vorschrift bildet das preisangaberechtliche Instrument zur Bekämpfung von Mondpreisen und steht komplementär neben § 5 UWG (Sosnitza, GRUR 2022, 794, 796). Der Wortlaut von § 11 PAngV macht keine Vorgaben, wie der Referenzpreis angegeben werden soll. Auch die Gesetzesbegründung sieht eine solche zusätzliche Pflicht ausdrücklich nur vor, wenn durch weitere Angaben (z. B. weitere Preise) bei der Preisauszeichnung unklar wird, dass es sich bei dem durchgestrichenen Preis um einen Referenzpreis handelt (BR-Drucksache 669/21 v. 25.08.2021, S. 40). Artikel 6a RL 98/6/EG [Preisangaben-Richtlinie] macht nach dem Wortlaut ebenfalls keine solche Vorgabe: „(1) Bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung ist der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen bestimmten Zeitraum angewandt hat.[…].“

Fazit

Nachdem bereits das LG Düsseldorf entschieden hat, dass ein Streichpreis nach der neuen Vorschrift des § 11 PAngV nicht ausdrücklich als der niedrigste Preis der letzten 30 Tage zu kennzeichnen ist, hat sich nun auch das OLG Hamburg dieser Ansicht angeschlossen. Welche Anforderungen die am 28.5.2022 in Kraft getretene Preisangabenverordnung außerdem an die Werbung mit Preisen stellt, erfahren Sie hier.

Auch die fehlerhafte Kennzeichnung von Lebensmitteln ist häufig ein Grund für Abmahnungen. Beim Handel mit Lebensmitteln müssen Sie nicht nur die Vorgaben aus der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) beachten, sondern auch die HCVO. Sie findet nicht nur bei gesundheitsbezogenen Angaben Anwendung, sondern gilt auch, wenn Sie ein Lebensmittel mit nährwertbezogenen Angaben wie z.B. „fettarm“, „zuckerfrei“ oder „hoher Proteingehalt“ bewerben. Solche nährwertbezogenen Angaben sind grundsätzlich nur zulässig, wenn sie im Anhang der HCVO aufgeführt sind.

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