Hier im Shopbetreiber-Blog wurde bereits über ein Urteil des LG Köln (Urt. v. 22.4.2021 – 81 O 102/20) berichtet. Das Landgericht Köln hatte eine Abmahnung des IDO als rechtsmissbräuchlich angesehen, und zwar unter anderem deswegen, weil der IDO seine eigenen Mitglieder vor Abmahnungen verschont. Ein weiteres Argument war – es ging in der Abmahnung um die fehlerhafte Grundpreisanzeige – dass bei Mitgliedern des IDO ebenfalls Grundpreise nicht korrekt angezeigt wurden.
Der IDO hatte gegen das Urteil des Landgerichtes Köln Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln eingelegt.
Das Oberlandesgericht Köln (Beschl. v. 25.8.2021 – 6 U 67/21) hatte in einem Beschluss darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung des IDO als offensichtlich unbegründet gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Wenn eine Berufung aus Sicht eines Oberlandesgerichtes offensichtlich unbegründet ist, besteht die Möglichkeit, die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen. Der IDO nahm daraufhin die Berufung zurück. Das Urteil des Landgerichtes Köln ist somit rechtskräftig.
In diesem Verfahren wurde, wie auch in der ersten Instanz, der Abgemahnte durch unsere Partner-Kanzlei Internetrecht-Rostock.de vertreten.
Nach Ansicht des OLG waren die vom IDO geltend gemachten Ansprüche eindeutig rechtsmissbräuchlich. Eine Vielzahl von Umständen sprächen für einen Rechtsmissbrauch:
Im vorliegenden Fall tragen die von der Antragsgegnerin detailliert dargelegten und glaubhaft gemachten Umstände (Vielzahl von Abmahnungen, von denen nur ein Bruchteil gerichtlich verfolgt werden; systematisches Verschonen der eigenen Mitglieder im Rahmen des Vorgehens gegen Wettbewerbsverstöße, insbesondere auch mit gerichtlichen Verfahren; Aufnahme von Mitgliedern typischerweise nur als „passive“ Mitglieder ohne Stimmrecht; Verhältnis der gerichtlichen Unterlassungsverfahren zu den gerichtlichen Vertragsstrafeverfahren; unangemessen hohe Zahlungen an eine freie Mitarbeiterin, die eine Schwester der Geschäftsführerin ist; systematisch zu weit gefasste vorformulierte Unterlassungsverpflichtungserklärungen) in der Gesamtbetrachtung die Feststellung, dass die Antragstellerin mit er Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder an das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen.
Nach Ansicht des OLG konnte der IDO den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs nicht entkräften. Dem OLG fehlte ein substantiierter Vortrag zur Rechtsdurchsetzungstätigkeit, zur Einnahmen- und Ausgabenstruktur, zur Mitgliederstruktur und zum Arbeitsapparat. Eine vom IDO vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin wurde durch das OLG als „inhaltsarm“ bezeichnet.
Das OLG störte sich ferner daran, dass der IDO nicht schlüssig vorgetragen und belegt hatte, dass er jemals Unterlassungsklagen gegen Vereinsmitglieder geführt hatte, für erst nach dem Eintritt in den Verein begangene Verstöße. Im Gegenteil sei die Inanspruchnahme von Vereinsmitgliedern auf Zahlung von Vertragsstrafen für Verstöße gegen Unterlassungsverpflichtungserklärungen, die vor dem Vereinsbeitritt abgegeben worden seien, eher ein Hinweis für die Richtigkeit der Behauptung, dem IDO gehe es vorrangig um die Generierung von Einnahmen.
Hinzukam, dass eine zweistellige Anzahl von IDO-Mitgliedern ebenfalls gegen Vorschriften zur Grundpreisangabe verstießen. Auch die Vereinsstruktur, die Händler sind beim IDO nur sogenannte „passive“ Mitglieder, störte den Senat.
Ebenfalls stieß dem OLG sauer auf, dass der IDO versuchte, das Gehalt einer freien Mitarbeiterin zu relativieren, die einen Stundensatz von 120,00 Euro netto erhält und 30 bis 40 Stunden in der Woche für den IDO arbeitet.
Ein solches Gehalt stand in keinem angemessenen Verhältnis zu den von der Zeugin geschilderten Tätigkeiten. Die Höhe des Gehalts wirft, wie von der Antragsgegnerin ausgeführt, auch Fragen bezüglich der Höhe des Gehalts der Geschäftsführung des Antragstellers und der von ihm anderweitig gezahlten Gehälter auf.
In der Vergangenheit haben bereits mehrere Landgerichte (u.a. LG Heilbronn, LG Potsdam, LG Hildesheim und das LG Darmstadt) einen Rechtsmissbrauch des IDO angenommen. Neben dem OLG Rostock geht nunmehr auch das OLG Köln von einem Rechtsmissbrauch des IDO aus. Es lohnt sich daher auf jeden Fall, gegen eine Abmahnung des IDO im Einzelfall wegen Rechtsmissbrauchs vorzugehen.
Falls auch Sie eine Unterlassungserklärung gegenüber dem IDO – Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e. V. abgegeben haben, nehmen Sie gerne mit uns Kontakt auf. Unsere Partnerkanzlei schaut sich an, ob eine Kündigung in Ihrem Fall in Betracht kommt und spricht diese dann auch gerne für Sie aus.
Rechtsanwalt Johannes Richard ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Kanzlei Richard & Kempcke. Er betreibt die Internetseite www.internetrecht-rostock.de und berät seit vielen Jahren Shopbetreiber und Abgemahnte.
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