Nach wie vor ist umstritten,
ob Verstöße gegen die DSGVO abgemahnt werden können. Das LG Stuttgart (Urt. v. 20.5.2019
– 35 O 68/18 KfH) hat dies nun verneint. Hintergrund ist die Frage, ob die
DSGVO die Rechtsfolgen bei Verstößen abschließend regelt. Ein entsprechender Entwurf
zum Gesetz gegen Abmahnmissbrauch, der auch Verstöße bestimmter Unternehmen
gegen die DSGVO ausnimmt, wird gerade im Bundesrat beraten.
Im entschiedenen Fall vertrieb ein Händler Kraftfahrzeugteile über eBay, ohne die Nutzer jedoch über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten zu informieren. Hierfür wurde er von einem Wettbewerbsverband abgemahnt.
Der Kläger stützte seinen Hauptantrag auf § 13 TMG. Hierzu entschied das Gericht jedoch, dass diese nationale Regelung seit der ab dem 25.5.2018 geltenden DSGVO keinen Anwendungsbereich mehr habe. Daher konnte der Beklagte am 16.7.2018 nicht mehr gegen diese Vorschrift verstoßen.
Der Hilfsantrag des Klägers war jedoch auf Art. 13 DSGVO gestützt. Das Gericht war sich bewusst, dass die Meinungen noch immer auseinander gehen, ob die DSGVO eine abschließende Regelung der Sanktionen enthält.
Hierzu stellte das LG Stuttgart zunächst fest, dass diese Frage momentan streitig und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Das Gericht schloss sich jedoch der Ansicht an, dass die DSGVO die Rechtsfolgen abschließend regle.
Hierfür spricht, dass die Datenschutzgrundverordnung eine detaillierte Regelung der Sanktionen enthält. Nach Art. 57 VO(EU) 2016/679 ist die Durchsetzung Aufgabe der Aufsichtsbehörden. Hinzukommen in den Art. 77 ff. VO(EU) 2016/679 Regelungen über Rechtsbehelfe. Nach Art. 79 VO (EU) 2016/679 hat jede betroffene Person, also die Person, in deren Datenschutzrechte vermeintlich eingegriffen wurde, das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf. Die Vertretung der Betroffenen ist in Art. 80 VO (EU) 2016/679 geregelt. Nach dem Absatz 1 kann die betroffene Person bestimmte Einrichtungen mit der Durchsetzung ihrer Rechte beauftragen. Darüber hinaus können die Mitgliedsstaaten nach dem Absatz 2 vorsehen, dass bestimmte Einrichtungen die Rechte auch ohne einen Auftrag im Sinne von Absatz 1 durchsetzen. Hierdurch kommt zum Ausdruck, dass der europäische Gesetzgeber eine eigenmächtige Verfolgung von Verstößen durch Dritte nur zulassen will, wenn die in der Norm genannten Voraussetzungen erfüllt sind und der nationale Gesetzgeber dies geregelt hat. Mit Blick auf diese konkrete Regelung kann man auch nicht annehmen, dass die Klagebefugnis Dritter aus den Bestimmungen des Art. 82 bzw. Art. 84 VO (EU) 2016/679 folgt […].
Das Gericht entschied weiter, dass wegen dieser abschließenden Regelung keine Durchsetzung über das UWG erfolgen könne.
Andernfalls würde die differenzierte Regelung in der Datenschutzgrundverordnung konterkariert werden, was mit dem Vorrang europäischen Rechts nicht in Einklang gebracht werden kann. Dies gilt umso mehr, als die Datenschutzgrundverordnung gar keine wettbewerbsschützende Zielrichtung hat. Zwar dient sie nach Art. 1 Abs. 1 VO (EU) 2016/679 dem Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Der Schutz erfolgt aber nicht aufgrund der Eigenschaft als Verbraucher sondern unabhängig davon.
Von der Ermächtigung des Art. 80 Abs. 2 DSGVO habe der
deutsche Gesetzgeber keinen Gebrauch gemacht, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG könne nicht
als entsprechende Umsetzung angesehen werden.
Zudem stünden dem Kläger wegen dieser abschließenden Regelung
der DSGVO auch keine Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG zu.
Zwar nennt § 2 Abs. 1 Nr. 11 UKIaG ausdrücklich Vorschriften, die die Zulässigkeit der Erhebung personenbezogener Daten regeln. Die Bestimmung wurde aber lange vor der Datenschutzgrundverordnung in das Gesetz aufgenommen. Auch insoweit kann nicht angenommen werden, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 UKIaG als Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung anzusehen, nachdem die weiteren Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 2 VO (EU 2016/679) keine Berücksichtigung finden.
Die DSGVO regle die Sanktionen bei Verstößen abschließend. Der Kläger sei danach nicht berechtigt, Unterlassungsansprüche geltend zu machen.
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