Durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge wurde zum 1.7.2022 u.a. mit § 312k BGB der Kündigungsbutton eingeführt. Für dessen Ausgestaltung bestehen genaue gesetzliche Vorgaben. Das LG München I (Urt. v. 10.10.2023 – 33 O 15098/22) entschied nun, dass die verpflichtende Anmeldung mittels E-Mail-Adresse und PIN bzw. Passwort unzulässig sei.
Die Beklagte betreibt die Seite wowtv.de, über die der Abschluss von kostenpflichtigen Abonnements über das Streamen von Filmen, Serien und Sportübertragungen möglich ist. Punkt. Am unteren Rand der Startseite hält die Beklagte einen Link mit der Beschriftung „WOW Abo kündigen“ bereit. Durch Betätigung dieses Links gelangt man zu einer Unterseite, auf der E-Mail Adresse und PIN/Passwort abgefragt werden. Zu dieser Anmeldemaske gelangen Webseitenbesucher auch dann, wenn sie ausgehend von der Startseite den unter der Überschrift „Häufig gestellte Fragen“ befindlichen Link „Wie kann ich kündigen“ wählen und in dem dann erscheinenden Informationstext den Link „Meine Abos“ anklicken.
Der Kläger, der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), sah hierin einen Verstoß gegen § 312k Abs. 2 BGB, da der Kündigungsbutton nicht unmittelbar auf die Bestätigungsseite führe und eine Anmeldung erforderlich sei. Er mahnte die Beklagte erfolglos ab.
Das LG München I entschied, dass der Kündigungsbutton der Beklagten nicht die gesetzlichen Anforderungen erfülle, da die Kündigungsmöglichkeit erst nach Anmeldung mittels E-Mail-Adresse und PIN bzw. Passwort möglich war. Der vzbv hat die Entscheidung veröffentlicht.
Nach § 312k Abs. 2 BGB hat der Unternehmer sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Der Kündigungsprozess gliedert sich in 3 Stufen. Auf der ersten Stufe muss eine „Kündigungsschaltfläche“ vorgehalten werden. Diese muss mit den Wörtern „Vertrag hier kündigen“ oder einer ähnlichen Formulierung betitelt sein. Anschließend erfolgt eine Weiterleitung auf die sog. „Bestätigungsseite“, die die zweite Stufe darstellt. Auf dieser Bestätigungsseite soll der Kündigende die Möglichkeit erhalten, weitere Angaben zu seiner Person bzw. zu seinen Vertragsdaten zu machen, sodass der Empfänger die für ihn wesentlichen Informationen erkennen kann.
Auf der Bestätigungsseite wiederum ist entsprechend der dritten Stufe eine „Bestätigungsschaltfläche“ vorzuhalten, die mit den Wörtern „Jetzt kündigen“ zu beschriften ist. Diese hat bei Klick tatsächlich die Kündigung auszulösen. § 312k Abs. 2 S. 4 BGB nF verlangt sodann, dass die Schaltflächen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sind. Die Schaltflächen sollen demzufolge ohne vorherige Anmeldung auf der Webseite erreicht werden können.
(2) Der Unternehmer hat sicherzustellen, dass der Verbraucher auf der Webseite eine Erklärung zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung eines auf der Webseite abschließbaren Vertrags nach Absatz 1 Satz 1 über eine Kündigungsschaltfläche abgeben kann. Die Kündigungsschaltfläche muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „Verträge hier kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Sie muss den Verbraucher unmittelbar zu einer Bestätigungsseite führen, die
1. den Verbraucher auffordert und ihm ermöglicht Angaben zu machen
a) zur Art der Kündigung sowie im Falle der außerordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund,
b) zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit,
c) zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags,
d) zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll,
e) zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn und
2. eine Bestätigungsschaltfläche enthält, über deren Betätigung der Verbraucher die Kündigungserklärung abgeben kann und die gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „jetzt kündigen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
Die Schaltflächen und die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich sein.
Nach § 312k Abs. 3 BGB muss der Unternehmer gewährleisten, dass der Verbraucher seine abgegebene Kündigungserklärung mit dem Datum und der Uhrzeit der Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger so speichern kann, dass erkennbar ist, dass sie durch das Betätigen des Kündigungsbuttons abgegeben wurde. Zudem muss der Unternehmer nach Abs. 4 S. 1 dem den Inhalt, das Datum und die Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis durch die Kündigung beendet werden soll, sofort auf elektronischem Wege in Textform zu bestätigen.
Die wichtigsten Informationen zum Kündigungsbutton haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst.
§ 312k BGB setze zunächst voraus, dass Verbrauchern über eine Webseite ermöglicht wird, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen. Diese Voraussetzung sei vorliegend erfüllt.
Die Beklagte ermöglicht den Abschluss von kostenpflichtigen Abonnements über eine Webseite im Sinne der Vorschrift. Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es dabei nicht darauf an, ob der Vertragsschluss über die Startseite https://www.wowtv.de oder erst über die Unterseite https://www.wowtv.de/bestellungen/warenkorb erfolgt. Maßgeblich ist, dass der Vertragsschluss über eine Webseite ermöglicht wird. Hierfür spricht bereits die allgemein gehaltene Formulierung („eine Website“) sowie Sinn und Zweck des Gesetzes. Der Begriff der Website ist daher nicht eng im Sinne einer bestimmten URL zu verstehen, sondern funktional. Umfasst sind daher auch Apps auf Smartphones oder anderen Endgeräten wie modernen Fernsehern. Entscheidend ist danach, dass über ein Benutzerinterface online auf Daten zugegriffen wird (BeckOK BGB/Maume, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 312j Rn. 3). Auch Sinn und Zweck des Paragraphen 312k BGB sprechen gegen das Verständnis der Beklagten. Die Vorschrift soll Verbraucher in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse in die Lage versetzen, Kündigungserklärungen im elektronischen Geschäftsverkehr in vergleichbar einfacher Weise abzugeben wie Erklärungen zum Abschluss entsprechender Verträge. Hierbei ist allein entscheidend, dass der Unternehmer den Abschluss über eine Webseite ermöglicht. Der vom Unternehmer vorgenommenen und allein in seiner Hand liegenden Aufteilung in Haupt- und Unterseiten kann daneben keine Bedeutung zukommen. Folge der abzulehnenden Sichtweise der Beklagten wäre auch, dass die Kündigungsmöglichkeit immer auf der konkreten Seite gegeben sein muss, auf der auch der Vertragsschluss erfolgt. Typischerweise wird der an einer Kündigung interessierte Kunde eine Kündigungsmöglichkeit aber nicht zugleich auf der Bestellseite erwarten. Eine Verortung der Kündigungsschaltfläche auf der konkreten Bestellseite liefe daher auch dem Gesetzeszweck, die Schaltflächen leicht zugänglich zu gestalten, zuwider (vgl. § 312k Abs. 2 S. 3 BGB). Schließlich kommt es nach der Gesetzesbegründung auch gar nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern vielmehr ausschließlich auf den Zeitpunkt des potentiellen Kündigungsverlangen des Verbrauchers an (BT-Drs. 19/30840, 17; BeckOK BGB/Maume, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 312j Rn. 11. Auch die spricht gegen eine Verknüpfung mit der „Bestellseite“.
Die Weiterleitung der Verbraucher nach Betätigung des Links „WOW Abo kündigen“ auf eine Unterseite, auf der sie aufgefordert werden, sich mittels Eingabe der E-Mail-Adresse und der PIN bzw. des Passworts in einem bestehenden Kundenkonto anzumelden, verstoße gegen § 312k BGB. Die Kündigungsschaltfläche führe damit weder unmittelbar zu einer Bestätigungsseite, § 312k Abs. 2 S. 3 BGB, noch sei diese unmittelbar und leicht zugänglich, § 312k Abs. 2 S. 4 BGB.
Nach Betätigung der Kündigungsschaltfläche muss der Verbraucher gem. § 312k Abs. 2 S. 3 BGB unmittelbar auf eine Bestätigungsseite weitergeleitet werden. Diese muss es dem Verbraucher ermöglichen, die in Abs. 2 S. 3 Nr. 1 aufgeführten Angaben zu Person, Vertrag und Kündigungsumständen zu machen (BeckOK BGB/Maume, 67. Ed. 1.8.2023, BGB § 312k Rn. 23). Diese Angaben sind zugleich als Minimalvorgabe und als Maximalvorgabe zu verstehen. Die Beschränkung der zu verlangenden Angaben soll Ausgestaltungen verhindern, bei denen der Unternehmer weitere, für den Verbraucher nicht ohne Weiteres verfügbare Daten abfragt und so eine einfache und unkomplizierte Kündigung erschwert (MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312k Rn. 16, vgl. auch die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/30840, 18).
Im Streitfall ermöglicht es die Bestätigungsseite nicht unmittelbar, Angaben im Sinne des § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 1 BGB zu machen. Vielmehr werden in der streitgegenständlichen Gestaltung lediglich die Anmeldedaten zu einem bestehenden Kundenkonto abgefragt. Zwar muss der Verbraucher die zu seiner eindeutigen Identifizierbarkeit erforderlichen Angaben machen können (§ 312k Abs. 2 S. 3 lit. b). Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift dürfen jedoch keine über die in § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 1 BGB erwähnten Angaben hinausgehenden unnötigen Hürden für den Verbraucher aufgebaut werden. Eine Kündigung muss daher stets auch allein durch die Angabe von Namen und weiteren gängigen Identifizierungsmerkmalen wie Anschrift und/oder Geburtsdatum möglich sein. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn eine Kündigungsmöglichkeit, die erst nach Anmeldung mittels Log-In Daten in einem Kundenkonto eröffnet wird, stellt unnötige Hürden auf und ist daher – jedenfalls wenn nicht zugleich auch eine Kündigung mittels der Angaben nach § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 1 BGB angeboten wird – unzulässig […].
Das Gericht stellte klar, dass die Bestätigungsseite nicht mehr leicht zugänglich sei und die Kündigungsmöglichkeit der Verbraucher eingeschränkt werde, wenn die die Eingabe eines Passwortes verlangt werde.
Verlangt ein Unternehmen – wie hier – die vorherige Anmeldung mittels eines Passworts, ist die Bestätigungsseite zudem nicht leicht zugänglich im Sinne der Vorschrift. Denn die Abfrage eines von dem Verbraucher ggf. vor langer Zeit erstellten und diesem daher möglicherweise nicht mehr erinnerlichen Passworts, schränkt die Kündigungsmöglichkeit des Verbrauchers unnötig ein, zumal kein Grund ersichtlich ist, eine solche Kündigungsmöglichkeit nicht zusätzlich zu der gesetzlich vorgesehenen Identifizierung mittels Angaben nach § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 1 BGB anzubieten. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der unternehmerischen Freiheit der Beklagten ist damit jedenfalls nicht verbunden.
Es kann im Ergebnis auch dahinstehen, ob die Anmeldung in einem zuvor ohnehin eingerichteten Kundenkonto im Einzelfall eine kundenfreundliche Lösung darstellen kann […]. Denn eine solche Abweichung von der Gesetzesbegründung verstieße gegen den Wortlaut und den klar zu Tage getretenen gesetzgeberischen Willen. So ist bereits in der Gesetzesbegründung unmissverständlich formuliert, dass Verbraucher jederzeit und ohne sich hierfür zunächst auf der Webseite anmelden zu müssen auf die beiden Schaltflächen und die Bestätigungsseite zugreifen können müssen (BT-Drs. 19/30840, 18).
Für die Gestaltung des Kündigungsbuttons bestehen genaue gesetzliche Vorgaben. Das LG München I hat nun klargestellt, dass es unzulässig ist, eine Anmeldung mittels E-Mail-Adresse und PIN bzw. Passwort zu verlangen. Entsprechend entschied bereits das LG Köln. In einem anderen Verfahren, das ebenfalls Sky betraf und vom vzbv geführt wurde, entschied das LG München I, dass es nicht genüge, wenn der Kündigungsbutton erst nach einem weiteren Klick sichtbar wird. Zudem reiche es nicht aus, wenn er in kleinerer Schrift als die übrige Webseite gehalten und im Gegensatz zum Button zu den Angeboten nicht farblich hinterlegt sei. Mittlerweile mehren sich die Entscheidungen zur Ausgestaltung.
Neben dem gesetzlichen Kündigungsbutton können jedoch weitere Kündigungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, entschied das LG Koblenz.
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