Für die Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ist dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung erforderlich. Das OVG des Saarlandes (Beschl. v. 16.2.2021 – 2 A 355/19) entschied nun, dass das Double-Opt-In Verfahren per E-Mail nicht zum Nachweis der Einwilligung in Telefonwerbung geeignet ist.
Die Klägerin ist im Bereich der Versicherungsvermittlung, der Vermögensanlage sowie der Finanzierung tätig. In diesem Zusammenhang betreibt sie telefonische Werbeansprachen. Im August 2018 wandten sich zwei Betroffene an die Beklagte, die Datenschutzbehörde, sie seien von einem Callcenter kontaktiert worden, ohne ihre Einwilligung hierzu erteilt zu haben. Die Beklagte forderte die Klägerin daraufhin zur Stellungnahme auf, da der Verdacht eines Verstoßes gegen die DSGVO bestehe. Im Rahmen ihrer Stellungnahme gab die Klägerin an, die Einwilligung sei durch ein vollständig durchlaufenes Double-Opt-In-Verfahren per E-Mail eingeholt worden, und legte eine entsprechende Online-Registrierung vor, in der zusätzlich eine E-Mail-Adresse und der Eingang einer Bestätigungsmail vermerkt waren. Auf Nachfrage der Beklagten gaben die Betroffenen an, die genannte E-Mail-Adresse sei ihnen unbekannt. Sie hätten weder eine Eintragung zu dem benannten Gewinnspiel noch eine entsprechende Bestätigung über die angegebene E-Mail-Adresse vorgenommen. Die Beklagte untersagte der Klägerin daraufhin die Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke des telefonischen Direktmarketings, soweit diese personenbezogenen Daten über die entsprechende Website oder über andere Online-Gewinnspiele generiert werden und keine Einwilligung i.S.d. Art. 4 Nr. 11 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO vorliegt, für die nach Maßgabe des Art. 7 Abs. 1 DSGVO der Nachweis geführt werden kann, dass diese unmissverständlich und zweifelsfrei von der betroffenen Person erklärt wurde. Personenbezogene Daten, für die keine solche Einwilligung nachgewiesen werden kann, seien zu löschen.
Die Klage gegen diese Anordnung hatte das VG Saarlouis (Urt. v. 29.10.2019 – 1 K 732/19) abgewiesen. Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil sei zwar zulässig, aber nicht begründet, entschied nun das OVG. Das Double-Opt-In Verfahren per E-Mail sei nicht zum Nachweis der Einwilligung in Telefonwerbung geeignet.
Das VG Saarlouis hatte entschieden, dass das Double-Opt-In-Verfahren zwar eine praktikable Möglichkeit sei, um die Einwilligung für E-Mail-Werbung einzuholen, es sei jedoch nicht geeignet, die erforderliche Einwilligung in Telefonwerbung zu dokumentieren. Es bestehe kein notwendiger Zusammenhang zwischen der E-Mail-Adresse, unter der der Teilnahmeantrag abgesandt wurde, und der in ihm angegebenen Telefonnummer. Das Gericht berief sich hierbei auf die Rechtsprechung des BGH, der bereits 2011 entsprechend entschieden hat.
Das Double-Opt-in-Verfahren ist eine praktikable Möglichkeit, um potenziellen Kunden Werbung per E-Mail zukommen zu lassen. Geht ein Teilnahmeantrag elektronisch ein, so kann dessen Absender durch eine E-Mail um Bestätigung seines Teilnahmewunschs gebeten werden. Nach Eingang der erbetenen Bestätigung kann angenommen werden, dass der Antrag tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stammt. Hat der Verbraucher durch Setzen eines Häkchens in dem Teilnahmeformular bestätigt, dass er mit der Übersendung von Werbung einverstanden ist, ist grds. hinreichend dokumentiert, dass er in E-Mail-Werbung an diese E-Mail-Adresse ausdrücklich eingewilligt hat. Der Werbende hat mit einem solchen Verfahren ausreichend sichergestellt, dass es nicht auf Grund von Falscheingaben zu einer Versendung von E-Mail-Werbung kommt. […]
Für die Bedeutung einer Bestätigungsmail im elektronischen Double-Opt-in-Verfahren für das Einverständnis des Verbrauchers mit Werbeanrufen ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass kein notwendiger Zusammenhang zwischen der E-Mail-Adresse, unter der der Teilnahmeantrag abgesandt wurde, und der in ihm angegebenen Telefonnummer besteht. So kann es zahlreiche Gründe dafür geben, dass eine falsche Telefonnummer in ein Online-Teilnahmeformular eingetragen wird. Sie reichen von der versehentlichen Falscheingabe über den vermeintlich guten Dienst, eine andere Person für ein Gewinnspiel anzumelden, bis zur Angabe der elterlichen Telefonnummer durch Minderjährige. Nicht auszuschließen ist ferner die bewusste Falscheingabe in Belästigungs- und Schädigungsabsicht oder sogar durch den tatsächlichen Inhaber der E-Mail-Adresse, um gerade nicht selbst zu Werbezwecken angerufen zu werden. Insgesamt liegt eine fehlerhafte Angabe einer Telefonnummer bei derartigen Onlineformularen keinesfalls fern (so BGH U. v. 10.2.2011, a.a.O.).
Entscheidend sei, dass durch das Double-Opt-In-Verfahren per E-Mail die „Echtheit” der Telefonnummer, die der Verbraucher bei seiner Registrierung angegeben habe, nicht überprüft werde.
Dieser Ansicht folgte das OVG. Grundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke der Direktwerbung sei die in Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO genannte Einwilligung oder eine Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, so das Gericht. Unter welchen Voraussetzungen eine Einwilligung die Grundlage für eine rechtmäßige Verarbeitung personenbezogener Daten darstellt, bestimme Art. 7 DSGVO. Beruht die Verarbeitung auf einer Einwilligung, müsse der Verantwortliche nachweisen können, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat.
Damit muss schon nach allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung die datenverarbeitende Stelle den für sie günstigen Umstand der - ausnahmsweisen - Zulässigkeit einer Datenverarbeitung auf Grundlage einer Einwilligung nachweisen. Erweist sich die Einwilligung als unwirksam oder kann der Werbende das Vorliegen der Einwilligung nicht nachweisen, so ist die Verarbeitung der Daten auf dieser Grundlage rechtswidrig. […] Bereits aus der Regelungssystematik der DS-GVO (Art. 7 Abs. 1, 4 Nr. 11 DS-GVO) folgt, dass der für die Verarbeitung Verantwortliche den Umstand einer wirksamen Einwilligungserteilung - wie hier z.B. gegenüber der Beklagten als Aufsichtsbehörde - nachweisen muss. Dieser Nachweis ist durch eine entsprechende Dokumentation zu ermöglichen.
Zu Recht habe das Verwaltungsgericht festgestellt, dass die im Double-Opt-In erlangte Einwilligung nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO genügt, weil der Klägerin im Fall der von ihr angerufenen Betroffenen nicht der Nachweis gelungen ist, dass diese in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt haben.
Die Klägerin hatte sich neben der Einwilligung noch auf die berechtigten Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO für die Verarbeitung berufen. Das Verwaltungsgericht hatte hierzu entschieden, dass der Klägerin verwehrt sei, auf die berechtigten Interessen zurückzugreifen, da auch die nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG erforderliche Einwilligung fehle. An dieser Feststellung habe das Gericht keine ernstlichen Zweifel. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass die Datenverarbeitung nur noch dann ausgeschlossen sei, wenn die Interessen und Rechte des Betroffenen die berechtigten Interessen des Verantwortlichen überwiegen würden und dass das wettbewerbsrechtliche Ergebnis gerade nicht für sich alleine die datenschutzrechtliche Zu- bzw. Unzulässigkeit der Werbemaßnahmen nach sich ziehe, sondern lediglich einen von mehreren Faktoren darstelle.
Das überzeugt nicht. Die Klägerin verkennt, dass die Bewertungsmaßstäbe des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, welcher der Umsetzung der RL 2002/58/EG dient, auch im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO zu berücksichtigen wären. Es ist zwar zutreffend, dass auch die Verarbeitung personenbezogener Daten für Direktwerbung ein berechtigtes Interesse nach dem Erwägungsgrund 47 DS-GVO darstellen kann. Aber auch in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Ziele, die mit der Verarbeitung verfolgt werden, unionrechtskonform sein müssen. Daher gilt auch in diesem Zusammenhang die Wertung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG Geltung beanspruchen, mit der Folge, dass sich die Klägerin nicht auf ein „berechtigtes“ Interesse berufen kann. Für dieses Ergebnis spricht im Übrigen auch die Forderung, für die Auslegung des Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO als Ausgangspunkt konkret gefasste Erlaubnistatbestände aus dem nationalen Recht heranzuziehen, um dem allgemeinen Erlaubnistatbestand Konturen zu verleihen und Rechtssicherheit herzustellen.4 Dennoch begründen die von der Klägerin im Zulassungsverfahren erhobenen Einwände nicht den Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Entscheidung entspricht der bisherigen Rechtsprechung, nach der das Double-Opt-In-Verfahren per E-Mail nicht ausreicht, um eine Einwilligung telefonische Werbung zu dokumentieren. So entschied zuletzt noch das OLG Frankfurt, dass kein notwendiger Zusammenhang zwischen der angegebenen E-Mail-Adresse und der angegebenen Telefonnummer bestehen müsse. Hierfür trägt der Werbende jedoch die Beweislast.
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