Seit dem 12.9.2025 gilt der europäische Data Act. Mit ihm hat die EU im Jahr 2023 einen weiteren zentralen Baustein ihrer Datenstrategie verabschiedet. Die Verordnung enthält zwar überwiegend Pflichten für die Hersteller vernetzter Produkte, führt aber auch für Händler umfangreiche Informationspflichten ein.
Der Data Act (VO [EU] 2023/2854, nachfolgend: DA) ist Teil der europäischen Datenstrategie von 2020, mit der die EU-Kommission ein „Binnenmarkt für Daten“ schaffen möchte. Der Data Act gilt für Nutzer, Anbieter und Hersteller von vernetzten Produkten und damit verbundenen Diensten – also etwa im IoT-Bereich (Smart Home, vernetzte Fahrzeuge, Industrie 4.0). Er soll verhindern, dass wertvolle Nutzungsdaten ausschließlich in den Händen weniger Hersteller verbleiben. Der Verordnungsgeber verfolgt mehrere Ziele. Neben dem Abbau von Datenmonopolen und der Schaffung eines Sekundärmarktes für Daten soll auch die Nutzerautonomie gestärkt werden.
Im Wesentlichen regelt der Data Act Folgendes:
Datenzugang: Hersteller müssen sicherstellen, dass Nutzer die von vernetzten Produkten erzeugten Daten unmittelbar und kostenlos abrufen oder an Dritte weitergeben können.
Informationspflicht: Verkäufer, Vermieter und Leasinggeber müssen vor Vertragsabschluss klar offenlegen, welche Daten entstehen und wie sie nutzbar sind.
Vertragsgestaltung: Im B2B-Bereich sind missbräuchliche Vertragsklauseln zum Datenzugang oder zur Datennutzung unwirksam.
Öffentliche Stellen: Dateninhaber müssen Daten in Ausnahmefällen (z. B. Notlagen, öffentliche Sicherheit) an Behörden bereitstellen.
Cloud-Portabilität: Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten müssen einfache, kostengünstige und schnelle Wechselmöglichkeiten zu anderen Anbietern sicherstellen.
Art. 1 Abs. 3 DA bestimmt, wer von den neuen Vorschriften erfasst wird. Betroffen sind nämlich auch die Anbieter vernetzter Produkte und Anbieter verbundener Dienste.
(3) Diese Verordnung gilt für
a) Hersteller vernetzter Produkte, die in der Union in Verkehr gebracht werden, und Anbieter verbundener Dienste, unabhängig vom Ort der Niederlassung dieser Hersteller oder Anbieter;
b) die Nutzer der unter Buchstabe a genannten vernetzten Produkte oder verbundenen Dienste in der Union;
c) Dateninhaber, unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung, die Datenempfängern in der Union Daten bereitstellen;
d) Datenempfänger in der Union, denen Daten bereitgestellt werden;
e) öffentliche Stellen, die Kommission, die Europäische Zentralbank und Einrichtungen der Union, die von Dateninhabern verlangen, Daten bereitzustellen, soweit eine außergewöhnliche Notwendigkeit der Nutzung dieser Daten zur Wahrnehmung einer speziellen Aufgabe im öffentlichen Interesse besteht, sowie die Dateninhaber, die solche Daten auf ein solches Verlangen hin bereitstellen;
f) Anbieter von Datenverarbeitungsdiensten, unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung, die Kunden in der Union solche Dienste anbieten;
g) Teilnehmer an Datenräumen und Anbieter von Anwendungen, die intelligente Verträge verwenden, und Personen, deren gewerbliche, geschäftliche oder berufliche Tätigkeit die Einführung intelligenter Verträge für andere im Zusammenhang mit der Durchführung einer Vereinbarung umfasst.
Insbesondere werden durch den Data Act „vernetzte Produkte“ und „verbundene Dienste“ erfasst.
Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
[…]
5. „vernetztes Produkt“ einen Gegenstand, der Daten über seine Nutzung oder Umgebung erlangt, generiert oder erhebt und der Produktdaten über einen elektronischen Kommunikationsdienst, eine physische Verbindung oder einen geräteinternen Zugang übermitteln kann und dessen Hauptfunktion nicht die Speicherung, Verarbeitung oder Übertragung von Daten im Namen einer anderen Partei – außer dem Nutzer – ist;
6. „verbundener Dienst“ einen digitalen Dienst, bei dem es sich nicht um einen elektronischen Kommunikationsdienst handelt, – einschließlich Software –, der zum Zeitpunkt des Kaufs, der Miete oder des Leasings so mit dem Produkt verbunden ist, dass das vernetzte Produkt ohne ihn eine oder mehrere seiner Funktionen nicht ausführen könnte oder der anschließend vom Hersteller oder einem Dritten mit dem Produkt verbunden wird, um die Funktionen des vernetzten Produkts zu ergänzen, zu aktualisieren oder anzupassen; […]
Zu den vernetzten Geräten gehören etwa vernetzte Fahrzeuge, Industrie- und Landmaschinen, Haushaltsgeräte, Wearables und Smart-Home-Technologien. Verbundene Dienste sind etwa Cloud-Dienste und App-basierte Steuerungssysteme.
Art. 3 Abs. 2 DA enthält bestimmte Pflichten, die Verkäufer von vernetzten Produkten erfüllen müssen. Vor Abschluss eines Kauf-, Miet- oder Leasingvertrags für ein vernetztes Produkt müssen dem Nutzer vom Verkäufer, Vermieter oder Leasinggeber – wobei es sich auch um den Hersteller handeln kann – mindestens folgende Informationen in klarer und verständlicher Art und Weise bereitgestellt:
Für die Anbieter verbundener Dienste enthält Art. 3 Abs. 3 DA bestimmte Informationspflichten, die vor Abschluss eines Vertrags für die Erbringung eines verbundenen Dienstes in klarer und verständlicher Art und Weise bereitgestellt werden müssen:
Sowohl beim Verkauf vernetzter Produkte als auch beim Angebot verbundener Dienste müssen die Informationen „in klarer und verständlicher Art und Weise“ vor Vertragsschluss bereitgestellt werden. Eine entsprechende Beilage bei der Lieferung wäre damit nicht ausreichend. Die Informationen sollten daher auf der Produktseite erfolgen und entsprechend bezeichnet sein, z.B. „Hinweise zum vernetzten Produkt und der Datennutzung“.
Der Data Act findet als Verordnung in jedem Mitgliedstaat unmittelbar Anwendung. Der Vollzug liegt jedoch bei den Mitgliedstaaten. Diese müssen Vorschriften über Sanktionen, die bei Verstößen gegen diese Verordnung zu verhängen sind, erlassen und treffen alle für die Anwendung der Sanktionen erforderlichen Maßnahmen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein, Art. 39 DA. Zudem müssen die Mitgliedstaaten die Behörde, die für die Anwendung und die Durchsetzung des Data Acts zuständig ist, benennen, Art. 37 DA.
Ein entsprechendes Durchführungsgesetz wurde in Deutschland bisher noch nicht verabschiedet. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat allerdings einen Referentenentwurf zur Durchführung der Verordnung (EU) 2023/2854 (Data Act-Durchführungsgesetz – DA-DG) veröffentlicht. Darin wird die Bundesnetzagentur als zuständige Behörde vorgesehen, § 2 Abs 1 DA-DG-E. Zudem sieht der Entwurf vor, dass es sich bei Verstößen gegen Art. 3 Abs. 2 oder Abs. 3 DA um Ordnungswidrigkeiten handeln soll, die mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 € geahndet werden können, § 18 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 3 DA-DG-E.
Zudem steht natürlichen du juristischen Personen bei Verstößen gegen den Data Act ein Beschwerderecht bei der zuständigen Behörde zu, Art. 38 DA.
Bei den vorvertraglichen informationspflichten wird es sich auch um Marktverhaltensregelungen handeln, weshalb Verstöße hiergegen von Mitbewerbern und Verbänden abgemahnt werden können.
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