Durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge wurde zum 1.7.2022 u.a. mit § 312k BGB der Kündigungsbutton eingeführt. Für dessen Ausgestaltung bestehen genaue gesetzliche Vorgaben. Das LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 30.8.2023 – 2-06 O 411/22) entschied nun, dass neben dem Kündigungsbutton auch weitere Kündigungsoptionen zulässig seien. Ebenso dürfe die Bestätigungsseite weitere Elemente enthalten.
Der Kläger ist in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Über die Internetseite der Beklagten können Verbraucher Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen abschließen, die eine regelmäßige und wiederkehrende Leistung bereitstellen. Wenn man die Kündigungsschaltfläche „Mobilfunk-Vertrag kündigen“ auf den streitgegenständlichen Internetseiten betätigt, gelangt man auf die jeweilige Bestätigungsseite. Die Bestätigungsseiten enthalten einen Anfangsbalken mit dem Text „Schade, dass Sie kündigen wollen“. Darunter befindet sich der Text: „Schnell kündigen mit wenigen Klicks. Nutzen Sie unseren Kündigungs-Assistenten.“ Unter diesem Text befindet sich eine Schaltfläche, die am 11.7.2022 mit dem Text „Kündigung vormerken“ und seit dem 12.8.2022 mit dem Text „Kündigungs-Assistent“ beschriftet ist. Unter der Schaltfläche sind Symbole, die auf die „Hotline“ und „Angebote“ verweisen. Danach beginnt – in Fettschrift – das Kündigungsformular, in das der Kunde seine Daten und ggf. die Art und den Grund der Kündigung angeben kann. Das Formular schließt mit dem Bestätigungsfeld ab, das mit „Jetzt kündigen“ beschriftet ist. Klickt man auf die Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“, gelangt man zu einer Seite, bei der man sich mit Benutzername und Online-Passwort in die „Persönliche Servicewelt“ einloggen kann. Die Fläche „Hotline“ zeigt bei Betätigung einer Hotlinerufnummer in einem Pop-Up-Fenster und bei Betätigung der Fläche „Angebote“ gelangt man zur Login-Seite.
Mit Schreiben vom 4.8.2022 mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte wies die Ansprüche zurück.
Das LG Frankfurt a.M. entschied nun, dass dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zustehe. Neben dem Kündigungsbutton seien auch weitere Kündigungsoptionen zulässig. Ebenso dürfe die Bestätigungsseite weitere Elemente enthalten.
Nach § 312k Abs. 2 BGB hat der Unternehmer sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Der Kündigungsprozess gliedert sich in 3 Stufen. Auf der ersten Stufe muss eine „Kündigungsschaltfläche“ vorgehalten werden. Diese muss mit den Wörtern „Vertrag hier kündigen“ oder einer ähnlichen Formulierung betitelt sein. Anschließend erfolgt eine Weiterleitung auf die sog. „Bestätigungsseite“, die die zweite Stufe darstellt. Auf dieser Bestätigungsseite soll der Kündigende die Möglichkeit erhalten, weitere Angaben zu seiner Person bzw. zu seinen Vertragsdaten zu machen, sodass der Empfänger die für ihn wesentlichen Informationen erkennen kann.
Auf der Bestätigungsseite wiederum ist entsprechend der dritten Stufe eine „Bestätigungsschaltfläche“ vorzuhalten, die mit den Wörtern „Jetzt kündigen“ zu beschriften ist. Diese hat bei Klick tatsächlich die Kündigung auszulösen. § 312k Abs. 2 S. 4 BGB nF verlangt sodann, dass die Schaltflächen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sind. Die Schaltflächen sollen demzufolge ohne vorherige Anmeldung auf der Webseite erreicht werden können.
(2) Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags nach Absatz 1 Satz 1 über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Sie muss den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die
- den Verbraucher auffordert und ihm ermöglicht Angaben zu machen
- a) zur Art der Kündigung sowie im Falle der außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund,
- b) zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit,
- c) zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags,
- d) zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll,
- e) zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn und
- eine Bestätigungsschaltfläche enthält, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein.
Nach § 312k Abs. 3 BGB muss der Unternehmer gewährleisten, dass der Verbraucher seine abgegebene Kündigungserklärung mit dem Datum und der Uhrzeit der Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger so speichern kann, dass erkennbar ist, dass sie durch das Betätigen des Kündigungsbuttons abgegeben wurde. Zudem muss der Unternehmer nach Abs. 4 S. 1 dem den Inhalt, das Datum und die Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sofort auf elektronischem Wege in Textform zu bestätigen.
Die wichtigsten Informationen zum Kündigungsbutton haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst.
Die angegriffene Gestaltung widerspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Es sei auf den jeweiligen Seiten die gesetzlich geforderte Schaltfläche mit der Beschriftung „Jetzt kündigen“ vorhanden. Bei der Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“ handle es sich nicht um die Bestätigungsschaltfläche i.S.d. § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 2 BGB, daher sei es unschädlich, dass Verbraucher bei Betätigung dieser Fläche an eine Log-In-Seite weitergeleitet werden.
Der Anspruch scheitert aber daran, dass die Gestaltung der Bestätigungsseite nicht den Vorgaben des § 312k Abs. 2 S. 3, 4 BGB widerspricht.
Bei der Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“ handelt es sich nicht um eine Bestätigungsschaltfläche i.S.d. § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 2 BGB. Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass Verbraucher bei Betätigung dieser Fläche an eine Log-In-Seite weitergeleitet werden.
Auf den angegriffenen Seiten ist jeweils eine Bestätigungsschaltfläche i.S.d. § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 2 BGB mit der Beschriftung „Jetzt kündigen“ vorhanden. Die Schaltfläche ist gut lesbar und über ihre Betätigung kann ein Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben.
Das Gesetz mache keine Vorgaben hinsichtlich der Gestaltung der Bestätigungsseite. Eine Vorgabe, dass die Bestätigungsseite keine weiteren Elemente außer den in § 312k Abs. 2 S. 3 BGB vorgesehenen enthalten dürfe, lasse sich der Vorschrift nicht entnehmen.
Eine Vorgabe, dass die Bestätigungsseite keine anderen, außer den in § 312k Abs. 2 S. 3 BGB geregelten Elementen enthalten darf, ergibt sich weder aus dem Wortlaut, der Gesetzgebungsgeschichte noch aus dem Sinn und Zweck des § 312k Abs. 2 BGB.
Auch wenn nach der Gesetzesbegründung die Angaben, die der Verbraucher zu machen hat, zugleich als Minimalvorgabe und als Maximalvorgabe zu verstehen sind (vgl. BT-Drucks. 19/20840, 18 sowie Wendehorst in MünchKomm/BGB, 9. Aufl. 2022, § 312k Rz. 16), betrifft dieser Aspekt nur die Angaben, die gemacht werden müssen, nicht die konkrete Gestaltung der Bestätigungsseite im Übrigen. Soweit der Kläger auf S. 17 der Gesetzesbegründung verweist, ergibt sich daraus nur, dass für die Bezeichnung der Bestätigungsschaltfläche strenge Anforderungen zu stellen sind. Gesetzgeberische Intentionen zur Gestaltung der Bestätigungsseite lassen sich dort nicht entnehmen.
Die Kündigungsschaltflächen seien auch ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich. Eine leichte Zugänglichkeit erfordere, dass die Kündigungsschaltfläche nicht versteckt werden dürfe. Das Gericht könne aber gerade nicht feststellen, dass Verbraucher von der Bestätigungsschaltfläche „weggelenkt“ werden.
Die Kammer kann aber gerade nicht feststellen, dass Verbraucher von der Bestätigungsschaltfläche „weggelenkt“ werden. Maßgeblich ist die Sicht eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, der der angegriffenen Angabe die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Der Verbraucher, der die angegriffene Seite aufsucht, um einen Vertrag zu kündigen, wird die Angaben der angegriffenen Seiten nicht flüchtig oder beiläufig betrachten, sondern mit einer gesteigerten Aufmerksamkeit. Er wird daher erkennen, dass es sich bei der Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“ nicht um die Bestätigungsfläche handelt. Überdies ist der Verkehr es gewohnt, dass er auf einer Seite ggf. scrollen muss, um zu den gewünschten Informationen zu gelangen. Das Vorbringen des Klägers (...), dass die Aufmerksamkeit eines Betrachters einer Internetseite „above the fold“ deutlich höher sei, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn darin ist der von der Kammer herangezogene Erfahrungssatz nicht berücksichtigt, dass Verbraucher, die einen Vertrag kündigen wollen, mit höherer Aufmerksamkeit die Sache betrachten als nur ein flüchtiger Nutzer der Internetseite.
§ 312k BGB verbiete es nicht, weitere Kündigungsmöglichkeiten anzubieten.
Aus § 312k BGB folgt überdies kein Verbot, andere Kündigungswege zur Verfügung zu stellen. Denn nach dieser Vorschrift sollen Kündigungsmöglichkeiten des Verbrauchers erweitert, andere Wege der Abgabe von Kündigungserklärungen aber nicht beschränkt oder ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks. 19/30840, 16).
Das Gericht sieht in der Gestaltung des Kündigungsbutton auch keine aggressive geschäftliche Handlung nach § 4a UWG. Die Gestaltung falle auch nicht unter den Begriff der „dark patterns“.
Nach § 4a Abs. 1 S. 3 liegt eine unzulässige Beeinflussung vor, wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck, auch ohne Anwendung oder Androhung von körperlicher Gewalt, in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt. Die Kammer kann nicht feststellen, dass die Beklagte gegenüber Verbraucher zur Druckausübung ihre Machtposition ausübt. Insbesondere kann die Kammer auch nicht feststellen, dass die konkrete Gestaltung unter den Begriff des sog. „dark pattern“ im Sinne einer Druckausübung subsumiert werden kann.
Dazu heißt es in den klägerseits angegebenen Fundstellen:
„In den Grenzbereich zur Druckausübung fällt die bewusste Verhaltensmanipulation durch sog.,dark patterns‘. Hiermit sind Internetdesigns gemeint, die gezielt darauf angelegt sind, Verbraucher unter Druck zu setzen, sie abhängig zu machen (,addictive design'), in ihren Verhaltensweisen zu manipulieren und Kaufentscheidungen herbeizuführen. Beispiele sind etwa komplizierte Klickanweisungen, die dazu führen, dass sich Verbraucher vertippen und zusätzliche Leistungen abnehmen, oder Verknappungsanzeigen (,nur noch zwei Zimmer verfügbar'), oder elektronisch generierte Werbung durch vermeintliche Freunde.“ (Podszun in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, 5. Aufl. 2021, § 3 Rz. 91 c). (...)
Dass die Gestaltung ggf. unter die Fallgestaltung „Misdirection [Design lenkt durch auffällige graphische Elemente vom Inhalt ab]“ subsumiert werden kann, führt noch nicht dazu, dass man dies bereits als Druck i.S.d. § 4a UWG verstehen kann.
Verbraucher würden auch nicht nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG über ihre Rechte irregeführt. Der Verbraucher gehe nicht davon aus, dass er den „Kündigungs-Assistenten“ nutzen müsse.
Es liegt auch keine irreführende Angabe über Rechte von Verbrauchern nach § 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG vor. Anders wäre es allenfalls dann, wenn der Verbraucher davon ausginge, er müsse die Schaltfläche „Kündigungs-Assistent“ nutzen, wenn er den Vertrag kündigen wollte. Aus den bereits oben dargestellten Gründen wird der angesprochene Verbraucher, der mit erhöhter Aufmerksamkeit die angegriffenen Seiten betrachten wird, aber gerade nicht über seine Rechte in die Irre geführt. Denn er sieht auch die Möglichkeit den Vertrag „jetzt“ zu kündigen.
§ 312k BGB enthält zum Kündigungsbutton weniger strenge Vorgaben als § 312j BGB zum Bestellbutton. Ein § 312j Abs. 2 BGB entsprechendes Unmittelbarkeitserfordernis besteht jedenfalls nicht. Unklar war daher, ob zwischen den Angaben des Verbrauchers und der Bestätigungsschaltfläche weitere Informationen wie etwa Angebote geschaltet werden dürfen. Das LG Frankfurt entschied nun, dass weitere Elemente auf der Bestätigungsseite zulässig seien. Ebenso stehe das Zurverfügungstellen weiterer Kündigungsmöglichkeiten dem gesetzlichen Kündigungsbutton nicht entgegen.
BCFC/Shutterstock.com