Wenn mit einer Herstellergarantie geworben wird, muss bereits im Online-Shop über die Garantiebedingungen informiert werden. Aber besteht eine entsprechende Informationspflicht auch dann, wenn sie gar nicht im Angebot erwähnt wird? Nein, entschied nun das LG Bielefeld (Urt. v. 26.1.2021 – 15 O 26/19). Zudem äußerte sich das Gericht zu einem Rechtsmissbrauch durch den IDO.

Die Klägerin verkauft sowohl stationär als auch online über ihren Onlineshop und über eBay Elektrogeräte. Sie bot u.a. ein Apple MacBook, einen Samsung Wäschetrockner und eine Fitbit Versa an. Für diese Artikel bestehen Herstellergarantien, auf die die Klägerin in ihrem Angebot nicht hinwies. Der IDO mahnte die Klägerin wegen der fehlenden Information hierüber ab. Die Klägerin gab weder die geforderte Unterlassungserklärung ab noch zahlte die Abmahnkosten, sondern erhob stattdessen negative Feststellungsklage, um feststellen zu lassen, dass die Abmahnung unberechtigt war und der Unterlassungsanspruch nicht besteht.

Das LG Bielefeld folgte der Klägerin. Sie verstoße nicht gegen die Informationspflichten. Zudem nahm das Gericht einen Rechtsmissbrauch durch den IDO an.

Keine ausreichenden Mitglieder auf demselben Markt

Zunächst stellte das Gericht fest, dass der IDO gar nicht anspruchsberechtigt sei. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist es u.a. erforderlich, dass dem Verband eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Diesen Mitgliederbestand konnte der IDO nicht nachweisen.

Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat einen diesen Anforderungen entsprechenden Mitgliederbestand nicht zur Überzeugung des Gerichts darzulegen vermocht. Die vorgelegten und teilanonymisierten Mitgliederlisten vermögen keinen Aufschluss zu erbringen. Das Vorbringen des Beklagten verhält sich stattdessen im Allgemeinen. Es hätte vielmehr einer detaillierten und spezifizierten Darlegung bedurft, inwieweit dem wirtschaftlichen Wirken der entsprechenden Mitglieder aus den streitgegenständlichen Branchenbereichen erhebliche Bedeutung zukommt. Insbesondere mit dem wiederholten Einwand der Klägerin, sie unterhalte im Gegensatz zu vielen der Beklagtenmitglieder zusätzlich zu ihren Online-Shops auch ein Ladenlokal, setzt sich der Beklagte nicht einmal ansatzweise auseinander. […] Die zahlreichen von den Beklagtenbevollmächtigten zitierten Gerichtsentscheidungen lassen jegliche Einordnung vermissen, inwieweit diese auf einen Sachverhalt beruhen, der dem hier zu beurteilenden Lebenssachverhalt vergleichbar sind.

Missbrauch wegen „Verschonung“ eigener Mitglieder

Zudem geht das LG Bielefeld von einem Rechtsmissbrauch durch den IDO aus. Hierfür spreche die unterschiedliche Vorgehensweise gegen Mitglieder und Nichtmitglieder.

Im Übrigen geht die Kammer nach dem beiderseitigen Vorbringen der Parteien von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Beklagten aus (§ 8 Abs. 4 UWG). Der Beklagte behandelt seine eigenen Mitglieder hinsichtlich tatsächlicher oder vermeintlicher Verstöße nicht in gleicher Weise wie Nichtmitglieder. Dem entsprechenden Vorbringen der Klägerin, die insbesondere mit dem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 02.09.2019 (Bl. 1001 ff. d.eA.) beispielhaft einige Mitglieder des Beklagten und deren Umgang mit ihrer Information über die Garantiebedingungen aufzeigt, ist der Beklagte zu keinem Zeitpunkt substantiiert entgegengetreten. […] Die Darlegung des Beklagten, wie er im Einzelnen seinen Informationsdienst gegenüber den Mitgliedern gestaltet, reicht nicht. Insoweit ist bereits zweifelhaft, ob diese Informationen die Mitglieder überhaupt erreichen, diese tatsächlich im Login-Bereich nachlesen bzw. die ihnen übermittelten E-Mails zur Kenntnis nehmen. Sicherlich ist von dem Beklagten keine systematische Überprüfung aller seiner Mitglieder zu verlangen. Allerdings fällt hier auf, dass offensichtlich nicht einmal vorgetragen werden kann, dass und wie der Beklagte gegen die von ihm im Rahmen dieses Rechtsstreits von der Klägerin namentlich bezeichneten Mitglieder vorgegangen worden ist. […] Im Übrigen lässt es der Beklagte nur bei der Vorlage zweier Abmahn-E-Mails gegen die Mitglieder […] (Anlage B 40) und […] (Anlage B 41) sowie bei auszugsweisen Zitaten mehrerer Gerichtsentscheidungen, bei denen nicht zu erkennen ist, welche Mitglieder betroffen sind, bewenden. Dieser Vortrag genügt nicht, um ein gezieltes Einwirken des Beklagten auf seine Mitglieder feststellen.

Unterlassungserklärung war zu weit gefasst

Das Gericht äußerte sich auch zum Umfang des vom IDO geforderten Unterlassungsbegehrens. Die Unterlassungserklärung sei zu weit gefasst. Hiermit solle nur eine Grundlage für spätere Vertragsstrafen geschaffen werden.

Letzten Endes steht dem Beklagten ohnehin kein Anspruch auf Aufgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wie sie sich in der Anlage K 2 darstellt zu. Beanstandet wird dort die Präsentation und Bewerbung eines Apple MacBook Pro, einer Fitbit Smartwatch sowie eines Samsung Einbauwäschetrockners. Demgegenüber ist die begehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ersichtlich zu weit gefasst. Dies spricht dafür, dass sich der Beklagte ohne entsprechende Anhaltspunkte und Verstöße seitens der Klägerin durch eine weite sprachliche Fassung der in der Unterlassungserklärung bezeichneten Produktgruppen mit einer in der Sache deutlich erweiterten Anspruchsgrundlage für eine Vertragsstrafe bevorraten will:

Während das MacBook noch unter Multimedia subsumiert werden kann, gibt es insoweit keinen Anlass, auch noch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bezüglich Elektro- und Elektronikartikel zu verlangen. Die Fitbit Smartwatch ist ebenso eher dem Bereich Multimedia und Computer zuzuordnen. Smartwatches haben die Besonderheit, dass die Darstellung der Uhrzeit sowie sonstige Zeitmessfunktionen nur eine Möglichkeit von vielen ist. Darüber hinaus sind Smartwatches typischerweise mit den Funktionen von Smartphones und deren Apps verknüpft und lassen sich ähnlich bedienen. Sie sind ersichtlich nicht dem Bereich Uhrenhandel zuzurechnen. Einbauwäschetrockner fallen landläufig unter den Begriff der Haushaltsgroßgeräte. Sie stattdessen erweiternd unter sämtliche Haushaltsgeräte oder auch Elektro- und Elektronikartikel zu fassen, ist zu weitgehend.

Keine Pflicht zur Information über Herstellergarantie

Zudem entschied das Gericht, dass die Klägerin nicht verpflichtet war, den Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag über eine vom Hersteller des Produktes gewährte Garantie zu informieren. Sie hebe diese weder in ihrem Angebot hervor noch erwähne sie diese überhaupt.

Der mit der Abmahnung sowie dem angedienten Entwurf einer strafbewehrten Unterlassungserklärung geltend gemachte Anspruch steht dem Beklagten weder aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 3a UWG bzw. § 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG i.V.m. § 312d Abs. 1, Art. 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 EGBGB noch einem anderen Rechtsgrund zu.

Es ist kein Verstoß gegen Lauterkeitsvorschriften, insbesondere kein Verstoß gegen Informationspflichten über die Garantie festzustellen. Augenscheinlich hebt die Klägerin weder das Bestehen einer Garantie werbend hervor noch erwähnt sie diese überhaupt. Sie ist nicht gehalten, im Rahmen der Anbahnung eines Fernabsatzvertrages auf das etwaige Bestehen einer gesonderten Herstellergarantie hinzuweisen und sodann die Voraussetzungen über diese Garantie und ihre Ausgestaltung mitzuteilen.

Fazit

Die Frage, ob auch über eine Herstellergarantie zu informieren ist, wenn diese gar nicht im Angebot des Unternehmers erwähnt wird, ist noch nicht abschließend geklärt und wurde bisher in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Sowohl das OLG Celle als auch das OLG Bamberg hatten ebenfalls eine entsprechende Informationspflicht verneint. Der BGH hat diese Frage mittlerweile dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt. Die Entscheidung des LG Bielefeld erging noch kurz bevor der BGH das entsprechende Verfahren ausgesetzt hat. Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH in dieser Sache entscheiden wird.

Zudem nehmen mittlerweile immer mehr Gerichte an, dass der IDO rechtsmissbräuchlich handelt. Neben dem OLG Rostock nehmen auch das LG Köln, das LG Potsdam, das LG Hildesheim, das LG Darmstadt und das LG Hildesheim  mit unterschiedlichen Argumenten einen Rechtsmissbrauch an. Eine Unterlassungserklärung kann wegen Rechtsmissbrauchs gekündigt werden. Wenn Sie bereits dem IDO gegenüber eine Unterlassungserklärung abgegeben haben sollten, kann unter Umständen eine Kündigung in Betracht kommen.

BCFC/Shutterstock.com

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