Mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs wurden bestimmte formale Anforderungen an den Inhalt einer Abmahnung eingeführt. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, sind die Folgen weitreichend – der Abmahnende kann nur Ersatz verlangen, wenn die Abmahnung berechtigt ist und diese formalen Anforderungen erfüllt werden. Das LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 2.7.2025 – 2-06 O 116/25) entschied, dass pauschale Hinweise auf ein Wettbewerbsverhältnis nicht ausreichen. Fehle es an konkreten Angaben zur eigenen Aktivlegitimation, sei die Abmahnung unwirksam und führe zu Erstattungsansprüchen des Abgemahnten.
Zwei Betreiber regionaler Online-Nachrichtenportale streiten um Abmahnkosten. Die Klägerin hatte den Beklagten abgemahnt, weil eine auf dessen Webseite genannte Zahl von über 76 Millionen Impressionen (laut eigener Statistik) unzutreffend sei. Zur Legitimation der Abmahnung führte sie lediglich aus, beide würden online für dieselbe Region berichten und denselben Leserkreis ansprechen – ohne weiterführende Angaben. Der Beklagte forderte widerklagend die Erstattung seiner Verteidigungskosten gegen die Abmahnung.
Das LG Frankfurt a.M. entschied, dass ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten gemäß § 13 Abs. 3 UWG nur bestehe, wenn die Abmahnung den Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entspricht. Diese umfassen klare Angaben zur eigenen Geschäftstätigkeit – etwa Dauer, Reichweite, Umsatzgrößen oder Nutzerzahlen. Pauschale Hinweise, wie sie hier erfolgten seien unzureichend.
(2) In der Abmahnung muss klar und verständlich angegeben werden:
1.Name oder Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters,
2. die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Absatz 3,
3. ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet,
4. die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände,
5. in den Fällen des Absatzes 4, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist.
Eine Abmahnung, die nicht den inhaltlichen Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entspricht, begründet keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 13 Abs. 3 UWG und löst stattdessen den in § 13 Abs. 5 UWG vorgesehenen Gegenanspruch des Abgemahnten auf Ersatz seiner für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen aus.
(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht, kann der Abmahnende vom Abgemahnten Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.
[…]
(5) Soweit die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht oder soweit entgegen Absatz 4 ein Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend gemacht wird, hat der Abgemahnte gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen. Der Anspruch nach Satz 1 ist beschränkt auf die Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs, die der Abmahnende geltend macht. Bei einer unberechtigten Abmahnung ist der Anspruch nach Satz 1 ausgeschlossen, wenn die fehlende Berechtigung der Abmahnung für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar war. Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.
Das Gericht entschied, dass dem Beklagten kein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten zustehe. Zu den Inhalten der Abmahnung, die für einen Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG erforderlich sind, gehöre nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG auch, dass in der Abmahnung ausreichende Angaben zur Aktivlegitimation erfolgen. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Ersatz von Abmahnkosten für die vorgerichtliche Abmahnung zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 13 Abs. 3 UWG.
Gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG müssen in der Abmahnung klar und verständlich die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 UWG, und damit auch die die Aktivlegitimation begründenden Umstände gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG, angegeben werden. Die abmahnende Partei muss ihre Anspruchsberechtigung gegenüber dem Unterlassungsschuldner darlegen, also angeben, dass und warum sie in einem Wettbewerbsverhältnis zum Abgemahnten steht (Ahrens, Wettbewerbsprozess-HdB/Achilles, Kap. 2 Rn. 24 ff.; Ohly/Sosnitza/Sosnitza, UWG, 8. Aufl. 2023, § 13 Rn. 43; Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, UWG, 43. Aufl. 2025, § 13 Rn. 14; strenger MüKoUWG/Schlingloff, 3. Aufl. 2022, § 13 Rn. 247: Aktivität im entsprechenden Marktsegment ist konkret darzulegen und ggf. zu belegen). Auch wenn sich bei einem Mitbewerber die Aktivlegitimation meist schon aus den Umständen ergeben wird, sind Angaben darüber erforderlich, dass der abmahnende Mitbewerber Waren und Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt (Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 13 Rn. 14). Diese Anforderungen sind unverlangt in der Abmahnung darzulegen, bspw. durch Angabe der Größenkategorien der Verkäufe (Danckwerts/Papenhausen/Scholz/Tavanti, WettbProzR, 2. Aufl. 2022, Rn. 88; Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 13 Rn. 14). Die Angabe von konkreten Umsatzzahlen oder die Vorlage einer Steuerberaterbescheinigung ist hingegen nicht notwendig (BT-Drs. 19/12084, 31; Köhler/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 13 Rn. 14). Grundsätzlich dürften insoweit keine allzu hohen Anforderungen an die notwendigen Angaben zu stellen sein (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 10.04.2025 – 2-06 O 357/24, REWIS RS 2025, 3820; vgl. Möller, NJW 2021, 1 Rn. 36). Jedoch sind Angaben allein zur Stellung als Mitbewerber für einen Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 UWG nicht ausreichend (OLG Köln, Urt. v. 04.10.2024 - 6 U 46/24, GRUR-RS 2024, 45062 Rn. 16). Daneben ist zumindest ansatzweise Vortrag zur eigenen Geschäftstätigkeit erforderlich, ein vollständiger Verzicht auf Angaben ist vom Gesetzeszweck und dem Wortlaut nicht gedeckt (OLG Köln, Urt. v. 04.10.2024 - 6 U 46/24, GRUR-RS 2024, 45062 Rn. 16; Wagner/Kefferpütz, WRP 2021, 151 Rn. 19).
Diesen Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG wird die hier im Streit stehende Abmahnung nicht gerecht. Denn die Klägerin hat keinerlei Angaben zum Umfang ihrer eigenen Geschäftstätigkeit und zu dem Umstand, dass sie nicht nur gelegentlich tätig ist, gemacht. Vielmehr hat sie lediglich darauf abgestellt, dass sie ebenfalls einen Online-Nachrichtendienst in der gleichen Region betreibe und daher den gleichen Kundenkreis anspreche.
Die Widerklage des Beklagten hingegen sei begründet, so das Gericht. Da die Abmahnung formfehlerhaft war, stehe dem Beklagten ein Anspruch auf Ersatz seiner Verteidigungskosten zu.
Die nach § 33 ZPO zulässige Widerklage ist hingegen begründet.
Auf die Widerklage hin war die Klägerin zur Zahlung der vorgerichtlichen Verteidigungskosten zu verurteilen. Gemäß § 13 Abs. 5 UWG hat der Abmahnte gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen u.a., soweit die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 2 UWG entspricht. Dies war hier der Fall. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
Der für das Verteidigungsschreiben angesetzte Gegenstandswert von € 50.000,- entsprach demjenigen Wert, den die Klägerin für ihren vorgerichtliche Abmahnung angesetzt hatte. Er begegnet auch keinen durchgreifenden Bedenken der Kammer.
Seit Dezember 2020 gibt es in § 13 Abs. 2 UWG einige Formvorschriften über verpflichtende Inhalte, die in einer Abmahnung klar und verständlich angegeben werden müssen. Fehlt es an diesen Informationen in der Abmahnung, hat dies weitreichende Folgen:
Zum einen hat der Abmahner keinen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten. Dies ist unabhängig davon, ob die Abmahnung berechtigt ist oder nicht. Nicht nur dies: Der Abgemahnte wiederum hat gemäß § 13 Abs. 5 UWG einen Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen. Mit anderen Worten kann in diesem Fall der Abgemahnte seine Anwaltskosten gegenüber dem Abmahner vollumfänglich geltend machen. Eine Beratung durch einen auf Abmahnungen im E-Commerce spezialisierten Anwalt ist dringend zu empfehlen.