OLG Koblenz zur Gestaltung des Kündigungsbuttons

Durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge wurde zum 1.7.2022 u.a. mit § 312k BGB der Kündigungsbutton eingeführt. Für dessen Ausgestaltung bestehen genaue gesetzliche Vorgaben. Das OLG Koblenz (Urt. v. 19.9.2024 – 2 U 437/23) entschied nun, dass neben dem Kündigungsbutton auch weitere Kündigungsoptionen zulässig seien. Die gesetzlich vorgeschriebene leichte Zugänglichkeit fordere jedoch, dass die Kündigungsmöglichkeiten gleichberechtigt dargestellt werden.

Die Beklagte bietet Verbrauchern die Möglichkeit zum Abschluss von Telekommunikationsverträgen, insbesondere die Bereitstellung von regelmäßigen und wiederkehrenden Telekommunikationsdienstleistungen. Die mit der Beklagten geschlossenen Verträge können über die von der 1&1 Telecommunication SE betriebenen Seite „www.1und1.de“ gekündigt werden. Dazu findet sich auf der Internetseite ein Link „Vertrag kündigen“, über die der Nutzer auf die Bestätigungsseite „https://control-center.1und1.de/kuendigung“ gelangt. Dort findet sich das Kündigungsformular mit Eingabefeldern für die gesetzlich vorgesehenen Angaben, das auch mit diesem Wort überschrieben ist, darunter die Bestätigungsschaltfläche „Jetzt kündigen“ sowie darüber zunächst die Texte „Schade, dass Sie kündigen wollen“ und „Schnell kündigen mit wenigen Klicks. Nutzen Sie unseren Kündigungs-Assistenten.“, anschließend eine Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“ und die weiteren Wahlmöglichkeiten „Kostenloser Rückruf“, „Telefonische Anfrage“, „Chat mit 1&1 Experten“ und „Zum Angebot“ (...).

Bei Betätigung der Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“ öffnet sich ein Fenster, in dem sich der Kunde durch Eingabe von Kundennummer oder Nutzername und Passwort ins „1&1 Control-Center“ einloggen kann. Wird dieses weggeklickt, befindet man sich wieder auf der ursprünglichen Bestätigungsseite.

Der Kläger, die Verbraucherzentrale NRW, mahnte die Beklagte wegen dieser Darstellung der Bestätigungsseite ab. Er vertrat die Ansicht, dass die Bestätigungsseite aufgrund der vorgeschobenen weiteren Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“ nicht unmittelbar und leicht zugänglich i.S.d. § 312k Abs. 2 S. 4 BGB seien.

Das LG Koblenz entschied zunächst, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zustehe. Gegen diese Entscheidung richtet sich seine Berufung, die nun vor dem OLG Koblenz Erfolg hatte. Das Gericht entschied, dass die Bestätigungsseite nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche. Die Verbraucherzentrale NRW hat die Entscheidung veröffentlicht.

Rechtlicher Hintergrund

Nach § 312k Abs. 2 BGB hat der Unternehmer sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Der Kündigungsprozess gliedert sich in 3 Stufen. Auf der ersten Stufe muss eine „Kündigungsschaltfläche“ vorgehalten werden. Diese muss mit den Wörtern „Vertrag hier kündigen“ oder einer ähnlichen Formulierung betitelt sein. Anschließend erfolgt eine Weiterleitung auf die sog. „Bestätigungsseite“, die die zweite Stufe darstellt. Auf dieser Bestätigungsseite soll der Kündigende die Möglichkeit erhalten, weitere Angaben zu seiner Person bzw. zu seinen Vertragsdaten zu machen, sodass der Empfänger die für ihn wesentlichen Informationen erkennen kann.

Auf der Bestätigungsseite wiederum ist entsprechend der dritten Stufe eine „Bestätigungsschaltfläche“ vorzuhalten, die mit den Wörtern „Jetzt kündigen“ zu beschriften ist. Diese hat bei Klick tatsächlich die Kündigung auszulösen. § 312k Abs. 2 S. 4 BGB nF verlangt sodann, dass die Schaltflächen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sind. Die Schaltflächen sollen demzufolge ohne vorherige Anmeldung auf der Webseite erreicht werden können.

(2) Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags nach Absatz 1 Satz 1 über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Sie muss den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die

1.den Verbraucher auffordert und ihm ermöglicht Angaben zu machen
a) zur Art der Kündigung sowie im Falle der außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund,
b) zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit,
c) zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags,
d) zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll,
e) zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn und

2.eine Bestätigungsschaltfläche enthält, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.

Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein.

Nach § 312k Abs. 3 BGB muss der Unternehmer gewährleisten, dass der Verbraucher seine abgegebene Kündigungserklärung mit dem Datum und der Uhrzeit der Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger so speichern kann, dass erkennbar ist, dass sie durch das Betätigen des Kündigungsbuttons abgegeben wurde. Zudem muss der Unternehmer nach Abs. 4 S. 1 dem den Inhalt, das Datum und die Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sofort auf elektronischem Wege in Textform zu bestätigen.

Die wichtigsten Informationen zum Kündigungsbutton haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst.

Alternative Kündigungsmöglichkeiten zulässig

Auch das OLG Koblenz stellte klar, dass es zulässig sei, neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsbutton alternative Kündigungsmöglichkeiten vorzusehen. Gleichzeitig müsste allerdings die Voraussetzungen des Kündigungsbuttons erfüllt sein.

Der Kläger rügt mit Recht, dass die von der Beklagten zur Verfügung gestellte Bestätigungsseite nicht gemäß den gesetzlichen Anforderungen aufgebaut ist. Zwar ist es dem Unternehmer nicht verboten, zusätzlich zu dem vom Gesetz vorgegebenen Weg eine alternative Kündigungsmöglichkeit über das Kundenkonto vorzusehen, wie hier der auf der Bestätigungsseite zuoberst eingerichtete „Kündigungs-Assistent“ (BeckOK BGB/Maume a.a.O. Rn. 39; BeckOK IT-Recht/Föhlisch, 15. Ed. 1.7.2024, BGB § 312k Rn. 11). Die nachfolgend unter der Überschrift „Kündigungsformular“ eingerichtete (sofortige) Kündigungsmöglichkeit genügt aber nicht der geforderten leichten Zugänglichkeit i.S.d. § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB. […]

Dem Landgericht ist zunächst darin zu folgen, dass die Beklagte auf der Bestätigungsseite neben der gesetzlich vorgesehenen Art der Kündigung auch eine Kündigung über einen „Kündigungs-Assistenten“ vorhalten darf, mit dem die Kündigung nur erfolgen kann, wenn der Kunde sich zunächst bei seinem Kundenkonto anmeldet. Das Gesetz verbietet dies nicht, es will aber sicherstellen, dass die beschriebene (gesetzliche) Kündigungsmöglichkeit auf jeden Fall leicht zugänglich vorhanden ist (BeckOK BGB/Maume, a.a.O. Rn. 7; Koch/Erman a.a.O. Rn. 1). Die von der Beklagten zusätzlich zur Verfügung gestellte Kündigungsmöglichkeit über das Einloggen in das Kundenkonto mag, was der Senat konzediert, auch für einen Teil der Kunden einfacher sein, als umfassend die Vertragsdaten angeben zu müssen.

Kündigungsmöglichkeiten müssen gleichberechtigt nebeneinander stehen

Das OLG Koblenz kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass die konkrete Ausgestaltung der Bestätigungsseite den Verbraucher von der Abgabe seiner Kündigungserklärung über den Kündigungsbutton abhalte. Dies liege an der optischen Gestaltung.

Soweit das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Gestaltung der Seite diesen Vorgaben Rechnung trägt und beide Kündigungsmöglichkeiten gleichberechtigt untereinander stehen, hält dies aber rechtlicher Prüfung nicht stand. Vielmehr ergibt die gebotene Abwägung aller maßgeblichen Umstände im wertenden Blick auf das – verbraucherschützende – Motiv der Neuregelung, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausführlich erörtert, dass die Gestaltung der Bestätigungsseite nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

Wenn der Kunde von der Kündigungsseite auf die Bestätigungsseite gelangt ist, auf der er die Kündigungserklärung direkt abgeben können soll, sticht ihm die leuchtend gelb gestalte Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“ ins Auge. Dies ist in der Regel der Fall, bevor der Kunde das Kündigungsformular und den Bestätigungsbutton zur Kenntnis nehmen kann. Über den „Kündigungs-Assistenten“ gelangt er sodann zu einer Einstellung, die den Kunden über das Einloggen in sein Kundenkonto zu einer Kündigungsmöglichkeit führt. Diese Kündigungsmöglichkeit erfüllt, was die Beklagte auch eingeräumt hat, nicht die gesetzlichen Vorgaben des § 312k Abs. 2 BGB, ist aber – wie bereits gezeigt – durch diese Vorschrift auch nicht verboten. Über dem Button steht – fettgedruckt – einleitend: „Schnell kündigen mit wenigen Klicks. Nutzen Sie unseren Kündigungs-Assistenten“. Dies kann und wird regelmäßig beim Durchschnittskunden den Eindruck erwecken, er könne nur über diese Schaltfläche die Kündigungserklärung abgeben und ihn von der nachfolgenden „gesetzlichen Kündigungsmöglichkeit“ mit Ausfüllen des „Kündigungsformulars“ und dem Betätigen des Buttons „Jetzt kündigen“ fernhalten.

Zugänglichkeit des Kündigungsbuttons erschwert

Der Kündigungsbutton trete optisch hinter dem „Kündigungsassistenten“ zurück und stehe nicht gleichberechtigt zur Verfügung. Die gesetzlich vorgeschriebene leichte Zugänglichkeit fordere zumindest, dass beide Kündigungsmöglichkeiten ebenbürtig dargestellt werden und gleichzeitig zur Kenntnis genommen werden können, was hier jedoch gerade nicht der Fall sei.

Nicht auf jedem digitalen Endgerät ist zudem immer die ganze Bestätigungsseite vollständig zu sehen, so dass der Verbraucher häufig (zunächst) nur den Kündigungs-Assistenten zur Kenntnis nehmen wird. Die gesetzlich vorgesehene Kündigungsmöglichkeit über die Eingabe bestimmter Daten und die Betätigung des Bestätigungsbuttons kann er hingegen häufig nur wahrnehmen, wenn er die Seite herunterscrollt. Sie tritt dadurch markant hinter die Kündigungsmöglichkeit mittels „Kündigungs-Assistent“ zurück und steht optisch keinesfalls gleichberechtigt zur Verfügung. Zudem ist der Bestätigungsbutton in blau gehalten, also farblich deutlich zurückgenommen gegenüber dem leuchtenden Gelb des „Kündigungs-Assistenten“.

Eine Erklärung, warum es neben dem Kündigungs-Assistenten auch das Kündigungsformular gibt und dass es sich nur um verschiedene Möglichkeiten handelt, die Kündigung zu erklären und dafür jeweils andere Daten mitgeteilt werden müssen, findet sich auf der Bestätigungsseite nicht. Der Kunde muss sich selbst erschließen, dass er durch Ausfüllen und Absenden des Kündigungsformulars ebenfalls kündigen kann, wohingegen der Kündigungs-Assistent als einfache Kündigungsmöglichkeit angepriesen wird.

Durch die Gestaltung wird deshalb eher Verwirrung gestiftet und die Zugänglichkeit des Kündigungs-Buttons (unnötig) erschwert. Die gesetzlich vorgeschriebene leichte Zugänglichkeit (faktische Erreichbarkeit) fordert zumindest, dass beide Kündigungsmöglichkeiten ebenbürtig dargestellt werden und gleichzeitig zur Kenntnis genommen werden können, was hier gerade nicht der Fall ist.

Fazit

Für die Gestaltung des Kündigungsbuttons bestehen genaue gesetzliche Vorgaben. Das OLG Koblenz entschied nun, dass das Zurverfügungstellen weiterer Kündigungsmöglichkeiten dem gesetzlichen Kündigungsbutton nicht entgegenstehe. Voraussetzung sei jedoch, dass die Kündigungsmöglichkeiten gleichberechtigt zur Verfügung stehen.

Zuletzt entschied das OLG Nürnberg, dass der Kündigungsbutton nicht erst nach einem Login in das Kundenkonto zugänglich sein dürfe. Das OLG Düsseldorf hatte zuvor bereits klargestellt, dass es unzulässig sei, eine Anmeldung mittels Benutzernamen und Passwort bzw. Vertragsnummer und Postleitzahl zu verlangen. Entsprechend entschieden bereits das LG München I und das LG Köln. In einem anderen Verfahren entschied das LG München I, dass es nicht genüge, wenn der Kündigungsbutton erst nach einem weiteren Klick sichtbar wird. Zudem reiche es nicht aus, wenn er in kleinerer Schrift als die übrige Webseite gehalten und im Gegensatz zum Button zu den Angeboten nicht farblich hinterlegt sei. Mittlerweile mehren sich die Entscheidungen zur Ausgestaltung.

01.10.24