LG Hamburg: Hinweis auf Mehrwertsteuer und Versandkosten im Warenkorb zu spät

Der Hinweis auf die enthaltene Mehrwertsteuer und ggf. anfallende Versandkosten muss „vor Einleitung des Bestellvorgangs“ erteilt werden. Der BGH entschied bereits, dass ein entsprechender Hinweis erst im Warenkorb zu spät sei. Das LG Hamburg (Urt. v. 11.7.2024 – 327 O 120/24) stellte nun noch einmal klar, dass diese Informationen bereits vor dem Einlegen in den Warenkorb angegeben werden müssen.

Die Beklagte betreibt einen Onlineshop, über den sie insbesondere Bekleidungswaren, Schuhwaren, Kopfbedeckungen und Accessoires anbietet und verkauft. Zu dem von der Beklagten im Onlineshop angebotenen Produktportfolio gehört unter anderem eine Jacke, die von der Beklagten beworben und zum Verkauf angeboten wird. Auf der Produktseite findet sich insbesondere kein Hinweis, dass die Umsatzsteuer im angebotenen Preis enthalten ist und ob zusätzlich Versandkosten anfallen.

Der Kläger, die Wettbewerbszentrale, mahnte die Beklagte wegen des Angebots der genannten Jacke wegen Verstoßes gegen §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG iVm § 6 Abs. 1 PAngV mit Schreiben vom 16.1.2024 ab und forderte sie zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Dies blieb erfolglos.

Das LG Hamburg entschied nun, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustehe. Der Hinweis auf die enthaltene Mehrwertsteuer und ggf. anfallende Versandkosten dürfe dem Verbraucher nicht erst gegeben werden, wenn er den Bestellvorgang durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb bereits eingeleitet habe. Er benötige die Informationen bereits, bevor er die Ware in den Warenkorb lege.

Verletzung einer Informationspflicht

Nach § 6 PAngV hat, wer als Unternehmer Verbrauchern Waren oder Leistungen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages anbietet, zusätzlich zu den nach § 3 Abs. 1 und 2 PAngV und § 4 Abs. 1 und 2 PAngV verlangten Angaben anzugeben, dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und ob zusätzlich Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten anfallen. Hierbei handle es sich um eine Informationspflicht nach §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG.

In Fällen der Verletzung einer Informationspflicht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation ist die Unlauterkeit nach §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG zu beurteilen (BGH GRUR 2022, 1832, 1834 Rn. 16 – Herstellergarantie IV). Nach § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen (Nr. 1), und deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (Nr. 2). Gemäß § 5b Abs. 4 UWG gelten als wesentlich i. S. d. § 5a Abs. 1 UWG auch Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. Nach § 6 PAngV hat, wer als Unternehmer Verbrauchern Waren oder Leistungen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages anbietet, zusätzlich zu den nach § 3 Abs. 1 und 2 PAngV und § 4 Abs. 1 und 2 PAngV verlangten Angaben anzugeben, dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und ob zusätzlich Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten anfallen.

Hinweis im Warenkorb zu spät

Die Produktseite der Beklagten enthielt keinen Hinwies darauf, dass der von ihr für die angebotenen Waren ausgelobte Preis die Umsatzsteuer enthält sowie ob zusätzlich Versandkosten anfallen. Damit habe sie die entsprechenden Informationen i.S.d. § 5a Abs. 1 UWG vorenthalten. Diese Informationen dürften dem Verbraucher nicht erst gegeben werden, wenn er den Bestellvorgang durch Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb bereits eingeleitet habe. Er benötige sie bereits, bevor er die Ware in den Warenkorb lege.

Die Beklagte gibt ausweislich Anlage (…) auf der Angebotsseite insbesondere die wesentlichen Informationen darüber nicht an, dass der von ihr für die angebotenen Waren ausgelobte Preis die Umsatzsteuer enthält sowie ob zusätzlich Versandkosten anfallen. Das genügt für ein Vorenthalten im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG. Denn auf ein etwaiges Vorhalten dieser Informationen im Checkout (nach Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb) kommt es nicht an, weil der Verbraucher seine geschäftliche Entscheidung bereits mit dem Einlegen in den Warenkorb trifft, für die er alle wesentlichen Informationen benötigt (BGH, MMR 2010, 237 (237) Rn. 26 – Kamerakauf im Internet).

Kein Rechtsmissbrauch

Die Beklagte versuchte sich damit zu verteidigen, dass die Abmahnung rechtsmissbräuchlich sei, da die beigefügte Unterlassungserklärung erheblich zu weitgehend sei, § 8c Abs. 2 Nr. 5 UWG. Der Kläger verlange, die Beklagte solle es unterlassen „sonstige Preisbestandteile“ und/oder „sonstige Kosten“ nicht anzugeben, ohne zu definieren, was das sei. Dieser Argumentation erteilte das Gericht eine klare Absage. Es seien keine Anhaltspunkte für einen Rechtsmissbrauch erkennbar.

Anhaltspunkte für eine Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung sind nicht erkennbar. Solche liegen insbesondere nicht in der aus § 6 PAngV entnommenen Formulierung “und sonstige Preisbestandteile”. Zwar wurde nicht konkretisiert, welche weiteren Preisbestandteile beim Angebote der Beklagten fehlten – inhaltlich dürfte es sich nur um die Angabe der Umsatzsteuer und die der Fracht-, Liefer- und Versandkosten handeln –, jedoch ergibt sich hieraus nicht, dass die Abmahnung auch nur zu einem Anteil sachfremde Interessen verfolgt hat. Rechtsmissbrauch wäre nur dann anzunehmen, wenn unter Berücksichtigung der gesamten Umstände der Schluss gerechtfertigt erscheint, dass sich der Unterlassungsgläubiger bei der Rechtsverfolgung überwiegend von sachfremden Zielen hat leiten lassen (BGH Urteil vom 07. 03. 2024 – I ZR 83/23, NJW 2024, 1649 Rn. 22 – Vielfachabmahner II). Anders als die Beklagte meint, ergibt sich aus der vorformulierten Unterlassungsverpflichtungserklärung auch nicht, dass die Beklagte verpflichtet werden soll, Verstöße gegen mögliche zukünftige Fassungen der PAngV zu unterlassen, weil diese nicht kerngleich wären mit dem auf die konkrete Verletzungsform der Anlage (…) beschränktem Unterlassungsbegehren.

22.01.25