Durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge wurde zum 1.7.2022 u.a. mit § 312k BGB der Kündigungsbutton eingeführt. Dass auch ein Reseller unter bestimmten Umständen für die Vorhaltung eines solchen Buttons auf einer von seinem Geschäftspartner betriebenen Website verantwortlich sein kann, entschied nun das LG Hildesheim (Urt. v. 9.1.2024 – 3 O 109/23). Die Pflicht zur Bereitstellung eines Kündigungsbuttons gelte unabhängig davon, ob die Website vom Unternehmer selbst oder einem Dritten betrieben wird.
Der Kläger, der Bundesverband der Verbraucherzentralen vzbv, mahnte die Beklagte, die eine Internet-Plattform betreibt und über diese Verträge über die Veräußerung von Produkten und die Zurverfügungstellung von Dienstleistungen mit Dritten schließt, erfolglos ab. Grund der Abmahnung war ein fehlender Kündigungsbutton auf der Website eines Geschäftspartners der Beklagten. Der Geschäftspartner betrieb seine Angebotsseite zwar selbst, leitete die Verbraucher jedoch für den Vertragsschluss auf die Website der Beklagten weiter. Die Beklagte war als Reseller somit Anbieter und Vertragspartner der Kunden, wobei das Erreichen des Angebots bzw. der Bestellseite exklusiv über die Website des Geschäftspartners erfolgte.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte verstoße gegen ihre Pflicht aus § 312k Abs. 1 BGB, da sie nicht sicherstelle, dass auf der Angebots-/Bestellwebsite (= Website des Geschäftspartners) der erforderliche Kündigungsbutton vorgehalten wird. Die Beklagte hingegen beruft sich darauf, dass sie nicht die Betreiberin dieser Website sei, sondern vielmehr nur als Reseller für die Seitenbetreiberin tätig werde und für das Verhalten ihres Geschäftspartners daher nicht einzustehen habe.
Das LG Hildesheim entschied, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung zustehe. Die Beklagte habe es zu unterlassen, die streitgegenständliche Leistung bzw. das Abo-Produkt auf der Website des Geschäftspartners anzubieten, ohne dass diese Seite über eine Kündigungsschaltfläche verfügt. Der Kläger sei als qualifizierter Verbraucherverband in die Liste des Bundesamts für Justiz eingetragen und daher zur Anspruchsdurchsetzung berechtigt.
Der Kläger hat gegenüber der Beklagten Anspruch auf die begehrte Unterlassung aus § 2 Abs. 1 UKlaG.
Nach dieser Vorschrift kann jeder, der in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwiderhandelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen, im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Der Kläger ist zur Anspruchsdurchsetzung berechtigt, da er gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 UKlaG als ein qualifizierter Verbraucherverband in die Liste des Bundesamts für Justiz nach § 4 UKlaG eingetragen ist.
Da ein Unterlassungsanspruch auch dann gegen den Inhaber des Unternehmens begründet sei, wenn die Zuwiderhandlung von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen wird, handle es sich bei der Beklagten um eine taugliche Anspruchsschuldnerin, so das Gericht.
Die Beklagte ist taugliche Anspruchsschuldnerin. Dahinstehen kann dabei, ob sie die Gestaltung der Website [Website des Geschäftspartners] in irgendeiner Weise selbst (mit-)beeinflusst hat oder diese von der [Geschäftspartner der Beklagten] selbstständig vorgenommen wurde.
Der Unterlassungsanspruch ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UKlaG auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet, wenn die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen werden. Jedenfalls dies ist vorliegend der Fall, da die […] Beauftrage der Beklagten ist.
Die Terminologie des Beauftragten ist an § 8 Abs. 2 UWG angelehnt. Hiernach kann Beauftragter auch ein selbstständiges Unternehmen sein. Entscheidend ist, dass der Werbepartner in die betriebliche Organisation des Betriebsinhabers in der Weise eingegliedert ist, dass der Erfolg der Geschäftstätigkeit des beauftragten Unternehmens dem Betriebsinhaber zugutekommt und der Betriebsinhaber einen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf diejenige Tätigkeit des beauftragten Unternehmens hat, in deren Bereich das beanstandete Verhalten fällt.
Das Landgericht kam zu der Auffassung, dass die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt seien. Insbesondere der Erfolg der Geschäftstätigkeit des Geschäftspartners in Gestalt der Bewerbung des Angebots der Beklagten sei dieser unmittelbar zugutegekommen. Das Gericht nahm insoweit eine Erweiterung des Geschäftsbetriebs der Beklagten durch den Geschäftspartner bzw. durch die von ihm allein angebotene Erreichbarkeit der Produkte an.
Der Erfolg der Geschäftstätigkeit der […] in Gestalt einer Bewerbung des Angebots der Beklagten kam Letzterer unmittelbar zugute, da die Beklagte an der Nachfrage ihrer entgeltlichen Angebote denklogisch ein wirtschaftliches Interesse hatte und die Angebote faktisch ausschließlich durch eine Verlinkung auf der Website […] erreichbar waren. Insoweit erweiterte die […] den Geschäftsbetrieb der Beklagten durch die allein von ihr angebotene Erreichbarkeit des beklagtenseitigen Produkts, wobei die Beklagte gerade diese grundsätzlich von ihr zur Verfügung zu stellende Erreichbarkeitsverschaffung auf die […] auslagerte (vgl. hierzu BGH a.a.O.).
Der Beklagten wurde auch ein durchsetzbarer Einfluss auf ihren Geschäftspartner zugesprochen. Sie trete nach eigenem Vortrag als Resellerin auf und veräußere entsprechend Leistungen eines Anbieters an Dritte. Da der sich einem Reseller bedienende Anbieter nur dann vergütet wird, wenn der Reseller die Produkte des Anbieters an einen Kunden absetzt, könne die Beklagte bereits dadurch Einfluss auf ihren Geschäftspartner nehmen, dass sie deren Leistungen nicht länger als Reseller anbietet und ihm so die Verdienstmöglichkeit nimmt.
Die Klägerin hat auch einen durchsetzbaren Einfluss auf die […]. So tritt sie nach eigenem Vortrag als Resellerin auf, veräußert entsprechend Leistungen eines Anbieters - -vorliegend wohl der […] – an Dritte. Der ursprüngliche Anbieter, welcher sich eines Resellers bedient, wird nur in dem Fall durch den Reseller vergütet, in welchem Letzerer das Produkt des ursprünglichen Anbieters an einen Kunden absetzt. Entsprechend konnte die Beklagte bereits dadurch Einfluss auf die […] nehmen, dass sie deren Leistungen nicht länger als Reseller anbietet und der […] so ihre Verdienstmöglichkeit nimmt.
Die Beklagte habe zudem gegen ein Verbraucherschutzgesetz, vorliegend § 312k BGB, verstoßen.
Nach § 312k Abs. 1 und 2 BGB hat ein Unternehmen dann, wenn Verbrauchern über eine Website ermöglicht wird, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist, sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Website eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Website abschließbaren Vertrags über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann.
Dem kam die Beklagte nicht nach.
Das Gericht hielt fest, dass es sich bei der Beklagten um eine Unternehmerin i.S.d. § 14 Abs. 1 BGB handle und sich das Angebot zudem an Verbraucher richte. Bei dem angebotenen Abonnement handle es sich auch um ein entgeltliches Dauerschuldverhältnis, welches jedenfalls nach Ablauf einer Probephase zu vergüten sei.
Da Interessenten ohne genaue Kenntnis der Produkt-URL nur über die Website des Geschäftspartners Zugang zum Angebot der Beklagten zu erhielten, ermögliche diese Website auch den Vertragsschluss und erfülle infolgedessen die Voraussetzungen, die zu einer Anwendbarkeit des § 312k BGB führen und die Pflicht zum Vorhalten eines Kündigungsbuttons auslösen.
Nicht erheblich sei, ob die Website allein vom Geschäftspartner und nicht (auch) von der Beklagten betrieben wurde. Die Beklagte sei nach Auffassung des Gerichts verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass der Websitebetreiber eine Kündigungsschaltfläche vorhält.
Die Website […] ermöglicht auch den Vertragsschluss. So war es Interessenten ohne genaue Kenntnis der Produkt-URL allein auf diesem Wege möglich, das Angebot der Beklagten zu erreichen und den Vertrag mit der Beklagten abzuschließen.
Hierbei ist es unerheblich, ob die Website allein von der […] und nicht (auch) von der Beklagten betrieben wird. Jedenfalls hatte die Beklagte die Pflicht, sorge dafür zu tragen, dass der Betreiber der Website eine Kündigungsschaltfläche vorhält (vgl. BeckOK/Maume, BGB, 68. Edition Stand: 01.11.2023, § 312k Rn. 10 unter Verweis auf BT-Drs. 19/30840, 16). […]
Ebenfalls entscheidungsunerheblich sei, ob und ab wann die Beklagte auf der von ihr selbst betriebenen Website eine Kündigungsschaltfläche vorgehalten habe. Das streitgegenständliche Abonnement sei gerade nicht über diese Website ansteuerbar, sondern werde allein über die Website des Geschäftspartners vertrieben. Jedenfalls würde eine auf der Website der Beklagten vorgehaltene Kündigungsschaltfläche nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, da sie aufgrund des Umstands, dass der Verbraucher zum Erreichen des Bestellformulars zunächst sein Interesse an dem Produkt durch Betätigung einer entsprechenden Schaltfläche auf der Website des Geschäftspartners bekunden müsste, nicht unmittelbar zugänglich i.S.d. § 312k Abs. 2 S. 4 BGB wäre.
Die Entscheidung des LG Hildesheim ist nicht rechtskräftig. Das Berufungsverfahren ist beim OLG Celle unter dem Az. 13 U 7/24 anhängig.
Die Entscheidung des LG Hildesheim zeigt, dass die aus § 312k BGB resultierende Verpflichtung, eine Kündigungsschaltfläche vorzuhalten, nicht auf die eigene selbst betriebene Website begrenzt ist. In bestimmten Konstellationen kann eine Zuwiderhandlung in Gestalt eines fehlenden Kündigungsbuttons auch auf von Geschäftspartnern betriebenen Websites zum Verhängnis und man selbst Adressat von Abmahnungen werden.
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