Die Zulässigkeit von Abmahnungen durch Mitbewerber wegen Verstößen gegen den Datenschutz ist lange schon umstritten. In einem weiteren Urteil zu dieser ungeklärten Frage entschied das OLG München, dass Datenschutznormen keine Marktverhaltensregeln und damit auch nicht wettbewerbsrechtlich abmahnbar seien.
Heißt es nach diesem Urteil nun Entwarnung?
Die Parteien in dem Rechtsstreit sind zwei Gaslieferanten, die im direkten Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen. Die Antragsgegnerin hat Werberundschreiben gezielt an ehemalige Kunden versendet, die zuvor von der Antragsstellerin abgeworben wurden, um diese zur Rückkehr zu bewegen.
Hierin sah die Antragsstellerin einen Wettbewerbsverstoß und machte einen Unterlassungsanspruch geltend. Die zuvor beim LG Augsburg beantragte einstweilige Verfügung wurde abgelehnt. Hiergegen legte die Antragsstellerin Berufung ein.
Das OLG München (Urt. v. 12.01.2012 - 29 U 3926/11) wies die Berufung der Antragsstellerin als nicht begründet zurück. Nach Auffassung des Gerichts liege kein Wettbewerbsverstoß vor, da es sich bei den möglicherweise verletzten Datenschutzvorschriften nicht um Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG handele.
Ob die Antragsgegnerin mit ihrem Handeln tatsächlich gegen Datenschutzvorschriften verstoßen hat, könne nach Auffassung der Richter dahinstehen und wurde daher nicht weiter geprüft.
Die Urteilsbegründung stützt das Gericht allein auf die Auffassung, dass Gegenstand des Datenschutzrechts nicht der Schutz des Einzelnen in der Rolle als Marktteilnehmer sei, sondern allein der Schutz des Persönlichkeitsrechts. Hieraus leitet es lapidar ab:
„Die Bestimmungen des BDSG stellen ungeachtet dessen, dass sich ihre Verletzung im Geschäftsleben durchaus auswirken kann, grds. keine Marktverhaltensregelungen dar“
Um zu diesem Ergebnis zu kommen, nimmt das Gericht jedoch keine eigene Wertung vor, sondern zitiert lediglich eine Reihe von Quellen, die dieses Ergebnis belegen sollen, während Quellen mit entgegenstehenden Argumenten völlig ausgeblendet werden.
Das Urteil mag für Online-Händler im Ergebnis zunächst erfreulich klingen, jedoch stellt es nur eine weitere Entscheidung aus einer Reihe von äußerst uneinheitlicher, instanzgerichtlicher Rechtsprechung dar. Insofern kann keine Entwarnung hinsichtlich der Abmahngefahr für Datenschutzverstöße gegeben werden, zudem liefert das Urteil keinerlei neue Argumente für die Debatte oder gar einen Lösungsansatz.
Da die Frage der Abmahnbarkeit von Datenschutzverstößen somit weiterhin nicht abschließend geklärt ist, sollten Online-Händler, die eine Abmahnung wegen der Verletzung von datenschutzrechtlichen Vorschriften erhalten, diese daher auf keinen Fall ignorieren. Wie bei jeder anderen Abmahnung, sollte stattdessen unverzüglich der Rat eines spezialisierten Rechtsanwalts eingeholt werden. (lk)