LG Stuttgart: Angabe der Energieeffizienzklasse und des Spektrums in der Werbung erforderlich

Für bestimmte Produkte muss eine Energieverbrauchskennzeichnung angegeben werden. Bereits in der Werbung ist die Angabe der Energieeffizienzklasse und des Spektrums der auf dem Etikett verfügbaren Effizienzklassen erforderlich. Dies hatte zuletzt der EuGH bestätigt. Dieser Ansicht folgte nun auch das LG Stuttgart (Urt. v. 10.08.2023 – 33 O 24/23). Bei der grafischen Darstellung von Effizienzklasse und Spektrum handle es sich um eine wesentliche Information i.S.d. § 5b Abs. 4 UWG.

Der Kläger, der Verband Wirtschaft im Wettbewerb e.V., nimmt die Beklagte, eine Einkaufsorganisation auf genossenschaftlicher Basis, die die Interessen ihrer Mitglieder im Bereich des Verkaufs von Elektronik-, Unterhaltungs- und Haushaltswaren im Rahmen des Einzelhandels wahrnimmt, auf Unterlassung wettbewerbswidriger Werbung in Anspruch. Auf eBay-Kleinanzeigen wurde für einen Fernseher unter Angabe des Preises zzgl. der Versandkosten geworben. Dabei wurde die Energieeffizienzklasse mit „Energie: F“ angegeben. Klickte der Verbraucher das konkrete Produkt an, so gelangte er auf die zugehörige Produktseite, die weitere Informationen, darunter auch die gesetzlich geforderten Angaben zur Energieeffizienz enthielt.

Der Kläger mahnte die Beklagte wegen dieser Werbemaßnahme ab und beanstandete Verstöße gegen die VO (EU) 2017/1369. Grund seiner Beanstandung war u.a. die Darstellung der Energieeffizienzklasse und des Spektrums, welche in der Werbung nicht bzw. nicht in Form des gesetzlich vorgeschriebenen Pfeils erfolgte. Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe durch das Vorenthalten wesentlicher Informationen über den Energieverbrauch die Entscheidungsfähigkeit der Verbraucher beeinträchtigt.

Das LG Stuttgart gab dem Kläger Recht. Bei den nach Art. 4 lit. d, Anh. VII Nr. 4, Abb. 1 VO (EU) 2019/2013 zu erteilenden Informationen über den verfügbaren Bereich der Effizienzklassen, insbesondere auch im Wege der grafischen Darstellung von Effizienzklasse und Spektrum in Form eines Pfeils, handle es sich um eine wesentliche Information i.S.v. § 5b Abs. 4 UWG.

Rechtlicher Hintergrund

Seit dem 1.8.2017 gilt die VO (EU) 2017/1369 zur Festlegung eines Rahmens zur Energieverbrauchskennzeichnung. Diese bestimmt in Art. 6 u.a.:

Weitere Pflichten der Lieferanten und Händler

Die Lieferanten und der Händler müssen folgende Anforderungen erfüllen:

a) Sie weisen in visuell wahrnehmbarer Werbung oder in technischem Werbematerial für ein bestimmtes Modellauf die Energieeffizienzklasse des Produkts und das Spektrum der auf dem Etikett verfügbaren Effizienzklassen gemäß dem einschlägigen delegierten Rechtsakt hin; […]

Mit dieser Verordnung wurde die Europäische Kommission ermächtigt, für bestimmte Produktgruppen neue Delegierte Rechtsakte zu erlassen, um insbesondere eine neue Skala einzuführen, die einheitlich von der Energieeffizienzklasse A bis G reicht. Bisher neu geregelt wurden elektronische Displays, Waschmaschinen, Waschtrockner, Kühlgeräte, Geschirrspüler, Kühlgeräte mit Direktverkaufsfunktion und Lichtquellen.

Zurechnung der Werbung bei Beauftragung

Das Gericht stellt zunächst fest, dass das Handeln der Beklagten, also das Werben auf der Plattform eBay-Kleinanzeigen als geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG einzustufen sei. Die Beklagte versuchte sich damit zu verteidigen, dass sie die beanstandete Anzeige nicht selbst geschaltet habe, sondern sie von einer Firma vorgenommen wurde, der sie alle Informationen zum Gerät zur Verfügung gestellt habe, einschl. der Angaben zur Energieeffizienz. Hierauf komme es jedoch nicht an, so das Gericht. Entweder habe sie die Handlung selbst vorgenommen oder sie müsse sie sich zurechnen lassen.

3.1.3 Diese geschäftliche Handlung hat die Beklagte entweder selbst vorgenommen (§8 I S. 1 UWG) oder von jemandem vornehmen lassen, dessen Verhalten sie sich gem. § 8 II UWG zurechnen lassen muss.

Dahingestellt bleiben kann daher, ob die Beklagte die streitgegenständliche Werbung selbst geschalten/konzipiert hat, so dass sie bereits nach § 8 I UWG haftet oder ob die Werbung – wie die Beklagte behauptet – durch die Fa. … erfolgt, wofür die Beklagte der Firma … die Informationen zum Fernsehgerät zur Verfügung gestellt hat. Denn in letzterem Fall müsste die Beklagte sich das Verhalten der Fa. … gem. § 8 II UWG zurechnen lassen, da diese als Beauftragte gehandelt hätte. […] Unerheblich ist, ob die Beklagte die Weisungsbefugnis gegenüber der Fa. … hat, es kommt nicht darauf an, welchen Einfluss der Inhaber des Unternehmens sich tatsächlich gesichert hat, sondern welchen Einfluss er sich hätte sichern können und müssen (Ohly in: Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 8 UWG, Rdnr. 149). Ggf. hätte die Zusammenarbeit der Fa. … auch beendet werden müssen.

Irreführung durch Unterlassung

Nach Auffassung des Gerichtes ist die geschäftliche Handlung unlauter und infolgedessen gem. § 3 Abs. 1 UWG unzulässig. Bei der Information über den verfügbaren Bereich der Effizienzklassen, insbesondere auch im Wege der grafischen Darstellung von Effizienzklasse und Spektrum in Form eines Pfeils, handle es sich um eine wesentliche Information i.S.v. § 5b Abs. 4 UWG. Da die Beklagte dem Verbraucher diese zu erteilende Information vorenthalten habe, habe sie sich unlauter verhalten.

3.2.1. Nach § 5 a I, II Nr.1 UWG handelt unlauter, wer dem Verbraucher oder sonstigem Marktteilnehmer eine wesentliche Information vorenthält (bzw. verheimlicht), die dieser nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Als wesentlich im Sinne dieser Regelung gelten gem. § 5 b IV UWG auch solche Informationen, die dem Verbraucher aufgrund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.

3.2.2 Die nach Art. 4 d, Anh. VII Nr. 4, Abb. 1 der VO (EU) 2019/2013 zu erteilende Information über den verfügbaren Bereich der Effizienzklassen, insbesondere auch im Wege der grafischen Darstellung von Effizienzklasse und Spektrum in Form eines Pfeils, stellt solch eine wesentliche Information i.S.v. § 5 b IV UWG dar.

3.2.3. Die Beklagte hat sich unlauter verhalten, weil sie dem Verbraucher diese zu erteilende Information vorenthalten hat.

Zwar handle es sich bei der Beklagten um eine Einkaufsorganisation, sie sei hier jedoch wie ein Händler aufgetreten. Sie sei als Händler i.S.v. Art. 4 der VO (EU) 2019/2013 einzustufen und insofern Normadressat.

Werbung muss Energieeffizienzklasse und Spektrum inkl. Pfeildarstellung enthalten

Bei der streitgegenständlichen Anzeige handle es sich um Werbung für ein elektronisches Display. Die Beklagte habe gegen Art. 4 lit. d, Anh. VII Nr. 4, Abb. 1 der VO (EU 2019/2013) verstoßen, da in der Anzeige die Angabe des verfügbaren Bereichs der Effizienzklassen und die grafische Darstellung von Effizienzklasse und Spektrum in Form eines Pfeils fehlte. Dabei hält das Gericht fest, dass der Verstoß zwar nicht schon darin gesehen werden könne, dass diese Angaben nicht in der Anzeige selbst gemacht wurden, sondern nur auf der über einen Hyperlink erreichbaren Internetseite der Beklagten. Der Verstoß läge aber darin, dass auf der Anzeigenseite kein Link vorhanden gewesen sei, der den Verbrauchern vor Augen geführt hätte, dass er durch Anklicken entsprechende Informationen zur Energieeffizienzklasse finden könne.

Unerheblich sei dabei, dass der Kunde einen Artikel erst in den virtuellen Warenkorb legen konnte, nachdem er über die Produktdetails, inkl. Spektrum und der vorgeschriebenen grafischen Darstellung von Effizienzklasse in Form eines Pfeils informiert wurde. Nach Art. 4 lit. d der VO (EU) 2019/2013 habe der Händler jedoch sicherzustellen, dass jede Werbung die Energieeffizienzklasse und das Spektrum enthält. Daraus ergebe sich, dass allein auf die auf der Anzeigenseite enthaltenen Angaben abzustellen sei.

3.2.3.3. Die Beklagte hat gegen Art.4 d, Anh. VII Nr. 4, Abb. 1 der VO (EU) 2019/2013 verstoßen, da in der von ihr veranlassten Werbung die Angabe des verfügbaren Bereiches der Effizienzklassen und die grafische Darstellung von Effizienzklasse und Spektrum in Form eines Pfeils fehlt.

3.2.3.3.1. Zwar kann der Verstoß nicht schon darin gesehen werden, dass diese Angaben nicht in der Anzeige selbst gemacht wurden, sondern nur auf der über eine technische Verknüpfung (Hyperlink) erreichbaren Internetseite der Beklagten.

3.2.3.3.2. Der Verstoß liegt aber darin, dass auf der Anzeigenseite kein Link vorhanden ist, der dem Verbraucher vor Augen führt, dass er durch dessen Anklicken Informationen zur Energieeffizienzklasse findet, die für die Bewertung des Geräts in wirtschaftlicher und umweltmäßiger Hinsicht von erheblicher Bedeutung sind. Unerheblich ist, dass der Kunde in dem beanstandeten Internetauftritt einen Artikel erst in seinen virtuellen Warenkorb legen konnte, nachdem er über die Produktdetails einschließlich des Spektrums und der vorgeschriebenen grafischen Darstellung von Effizienzklasse und Spektrum in Form eines Pfeils informiert wurde. Damit war aber lediglich gewährleistet, dass der Verbraucher vor dem Kauf des Fernseher hiervon Kenntnis erlangte. Nach Art. 4 d der VO (EU) 2019/2013 hat der Händler jedoch sicherzustellen, dass jede Werbung für ein bestimmtes Display die Energieeffizienzklasse und das Spektrum (nebst der grafischen Darstellung in Form eines Pfeils) enthält. Insoweit sind allein die auf Anzeigenseite enthaltenen Angaben zu berücksichtigen, nicht dagegen auch die Angaben auf der Seite der Beklagten mit den Produktdetails, zu der kein hinreichend klarer Link führte (BGH, Urt. v. 06.04.2017 – I ZR 159/16; BGH, Urt. v. 07.03.2019 – I ZR 184/17; BGH, Urt. v. 04.02.2016 – I ZR 181/14).

Beeinträchtigung der Entscheidungsfähigkeit der Verbraucher

Die Beklagte habe die Entscheidungsfähigkeit der Verbraucher durch das Vorenthalten dieser wesentlichen Informationen über den Energieverbrauch beeinträchtigt. Dies sei auch geeignet gewesen, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Durch die fehlenden Angaben werde der Verbraucher in eine Position versetzt, in der er sich erst näher mit der Produktseite der Beklagten auseinandersetzen müsse, was er möglicherweise nicht getan hätte, wenn die Information in der bekannten Darstellungsform des Energiepfeils für ihn ersichtlich gewesen wäre.

3.2.3.4. Die Beklagte hat die Entscheidungsfähigkeit der Verbraucher durch das Vorenthalten dieser wesentlichen Informationen über den Energieverbrauch beeinträchtigt. Das Vorenthalten dieser Informationen ist auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Vorliegend muss sich der Verbraucher nämlich entscheiden, ob er einem bestimmten Produkt durch Betätigung nähertreten will. Diese Entscheidung muss er ohne Kenntnis der Spannbreite und ohne den leicht einzuordnenden und bekannten Pfeil treffen. Er muss sich daher erst näher mit der Produktseite der Beklagten auseinandersetzen, was er eventuell nicht getan hätte, wenn er durch die Abbildung des grafischen Pfeils schnell erkannt hätte, wo die Energieeffizienz des Gerätes liegt.

Fazit

Das LG Stuttgart verdeutlicht mit diesem Urteil, dass Informationen über den Energieverbrauch als wesentliche Informationen i.S.d. § 5b UWG gelten und die gesetzlich vorgeschriebene Darstellung in Pfeilform auch in der Werbung aufzunehmen ist. Kritikwürdig ist allerdings der Verweis des Gerichts auf die bisherige BGH-Rechtsprechung zur Angabe der Energieeffizienzklasse. Der BGH ließ grundsätzlich zur Darstellung einen Link, mit dem auf die Angabe auf einer anderen Internetseite verwiesen wird, genügen, soweit er räumlich in der Nähe der preisbezogenen Werbung angebracht ist und inhaltlich als elektronischer Verweis auf die Angabe der Energieeffizienzklasse zu erkennen sei. Nach den vorherigen Delegierten Verordnungen mussten Händler die Angabe der Energieeffizienzklasse „bei jeglicher Werbung“ nach den entsprechenden Vorschriften sicherstellen, was der BGH als bei der Werbung oder im Zusammenhang mit der Werbung verstand. Die jetzige Vorgabe hingegen fordert eine Angabe „in“ visuell wahrnehmbarer Werbung.

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05.12.23