OLG Bamberg: Werbung mit „Fatburner“ ist unzulässiger Health Claim

Die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben, sog. Health-Claims, ist durch die EU streng reglementiert und immer wieder Gegenstand von Abmahnungen. Das OLG Bamberg (Urt. v. 4.12.2024 – 3 UKl 3/24 e) entschied nun, dass es unzulässig sei, ein Produkt mit der Bezeichnung „Fatburner“ zu vertreiben.

Die Beklagte bewarb auf ihrer Website das Produkt „Figura Fatburner“. Dabei waren auf der Schauseite der Verpackung die Produktbezeichnung „Figura Fatburner“ sowie der Zusatz „Mit Cholin und Chrom für den Fettstoffwechsel“ festgehalten. Zudem wurde auf den „Zitrus-Guarana-Komplex“ verwiesen. Auf der Rückseite der Produktverpackung hieß es: „Der Fettstoffwechsel ist ein hochkomplexes System, zu dem auch die Fettverbrennung gehört. Jeder weiß, dass körperliche Betätigung und eine kalorienreduzierte Diät dabei eine wichtige Rolle spielen. Doch man kann noch mehr tun. [...] Figura Fatburner Kapseln enthalten Wirkstoffe*, die den Fettstoffwechsel unterstützen.

* Cholin trägt zu einem normalen Fettstoffwechsel bei. Chrom trägt zu einem normalen Stoffwechsel von Makronährstoffen (Fett, Eiweiß, Kohlenhydrate) bei. Zudem ist die bewährte Kombination aus Zitrusfrüchten plus Guayana enthalten“.

Der Kläger, die Verbraucherzentrale Hessen, sah in dieser Darstellung eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe und damit einen Verstoß gegen die Health-Claims-VO und mahnte die Beklagte erfolglos ab.

Das OLG Bamberg entschied, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustehe. Die Produktbezeichnung „Fatburner“ stelle eine gesundheitsbezogene Angabe dar, die

Rechtlicher Hintergrund

Welche nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben in der Werbung für Lebensmittel verwendet werden dürfen, regelt die VO (EG) 1924/2006 (HCVO = Health-Claims-Verordnung). Bei der Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben besteht ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Gesundheitsbezogene Angaben sind nach Art. 10 Abs. 1 HCVO grundsätzlich verboten, es sei denn, sie sind nach der Verordnung ausdrücklich zugelassen.

(1) Gesundheitsbezogene Angaben sind verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II und den speziellen Anforderungen im vorliegenden Kapitel entsprechen, gemäß dieser Verordnung zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Artikeln 13 und 14 aufgenommen sind.

Eine Auflistung der zugelassenen Angaben findet sich im Anhang der VO (EU) 432/2012 sowie im Register der Europäischen Kommission. Zudem stehen alle Aussagen unter weiteren Bedingungen, welche ebenfalls dem Anhang der Verordnung entnommen werden können. Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffs oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Art. 13 oder 14 HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist (Art. 10 Abs. 3 HCVO).

Spezifische gesundheitsbezogene Angabe

Das Gericht stellte klar, dass es sich bei der Bezeichnung „Fatburner“ um eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe handle. Sie erwecke den Eindruck, das gegenständliche Produkt erhöhe die Fettverbrennung und trage so unmittelbar zur Gewichtsreduktion bei.

Die Angabe "Fatburner" ist gesundheitsbezogen im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO […]. Eine Angabe ist gesundheitsbezogen, wenn mit ihr erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, es bestehe ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits. Der Begriff Zusammenhang ist dabei weit zu verstehen. Er erfasst jeden Zusammenhang, der die Verbesserung eines Gesundheitszustandes dank des Verzehrs eines Lebensmittels impliziert (EuGH, GRUR 2012, 1161, 1162 Rn. 35 ff. – Deutsches Weintor; BGH, GRUR 2013, 189, Rn. 9 – Monsterbacke; BGH, GRUR 2013, 958, Rn. 10 – Vitalpilze). Maßgeblich ist dabei nach Erwägungsgrund 16 zur HCVO, wie Angaben über Lebensmittel von Verbraucherinnen und Verbrauchern verstanden werden, wobei auf das Verständnis des normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist, welches naturgemäß auch durch Vorerwartungen und Kenntnisse geprägt wird (BGH, GRUR 2014, 500, 501 Rn. 18 – Praebiotik; OLG Hamburg, Beschluss vom 22.12.2020 – 3 U 194/18, GRUR-RS 2020, 55534 Rn. 20).

Nach diesen Maßstäben ist die Bezeichnung "Fatburner" gesundheitsbezogen. Sie suggeriert, das gegenständliche Produkt erhöhe die Fettverbrennung und trage so unmittelbar zur Gewichtsreduktion bei. Dass Übergewicht gesundheitsschädlich, seine Reduktion mithin gesundheitsförderlich, ist, ist allgemein bekannt. […]

Die Angabe "Figura Fatburner" ist eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO. […]

Die Produktbezeichnung "Fatburner" stellt einen unmittelbaren Zusammenhang seiner Einnahme mit einer Gewichtsreduktion durch Abbau überflüssigen Körperfetts her. Es handelt sich um einfache englische Begriffe, die in ihrer Zusammensetzung vom durchschnittlichen Verbraucher als "Fettverbrenner" verstanden werden. Kern der Aussage ist, dass bei Einnahme des Produkts eine erhöhte Fettverbrennung durch Beschleunigung des Fett- und Energiestoffwechsels erzielt werden könne. Dies stellt einen unmittelbaren Wirkungszusammenhang zwischen der Einnahme des Lebensmittels und einer Funktion des menschlichen Organismus, nämlich des Fettstoffwechsels, her, dessen wissenschaftliche Absicherung der Überprüfung in einem Zulassungsverfahren nach Art. 13 Abs. 3 HCVO zugänglich ist (OLG Hamburg, Beschluss vom 22.12.2020 – 3 U 194/18, GRUR-RS 2020, 55534 Rn. 26; OLG Frankfurt, Urteil vom 29.05.2019 – 6 U 38/18 –, Rn. 29, juris).

Angabe ist nicht zugelassen

Die Angaben der Beklagten seien nicht in die Liste der zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben aufgenommen. Es sei zwar nicht erforderlich, dass die zugelassenen Angaben in ihrem Wortlaut verwendet werden, sondern es seien auch mit ihnen gleichbedeutende, inhaltlich übereinstimmende Angaben zulässig. Die Angabe „Fatburner“ gehe jedoch über die für Chrom und Cholin zulässigen Health Claims hinaus.

Die Angabe ist unzulässig, weil sie weder in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß Art. 13 Abs. 3 HCVO i. V. m. Verordnung (EU) 432/2012 aufgenommen worden noch nach anderen Regelungen erlaubt ist.

Es reicht nicht aus, dass auf der Verpackungsrückseite die unstreitig zugelassenen Claims für Cholin und Chrom "Cholin trägt zu einem normalen Fettstoffwechsel bei" bzw. "Chrom trägt zu einem normalen Stoffwechsel von Makronährstoffen bei" abgedruckt sind, da – wie oben aufgezeigt – die der Bezeichnung Figura Fatburner zugeschriebene Bedeutung über diejenige der einzelnen Stoffe Cholin und Chrom hinausgeht.

Zu Recht weist die Beklagte zwar darauf hin, dass für die Auslegung von gesundheitsbezogenen Angaben die maßgeblichen Begriffe nicht isoliert betrachtet, sondern in den Kontext der gesamten Produktaufmachung gestellt werden müssen (BGH, GRUR 2016, 412, 416 Rn. 49 – Lernstark; OLG München, Urteil vom 11.04.2024 – 29 U 3902/20, GRUR-RS 2024, 23216 Rn. 38 – 7 x mehr). Der Begriff des Fatburners erhält aber auch im Kontext der Gesamtaufmachung des Produkts keine andere Bedeutung. Insbesondere ist er nicht so zu verstehen, seine Funktionsweise beschränke sich auf die Wirkungen von Cholin und Chrom, die auf der Verpackungsrückseite mittels eines zugelassenen Claims abgedruckt sind.

Unstreitig besteht das Produkt "Figura Fatburner" nicht nur aus diesen beiden Stoffen, sondern enthält weitere Bestandteile, u. a. den "Zitrus-Guarana-Komplex". Bei diesem kann es sich nicht um bloße Füll- oder Trägerstoffe handeln, sondern ihm wird eine eigenständige förderliche Wirkung zugeschrieben. Das legt bereits die deutliche Hervorhebung auf der Vorderseite nahe und wird erst recht durch die auf der Rückseite verwendete Formulierung "Zudem" – also über Cholin und Chrom hinaus – "ist die bewährte Kombination aus Zitrusfrüchten und Guarana enthalten" suggeriert. Wenn dieser Kombination keine selbständige positive Wirkung zugeschrieben würde, wäre sie nicht als "bewährt" bezeichnet worden. Der durchschnittliche Verbraucher erwartet daher, dass das Produkt "Figura Fatburner" neben den Wirkungen von Cholin und Chrom auch auf den Wirkungen des Zitrus-Guarana-Komplexes basiert.

Aufmachung des Produkts muss ebenfalls berücksichtigt werden

Zudem stellte das Gericht klar, dass es sich bereits bei dem abgebildeten flachen Bauch und der der Abbildung einer schlanken Taille um eine gesundheitsbezogene Angabe i.S.d. HCVO handle. Eine Angabe ist nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 HCVO jede Aussage oder Darstellung, die nach dem Gemeinschaftsrecht oder den nationalen Vorschriften nicht obligatorisch ist, einschließlich Darstellungen durch Bilder, grafische Elemente oder Symbole in jeder Form, und mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt. Es müsse eine Gesamtbetrachtung stattfinden.

Außerdem weist der auf der Produktvorderseite abgebildete flache Bauch und der mit dem Begriff "Fatburner" verbundene Name "Figura" auf eine unmittelbar fettabbauende Wirkung im Bauchbereich hin, also zur Reduktion von Bauchfett. Die Abbildung einer schlanken Taille allein wäre bereits eine Angabe im Sinne des Art. 2 Nr. 1 HCVO, auch wenn eine schlankmachende Wirkung nicht textlich behauptet wird (Holle/Hüttebräuker/Conte-Salinas, HCVO, 1. Aufl. 2018, Art. 2 Rn. 57). Realistischerweise wird eine sichtbare Reduktion von Körperfett auch das Ziel der meisten Kaufinteressenten sein. […]

Ob dies bei isolierter Betrachtung nur der Rückseite als ausreichend dargelegt anzusehen wäre, kann dahinstehen. Die Suggestion der Abnehmwirkung durch die Gestaltung der Vorderseite und den Produktnamen "Figura Fatburner" relativiert die Hinweise auf der Packungsrückseite zur Funktion von Cholin und Chrom nämlich wieder. Das Gebot einer Gesambetrachtung der Verpackung verbietet eine isolierte Würdigung der Rückseite ebenso wie der Vorderseite.

Das Urteil des BGH "Lernstark" vom 10.12.2015 (I ZR 222/13 – GRUR 2016, 412) steht dieser Einschätzung nicht entgegen. Eine Vergleichbarkeit verbietet sich schon deshalb, weil der Begriff "Fatburner" eine spezifische, der Begriff "Lernstark" aber eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe gem. Art. 10 Abs. 3 HCVO darstellt (BGH a. a. O.,S. 414 Rn. 24, 27 ff.). Ein zugelassener Claim für die Funktion "Lernstark", der über die Wirkweise ihrer Inhaltsstoffe hinausginge, war daher nach Art. 10 Abs. 3 HCVO nicht erforderlich. Für den durchschnittlichen Verbraucher ist klar ersichtlich, dass eine als "lernstark" bezeichnete Substanz selbst nicht lernt, sondern allenfalls das Lernvermögen des Konsumenten unterstützt. Lernvermögen wiederum kann mit Konzentrationsvermögen gleichgesetzt werden. Dass Eisen die Konzentrationsfähigkeit unterstützt, ist indes ein zugelassener Claim, worauf der BGH seine Entscheidung gestützt hat.

Der "Fettverbrenner" dagegen findet im allgemeinen Sprachgebrauch Verwendung, und zwar im Sinne einer Substanz mit unmittelbar fettverbrennender Wirkung. Die Wirkung wird der Substanz selbst zugeschrieben, weshalb der Anwendungsbereich des Art. 10 Abs. 1 HCVO eröffnet und ein zugelassener Claim erforderlich ist. Der von der Beklagten gezogene "Erst-recht-Schluss" (Klageerwiderung S. 3 = Bl. 20 d. A.) trägt damit nicht.

Irreführung über Eigenschaften des Lebensmittels

Zudem handle es sich bei dem Begriff „Fatburner“ um eine Irreführung über die Eigenschaften des Lebensmittels nach Art. 7 Abs. 1 lit. a LMIV. Diese Bezeichnung vermittle den Eindruck, dass der Konsum den Fettstoffwechsel und den Abbau von überschüssigem Körperfett über die natürliche Funktionsweise hinaus fördert.

Gemäß Art. 7 Abs. 1a) LMIV dürfen Informationen über die Eigenschaften eines Lebensmittels nicht irreführend sein. Entsprechend Art. 2 lit. b RL 2006/114/EG (Werbe-RL) ist jede Aussage irreführend, die in irgendeiner Weise die Personen, an die sie sich richtet oder die von ihr erreicht werden, täuscht oder zu täuschen geeignet ist. Daraus ergibt sich, dass eine Information über Lebensmittel i. S. d. Art. 7 LMIV irreführend ist, wenn sie den Endverbraucher zu täuschen geeignet ist, d. h. die Gefahr einer Diskrepanz der Fehlvorstellung des Endverbrauchers gegenüber der Realität besteht (BGH, GRUR 2022, 1347, 1349 Rn. 21 – 7 x mehr; Sosnitza/Meisterernst/Sosnitza, Lebensmittelrecht, 189. EL April 2024, LMIV Art. 7 Rn. 48; Voit/Grube/Grube, LMIV, 2. Aufl. 2016, Art. 7 Rn. 46). Vorliegend vermittelt die Bezeichnung "Fatburner" den Eindruck, dass der Konsum den Fettstoffwechsel und den Abbau von überschüssigem Körperfett über die natürliche Funktionsweise hinaus fördert. Da dies tatsächlich nicht der Fall ist (s. oben), ist die Information zur Täuschung geeignet und damit irreführend gem. Art. 7 Abs. 1a) LMIV.

HCVO und LMIV sind Marktverhaltensregelungen

Zudem stellte das Gericht klar, dass es sich bei Art. 10 Abs. 1 HCVO und Art. 7 Abs. 1 LMIV um Marktverhaltensregelungen handle.

Schließlich kann der Kläger seinen Unterlassungsantrag mit Erfolg auch auf § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. Art. 10 Abs. 1 HCVO, Art. 7 Abs. 1a) LMIV stützen.

Art. 10 Abs. 1 HCVO und Art. 7 Abs. 1a) LMIV stellen Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG dar, deren Missachtung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Mitbewerbern und Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen (BGH, GRUR 2019, 1299, 1300 Rn. 12 – Gelenknahrung III; GRUR 2015, 498, 500 Rn. 15 – Combiotik; OLG Celle, GRUR-RR 2019, 95 Rn. 12 – probiotischer Magermilchjoghurt).

In der Bezeichnung "Fatburner" liegt ein Verstoß gegen Art. 10 Abs. 1 HCVO und Art. 7 Abs. 1a) LMIV (siehe oben).

Für unsere Kundinnen und Kunden

Bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln handelt es sich um ein komplexes Thema, welches ständigen Neuerungen unterworfen ist. Als Kunde unserer Legal Produkte finden Sie in Ihrem Legal Account umfangreiche Whitepaper, selbstverständlich auch zur Kennzeichnung von Lebensmitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und gesundheitsbezogenen Angaben nach der HCVO.

17.03.25