OLG Hamburg: „Kündigungsabsicht abschicken“ als Beschriftung für Kündigungsbutton unzureichend

Durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge wurde zum 1.7.2022 u.a. mit § 312k BGB der Kündigungsbutton eingeführt. Das OLG Hamburg (Urt. v. 26.9.2024 – 5 UKl 1/23) entschied nun, dass die Pflicht, einen Kündigungsbutton vorzuhalten, nicht nur für die Website des Unternehmers selbst, sondern auch für Websites Dritter, „über die“ den Verbrauchern ein Vertragsschluss ermöglicht wird, gelte. Zudem genüge die Formulierung „Kündigungsabsicht abschicken“ nicht als Beschriftung der Bestätigungsschaltfläche.

Die Beklagte bietet auf dem Portal verivox.de Verbrauchern den Abschluss von Strom- und Gasverträgen an. Möchten Verbraucher den über die Webseite verivox.de abgeschlossenen Strom- und/oder Gasvertrag auf verivox.de kündigen, erhalten sie hierzu eine Information vom Webseitenbetreiber.

Ausgestaltung Vergleichsportal

Klicken Verbraucher auf dieser Seite auf die Schaltfläche „Verträge hier kündigen“, gelangen sie auf die URL https://www...de/kuendigungsschreiben/anbieter/. Auf dieser ist eine Übersichtsliste mit Links zu den Anbieterseiten hinterlegt. Ein Link zur Webseite der Beklagten findet sich hier aber nicht.

Die Beklagte bietet auch auf ihrer Webseite l...de Verbrauchern den Abschluss von Strom- und Gasverträgen an. Dort hält sie unter https://www...de/vertrag-kuendigen/eine Bestätigungsseite für die Online-Kündigung von Verträgen bereit. Am Ende der Maske findet sich eine Bestätigungsschaltfläche mit den Worten „Kündigungsabsicht abschicken“.

Ausgestaltung BEstätigungsschaltfläche

Der Kläger, der Bundesverband der Verbraucherzentralen vzbv, macht geltend, das Verhalten der Beklagten verstoße gegen § 312k Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Beklagte stelle nicht sicher, dass Verbraucher eine Kündigung nach den Vorgaben des § 312k BGB abgeben könnten. Auf der Webseite v...de fehle ein Hinweis, dass die über diese Webseite abgeschlossenen Strom- und Gasverträge auch online gekündigt werden könnten. Die Webseite v...de verweise nicht auf das Kündigungsformular der Beklagten https://www...de/vertrag-kuendigen/.

Ebenso beanstandet der Kläger die Ausgestaltung auf https://www...de/vertrag-kuendigen/. Es müsse auf der Bestätigungsseite eine sog. Bestätigungsschaltfläche zu finden sein, mit welcher der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben könne. Diese Bestätigungsschaltfläche müsse mit den Worten „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. 

Das OLG Hamburg bestätigte den Unterlassungsanspruch des Klägers. Die Pflicht, einen Kündigungsbutton vorzuhalten, gelte nicht nur für die Website des Unternehmers selbst, sondern auch für Websites Dritter, „über die“ den Verbrauchern ein Vertragsschluss ermöglicht wird. Zudem genüge die Formulierung „Kündigungsabsicht abschicken“ nicht als Beschriftung der Bestätigungsschaltfläche. Hierbei handle es um keine Formulierung, die der Beschriftung „jetzt kündigen“ entspreche.

Rechtlicher Hintergrund

Nach § 312k Abs. 2 BGB hat der Unternehmer sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Der Kündigungsprozess gliedert sich in 3 Stufen. Auf der ersten Stufe muss eine „Kündigungsschaltfläche“ vorgehalten werden. Diese muss mit den Wörtern „Vertrag hier kündigen“ oder einer ähnlichen Formulierung betitelt sein. Anschließend erfolgt eine Weiterleitung auf die sog. „Bestätigungsseite“, die die zweite Stufe darstellt. Auf dieser Bestätigungsseite soll der Kündigende die Möglichkeit erhalten, weitere Angaben zu seiner Person bzw. zu seinen Vertragsdaten zu machen, sodass der Empfänger die für ihn wesentlichen Informationen erkennen kann.

Auf der Bestätigungsseite wiederum ist entsprechend der dritten Stufe eine „Bestätigungsschaltfläche“ vorzuhalten, die mit den Wörtern „Jetzt kündigen“ zu beschriften ist. Diese hat bei Klick tatsächlich die Kündigung auszulösen. § 312k Abs. 2 S. 4 BGB nF verlangt sodann, dass die Schaltflächen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sind. Die Schaltflächen sollen demzufolge ohne vorherige Anmeldung auf der Webseite erreicht werden können.

(2) Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags nach Absatz 1 Satz 1 über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Sie muss den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die

1.den Verbraucher auffordert und ihm ermöglicht Angaben zu machen

a) zur Art der Kündigung sowie im Falle der außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund,
b) zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit,
c) zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags,
d) zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll,
e) zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn und

2.eine Bestätigungsschaltfläche enthält, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein.

Nach § 312k Abs. 3 BGB muss der Unternehmer gewährleisten, dass der Verbraucher seine abgegebene Kündigungserklärung mit dem Datum und der Uhrzeit der Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger so speichern kann, dass erkennbar ist, dass sie durch das Betätigen des Kündigungsbuttons abgegeben wurde. Zudem muss der Unternehmer nach Abs. 4 S. 1 dem den Inhalt, das Datum und die Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sofort auf elektronischem Wege in Textform zu bestätigen.

Die wichtigsten Informationen zum Kündigungsbutton haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst.

Kündigungsbutton auch auf Websites Dritter

Die Pflicht, einen Kündigungsbutton vorzuhalten, gelte nicht nur für die Website des Anbieters selbst, sondern auch für Websites Dritter, „über die“ den Verbrauchern ermöglicht wird, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr abzuschließen. Dabei handle es sich zumindest auch um die Webseite, auf der der Verbraucher aus seiner Sicht den Bestellprozess beginnt. Das Gericht verwies hierbei auf eine Entscheidung des OLG Celle, das bereits entschied, dass der Kündigungsbutton auf der Website vorgehalten werden müsse, auf der aus Sicht der Verbraucher der Bestellprozess beginnt. Diese Pflicht gelte unabhängig davon, ob die Website vom Unternehmer selbst oder einem Dritten betrieben wird.

Hier bietet die Beklagte unstreitig (auch) auf der Webseite v...de Verbrauchern den Abschluss von Strom- und Gasverträgen mit ihr an (vgl. Anlage K1). Dann muss auf dieser Dritt-Webseite – wie der Kläger zu Recht geltend macht – auch eine Online-Kündigungsmöglichkeit über eine sog. Kündigungsschaltfläche vorgesehen sein. […] Denn da der Vertragsschluss über die Webseite v...de ermöglicht wird, muss die Beklagte auch dort eine Online-Kündigungsmöglichkeit über eine sog. Kündigungsschaltfläche vorsehen.

Insoweit schließt sich der Senat der rechtlichen Bewertung des OLG Celle (GRUR-RS 2024, 21679 – Gitarrenkurs) an. Hiernach ist die sog. Kündigungsschaltfläche gem. § 312k Abs. 1 und 2 BGB auf der Webseite anzubringen, „über die“ den Verbrauchern ermöglicht wird, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr abzuschließen. Dabei handelt es sich zumindest auch um die Webseite, auf der der Verbraucher aus seiner Sicht den Bestellprozess beginnt (OLG Celle GRUR-RS 2024, 21679 Rn. 5 – Gitarrenkurs).

Im Streitfall ist über die Webseite v...de ein Anbieterwechsel zur Beklagten möglich. Somit beginnt der Bestellprozess in einem solchen Fall über die Webseite v...de.

Das Unterlassen des Anbringens einer sog. Kündigungsschaltfläche gem. § 312k Abs. 1 und 2 BGB auf der Webseite verstößt gegen § 312k Abs. 2 Satz 1 BGB. Die Beklagte muss sich gem. § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG und § 8 Abs. 2 UWG die Handlungen der in ihren Verkaufsprozess eingebundenen V. GmbH als Beauftragter zurechnen lassen.

Die Beklagte konnte ihre Pflicht zur Anbringung einer Kündigungsschaltfläche nicht dadurch erfüllen, dass sie diese nur auf ihrer Webseite l...de angebracht hat (vgl. OLG Celle GRUR-RS 2024, 21679 Rn. 7 – Gitarrenkurs). Denn jedenfalls wird über v...de unstreitig (auch) ein Vertragsschluss mit der Beklagten ermöglicht, so dass nach dem Gesetzeswortlaut auf dieser Webseite auch eine sog. Kündigungsschaltfläche gem. § 312k Abs. 1 und 2 BGB (mit Weiterleitung auf eine Bestätigungsseite gem. § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB, die dann die Webseite der Beklagten sein kann) vorzusehen ist.

Vorgaben für die Buttonbeschriftung

Das Gericht stellte zudem noch einmal die Vorgaben für die Beschriftung des Kündigungsbuttons klar.

Nach § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BGB muss die sog. Bestätigungsschaltfläche, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann, gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein.

Nach § 312k Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BGB muss die sog. Kündigungsschaltfläche den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die eine sog. Bestätigungsschaltfläche enthält, über die der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann. Diese Bestätigungsschaltfläche muss mit den Wörtern „jetzt kündigen“ beschriftet sein. Andere Angaben sind wiederum nur zulässig, wenn sie ebenso eindeutig sind. Entscheidend ist, dass die Beschriftung zum Ausdruck bringt, dass das Betätigen der Schaltfläche unmittelbar Rechtsfolgen nach sich zieht und der Verbraucher den Vertrag mit dem Betätigen der Schaltfläche normalerweise verliert (vgl. Wendehorst in MüKo BGB, 9. Aufl., § 312k Rn. 22). Diese Bestätigungsschaltfläche („Kündigungsbutton“) bringt den Kündigungsvorgang des Verbrauchers zum Abschluss, wenn dieser die entsprechende Schaltfläche per Klick betätigt. An den Kündigungsbutton werden vom Gesetzgeber konkrete grafische und inhaltliche Anforderungen gestellt (Stiegler in VuR 2021, 443, 448).

„Kündigungsabsicht abschicken“ als Beschriftung nicht ausreichend

Soll eine alternative Formulierung verwendet werden, müsse diese entsprechend eindeutig formuliert sein. Dieser Anforderung werde die Formulierung „Kündigungsabsicht abschicken“ nicht gerecht. Es entstehe der Eindruck, dass damit noch keine endgültige Kündigungserklärung verbunden sei.

Im Hinblick auf eine alternative Formulierung gilt, dass – wie im Rahmen der Kündigungsschaltfläche – bezüglich der Bestätigungsschaltfläche eine entsprechend eindeutige Formulierung gewählt werden muss. Es geht um Rechtsklarheit (Maume in BeckOK BGB, 71. Ed., § 312k Rn. 30). Die Schaltfläche darf nur mit den Worten „jetzt kündigen“ oder einen entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Es gelten rigide Maßstäbe und der sprachliche Spielraum für den Unternehmer ist sehr schmal (Maume in BeckOK BGB, 71. Ed., § 312k Rn. 30). Problematisch erscheinen Formulierungen, die das Wort „jetzt“ nicht enthalten (Stiegler in VuR 2021, 443, 449). Nicht zulässig erscheinen zudem Formulierungen, die die Endgültigkeit der Betätigung des Kündigungsbuttons teilweise falsch suggerieren, wie „Wirklich kündigen?“ oder „Kündigungsprozess abschließen“ (vgl. Stiegler in VuR 2021, 443, 449).

Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze ist eine Bestätigungsschaltfläche „Kündigungsabsicht abschicken“ nicht ebenso eindeutig wie „jetzt kündigen“. Jedenfalls kann bei der Formulierung „Kündigungsabsicht abschicken“ und dabei vor allem dem gewählten Wort „Kündigungsabsicht“ der Eindruck entstehen, dass noch keine endgültige Kündigungserklärung damit verbunden ist. Die gewählte Formulierung bringt nicht klar zum Ausdruck, dass das Betätigen der Schaltfläche unmittelbar Rechtsfolgen nach sich zieht und der Verbraucher den Vertrag mit dem Betätigen der Schaltfläche normalerweise verliert. Damit genügt diese Formulierung nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Hamburg zeigt, dass die aus § 312k BGB resultierende Verpflichtung, eine Kündigungsschaltfläche vorzuhalten, nicht auf die eigene selbst betriebene Website begrenzt ist.

Mittlerweile mehren sich die Entscheidungen zur Ausgestaltung. Zuletzt äußerte sich hierzu das. Sowohl das OLG Nürnberg, das OLG Düsseldorf, das LG München I als auch das LG Köln entschieden bereits, dass der Kündigungsbutton ohne Login erreichbar sein müsse. Zudem hat das LG Hamburg klargestellt, dass die Kündigungsschaltfläche unmittelbar auf die Bestätigungsseite führen müsse.

In einem anderen Verfahren entschied das LG München I, dass es nicht genüge, wenn der Kündigungsbutton erst nach einem weiteren Klick sichtbar wird. Zudem reiche es nicht aus, wenn er in kleinerer Schrift als die übrige Webseite gehalten und im Gegensatz zum Button zu den Angeboten nicht farblich hinterlegt sei.

Zuletzt entschieden das OLG Koblenz, das LG Koblenz und das LG Frankfurt, dass das Zurverfügungstellen weiterer Kündigungsmöglichkeiten dem gesetzlichen Kündigungsbutton nicht entgegenstehe.

30.10.24