Fehlerhafte Preisauszeichnungen stehen dem Zustandekommen eines Vertrages und einer daraus resultierenden Lieferpflicht des Unternehmens nicht per se entgegen. Welche Rechtsfolgen ein solcher Preisfehler nach sich zieht, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Das OLG Frankfurt a.M. entschied nun (Urt. v. 24.11.2022 – 6 U 276/21), dass es irreführend sei, für Waren mit einer Preisangabe zu werben, wenn tatsächlich keine Bereitschaft bestehe, das so angebotene Produkt zu dem im Internet angegebenen Preis zu liefern. Die Ursache für den Preisfehler sei unerheblich.

Die Beklagte vertreibt Elektro- und Unterhaltungsgeräte in ihrem Online-Shop. Dort bewarb sie ein Computergehäuse im Rahmen einer Rabattaktion zu einem Preis von 114,90 € brutto. Die Bestellung eines Kunden zu diesem Preis stornierte die Beklagte und bot den Artikel anschließend für 175 € an. Auf zweimalige Reklamation des Kunden erklärte die Beklagte, den Artikel nur zu dem höheren Preis verkaufen zu können. Als Begründung gab sie an, es habe eine falsche Preisangabe in dem Online-Shop gegeben, die auf einer fehlerhaften Übermittlung eines Lieferanten beruhe; der angegebene Preis sei in höchstem Maße unwirtschaftlich.

Der Kläger, ein rechtsfähiger Verband, sah darin eine Irreführung und mahnte die Beklagte erfolglos ab. Die Beklagte erklärte daraufhin, das Produkt zu dem niedrigen Preis abgeben zu wollen; die Stornierung stelle ein Versehen eines Mitarbeiters dar. Dagegen erhob der Kläger Klage beim LG Gießen. Das Gericht (Urt. v. 15.10.2021 – 6 O 11/21) entschied zunächst, dass keine Irreführung vorliege, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Stornierung der Bestellung des Verbrauchers auf einem individuellen Fehler eines Mitarbeiters der Beklagten beruhe.

Auf die Berufung des Klägers hin hat das OLG Frankfurt a.M. die erstinstanzliche Entscheidung nun abgeändert und der Klage vollumfänglich stattgegeben. Es sei irreführend gewesen, dass die Beklagte das Produkt zu einem Preis von 114,90 € brutto zum Verkauf angeboten, tatsächlich aber von dem Käufer 175,00 € brutto verlangt hat.

Ursache für Preisfehler unerheblich

Nach § 5 Abs. 1 S. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Zunächst führten die Richter aus, dass es unerheblich sei, wie es zu der falschen Preisauszeichnung gekommen sei. Denn ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch setze gerade kein Verschulden voraus. Anknüpfungspunkt des Unterlassungsanspruchs sei lediglich, dass der beworbene Preis unwahr gewesen sei und damit zur Täuschung des angesprochenen Verkehrs geeignet gewesen sei.

Der Verkehr wird bei der Preisangabe in einem Online-Shop die Erwartung haben, dass er den angebotenen Artikel auch tatsächlich zu dem Preis erwerben kann. Dabei wird er zwar einkalkulieren, dass es ggf. durch begrenzte Vorräte im Einzelfall zu einer Verzögerung der Lieferung oder ggf. sogar zu einer fehlenden Lieferbarkeit kommen. Der Verkehr ist derartige Üblichkeiten gewöhnt. Der angesprochene Verkehr […] wird indes keine Veranlassung haben, einer vorbehaltslosen Preisangabe zu entnehmen, dass die Lieferung zu diesem Preis in Einzelfällen nicht zustande kommt und es nicht zu einer „Preiserhöhung“ in dem Sinne kommt, dass das Produkt nur zu einem um 50 % höheren Preis zustande kommt. Die so verstandene Angabe der Beklagten ist unwahr. Die Beklagte hat tatsächlich im konkreten Fall eine Lieferung zum Angebotspreis nicht nur einmal, sondern auf konkrete Nachfrage des Kunden auch ein zweites Mal verweigert. Unabhängig von dem – bestrittenen – Vortrag der Beklagten zu den internen Abläufen auf Seiten der Beklagten war damit die Angabe der Beklagten unwahr. Soweit die Beklagte einwendet, es habe ein Fehler der zuständigen Mitarbeiterin vorgelegen, die dem System nicht entnommen habe, dass es sich um einen Angebotsartikel gehandelt habe, kann dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Anknüpfungspunkt für den Unlauterkeitsvorwurf ist bei richtlinienkonformer Auslegung die (relevante) Unwahrheit bzw. Täuschungseignung der Angaben. Eine Täuschungsabsicht ist für den Art. 6 UGP-RL umsetzenden Irreführungsschutz des § 5 UWG nicht erforderlich […]. Auch andere Motive des Unternehmers spielen im Rahmen des § 5 UWG keine Rolle[…].

Veranlassung zu konkreter geschäftlichen Entscheidung

Es sei auch offensichtlich, dass der beworbene Preis das entscheidende Element für die Kaufentscheidung des Verbrauchers dargestellt habe. Dass es sich lediglich um einen Einzelfall gehandelt habe, stehe dieser Wertung nicht entgegen. Schließlich komme es für den Verbraucher auf die konkrete Handlung an, so das Gericht.

Es fehlt auch nicht an der nach § 5 Abs. 1 UWG erforderlichen Geeignetheit, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Es liegt auf der Hand, dass der Preis ein entscheidendes Element für die Kaufentscheidung darstellt. Dass bei einem Produkt im Wert von ca. 150 € ein Preisnachlass von 50 € ein ganz erheblicher kaufentscheidender Faktor ist, bedarf keiner ausführlichen Begründung. Auch die Tatsache, dass es sich lediglich um einen Einzelfall handelt, würde die Geeignetheit nicht in Frage stellen, da diese auf die konkrete Handlung abstellt und in der konkreten Situation für den einen Verbraucher eine Veranlassung zu einer entsprechenden geschäftlichen Entscheidung möglich ist.

Auch die Tatsache, dass es sich lediglich um einen Einzelfall handelt, würde die Geeignetheit nicht in Frage stellen, da diese auf die konkrete Handlung abstellt und in der konkreten Situation für den einen Verbraucher eine Veranlassung zu einer entsprechenden geschäftlichen Entscheidung möglich ist.

„Anlockeffekt“ für Irreführung ausreichend

Dass dem Verbraucher vor Abschluss des Kaufvertrages der tatsächliche Preis noch genannt worden sei, sei nicht entscheidend. Denn die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers, die Bestellung aufzugeben, sei infolge des Internetangebots bereits getroffen worden. Schließlich sei im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH die geschäftliche Entscheidung, zu deren Vornahme der Verbraucher durch die Irreführung veranlasst werde, weit definiert. Daher sei auch ein „Anlockeffekt“ relevant, selbst wenn es nicht zum Kauf des Produkts komme, so das Gericht.

Die Tatsache, dass dem Kunden vor Abschluss des Kaufvertrages dann der tatsächliche Preis doch noch genannt wurde, ist nicht geeignet, eine Veranlassung zu einer geschäftlichen Entscheidung auszuschließen. Dann ist die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers, die Bestellung aufzugeben, nämlich unabhängig davon schon getroffen, ob tatsächlich ein Kauf zustande kommt. Die geschäftliche Entscheidung, zu deren Veranlassung die im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG relevante Irreführung geeignet ist, ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden. In der Rechtsprechung des EuGH wird der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ im Sinne der zugrundeliegenden Art. 2 lit. k UGP-RL, zu deren Vornahme der Verbraucher durch die Irreführung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 UGP-RL voraussichtlich veranlasst wird, weit definiert. Erfasst ist nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende, aber vorgelagerte Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts […] oder das Aufsuchen eines Verkaufsportals im Internet […] . Nach diesen Maßgaben kann daher auch eine Irreführung relevant sein, die lediglich einen „Anlockeffekt“ bewirkt, selbst wenn es nicht zur endgültigen Marktentscheidung – etwa dem Kauf der Ware – kommt […].

Regelung schützt auch Mitbewerber

Die weite Definition der „geschäftlichen Handlung“ schütze nicht nur Verbraucherinteressen, sondern diene auch unmittelbar dem Mitbewerberschutz. Eine andere Wertung ließe auch ein „Ausreißer“ nicht zu, schließlich habe der Kunde vorliegend seine Kaufentscheidung bereits getroffen.

Die Veranlassung einer der endgültigen Marktentscheidung vorgelagerten geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers ist regelmäßig für Mitbewerber potentiell schädlich, etwa, weil der in das Geschäft gelockte Verbraucher sich zwar gegen den Kauf der irreführend beworbenen Ware, aber für den Kauf einer anderen Ware entscheiden mag, und den Mitbewerbern dieses Geschäft dann entgeht. Insofern bewirkt das weite Verständnis des Begriffs der „geschäftlichen Entscheidung“ gem. § 2 Nr. 1, Art. 2 lit. k UGP-RL nicht nur den von der UGP-RL vorrangig bezweckten Verbraucherschutz, sondern dient mittelbar auch dem Mitbewerberschutz […]. Der Senat sieht hierzu jedoch – auch unter dem Aspekt des von der Beklagten behaupteten „Ausreißers“ – keine Veranlassung. Der Verstoß als solcher bietet im Hinblick auf seine potentiellen Auswirkungen für den angelockten Verkehr keinen Spielraum. Zudem hatte der Kunde hier seine Kaufentscheidung sogar schon getroffen; dass es dann zu keinem Vertrag kam, lag nicht am Kaufentschluss des Kunden.

Fazit

Im Privatrecht gilt der Grundsatz, dass einmal geschlossene Verträge einzuhalten sind. Dieses Prinzip der Vertragstreue gilt grds. auch bei fehlerhaften Preisauszeichnungen. Zwar stellte der BGH im Jahr 2015 klar, dass unter besonderen Voraussetzungen eine irrtumsbedingte Anfechtung des Vertrages möglich sei. Allerdings bestimmen sich die jeweiligen Rechtsfolgen eines Preisfehlers nach den Umständen des Einzelfalls. Dass Preisfehler nicht nur Auswirkungen auf Vertragsparteien haben, sondern auch wettbewerbsrechtliche Konsequenzen bedingen können, wurde durch das OLG Frankfurt a.M. nochmals bestätigt. In unserem Rechtstipp der Woche finden Sie hilfreiche Handlungsempfehlungen bei fehlerhaften Preisauszeichnungen im Online-Shop.

Für unsere Kunden und Kundinnen

Kunden und Kundinnen unserer Legal Produkte finden in ihrem Legal Account eine Mustervorlage zur Anfechtung bei Preisfehlern.

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