Bei der Werbung mit Bewertungen sind dem Verbraucher alle wesentlichen Informationen zu erteilen, die er nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Das OLG Hamburg (Urt. v. 21.9.2023 – 15 U 108/22) entschied nun, dass bei einer Werbung mit Kundenbewertungen unter Angabe einer durchschnittlichen Sternebewertung eine Aufschlüsselung der Bewertungen nach einzelnen Sterneklassen nicht erforderlich sei.
Die Beklagte vermittelt über ihre Webseite Immobilienverkäufer an Immobilienmakler. Auf ihrer Webseite warb sie damit, dass ihre Kundschaft ihre Makler im Durchschnitt mit 4,7 von 5 möglichen Sternen bewertet habe, ohne hierzu weitere Angaben zu machen. Daraufhin mahnte der Kläger, die Wettbewerbszentrale, die Beklagte ab und forderte diese erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
Der Kläger vertrat die Ansicht, dass das Verhalten der Beklagten unlauter sei. So würden beim Werben mit durchschnittlichen Kundenbewertungen die Gesamtzahl der Bewertungen, der relevante Zeitraum sowie eine Aufschlüsselung zur Berechnungsweise wesentliche Informationen darstellen. Die Vorinstanz, das LG Hamburg (Urt. v. 16.9.2022 – 315 O 160/21) schloss sich der Rechtsauffassung des Klägers im Wesentlichen an, sah jedoch keinen Verstoß gegen § 5a Abs. 1 UWG darin, dass bei der Angabe der durchschnittlichen Sternebewertungszahl keine Aufschlüsselung danach erfolgt, wie viele Bewertungen es in den einzelnen Sterneklassen gegeben hat, und hatte daher den entsprechenden Klagantrag abgewiesen.
Hiergegen u.a. richtet sich die Berufung der Klägerin. Das OLG Hamburg wies diese nun zurück. Werbe ein Unternehmen mit der aus den Bewertungen seiner Kunden resultierenden durchschnittlichen Sternezahl unter Angabe der maximal möglichen Sternezahl, so sei daneben grundsätzlich keine Aufschlüsselung nach den einzelnen Sterneklassen erforderlich.
Das OLG Hamburg schloss sich der Ansicht der Vorinstanz an, dass es sich bei der Aufschlüsselung der Bewertungen, also wie häufig eine Bewertung der jeweiligen Sternekategorie abgegeben wurde, in diesem Zusammenhang um keine wesentliche Information handle.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 a.F. UWG in Verbindung mit § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 1 UWG nicht zu. Bei der vom Kläger begehrten Aufschlüsselung nach den einzelnen Sterneklassen handelt es sich nicht um eine wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 1 UWG. […]
Der Aufschlüsselung der Einzelbewertungen nach Sterneklassen kommt neben der Angabe einer durchschnittlichen Sternebewertungszahl kein erhebliches Gewicht für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zu. Daher ist der Senat wie schon das Landgericht der Ansicht, dass es dem mit einer durchschnittlichen Sternebewertungszahl werbenden Unternehmer überlassen bleibt, ob er daneben auch eine Aufschlüsselung nach den einzelnen Sterneklassen zur Verfügung stellt.
Auch unter Berücksichtigung des am 28.5.2022 in Kraft getretenen § 5b Abs. 3 UWG, der hinsichtlich Bewertungen bestimmte Pflichtinformationen vorsieht, ergebe sich nichts anderes. Danach gelten für Bewertungen, die Verbraucher im Hinblick auf Waren oder Dienstleistungen vorgenommen haben, und die der Unternehmer zugänglich macht, so gelten als wesentlich Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben. Diese Vorschrift finde hier jedoch keine Anwendung.
Die Wesentlichkeit ergibt sich nicht schon aus § 5b Abs. 3 UWG, weil dieser den hier vorliegenden Fall nicht erfasst. Zum einen geht es vorliegend nicht darum, dass die Beklagte (Einzel-) Bewertungen zugänglich macht, sondern um die Angabe einer durchschnittlichen Sternebewertungszahl bzw. die daneben begehrte Aufschlüsselung nach Sterneklassen.
Zum anderen soll nach § 5b Abs. 3 UWG darüber informiert werden, ob und wenn ja wie sichergestellt wird, dass vom Unternehmer zugänglich gemachte Bewertungen „echt“ sind, also von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben. Auch darum geht es hier nicht.
Andererseits folgt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon aus der Existenz des § 5b Abs. 3 UWG, dass die Aufschlüsselung nach Sterneklassen nicht erforderlich ist. Der Senat tritt der Bewertung des Landgerichts (LGU S. 6 unten) aus den dort genannten, überzeugenden Gründen bei. Im Unterschied zu § 5b Abs. 1 UWG (s. dazu Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Auflage 2023, § 5b Rn. 2.19) ist § 5b Abs. 3 UWG nicht abschließend. § 5b Abs. 3 UWG hat nur den Aspekt der Echtheit der Kundenbewertungen im Blick (s.o.). Informationen zu Kundenbewertungen können aber auch aus anderen Gründen gemäß § 5a Abs. 1 UWG wesentlich sein.
Die Angabe einer durchschnittlichen Sternebewertung habe zwar erhebliche Bedeutung, führe aber nicht zwingend dazu, dass auch eine Aufgliederung nach Sterneklassen erfolgen müsse. Eine Aufgliederung nach Sterneklassen stelle zwar für Verbraucher eine nützliche, jedoch keine wesentliche Information dar.
Dass die Angabe einer durchschnittlichen Sternebewertung erhebliche Bedeutung für den Absatz im Online-Geschäft hat, hat aber nicht zwingend zur Folge, dass dabei auch eine Aufgliederung nach Sterneklassen erfolgen muss. Vielmehr muss die Aufgliederung selbst als wesentliche Information anzusehen sein, also ein erhebliches Gewicht für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers haben. Das ist nach Dafürhalten des Senats nicht anzunehmen.
Dabei ist unbenommen, dass die Aufgliederung nach Sterneklassen eine dem Verbraucher nützliche Information darstellt. Denn die Aufgliederung veranschaulicht auf einen Blick, ob die Einzelbewertungen insgesamt eher nah beieinanderliegen bzw. wie weit sie auseinanderfallen und ob es wenige oder viele schlechte Bewertungen gibt. Es mag für die Entscheidung des Verbrauchers auch einen Unterschied machen können, ob sich etwa eine 4-Sterne-Durchschnittsbewertung durchgehend aus 4-Sterne-Einzelbewertungen zusammensetzt oder aber einerseits aus 5-Sterne- und andererseits aus 1- und 2-SterneEinzelbewertungen. […]
Das OLG Hamburg stellte klar, dass eine an sich für den Verbraucher nützliche Information nicht auch stets wesentlich sei. Vorliegend spreche der Kenntnisstand des Verbrauchers gegen die Annahme einer wesentlichen Information. Der Verbraucher wisse, dass einer durchschnittlichen Bewertung unterschiedlich gute und schlechte Bewertungen zugrunde liegen. Es sei keine Einzelaufgliederung notwendig, um die Angabe der Durchschnittszahl einordnen zu können.
Eine nützliche Information ist aber nicht stets auch eine wesentliche Information, also eine solche von erheblichem Gewicht. Im vorliegenden Fall spricht zum einen der Kenntnisstand des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers dagegen: Er weiß, dass der durchschnittlichen Sternebewertungszahl in aller Regel unterschiedlich gute und schlechte Bewertungen – hier in der Bandbreite zwischen einem und fünf Sternen – zugrunde liegen. […] Es bedarf daher keiner Einzelaufgliederung, um ihm dies zu vergegenwärtigen. […] Die Angabe einer durchschnittlichen Sternebewertungszahl unter Angabe der Maximalsternezahl hat bereits für sich gesehen einen konkreten und gewichtigen Aussagewert für den Verbraucher. Dies gilt umso mehr in Anbetracht der inzwischen rechtskräftig statuierten Pflicht der Beklagten, neben der Durchschnittszahl auch die Anzahl und den Zeitraum der berücksichtigten Einzelbewertungen anzugeben. Der angesprochene Verkehr weiß, dass die Einzelbewertungen schon ab einer recht geringen Anzahl regelmäßig divergieren. Er kann anhand der Durchschnitts- und der Maximalsternezahl einordnen, ob die Beklagte bzw. ihre Dienstleistung im arithmetischen Mittel sehr positiv, positiv, neutral oder eher negativ bewertet wird. Überdies kann er anhand der Gesamtzahl und des Zeitraums der zugrunde liegenden Bewertungen abschätzen, wie aussagekräftig die Durchschnittszahl ist. Daneben ist keine Einzelaufgliederung nötig, um die Angabe der Durchschnittszahl einordnen bzw. verstehen zu können. Vielmehr vermittelt die Einzelaufgliederung davon unabhängig eine eigene Aussage allein über die genaue Verteilung der Einzelbewertungen auf die Sterneklassen. Dieser Information für sich gesehen kommt jedoch kein erhebliches Gewicht zu, zumal sie sich auch durch den Abruf der Einzelbewertungen erlangen ließe (wobei hier nicht dazu vorgetragen ist, ob bzw. wie die Einzelbewertungen abrufbar waren). Es geht bei der vom Kläger begehrten Aufgliederung vor allem darum, dem Verbraucher den Überblick zu erleichtern, nicht aber darum, ihm bislang unbekannte Informationen von erheblicher Tragweite zu vermitteln. Dass eine Aufgliederung die Aussagekraft der angegebenen Durchschnittszahl in gewissem, allerdings auch sehr überschaubarem Maß erhöhen bzw. die Aussage in geringem Maße konkretisieren würde, reicht nicht aus, um ein erhebliches Gewicht für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers anzunehmen.
Aus diesen Gründen würde der Verbraucher die Aufgliederung auch nicht benötigen, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, so dass es an einer weiteren Tatbestandsvoraussetzung des § 5a Abs. 1 UWG fehle, so das Gericht.
Das OLG Hamburg hat die Revision zugelassen. Die Wettbewerbszentrale hat bereits angekündigt, die Frage höchstrichterlich klären zu lassen.
Kundinnen und Kunden unserer Legal Produkte finden selbstverständlich in Ihrem Legal Account umfangreiche Whitepaper und FAQ zu allen Gesetzesänderungen, auch zu den Anforderungen an die Werbung mit Bewertungen
sergign/Shutterstock.com