Der IDO fällt immer wieder durch seine Vielzahl an Abmahnungen auf. Dies ergibt nicht nur unser monatlicher Abmahnradar, sondern auch unsere Abmahnumfrage. Nun entschied das LG Köln (Urt. v. 22.4.2021 – 81 O 102/20), dass das Verhalten des IDO im vorliegenden Fall rechtsmissbräuchlich sei.

Die Antragsgegnerin vertreibt Waren über Amazon. Im November 2020 wurde sie vom IDO wegen fehlender Grundpreisangaben abgemahnt. Sie zahlte weder die Abmahnkosten noch gab sie die geforderte Unterlassungserklärung ab. Der IDO erwirkte daraufhin eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin. Gegen diese einstweilige Verfügung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch.

Das LG Köln hat die einstweilige Verfügung aufgehoben. Unsere Partnerkanzlei Internetrecht-Rostock.de hat in diesem Verfahren die Antragsgegnerin erfolgreich vertreten. Es sei davon auszugehen, dass der IDO rechtsmissbräuchlich handle.

Missbrauch wegen „Verschonung“ eigener Mitglieder

Es sei zwar gerichtsbekannt, dass der IDO eine Vielzahl von Abmahnungen ausspreche, dieser Umstand allein sei jedoch noch nicht dazu geeignet, um von einem Missbrauch auszugehen. Für einen Rechtsmissbrauch spreche jedoch der Umstand, dass der IDO seine Mitglieder zielgerichtet nicht abmahne.

Das selektive Handeln eines Verbandes gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorzugehen und deren Wettbewerbsverstöße planmäßig zu dulden, begründet die Annahme rechtsmissbräuchlichen Verhaltens […]. Ohne dass hiermit ein abschließendes Urteil über die gesamte Tätigkeit des Antragstellers zu fällen ist, ist jedenfalls vorliegend von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten auszugehen. Das ist dann der Fall, wenn der Antragsteller gegenüber Mitbewerbern seiner Mitglieder vorgeht und dabei seine Aktivlegitimation auf Mitglieder stützt, die selbst rechtsverletzend in dem angegriffenen Bereich tätig sind.

Unserer Partnerkanzlei Internetrecht-Rostock.de war es in dem Verfahren gelungen, nachzuweisen, dass Mitglieder des IDO ebenfalls Grundpreise nicht korrekt angezeigt hatten.

So liegt es hier, da eine Vielzahl der benannten Mitglieder, auf die sich der Antragsteller stützt, selbst im Bereich der Grundpreisangabe rechtsverletzend wirbt, wie die Antragsgegnerin anhand der Anlage AG 24 konkret dargelegt hat. Danach sollen 33 der zunächst benannten 48 Mitglieder selbst gegen die Verpflichtung zur Grundpreisangabe verstoßen. Dem ist der Antragsteller auch nicht grundsätzlich entgegengetreten.

Kein Vorgehen gegen eigene Mitglieder

Der IDO berief sich darauf, im Laufe des Verfahrens die benannten Mitglieder überprüft und auf Rechtsverstöße hingewiesen zu haben. Dies änderte jedoch nichts. Nach Ansicht des Gerichts belege dies vielmehr, dass der IDO bewusst nicht gegen eigene Mitglieder vorgehe.

Zum einen belegt dies, dass der Antragsteller vor Einleitung dieses Verfahrens offenkundig keinerlei Anstalten unternommen hat, die Tätigkeit der eigenen Mitglieder auf Rechtskonformität zu überprüfen. Angesichts der Vielzahl der von der Antragsgegnerin dargelegten Verstöße kann dies nur so verstanden werden, dass der Antragsteller bewusst von der Überprüfung der eigenen Mitglieder abgesehen hat. Dabei entlastet den Antragsteller nicht, dass er nach eigenen Angaben nicht in der Lage sei, ständig 2.600 Mitglieder zu überprüfen. Er muss aber diejenigen Mitglieder, auf die er die Legitimation für sein Vorgehen gegenüber Außenstehende stützt, überprüfen.

Unterschiedliche Vorgehensweisen des IDO

Zudem spreche die unterschiedliche Vorgehensweise gegen Mitglieder und Nichtmitglieder für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten.

Zum anderen ist der Antragsteller auch nicht in gleicher Weise gegen seine Mitglieder vorgegangen wie er gegen die Antragsgegnerin vorgegangen ist. So hat er, wie die von ihm vorgelegte Anlage K 8c belegt, keineswegs seine eigenen Mitglieder abgemahnt, sondern diese vielmehr nur auf Rechtsverstöße hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Korrektur gegeben. Daraus ist zu folgern, dass der Antragsteller im Falle der Ausführung der Korrektur davon absehen wird, strafbewehrte Unterlassungserklärungen, einzuholen. Auch insoweit liegt eine systematische Ungleichbehandlung zwischen Mitgliedern des Antragstellers und Außenstehenden vor. Insgesamt belegt dieses Vorgehen für den hier maßgeblichen Mitbewerberkreis ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Antragstellers.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Fazit

Die Entscheidung des LG Köln ist nicht die erste dieser Art. Zuletzt ging das OLG Rostock bereits in zwei Entscheidungen von einem Rechtsmissbrauch aus, da der IDO seine Mitglieder gezielt nicht abmahne, ebenso das LG Heilbronn.

Zu einem Rechtsmissbrauch durch den IDO äußerten sich zuletzt ebenfalls das LG Potsdam, das LG Hildesheim und das LG Darmstadt. In diesen Verfahren war der Ansatzpunkt ein anderer – nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist für die Klagebefugnis eines Interessenverbands u.a. erforderlich, dass es ihm bei der Rechtsverfolgung um eine ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht. Der IDO nimmt Unternehmen, deren Interessen er nach seiner Satzung eigentlich fördern will, typischerweise jedoch nur als passive Mitglieder auf und schließt sie damit von der Willensbildung des Vereins aus. Dieser Umstand spreche für einen Rechtsmissbrauch.

Der Fall zeigt erneut, dass sich Widerstand auszahlt. Nach einer Abmahnung ist dringend anwaltliche Beratung zu empfehlen – und zwar durch einen Anwalt, der auf Abmahnungen im E-Commerce spezialisiert ist.

MIND AND I/Shutterstock.com

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